Evangelischen Gymnasiums zu Kronstadt, Brassó, 1882

KEV 9* Der Organismus unserer Schule vor dem Jahre 1850. Mit der Organisation der Gymnasien in Oesterreich, im Jahre 1850, wurde diese auch in unseren siebenbtirgisch-sächsischen Gymnasien durchgefiihrt. — Diese, bis dahin in ihrer Eigenentwicklung gediehen, jedes, — wenn auch unter der Oberaufsicht des damaligen Ober­­consistoriums, — unter der speciellen Aufsicht seiner Domestical- und Localconsistorien — im Einklang mit den Verhältnissen seines Gaues sich entwickelnd und herausarbeitend, wurden nun unter den einen allgemeinen Hut gebracht, gingen insgesammt auf in der Organisation, ich möchte sagen, im Abstractum Gymnasium oder Mittelschule. — Die seitherige Beobachtung nun der Ent­wicklung dieses Abstractions, — seines innem Lebens und Gebahrens, seiner Lebensäusserungen, hat mich veranlasst, vergleichungsweise, den Organismus unserer Schule vor der Organisation im Jahre 1850, darzustellen. Wenn das Leben überhaupt, je nachdem es in den Wesen in die Erscheinung tritt, organisches Leben heisst, und die mit diesem Leben gegebene Einrichtung des Wesens, vermöge deren das Leben desselben Zweck und Grund seiner Verrichtungen, eben der Organismus des­selben ist: so wollen wir im Folgenden sehen, in wie weit der Name auf das Verhältniss seine Anwendung findet, d. h. der Name Organismus auf die Schule passt. Nun brauche ich hiebei nicht zurückzugehen bis auf den Keim aus dem sich unsere Schule entwickelt, — wenn ich auch weiter unten die „Constitutio scholae“ des Ilonterus ver­gleichungsweise anführe: für meinen Zweck genügt es, an jene Periode mich zu halten, wo unsere Schule, in ihrer Eigenentwicklung aus sich selbst heraus, einerseits am vollkommensten sich darstellt, dabei aber auch andererseits an dem Wege angelangt war, wo sie anfing, den Krebsschaden an dem sie litt abzustossen, und, einer schöneren Entwicklung entgegengehend, auf diesem Wege gehemmt, von der Organisation von Aussen aufgenommen wurde, welche in die letzten Jahre des ersten Jahrzehnts meines Lehrerlebens fallt. — Es wird dabei öfters, hier und dort, an manches angestreift, manches näher berührt werden müssen, was ich in frühem Pro­grammen in dieser Richtung gegeben. — Es ist dieses, bei einem Thema, wie gegenwärtiges, einerseits nicht anders möglich, das der Hauptsache nach, mehr nur ein Zusammenfassen von frühem Andeutungen ist, so wie es wieder andrerseits als Vermittlung des Zusammenhangs für jene, die die frühem Programme nicht haben, nicht überflüssig sein dürfte. — Weiter aber habe ich auch hier, wie früher immer, Gymnasium und Realschule, d. h. die Mittelschule, in erster Linie, als Erziehungsanstalt, also die erziehliche Seite im Auge, als welcher alle andern Rück­sichten untergeordnet werden müssen. — Und wenn auch dieser Organismus einen Boden haben

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