Der Nachbar, 1906 (Jahrgang 58, nr. 6-42)

1906-02-11 / nr. 6

- 114 ( A -,,T«ot!«1«ief A1nmerschn­ckt,und unwillkürlich mußte sie­ denken,,Ach,den hat Gott mit sich getmannen, warin konnte eß Gustav nicht auch so gut nietdett««Derch­ogleich d­a tegte sie die fett Gedankenzwu­ck uns blickte voll mungen Mitleids auf den Ratet Nun hatte es gat keinen Sohn mehr,alle seine stolzen Hoffnungen mußte est­ begraben­­,,Arsmer Vater,«sagte sie leise und versuchte seine Handsnspssem»Nun auch dieser Sohn gestorben-« Wie seltsam ruhig der Vater blieb­­ Keine Träne der­­schleierte spin Angh kein Seufzer kam über seine Lippen. Er mußte von Ludwig doch weniger gehalten haben als s vtharLdetm wie ganz ander­,­hatte ihn dan als der Schmerz gepackt.Und das Ende hatte er doch langsam kommen sehe 11,1 währen­d dies so schnell und plöte ich—! Freilich,vielleicht dachte er 11)iesse:,,E­ 3istgnt,daß derl­esse Gott ihn zu sich gewom­­en.« ,,Erzähle mir doch,was Ludwig gefehlt hatt und wie es so scht tell hat annde gehen müssen,«bat sie,als der· Vater­ noch immer schweigtmn blieb- Jetzt wmnchte er den Kopf und blickte sie befremdet an. »Es wundert mich,daß du das nicht von selbst errätst,« sagte er»Ludwig machte»selbst seinem Leben ein Ende.« ,,Selbstcin’sider!«stieß Anna bestürzt hervor.­»Und dabei kmmst du so ruhig b­leib­ethBater?« »Ich weiß meinen Sohn lieber tot,als lebend mit einem-wesmauch und­ so kleinen Flecken-cmider·Ehr­e,« wardie,feste Anton­i,«und wie groß bei­ Fleckenhier war,erfährt nun vielleicht keinem­ Destil die Aussage eines Schuldigen fällt mehlkomm vieliuch nicht.Uebrigens kann das Beispiel Ludwigs jimnch noch zur Nachahmung—« »Vater,«schrie-Annaunf,­»kannst dn im­ Ernst wünschem daß auch Gnstanc und unsich selb­st letzt?«« ,,V«ch bezweifle leider,daß erst­ viel Nücksiript mit dich und unzalleuinunt,«ver­festedet·Gefr­agte.»Doch,wie ist es,begleitest dtt mich noch sztharia oder­—«· »Auf keinen Fall,«einsiderte Antm hastig.In ihrer augenblicklichen Stimmung das erste Wiedersehett mit der Schwester erti sagen zu müsse ich das würde ihre Kt-Lifti«d­se1«­­steigen-Auch hatte sie ja na·zudeutlich gem­er­kt,wi­e un­­angenehm dem Schrmgek ihr etwaiger­ Besuch in seinem Hause sein würde. .,Nun,dann trennen wir uns also hier,«sagteFelte ich »ich sehe morgen jedenfalls bei dir ein,und wir besprechen dann alles Nähere zusam­men.Gute Nacht!« Damit ging er,Anna starrte betroffen hinter­ ihm her,wie ep m m­it festen raschen Schritten seinen Weg fort­­feste.Ihr wankten die Füße,unwillkü­erlich streckte sie die Hände an­.·»um nach einer halt zagt-essen­ Ach,es gab keinen Halt mehr für sie,das mußte sie nun zu begreifen suchen, sie mußte lernen, allein ihren Weg zu gehen, und welch ein namenlos fdjiverer Weg mochte Das werden! Die trippelnden Kinderfüße vor ihr würden ihn nicht leichter, nein, nur besch­werlicher machen, aber sie durfte ja eben um der Kinder willen nicht straucheln, sondern mußte fest und sicher gehen, sie, die Haltlose, mußte nun den Kleinen der einzige Halt sein. Denn unter i­ievielen und­ unter welchen Bedingungen würde ihre Vater sich ihrer annehmen? hr schauderte, wenn sie seiner legten Andeutung gedachte — und wie grausamer Hohn Hang ihre noch fein „gute Nacht“ in den Ohren! Was konnte denn überhaupt noch gut sein in ihren Leben seit diesem entseglichen Heute? Wie eine Zentnerlast lag es auf ihr, eine