Bukarester Gemeindeblatt, 1911 (Jahrgang 7, nr. 1-52)

1911-12-04 / nr. 49

* - Sonnag, 4./47.. Dezember 1911, Jahrgang VII. Gemeindeblatt Schriftleitung ; Pfarrer R. Honigberger. Geschäftsstelle : Gemeindekanzlei, Strada Luterana 10. Droan des Synodalverbandes der deutschen evangelischen Gemeinden an der unteren Donau "( DO) =­ WO Turnu-Severin und das eiserne Dorf). — Wenn wir von Orfova, der ungarischen Grenzstadt gegen Rumänien, die Donau abwärts fahren, so treffen wir zunächst die von Türken bewohnte Insel Ada-Kaleh. Alte Mauerreste erzählen uns davon, daß einst eine starke, vielumkämpfte Festung auf dieser Insel stand. In den langen Kriegen zwischen der Türkei und Oesterreich in dem 18. Jahrhundert war sie bald von türkischen und bald von österreichischen Truppen besetzt. Heute herrscht tiefer Friede auf dem Inselchen. Tabakindustrie, Rosenkultur und Wein­­bau bilden die Beschäftigung der Bewohner, und in der Sommerzeit kommen viele Fremde dorthin, die einmal orien­­talisches Leben sehen und eine mohammedanische Moschee besuchen wollen. Die Insel steht heute, obwohl sie noch türkisches Eigentum ist, unter dem Schuße Oesterreichs. Langsam gleitet unser Schiff vorbei, allmählich verschwindet die Insel in einer Biegung des Flusses, da werden unsere Gedanken wieder anderweitig in Anspruch genommen. Links sehen wir den stattlichen Grenzbahnhof Verdiorova und nun passieren wir das bekannte „eiserne Tor”. Es ist das eine quer durch den Strom sich ziehende Felsenbank, deren Spißen bei niederem Wasserstande, wie er im Sommer oft eintritt, sichtbar werden. In Wirbeln und Strudeln strömt das Wasser mit großem Gefälle dahin und verrät uns, daß unserem Auge verborgen noch viele Niffe sich in dem Flusse befinden. Wir können es uns sehr gut vor­­stellen, wie seit alten Zeiten die Schiffahrt unter diesem Hindernis gelitten, ja sie manchmal ganz unmöglich gemacht hat. Mit vollem Rec­ht hat man daher diesen Namen „Eisernes Tor“ gewählt; wie ein festes Tor biegt sich die Felsenbank mitten durch den Strom. Manches Schiff ist dort untergegangen und manches Menschenleben fand sein fahles Grab in den Fluten; nor 1862 ging hier ein türkisches Kriegsschiff zu Grunde. Schon zur Römerzeit hat man versucht, einen Kanal am rechten Ufer zu graben, um der Schiffahrt zu helfen. Solange es eine Dampf­­schiffahrt auf der Donau giebt, hat man sich damit be­­holfen, daß man kleine von vier Rädern betriebene Dampfer für die Strece Orșova--Turnu-Severin baute. Aber erst am Ende des neunzehnten Jahrhunderts ist es gelungen, die Schiffahrt auf dieser Strecke ungefährlich zu machen. Der Berliner Kongreß 1878, der dem Kriege zwischen Rußland und der Türkei ein Ende machte und die Ver­­hältnisse der Balkanstaaten ordnete, enthielt die Bestimmung, daß Ungarn am rechten Donauufer einen Kanal zu bauen habe. Sieben Jahre, 1890 –1896, dauerte der Bau, bei dem es galt, ein Flußbett herzustellen, das auch bei dem niedrigsten Wasserstande die Schiffahrt möglich machte. So mußten ungeheure Felsenmassen herausgesprengt und zu beiden Seiten feste Steinwände errichtet werden. Ueber 2 Kilometer sind diese lang und zwischen ihnen schießt das Wasser mit solcher Gewalt dahin, daß selbst die Personen­­dampfer in diesem Kanal die Maschine stehen lassen können. Der Bau des Kanals ist von einer deutschen Firma­­, Luther in Braunschweig, ausgeführt. Schließlich, nach einstündiger Fahrt, legt unser Schiff, in Turnu-Severin an. Wir landen dicht neben der großen Werft, die dem rumänischen Staat gehört und weithin hallendes Hämmern und Klopfen verkündet uns, daß hier ein lebhaftes Treiben und Arbeiten stattfindet ; ständig sind dort einige Schiffe im Bau oder in Reparatur. Turnu- Severin liegt auf einer Anhöhe, am Ufer entlang ziehen sich Warenspeicher, Getreideschuppen und die Dienstgebäude der österreich-ungarischen Flußschiffahrtsgesellschaften. Na­­mentlich im Herbst herrscht im Hafen ein reges Leben, wenn die Getreideernte verladen wird, um ins Ausland beördert zu werden ; dann finden wir russische, griechische, serbische, österreich-ungarische und rumänische Dampfer dort versammelt. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend tragen Arbeiter die schweren Säcke in die Getreidekähne. Aber wir begeben uns nun in die Stadt hinein. Wir steigen zunächst zu dem­ freundlichen, schattigen Stadtpark hinauf, in dessen Mitte sich die Ruine eines alten Wach­­turmes befindet. Man erzählt sich, daß er der Rest einer von dem römischen Kaiser Severus erbauten Befestigung .­ Der hier vorliegende Artikel ist für das in Vorbereitung befind­­liche „Lesebuch“ bestimmt. Wir werden ähnliche Artikel des öftern veröffentlichen, teils um unsern Mitarbeitern Anregung zu geben, teils um Gelegenheit zur Kritik zu bieten. Wir bitten gleichzeitig um möglichst baldige Ablieferung der erbetenen Beiträge. R. H­ ERROR: = 70 BL­­RIEPSERSERSEREMEN"

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