Die neue Zeitung, April-Juni 1932 (Jahrgang 3, nr. 208-252)

1932-04-02 / nr. 208

ERSTER-Hätt Schriftleitung und Verwaltung : Hermannstadt, Gen. Mosoiugaile (Kleine Erde) Nr.4 / Fernsprecher Nr. 7 / Erscheint jeden zweiten Tag / Bezugspreis für ein Monat 35 Lei, Einzelnummer 3 Lei, Bezugspreis fürs Ausland 70 Lei monatlich).­­ Unparteiisches Blatt für die freie Meinung der deutschen Bevölkerung Rumäniens Hermannstadt, Sonnabend den 2. April 1932 Ar. 208 Poitichekkonti: Leipzig 8937, Wien 93133, Prag 79629, Anzeigen übernehmen unsere Verschleißstellen und alle Anzeigenagenturen des In- und Auslandes, für bestimmte Plätze und Termine kann keine Verantwortung übernommen werden. 3. Jahrgang Berrliche Tage, wie alles noch Teuer war (H) Du­ kommt heute die junge Frau glückszahlend nach Hause und berichtet, daß der Zucer billiger gewor­­den ist. Und alles andere: Brot, Fleisch, Gemüse, Kleider, Schuhe, was man si nur vorstellen kann, alles ist billi­­ger geworden. Und es wird noch billiger werden. Mit traurigen Augen und müdem Gang kommt der Mann nach Hause. Sst er angestellt, hat er vom Gehalts­abbau zu berichten oder von der Gefahr der Entlastung. Sst er Kaufmann, bringt er fast täglich eine kleinere Zofung nach Hause. Sit er Rentner oder Pensionist weiß er nur das eine, daß er wahrscheinlich später einmal, vielleicht, etwas bekommen wird. Und allen andern Berufen geht es ähnlich. Dann sehen Frau und Mann sich zusammen, sie rechnen, rechnen. Und bald kommen sie darauf, daß die Frau bei weitem nicht so viel ersparen kann, als das Schicksal dem Manne von seinem Erwerbe wegnimmt. Bor einigen Monaten hat man in dieser Rage sich dadurch erleichtert, daß man die Hartherzigkeit der Brot­­geber oder die Unmöglichkeit der Geießgebung für alles Elend verantwortlich machte. Bei ruhiger Ueberlegung muß man heute zugeben, daß eben auch die verantwort­­lichen Stellen nicht anders handeln können, als sie es tun. Die große Not ist eben da und wir müssen mit ihr als Wirklichkeit rechnen. Der Mittelstand, der seit Jahr­­zehnten der Träger der europäischen Kultur war, muß sich dazu entschließen, freiwillig einen Teil seines Zechen­­fandortes abzubauen. Die Fehlbeträge zwischen dem Verbrauch der Familie und dem Einkommen des Familienerhalters müssen auf Gebieten, die jeder­ selbst zu bestimmen hat, erspart werden. Und dabei ist das Wide­rigste, daß dies freiwillig geschieht. Das Leben ist stark genug seinen Willen durchzu­­sehen. Wenn der Abbau der Lebensbedürfnisse nicht frei­­willig geschieht, kommt er unerbittlich als Folge der heutigen Berbhältnisse. Alle Teile des Mittelstandes, die hier den rechten Weg nicht finden können, sind dazu verurteilt, vollkommen zu verproletarisieren. Wenn sich nicht genügend Mitglieder unserer Gesell­­schaft finden, die diese gefährliche Klippe umschiffen können, werden auch aus, uns Reiche und Arme werden, Herren und Anechte. Wir werden das Gefühl für Volks­ wohl und Bruderliebe verlieren und vergessen, was unsere Kraft war und es immer sein müßte. Wie alles teuer war, hat es Arbeit und Verdienst gegeben, weil das Blut des Wirtschaftskörpers, das Geld, im Umlauf war. Es liegt in der Natur der Sache, daß dieser Zustand wieder kommen wird. Cody muß sich die Gegenwart inzwischen beruhigen. Und diese kurze­eit müssen wir alle, als stille Helden der Gegenwart, durch­halten können. Wenn vielleicht auch nicht für uns selbst, sondern für das kommende Bejdhlecht. j MG »Holiti­de Kurzpof Auflösung der „Eisernen Garde“ und des „Erzengels Michael“. Die Negierung beschloß die Auflös­ung der „Eisernen Garde“ und der Organisation „Erzengel Michael“. Dieser Beschluß wurde in einem Ministerratsjournal veröffentlicht. An die Präfekten und Armeekommandanten der einzelnen Komitate wurden entsprechende Weisungen erlassen. Das Büro der „Eisernen Garde“ wurde einer Sausdurchsuchung unterzogen. Dabei beschlagnahmte man Manifeste, die die Regierung angreifen. Das Lokal wurde versiegelt. Eine bedeutsame Erklärung. In politischen Kreisen wird die Tatsache lebhaft er­ob­ert, daß Octavian Goga gelegentlich einer Beratung der Organisation seiner Partei in Brad­a eine Erklärung abgegeben hat, wonach er die Bildung eines politischen Organismus vorbereite, der dazu bestimmt sei, die Macht zu übernehmen. Im Zusammenhang mit dieser Aeußerung und Neußerungen aus dem lupisfischen Lager wird die Klage aufgeworfen, ob man sich lediglich ver­­einzelten­ Kundgebungen, oder einem einvernehmlichen Borgehen Gogas, Lupus und Suntans gegenüberfinde. Ihre Sorgen. In Klausenburg hat eine Beratung zwischen V­aida Boevod, Sever Dan und Hallegan stattgefunden, in der beschlossen wurde, die nationalzaranisfische Jugendorgani­­sation „Chemarea“ nicht aufzulösen, sondern zu reorganis­ier 35.— für April und die Rückstände sind fällig! Gratis Bücher! jeder Abonnent der neuen Zeitung, der für ein halbes Jahr im Voraus bezahlt (Lei 210.—) erhält Um ein Kind von Daniel Bayer, bei 3­. Jahr (Lei 315.—) Die Flamme im Osten von Anton Maly, bei einem Jahr (Lei 420.—) beide Bücher gratis und franko­­sieren. Der Beschluß wurde später in einer Sittung des siebenbürgischen und Banater V­ollzugsausschußes der Partei genehmigt. Duca wirbt. Die liberale Partei hielt in Bârlad eine Bersamm­­lung ab, an der si auch der Parteivorjigende Duca bes­teiligte. Duca bezeichnete die liberale Partei als einzige, die dank ihrer Erfahrung und der geeigneten Lösungen, die sie vorschlage, das Land heute ebenso retten könne, wie sie es in allen schweren Seitläuften der V­ergangen­­heit gerettet habe. Das Urteil im Brozen gegen die 48 Kommunisten. Kitchview. Das hiesige Kriegsgericht hat das Urteil über die 48 angeklagten Kommunisten erbracht. Als die Verhandlungen abgeschlossen wurden, fangen die 48 Kom­­munisten die Internationale und beschimpften das bürger­­liche Gericht. Sie wurden darauf in Kelten gelegt. Die Führer der Bewegung Bond­anuc, Bantas, GStetenciuc & & ; Ä & = & & & & & & & &­t­t­ew WPWPUN Er­s­ N N N DGVY N . DR tág tág Die) , af" s Bande der Heimat Erzählung von Daniel Bayer (17. Fortlegung) Als der Mercedes sich dem Dorf näherte, verminderte Stamm vorschriftsmäßig das Tempo und flug, am andern Ende des Dorfes angelangt, den Feldweg ein. An der Stelle, wo der Weg über den Graben abzweigte, hielt der Wagen. Der Ingenieur schien genau im Bild zu sein. Er stieg gleit aus und nahm mit den mitgebrachten Instrumenten seine Messungen vor. Dann ging er den Feldweg hinauf. Stamm, der den Wagen an den äußersten Rand gestellt hatte, folgte dem Ingenieur in einiger Entfernung. Schließlich winkte ihm dieser heran. „Ein verrühtes Huhn dieser Keller! Kennen Sie ihn näher ? Wie ist der Mann überhaupt auf den Gedanken gekommen, die Wege hier zu regulieren? Das toltet ja ein Heidengeld.” Stamm erzählte nun, daß er sicher seinen Herrn sehr wenig wife. Der sei aus Amerika gekommen und müsse reich sein. Auch wisse er — Stamm —, daß Keller hier geboren sei. Das habe ihm dieser selbst gesagt, als sie zum ersten Mal da draußen waren. « »Wenn