Bukarester Gemeindeblatt, 1932 (Jahrgang 24, nr. 1-52)

1932-01-03 / nr. 1

2 Nr. 1 BUKARESTER GEMEINDEBLATT meinde stattfanden und Weihnachtsgeist wie Weih­­naclrisfreude lebendig zu machen versuchten. Ueber die Feier, die die Schulanstalten bei Ferienbeginn am 19. Dezember veranstalteten, ist in der letzten Num­mer unseres Blattes ausführlich berichtet worden. Am Nachmittag des gleichen Tages wurden auch die Zöglin­ge der Kleinkinderschule um den brennenden Tannen­baum versammelt. Knecht Ruprecht erschien;aber er war liebenswürdiger als sein Ruf und freundlicher als sein Aussehen. Der Jugendbund hatte ebenfalls für den 19. Dezember seine Mitglieder zu einer Feier mit musikalischen und deklamatorischen Vorträgen einge­laden. Am Mittwoch dem 23. Dezember Nrn, 4 Uhr fand in der Turnhalle der Knabenschulen in der Str. Luterana die Weihnachtsbescherung der Armen­pflege statt. Nach Gesang des Weichnachtsliedes Stille Nacht, heilige Nacht hielt Pfarrer R. Honigber­ger die Ansprache, in der er anregte, die Gaben, die fromme Nächstenliebe gespendet, aufzuheben und am Heiligen Abend damit das Fest im stillen häuslichen Kreise zu begehen, um seinen heimlichen Glanz hin­überzunehmen in das Dunkel noch ferner drohender Winternot Es wurden 171 Personen beschenkt, u. zw. mit barem Geld (durchschnittlich je Lei 200) Brot, Kuchen, Fleisch und sonstigen Lebensmitteln sowie zur Verfügung gestellten Kleidungsstücken und Schuhwerk; die Kinder erhielten auch Spielsachen und Bücher. Die Verteilung nahmen die Herren und Damen der Armenpflege vor. Ein trauriges Fest, und doch ein Fest: die grosse Not, die immer noch wächst, wenigstens an einem Tage lindern zu kön­nen mit dem, was mitfühlende Menschen von ihrem Ueberfluss abgeben — und Mitgefühl wird bei einem Vergleich immer noch Ueberflüssiges bei sich finden, womit andern Notdurft und Hunger gestillt werden kann. Daran schloss sich Abends um 7 Uhr die Weihnachtsfeier im Altenheim in der Str. Popa Petre 16. Hier konnte Pfarrer R. Honigberger mit augen­scheinlichem Recht vom Glanz sprechen, den das Weitnachtsfest auch in die Hütte der Armen bringe; denn die in den letzten Tagen eingeführte elektrische Beleuchtung liess die bescheidenen Räume des alten Hauses in ungewohnter Helle erstrahlen und gab, so schien es wohl nicht nur, auch den Gesichtern der 25 alten Frauen und Männer einen froheren Ausdruck. Herr E W. Becker lehnte in herzlichen Worten den Dank, den Pfarrer Honigberger seiner Mühewaltung um die Verbesserung der Beleuchtung gezollt hatte, bescheiden ab und leitete ihn an die Herren Höhn und Scherer, die FirmaSiemens-Schuckert und AEG. weiter. Dann erfolgte auch hier unter dem so viel helleren Christbaum die Verteilung der Gaben, und den Anwesendem kam wohl wieder einmal anschau­lich zum Bewusstsein, wieviel besser, bei aller Be­schränkung und Armut, es die hier einen stillen Le­bensabend geniessenden Alten der Gemeinde doch haben, als die Armen draussen in der grossen Stadt, denen zu helfen der Armenpflege bei allem guten Willen nur immer in ihr selbst so schmerzlich unzulänglichem Masse gelingt. Möge es ihr wenig­stens vergönnt sein, den alten Plan eines vergrösser­­tem Neubaues des, ach, auch schon so alt . gewor­denen Altenheims in nicht allzu ferner Zukunft aus­zuführen. Am Vormittag des 24. Dezember fand wie üblich Weihnachtsandacht im Hötschasyl statt, und am Nachmittag des gleichen Tages war für die Wai­senkinder der Gabentisch reich gedeckt. Die Zög­linge selbst brachten in Gesang und Deklamation Weihnachtslieder zum Voitrag. Hermann Klose f. Am 6. Dezember wurde der Diakon und Kan­tor i R. Hermann Klose, der zwei Tage vor der Vollendung seines 76. Lebensjahres nach kurzem Krankenlager starb, zu Neinstedt am Harz zu Grabe getragen. Das rege Interesse, dass der Heimgegan­gene seit seinem im Jahre 1904 erfolgten Ausschei­den aus dem Dienst unserer Gemeinde der Ent­wickelung ihrer Anstalten stets entgegengebracht, die Anhänglichkeit an die Gemeinde, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit bis zu seinem Lebens­abend bekundete, rechtfertigen es wohl, dass wir des Dahingeschiedenen hier mit einigen Worten ge­denken. Hermann Klose, hervorgegargen aus dem Brü­derhaus „Lindenhof“ zu Neinstedt am Harz, war bis zum Jahre 1898 als Lehrer und Pfarrverweser in der Dobrudscha tätig. Der Drang nach einem grösseren Arbeitsfeld veranlassten ihn, die Stelle des Leiters der Knabenabteilung im neu eröffneten Waisenhaus der evang. Gemeinde zu Bukarest anzunehmen. Die­ses Amt, das an die Arbeitskraft, den Fleiss und die Treue hohe Anforderungen stellt, hat der Dahinge­schiedene mit viel Hingabe und Geschick nahezu durch 6 Jahre bekleidet. Eine Zeitlang besorgte er im Nebenamt das Orgelspiel und leistete auch als Leh­rer der sogenannten Vorbereitungsklasse, in welcher 5—6 jährige Knaben unterrichtet wurden, der Ge­meinde gute Dienste. Im März 1904 verhess H. Klose Bukarest, ei­nem Rufe als Gesangsleiter und Organist an das Brüderhaus „Lindenhof„ zu Neinstedt am Harz fol­gend. Aus den uns zugegangenen Traueranzeigen geht hervor, dass H, Klose auch dort seinen Mann stellte. So schreibt der Kirchenchor der Neinstedter Anstalten : „Der Tod des allseits beliebten Kantors i. R. Hermann Klose hat uns in besonderem Masse bewegt. Er war bis zu seiner Pensionierung der rührige Leiter unseres Chores. Seine Treue und sein Pflichteifer werden uns ein dauerndes Vorbild sein.“ Pastor H. Büchsei, der Vorsteher des Brüderhauses „Lindenhof“, beschliesst die Nachricht von dem Ab­leben H. Kloses mit den ehrenden Worten: „Die

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