Bukarester Gemeindeblatt, 1914 (Jahrgang 10, nr. 1-52)

1914-01-05 / nr. 1

” X. Jahrgang. Sonntag, 5./18 Januar 1914. / el + iG NASS CNE : ee 120008 aan 28 = Bukarester | / ® ana H | mu Br ; Gemeindeblatt Prgan des Hynodalverbandes B der deutschen evangelischen Gemeinden an der unteren Donau nen Ideale der modernen Schule ). Von Handelsschuldirekto­r Dr. Bernhard. 1. Schönheit. Als ich selbst noch das Gymnasium besuchte, hörte ich nichts anders, als daß „das Schöne, Wahre und Gute“ die Ideale des Mensc­henlebens seien und sein müßten. Leider aber wurde uns das zu so ungezählten Malen und bei jeder Gelegenheit darzutun gesucht, daß es mir und vielen andern zum Ekel wurde und wir vor lauter Suchen nach dem Schönen, Wahren und Guten zugleich, über das wirklich Schöne in Kunst und Natur hinwegstolperten. — Lassen wir ruhig den Anhängern dieser drei „notwendigen“ Ideale ihre Begeisterung und lassen wir sie sich verlieren in die tiefsten Tiefen eines Dichtwerkes, meinetwegen auch in die winzigsten Atome des Knochenbaues, ich will für mich und für alle jene, welche diese bewunderungswürdige Geduld und Feinschmelzerei nicht mit ihrer Natur verein­­baren können, einen andern Weg einschlagen, um die Blu­­me des Schönen, die auf jedem Pfade blüht, nicht zu zerpflücken, sondern mich ihrer zu freu­en, sowie sie ist. Nicht nur das Gute liegt nahe, wie der Dichter jagt, son­­­­dern auch das Schöne ; streut doch die Natur ihre Gaben mit Übervollen Händen! Haben wir doch eine Fülle der Kunst, daß wir sie kaum zu fassen vermögen ! Wenn wir nur Herz und Auge öffnen ! Das eben ist das einzige Geheimnis des Schönen, daß nur ein warmes, offenes Gemüt sich seiner freuen kann. Darum „die Herzen auf, geschwinde, daß die Sonne drein scheint !" Wenn wir in der Schule die Jugend richtig einführen in das Verständnis und den Genuß unserer Dichter, so haben wir ihr einen der Hauptwege gezeigt in dem unermeßlichen Walde des Schönen. Ja sage „richtig“ ; nicht etwa, um unsere Deutschlehrer in ihrer Methode zu kritisieren, nicht um mich in nörgelnden Streit mit allen möglichen guten oder nicht guten Ansichten einzulassen, son­­dern bloß, weil ich mich meiner eigenen Deutschstunden erinnere, die mir alle Freude an der Literatur so sehr nahmen, daß ich monatelang, nachdem ich dem Zwang­­ der Schule entronnen war, kein Literaturwerk lesen mochte­­ und gegen bestimmte Dichtwerke heute noch eine starke Abneigung habe. Bezeichnend ist dafür, wie wir respekts­­widrig aber treffend behaupteten: Wir brauchen länger zum Lesen der „Glocke“ als Schiller zum Dichten. — Wer aber in der Klasse schön und aus warmem Herzen in die Hauptschäle der Literatur eingeweiht wird, der findet auß bald für sein eigenes Herzensbedürfnis etwas zusagendes und stillendes , meiner Ansicht nach namentlich dann, wenn nicht nur in alten Schmökern längst versunkener Zeiten nur noch „Schönheit des Ausdru>s“, der „Regelmäßigkeit der Form“ und der „Fülle der Gedanken“ gesucht wird, sondern, wenn auch jene Dichter und Schriftsteller zu Worte kommen, welche als Kinder unserer eigenen Zeit fühlen und schreiben.­­ Wie die Musik der Sprache ist auch die Musik der Töne für viele — wenn auch natürlicherweise nicht für alle­­­ ein Born des Schönen , aber eben auch nur dann, wenn, wie Dr. Ernst sagt, „Musik“ auc­h“ Musik bleibt“. Da fallen mir die endlosen Vokalisier- Treffübungen meiner Zeit ein, wie fade sie uns waren und wie wenig wir bei ihnen die „Schönheit der Musik“ spürten. Kam aber endlich einmal ein schönes­ Lied, wenn­ es auch noch so einfach war, wie wir es hundertmal von­ der Mutter zu Hause hörten, das schien uns schöner als die fünfte vollste Kirchenmusik von Orlando di Lasso oder weiß. Gott welchen Künstlern, deren baro>er Geschmack eben uns lebe­­durstigen Jungen nicht gefallen wollte. Was ich damit sagen will, ist das: Neben all dem Kunstreichen und Technischen in der­ Musik, wollen wir auch das Volks­­tümliche hochhalten und­ auf den Schlag des natürlichen Volkstums hören, der in einer Fülle von Liedern und Gesängen pulsiert.­­­­ Ganz so, wie auch das Schönste in Dichtung und Musik uns nicht zu fesseln vermag, wenn es nicht in an­­sprechender Weise uns nahe gebracht wird,­­ist es auch mit den Werken der bildenden Künste oder des so hoch­­entwickelten Kunstgewerbes. Daß man all diese moderne Schriftleitung: Pfarrer R. Honigbergen (y) Geschäftsstelle : Gemeindekanzlei, Str. Luterana 10. fa] E r SETE gen | *) Wir lassen eine Serie von Artikeln folgen, welche Erziehungsideale in allgemein verständlicher Form darbieten : Selbst­­tätigkeit, Freude, nationale Erziehung u. |. w. ' ae EU . - * > *

Next