Bukarester Gemeindeblatt, 1928 (Jahrgang 20, nr. 1-53)

1928-01-01 / nr. 1

Nr 1 BUKARESTER GEMEINDEBLATT 3 Aus der Gemeinde. Chronistenpflicht gebietet, über die verschie­denen Weihnachtsfeiern, aie im Laufe der letzten Woche stattfanden, rückschauend1 Bericht zu erstat­ten. — Nachdem am; Sonntag, dem' 18. Dezember, d'dr Jungmlädchenbund sich zu einer kleinen Weih­nachtsfeier unter dem! brennenden Weihnachtsbaum versammelt hatte, beging anf Mittwoch, dem! 21. Dezember, nachmittags1 3 Uhr die Klein­kinderschule das Christfest, das dieSmäl nur im engsten Rah'mlen abgehalten wurdle, da der späte Schulbeginn (1. November) es nicht gestattet hatte, grössere Vorbereitungen durch Einübe'n von Liedern und Lernen von Gedichten zu treffein. Am! gleichen Nachmittag 4 Uhr führte die 4. Lyzealklasse der Mädchenschule unter Leitung von Frl. Co-nstanti­­midis „Das Christgeburtspiel” von Fritz Weege auf. Esi ist dies' ein dien mittelalterlichen Krippenspielen InachgebildeteS Werk, in deml, umirahmt von Weih­­nachtsliedern, die Geschichte der Geburt Jesu dlar­­gestellt wird. Es werden aabei keine schauspiele­rischen Leistungen verlangt, sondern nur Hingabe an die Rolle, und da diesie Forderung bei der Auf­führung, die wir im Turnsaal der Mädchenschule Sahen, erfüllt wurde, so gab es1 eine schöne Vorbe­reitung auf das kominiende Fest. Die offizielle Weihnachtsfeier für die gesamten Schulanstalten fand! aml Mittwoch Vormittag statt. Um| die übliche Verlesung des Weihnachtsevangelium's, in das sich drei Mädchen teilten, spannen sich die Chöre der Mädchengrundschule, des Realgymnasiums und der Hohem Mädchenschule; dann folgte der Vortrag von Weihnachtsgedichten, u. in seiner Ansprache suchte Prof. Rosier der Jugend Jugendu. Leben des Heilandes imlenschlich nahezubringen. So schwer es is't, die an Verschiedenheit dies Versfänd'nisses' und Interesses so weit reichenden Schuljahre in der Aufrrierksamikeit zu vereinigen, so Schaffte der Auf­blick zu den beiden rechts und links vom! Altar leuchtenden Weihnachtsbäumen dennoch auch dies­mal wieder die grosse Festerwartung. Für Don­nerstag Abend hatte die vierte Handelsklasse zu einem Theaterabend in die Liedertafel eingeladen. Geboten wurden zwei Szenen aus Faust (Faust und Mephistopheles schliessen den Pakt ab, und die Studenten in Auerbuchs Keller), wobei beson­ders eindrucksvoll das von Herrn Professor Kunze geschaffene Bühnenbild1 von dem! Studierzimmer Fausts war. Es folgten mlusikalische Vorträge, von denen der ungarische Tanz von Brahmis wiederholt werden müsste, und das Lustspiel: Conul Leonida faţă de reacţiunea von Caragiale. D!aSs die darstel­lenden Schüler sich alle Mühe gaben, die SZenen aus Goethes gewaltigem! Werk eindrucksvoll wiederzu­geben, sei rühmend erwähnt. Das rumänische Lust- Spiel hat in sich Komik genug, um allseitigen Bei­fall herauszufordern. Den Beschluss bildete Tanz. Leider ist der Eindruck dies gesamten Abends1 da­durch beeinträchtigt worden, daSs die beidien zur Verfügung gestellten Räum'e der Liedertafel ganz unzulänglich geheizt waren. Am Freitag, dem! 23., Nachmittag 3 Uhr, fand die Bescherung der Ar­meen statt, die dank den auch in diesem Jahr sehr reichlich zur Verfügung gestellten Spenden mit Le­bensmitteln, Kleidungsstücken und Geld1 ausgiebig bedacht werden konnten. Ihr schloss1 sich1 die Weihnachtsfeier im Altenheim an, bei der, ebenso wie bei der vorhergehenden Feier, Pfarrer Honig­berger eine Ansprache hielt. Am1 Abend des glei­chem Tages war der Jünglingsverein zu einer Christfeier vereinigt. Der Sonnabend Morgen brachte die Besche­rung im Hötsehasyl, wobei Pfarrer Petri eine An­sprache an die Insassen richtete. Das Waisenhaus konnte seinen Zöglingen rei­che Gabentische am! Sonnabend!, oemi 24. Dezember, bereiten. Gedichte und Gesänge der Zöglinge be­reiteten die rechte Feststimimiung, der Pfarrer Petri und Herr Brenndörfer in warnten Worten Ausdruck gaben. \ < Abends 5 Uhr fand in aer Kirche ein liturgi­scher Gottesdienst mit Gesangvorträgen des Schü­lerchors und! von Frau Tony Roh'rbeck statt. Am ersten Feiertag sang die Liedertafel, den 8-stimi­­m'igen Chor aus „Athalia” von Mendelssohn und aml zweiten Feiertag Frau L. Klein die „Hymne” von Mendelssohn. -----o----­ Das Recht auf den Heiligen Abend. Der gewöhnliche Termin für den Ladenschluss in Deutschland ist bekanntlich 7 Uhr. Nun sind1 eine Reihe deutscher GrosSStädte dazu übergegangen, für den Heiligen Abend einen früheren Ladenschluss festzusetzen: Osnabrück 5 Uhr, Stuttgart ript Aus­­nahm(e der Lebensmittelgeschäfte 6 Uhr; in Dres­den, Münster, Kaiserslautern! Kattowitz waren iml vergangenen Jahr die Geschäfte u|m| 6 Uhr geschlos­sen; Danzig, Münster, Würzburg u. a. haben über­haupt einen früheren Ladenschluss. Seitens des Verbandes der weiblichen Handels1- und Büroange­stellten ist eine Bewegung eingeleitet, um ganz allgemein für den Heiligen Abend! den 5 Uhr-La­denschluss zu erreichen. Im Berlin ist ein diesbe­­zügl. Antrag der Angestelltenschaft leider von den Arbeitgebern abgelehnt worden. Nun ist es gewiss für den Aussenstehendein un­­rrJöglich, die .wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen MassnahnJe in jedem einzelnen Fall voll zu übersehen. Aber aarin ist jedenfalls der Ange­stelltenschaft Recht zu geben, daSs dlas bisherige Verfahren in zahllosen Fällen dazu geführt hat, dass eine Möglichkeit des FeiernS an diesem) feier­lichsten Abend des Jahres für weiteste Kreise der Angestellten — wenn sie erschöpft uml 8 Uhr, 9 Uhr oder noch später nach Hause kam'en — nicht m'ehr bestand. Und der Heilige Abend gehört be­kanntlich zu den Jahreszeiten, die tn'an nicht nach-

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