Bukarester Gemeindeblatt, 1923 (Jahrgang 15, nr. 1-52)

1923-11-25 / nr. 47

3ahrgang XX) Sonntag, den 25. ßooember Í9É5 ßo. 47 Bukarester Gemeindeblatt Schriftleitung: R. Honigberger I Geschäftsstelle: Gemeindekanzlei, Str. Lutherana 10 Bus der Bukarester Gemeinde. Die 50-Jahr-Feier der Realschul' anstatt. Als Höhepunkt der zahlreichen Erinnerungs­feiern dieses Jahres hat am Sonnabend d. 17. November nun auch die Feier des Realgymna­siums zur Erinnerung an den Tag, da vor 50 Jahren die erste Klasse der Realschule eröffnet wurde, stattgefunden. Und der Verlauf des Fe­stes entsprach dem bedeutenden Anlass. Am Vormittage, um 10 Uhr, war eine Schulfeier in der Kirche. Leider war die staat­liche Schulaufsichtsbehörde durch einen Todes­fall im Unterrichtsministerium verhindert, sich vertreten zu lassen; dagegen waren im Auf­träge des Herrn Bischofs der evangelischen Lan­deskirche A. B. in Siebenbürgen und des Landes­konsistoriums der Herr bischöfliche Vikar Stadt­pfarrer D. Schullerus und Herr Reiseprediger Buchalla erschienen. Nach dem ernst und wuchtig einleitenden und vorbereitenden Vorspiel; das Mu­sikdirektor Buder auf der Orgel erschallen liess, wurden die beiden ersten Strophen des Chorales Lobet den Herren gemeinsam gesungen. Ein von Professor Dr. Gross verfasster Vorspruch fasste kurz und treffend das Thema zusammen, das all den Reden, die der Tag bringen sollte, zu Grunde lag: Anerkennung des in der Vergan­genheit Geleisteten, Dank für göttliche und menschliche Hilfe, Versprechen und Bitte für die Zukunft. Ein paar Deklamationen von Schülern folgten: »Das Göttliche« von Goethe, »Idealul« von Cernea, von dem Sohne des früheren Leh­rers des Rumänischen an der Anstalt, 0. Cionca, gesprochen, enthielten gleichfalls ein Programm. Herr Metzner spielte, von Herrn Buder auf der Orgel begleitet, schön und stimmungsvoll die Cavatine von Raff. Darauf begriisste Dr. Frank die Erschienenen. Das 50 jährige Bestehen einer Schulanstalt, wie es gefeiert werde, sei an sich ein Beweis des Erfolges in dem Streben, das jede wirkliche Schule haben müsse: ihren Schü­lern die Kenntnisse mitzugeben, die sie befähigen, im Leben ihren Mann zu stehen, und ihren Charakter zu bilden, damit die einzelnen in die Gemeinschaft sich nützlich einfügen. Das Fest bedeutet den Abschluss einer 50 jährigen Arbeit in dieser Richtung, aber auch den Ausgangs­punkt neuer Arbeit, die gleichfalls im Dienste der Kinder, der Gemeinde und des Vaterlandes geleistet werden solle. Schulrat Mittag, der dann das Wort ergrilT, gab zu bedenken, was für ein Wassertropfen in dem Meer des Geschehens, des wirtschaftlichen und geistigen Lebens 50 Jahre des Bestehens einer Schulanstalt seien, und wieviel Menschenarbeit und Menschensorgen Hoffnungen und Enttäuschungen, Befriedigung und Kleinmut für die Vorsteher der Gemeinde, die Lehrer, die Eltern und eye Kinder doch in diesem Zeitraum als tägliches Erlebnis beschlos­sen gewesen seien. Jede Schule sei ein vorbe­reitender Faktor für den Gang der weltbewegen­den Ideen, die das Produkt der Geistesarbeit vieler sind; die vor 50 Jahren begründete Realschule habe diese Aufgabe für die Jugend der Gemeinde und alle, die ihr ihre Kinder an­vertraut haben, geleistet. Der Schulrat gab sodann einen gedrängten Ueberblick über die Entwick­lung der Anstalt, wie er in den beiden letzten Num­mern des Gemeindeblattes aus seiner Feder er­schienen ist, gedachte der Lehrer, die an ihr ge­wirkt, der Leiter, die ihr vorgestanden, der 17 Schüler, mit denen ihre erste Klasse eröffnet wur­de, von denen 6 verstorben, 6 verschollen und 5 noch am Leben sind. Vor allem aber hob er das entscheidende Verdienst des Mannes hervor, dem auch diese Schulanstalt, wie alle andern Gemein­deeinrichtungen, ihr Entstehen verdankt hat: Friedrich Hötsch, dem Unvergesslichen, der stets die Tat getan hat, wo manche, die es ihm nach­tun könnten, es beim schönen Reden belassen. Den in der Geschichte der Anstalt deutlich unter­scheidbaren Perioden : der Zeit der Realschule und der des Ausbaues zur Oberrealschule, müsse nun eine dritte sich anschliessen, deren Beginn die Angliederung an das grosse Schulwesen der Landeskirche in Siebenbürgen bilde, und deren Aufgabe es sei, den Veränderungen in der Grundlage der Anstalt, die der Weltkrieg mit sich gebracht, Rechnung tragend, ihr im neuen Staatswesen die Anerkennung, auf die sie durch das bisher Geleistete Anspruch hat, durch neue Qualitätsleistungen zu sichern. Darauf sprach der bischöfliche Vikar Se­nator Sladtpt'arrer D. Schullerus in erhebenden - von grosser Auffassung und tiefer Empfindung getragenen Worten, die Glückwünsche des Bi­schofs und des Landeskonsistoriums zu einem Feste aus, das er heilig nenneri zu dürfen er­klärte. Es sei eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen die Landeskirche auch äusserlich be­zeugen könne, dass die Bukarester Gemeinde und ihr Schulwesen zu ihr gehören, dass Arbeit,

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