Bukarester Gemeindeblatt, 1913 (Jahrgang 9, nr. 1-53)

1913-01-01 / nr. 1

L 5 1] EN | | | x Jahrgang IX. Droan des Dynodalverbandes der deutschen evangelischen Gemeinden an der unteren Donau Schriftleitung : Pfarrer R. Honigberger. Geschäftsstelle : Gemeindekanzlei, Str. Luterana 10. |! Gedenkrede gelegentlich der kirclichen Trauerfeier zu Ehren des­­ Staatssekretärs v. Kiderlen-Wächter. (Gehalten vom Gemeindepräsidenten H. O. Schlawe) Euere Exzellenzen, sehr geehrte Gäste, liebe Landsleute und Gemeindemitglieder! "Kaum zwei Wochen sind vergangen, als­ ich­ an dieser­ Stelle zu Ihnen sprechen durfte, um den Gefühlen der Freude und der Dankbarkeit unserer Gemeinde anläßlich der Neuweihe dieser Kirche Ausdruck zu geben. Der erste Glück­­sch, welchen uns jener festliche Tag brachte, war der des Mannes, dessen Hingang wir heute tief erschüt­­terten Herzens wehmutsvoll beklagen.­­ „Zu treuer Anhänglichkeit sende ich meine herzlichsten Glückwünsche, möge das erneuerte Gotteshaus in der Strada Luterana bis in seine Zeiten Quelle und Wahrzeichen regen Gemeindelebens sein.“­­ So sein letzter Gruß; Gottes Fügung hat es gewollt, daß es sein Vermächtnis wurde für die, denen er so herzlich zugetan.­­ Und heute? Heute ziehen unsere Gedanken in die Ferne, in seine so gut deutsche schwäbische Heimat und umwehen den Sarg, welcher seine Hülle birgt, wie die sein­­igen noch vor kurzer Frist in unserer Mitte weilten. Der­­ Vertreter dieser Gemeinde ist nicht berufen, zu verkünden, was der Entschlafene dem Neid­e, was er der Menschheit gewesen ist; aber sagen darf ich und sagen muß ich, was wir, was dieses Land, die Heimat unserer Wahl, an diesem Manne verloren haben. Denn wer ist dazu besser berufen als wir, wer kannte ihn besser ? Mit uns­ hat er gefühlt, in unserer Mitte gelernt sich zu freuen, zu trauern über alles, was dieser Gemeinde, diesem Lande Freude und Trauer gewesen“ ist. Würden wir schweigen, die Steine würden es schreien ! Soll ich nun­­ troden sein Leben hererzählen, im ein­­zelnen aufzählen, was er für uns geleistet ? Wie würde er gelächelt haben über solch ein Beginnen !­ Und deshalb Will: ich mich, sein Leben zusammenfassend, begnügen zu sagen, er war ein Vorbild! Ein Vorbild für die Jugend eines jeglichen Landes, als er voller Begeisterung, kaum 18 Jahre alt, von der Schul­­bank hinweg als Freiwilliger unter die Fahnen seines­­ Herrschers eilte, bereit sein junges Blut für das deutsche Vaterland hinzugeben. Ein Vorbild, als er als Mann, der die schwierigen Aufgaben der älsten Politik ruhig, kalt zu erwägen hatte, sich doch den heiteren Mut der Jugend und ein so warm fühlendes Herz bewährt hatte. So war er, als er zu uns kam und uns gab, was ein deutsches Männerherz geben kann. Und so blieb er, als er von uns schied dem kaiser­­lichen Befehle gehor­end. In seinem neuen Heime wies er einen Ehrenplan­ der Gabe an, welche unsere Gemeinde zum Abschied gespen­­det. Die Hülle gestickt von der kunstfertigen Hand einer Tochter Rumäniens und darin im Abbilde die Stätte sei­­ner Wirksamkeit, unsere Kirche, unsere 4 Schulen, die herr­­lichen Berge, die reichen Fluren, der gewaltige Strom, die stolze Brücke, mit dem rumänische Tatkraft ihn überspannt. Zur Erinnerung gaben wir ihm die Bilder alles dessen mit, was er hier geliebt, das Land und sein Volk, von dem er beim Abschied so schön gesagt : „So bewundere er vor allem wegen seines Eifers für die Vermehrung der moralischen und idealen Güter des Landes, die von der herrschenden Klasse geschaffen ein Gemeingut des Volkes wurden.“­­ Und weil er die Kinder­­ so herzlich liebte, hatten wir an das Ende der letzten Seite gestellt den kleinen Nu­­mänenmnaben mit der Glückspendenden Rute der «80rcova». Glü> sollte sie ihm verheißen, ihm der soviel Sinn für völkische­ Ueberlieferuugen und die alten Gebräuche dieses Landes hatte. Hat die Borcova ihm Glü> gebracht? Wer vermag es zu sagen, aber sinnend hat er oft gestanden, auch mit mir vor den Bildern des Rumänenlandes und gedacht der glücklichen Tage, die er hier verbracht, der­ Freunde, die er hier gelassen. In der ganzen Berliner Zeit, hat sein Rumäne, kein Mitglied der deutschen Ko­­lopie an seine gastliche Türe geklopft, ohne ein herzliches „Herein“ zu hören. Eines aber hat sie ihm gebracht, die Rückkehr in die Heimat: Arbeit, unendliche, große, schwere Arbeit und in ihrer Erledigung wurde er ein neues Vorbild. ‚ N Se a) Ü = eo Zu 4 1 EI

Next