dem soll«,meinte der Ingenieur,»so ist das­ noch zu begreife eller will den Weg nämlich gründ­­lich herrichten lassen.Das Regenwasser soll unterirdisch in den Graben geleitet werden,eine Brücke soll auch ges­taut werdmsch schätze die Länge des Weges auf 7 Kilo­­meter.Die Beschaffung des Materials wird nicht leicht sein. Das muß von weither gebracht werden. Nun — wenn der reiche Herr sein Geld los werden will — mir soll es recht sein! Genug für heute. Morgen muß ich wieder­ fommen, um genaue Berechnungen anzustellen — wegen dem Kostenvoranschlag. Aber" — und damit sah fi­ der In­­genieur erstaunt um — „ist es Ihnen nit aufgefallen daß die Felder vom Hagelschlag verw­üftet sind?" Stamm­nichte. „I tenne diese Gegend von früher. Die Bauern sind hier arm. Der Boden ist sarg — der Ertrag muß schwer erarbeitet werden. Und nun dieser Schlag! Die Leute müssen ja verzweifeln.“ „Es it mir aufgefallen, daß auch die Häuser be­schädigt sind", meinte Stamm. , Das Unwetter muß sehr heftig gewesen sein.“ „Da haben Sie recht. Und ich muß gestehen, der Weg sieht tatsächlich schauderhaft aus. Na­s gehen wir!" Als der Mercedes durch die Dorfsgasse fuhr, bemerzte Stamm, das von dem Haus, für das sich Keller so in­teressiert hatte, nur noch die Mauern standen. Die Witwe hatte nämlich die erforderliche Bausumme von der Bank endlich erhalten. Fett wurde das alte Haus eben abgetragen. „Bieleicht interessiert dies den Alten”, dachte Stamm. “ „Der reiche Amerikaner war wieder da!” hieß es im Dorf, als der Mercedes durchgefahren war. Und damit war den Leugen wieder Stoff zur Unterhaltung gegeben ... VII. Schon am nächsten Tag kam ein Auto. Dem ent­­fliegen außerhalb des Dorfes zwei Herren, die fast den ganzen Tag Bermessungen vornahmen. Die Leute, die dort vorbeiklamen, fragten verwundert, was das bedeuten solle, und als ihnen erwidert wurde, der Weg solle reguliert werden, fragten sich die Bauern noch erstaunter: „Ha denn die Regierung auch an uns gedacht?“ Einige Tage später kam Keller wieder ins Dorf. Das alte Haus war verschwunden. Die Maurer trugen die Ziegeln auf. Mutter und Tochter verrichteten Handlanger­­arbeit, mischten den Mörtel, schleppten Ziegeln herbei. Als die Witwe den Mercedes vor dem Tor stehen sah, fuhr ihr ein jäher Schred in die Glieder. Sie ließ die Arbeit sogleich stehen und ging — sich die schwieligen, vom Ziegelstaub geröteten Hände an der alten, zerfegten Schürze wirkend­e Keller entgegen. Der wünschte der Alten einen „Guten Tag” und ließ sich alles erzählen. Dann meinte er: „Und She baut das alte Haus wieder auf? Ich meine, genau so, wie es war.” ea Die Alte zeigte auf Mariechen, die mit dem Rüden geehrt war; sie hatte die Ankunft des Fremden nicht be­­merkt. „3 wollte das Haus nur gründlich renovieren, aber unsere Mariechen war dagegen. Die hat gemeint, man müsse das Haus anders bauen — mit der Front gegen die Waffe, daß man von der Waffentüre gleich ins Haus tritt — und eine Kammer müsse auch gebaut werden, wie in jedem neuen Haus.“ Keller sah fopfiehüttelnd den Arbeitern zu. „ga­b die Jugend!” sagte er leise vor sich Hin. „3% habe", fuhr er dann, zu der Frau gewendet, fort, „davon zu spät Kenntnis erhalten, font hätte ich den Bau verhindert. Doc Ihr werdet mich; nicht versiehen — mich versteht sein Mensch. Ja — dies alte Haus...“ Dies alte Haus! Der Alten war alles ein Rätsel. Und als sie sich die Worte zurechtgelegt hatte, die sie an den Herrn richten wollte, ging dieser mit einem stummen Gruß davon. (Fortlegung folgt.)

Next