dumpfe, hier Atem wankende Angst vor dem Morgen. Würde es nicht noch mehr, noch neue Schrednisse bringen ? Die Nacht, die erste in ihrem ihr so­ fremd und itten heimlich Dünfendem Heim, umfing sie mit ihrer ganzen Trostlosigkeit. Mechanisch hatte sie die Kinder zur Nähe gebracht, der Dienstboten Fragen beant­wortet — min 100 alles still um sie herum war und nur der Kinder sanfte Atemzüge sie an das Leben in ihrer Nähe mahnten, kam es ihr erst voll und ganz zum Bewußtsein, daß all das behagliche Glück ihres bisherigen Lebens in Trü­mmern lag, daß bittere Sorge, Armut und Elend nun ihre steten Gefährten­ sein würden. Sie brach in ein verzw­eifeltes Weinen aus und was ih in Worten, in abgerissenen Sägen aus ihrem hanben Herzen 108 rang, es waren Vertpünschungen und Stoß­­fenster, Aufragen und Heiße Gebete in jähem Wechsel. Ihr Ineres war gleichsam wie aufgetwühlt und rnd­­haltlos gab sie sich in diesem leidenschaftlichen Ro ihres Schmerzes Hin. Geistig und weiblich wie zerschlagen trat sie an die Betten der Kinder und hier flossen ihre Tränen langsamer, sanfter. Karl, von ihrer Berührung Halb­ermedt, murmelte Schlaftrunfen vor fi hin: „Ich bin Hein, mein Herz ist rein“, — Er hatte wohl geglaubt, sein Abendgebet ver­­gessen zu haben und es nun nachholen wollen. AM, jebt war das Herz des Jungen, waren die drei kleinen Kinderherzen vielleicht noch rein — aber nun soffte sie es allein sein, die sie behütete?! War das nicht eine Aufgabe, der sie nicht im mindesten gewachsen war? Sie liebte ihre Kinder wohl und hatte es gern, wenn auch Sie ihr zärtlich entgegenkamen, sie zog sie niedlich an und war stolz auf ihre Heinen Fertigkeiten und ihre Fugen Worte — sie gab ihnen Lederbiffen und schöne Geschenke — aber war das alles, was eine Mutter zu tun hat? Ihre verstorbene Mutter fiel ihr ein — , die war anders, ganz anders gewesen. Sie hatte in Wahrheit ihren Kindern gelebt, hatte sie Tag und Nacht umsorgt. Und wie ernst hatte sie es gerade mit dem Beten genommen! Anna ges­­tand es sich beschämend ein, wie oft sie es unterlassen, selbst mit den Kindern zu beten, sobald irgend ein Ber­gnügen in oder außer dem Hause sie in Anspruch nahm. Ihre Mutter hatte stete Zeit zum Abendgebet und zum Gutenachtfuß gehabt. Sie hatte, wenn die zunehmenden Jahre es nötig machten, neue Berschen und Gebete vor­­gejagt, Bis zum Baterunser, bis zum Abend» und Morgen fegen Hin. War der Feine Karl denn nicht eigentlich längst über dies Meine VBerschen Hinaus? Anna ersc­h rat mehr und mehr, wenn sie sich selbst als Mutter sah­­r wie viel, hatte sie verfünmt! Bevor sie ins Bad reiste, hatte sie sich wohl mancher äußeren V­erfünmnisse angeklagt, waren diese inneren nicht aber viel, viel Schlimmer? Ein hübsches — zuweilen recht lästiges — Spielzeug waren ihr die Kinder gewesen, jegt erfannte sie es zu ihrem größten Schrecen. Ganz matt und zerschlagen fühlte sie sich, ihr Kopf schmerzte, die Schläfen hämmerten, und fröstelnd warf sie sich auf ihr Lager. Der Gedanke an Gustav hielt den Schlaf noch lange fern, sie mochte er die Nacht verbringen? Sie faltete die Hände und nannte unter heißen Tränen nur immer wieder seinen Namen; sie wußte es selbst nicht, tat sie es betend oder nur in Angst und Sehnsucht? Ach, eigentlich beten konnte sie heute nicht! (Fortleging folat), ERBERURSEER BEER, 1

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