Bukarester Gemeindeblatt - Beilage zum Nachbar, 1904-1905 (Jahrgang 1, nr. 2-54)

1904-10-24 / nr. 20

Bukarester Genein­deblatt Beilage m j­achbar. Sch­r­iftleitung: Pfarrer E. H E I F T. Geschäftsstelle: Gemeindekanzlei Strada Luterana 10. Jahrb­an­d-1. Sonntag 24. Okt. 6. Nov. 1904, No. 20. Das Jahresfest der Armenpflege. Diesen Sonntag- den 14./27. November feiert die Armenpflege ihr Jahresfest. Verwundert wird gar mancher sich die Frage stellen: „Wie, hat denn auch die Armenpflege ein Jahresfest ?“ — Und kopfschüttelnd wird er vielleicht noch fragen: „Wozu?“ Ja, auch unsere Armenpflege, sie hat ein Jahresfest, und sie hat auch allen Grund, ein solches freudig und dankbar zu begehen. Wenn je in unserer Gemeinde eine Veran­staltung ihre Berechtigung verdient, so ist es die schlichte Feier, welche alljährlich im No­vember von der Armenpflege abgehalten wird. Denn diese Feier, sie bedeutet nicht nur das Geburtstagsfest der Armenpflege, nicht nur das Erinnerungsfest an die am 8./20. Novem­ber 1898 stattgefundene Eröffnung unseres jetzigen Armenheimes, weit mehr bedeutet sie: sie ist ein Ehrentag für unsere Gemeinde selbst! Als bei Beginn des achtzehnten Jahrhun­derts die evangelischen Deutschen in Buka­rest, dem Bedürfnis engerer Fühlung Folge leistend, sich zusammentaten, da würde das Samenkorn gepflanzt, aus dem im Laufe der Zeit, dank treuer Pflege, der Baum unserer Gemeinde gar stattlich sich entwickelt hat. So mancher Sturm hat ihn geschüttelt! So man­cher Frost hat seine Existenz bedroht! Und dennoch, mit immer neuer Kraft hat er die Wurzeln ausg­ebreitet, immer höher rau­te seine Krone, und kostbare Früchte sind es, die er trug. Die erste dieser Früchte, das anspruchslose Gotteshaus, dessen Grundsteinlegung, dank der Grossherzigkeit des Apothekers Christian Rich­ter de Leo, vor etwa hundert­fünfzig Jahren stattgefunden, hat im Dienste evangelischen Glaubens und evangelischer Sittlichkeit wirk­sam dazu beigetragen, im Innern der Ge­­meinde religiöses Leben zu liehen und den Gütern, der Reformation eine bleibende Stätte zu bereiten. Die zweite, unsere Schule, die etwa siebzig Jahre später — unter Pfarrer Scharai zum ersten Male nachweisbar — be­­scheidentlich in’s Leben trat, hat als Stätte der Pflege von Wissenschaft und Bildung unsere Gemeinde nach Aussen hin gekräftigt und würdig das heran­wachsende Geschlecht zum Kampf um 's Dasein vorbereitet. Und wiederum nach etwa siebzig Jahren, Ende November 1892, auf Anregung des lei­der vorher schon dahingegangenen, hochver­dienten Pfarrers Teutschlän­der hin, entstand

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