Bukarester Gemeindeblatt, 1912 (Jahrgang 8, nr. 1-52)

1912-08-05 / nr. 32

4 TETLT eindeblatt ' | « Die islamische Gefahr. a ALS ich neulich, auf der SHeimreise von Griechenland, Konstantinopel berührte, versäumte ich nicht, die Hagia Sophia aufzusuchen. Wieder, wie vor zwei Jahren, wirkte der­ herrliche Kuppelbau des Kaisers Nub­inian, der Stanzpunkt byzantinischer Baukunst, gewaltig auf mich ein. „Salomon, ich habe dich besiegt!" soll der Kaiser mit bewegtem Herzen ausgerufen haben, als dieser Tempel der „heiligen Weisheit” eingeweiht wurde. Dem Griechen sol das Auge leuchten, wenn man dies Heiligtum ob seiner Schönheit rühmt, aber in seine rede mischt sich die bittere Wehmut, wenn er sich den Greuel der Verműttung an heiliger Stätte vergegenwärtigt, dem er nin machtlos gegenübersteht. Wenigstend zunächst. Denn im Herzen jedes echten Griechen soll till die heilige Hoffnung glühen, dag einstmals diese Stätte wieder gereinigt dem christlichen Gottesdienst zurückgegeben wird. Dann wird eine BoLlfl­­­egende in Erfüllung gehen. Man erzählt, dag, als die Türken 1453 erobernd sein­­drangen und die Kirche zum Schauplatz eines flrch­tel­­igen Blutbades machten, ein Priester gerade die Mesje las. Er nahm den Kelch vom Altar mit sich und entwich durch eine Tür. Hinter im jchloß sich die Mutter. Aber wenn die Hagia Sophia wieder zur christlichen Sophienfichhe geworden sein wird, Dann wird jener Priester wiederkommen und die unterbrochene Mesje zu Ende lesen. Wenns auch nicht wahr it, jo its doch gut erfundent. . Die Legende spiegelt das Sehnen frommer Griechenseelen wieder. Wie eine jata Morgana leuchtet über ihnen der beglühende Traum, daß der „König aller Hellenen" einst­­mals seinen Siegeseinzug durch die Tore von Byzanz halten wird. Und ihn mitsamt dem befreiten Wolfe wird der Ökumenische Patriarch segnen in der Hagia Sophia. Ob dieser griechische Barbarossatrauen jemals irgendwie in Er­­füllung gehen wird? Man zeigt dem Besucher den Abbruck einer Hand neben einer Säule. Der Janitihare in Hasjan, den man den „Eroberer der Hagia Sophia” nennt, soll damals Geschäftsstelle, Gemeindekanzlei, Strada Luterana 10, über die Leichenhügel geritten sein und seine blutige Hand auf den Stein gedrüct haben. Mit seinem Schwerte hielt er aus der Säule daneben ein Stüc heraus. Jene blut­­ige Hand hat man­ als Zeichen der Resisergreifung ge­­deutet. Der Islam hat ja dann­ recht nachdrüclich seine blutige Hand auf das restliche Europa gelegt. Wie mit wilden Schwärmergeist aller christliche Schmuck aus der Sophienfi­ide entfernt wurde, die­ Schönen Mosaiksbilder unter der Sünde verschwanden, so hat auch der Jan das Christentum meist wegzufegen versucht, wohin er tam. Die beiden ahnen neben der Kanzel in der jenigen Moschee sollen Judentum und Christentum bedeuten, über welche der Glaube des Propheten den Sieg davongetragen habe. Wie auf der Hauptkuppel das Kreuz dem Halbmond weichen mußte, so sollte auch allerorten der Halbm­ond seinen Siegeseinzug halten. SER Die Bücher der Geschichte erzählen und von Diesem Siegeszuge. Nicht ohne tiefen Schmerz kann der ernste Echrist das Aufkommen und die schnelle Ausbreis­­tung des Muhhammedanismus betrachten. Dieser ‚nahelose Sieg über das Christentum, der dem Slam so viel christliches Kulturgebiet als­ willkom­mene Beute ein­­brachte, gerade da, wo die Wiege des Christentums stand, gibt aber auch dem Religionsforscher zu denken. Er stellt ihm die Aufgabe, nachzuspüren, wo die Quellen der Sradt liegen, aus denen, sechs Jahrhunderte nach Christi Geburt, ein neuer Glaube erwachsen konnte, der, geschichtlich be­­trachtet, solche große Wirkungen auf das Leben der Völker­­welt auszuüben vermochte. Und noch vermag. So müssen wir hinzufügen. Denn der Islam ist keine abge­­storbene Religion. Er verfügt über eine ungemein starre Spannkraft. Wie man auch über die Türkei als Staatsgebilde ur­­teilen mag, wie ernst auch die dauernde „Krankheit des fransen Mannes” am­ goldenen Horn, manchem scheinen mag, der Aslam selbst als religiöses Gebilde zeigt an seinem großen Körper wenig von Krankheitserscheinungen, er erfreut sich einer blühenden Gesundheit. So wenig ist man berechtigt, von einem Niedergang des Islam zu reden, daß man vielmehr jagen muß: er ist der einz­iteste Gegner des Christentums geworden. Er stellt Organ des Binodalverbandes der deutschen evangelischen Gemeinden an der unteren Bonau da m Schriftleitung: Pfarrer NR. Honigberger. mn RES Bi­­­­­­­l UV

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