Die neue Zeitung, April-Juni 1933 (Jahrgang 4, nr. 484-554)

1933-04-01 / nr. 484

uch Verwaltung: Sporergalle Dr. 13. Zegagspreis für ein Monat 58 Lei, mit Zustellung 65 Lei, Einzelnummer 3 Lei, Bezugspreis fürs Leipzig 8937, Ausland 110 Lei monatlich. Postichekkonti : Wien 93133, Prag 79629. Anzeigen übernehmen unsere Derighleißstellen und alle Anzeigenagenturen des In- und Auslandes, für bestimmte Plätze und Termine kann keine Verantwortung übernommen werden, werden auf keinen fall zurückgesch­ickt. Az. 484 Hermannstadt, Sonnabend, den 1. April 1933 Unverlangte Manuskripte 4. Jahrgang unparteiisches Tageblatt für die freie Meinung der deutschen Bevölkerung Rumäniens Seliktleitung : Bermannstadt, Gen. Mosciugalle (Kleine Erde) Dr. 4 / Fernsprecher Dr. 7 M Wehrhaftes, nationales Pesterreich! von Karl Baugoin, österreichischer Heeresminister, Bundeskanzler a. 9. Als im Jahre 1918 das große Baterland zusammens­brach, da wurden, nicht durch die Schuld der alten Sol­daten, die Wehreinrichtungen Oesterreichs fast ganz zer­schlagen und die verbliebenen bescheidenen Reife verfielen einer unglückseligen Wehrpolitik, als deren Ergebnis jene Volkswehr entstand, die — mit wenigen Ausnahmen — zur Hebung des Ansehens Oesterreichs im Ausland nicht beitrug und im Innern ein Schrecken für jene war, die sie beshüßen sollte. Statt der alten österreichischen Militärs märsche, hörte man die Klänge der Internationale, mit roten Gaboonen 309 die V­olkswehr durch Stadt und Land, das Kommando führten rote Goldateniäle. Was an militärischer Ausrüstung aus der Kriegszeit noch vor­­handen war wurde verschleuder­t, so daß schon die erste Ausrüstung des jungen Bundesheeres die größten Schwie­ rigkeiten bereitete. Doch das traurigste jener Zeit war, die Bem­ihlung des wehrhaften und vaterländischen Ges­dankens und die Zerstörung der Sympolbte des Volkes für seine Soldaten. Nicht der Geist der nationalen Wehr­­haftigkeit und Vaterlandsliebe, nicht das Bekenntnis zu Oesterreichh waren die Grundpfeiler der V­olkswehr, son­­dern der internationale Marrismus, für den die Sol­daten des Landes nichts anderes sein sollten, als Zeile einer internationalen, auf die Weltrevolution hinarbeiten­­den Bereinigung. 60 lagen die Wehrverhältnisse, als das Östereichische Bundesheer vor 13 Jahren geschaffen wurde. Mar mußte biebei nach seiner neuen Tradition suchen, denn diese war in der bald lausendjährigen Heimatgeschichte gegeben. In dem Zeitraum dieses Jahrtaufends ii Desterreichs Beschichte zum allergrößten Teile die Geschichte des Deutschen Reiches. Desterre­ichs Soldaten kämpften beiden­­haft auf Hunderten von Schlachtfeldern, feßlen Endes immer wieder für den Bestand des gesamten deutschen Volkes. Auf diesen Grundlagen haben wir bewußt ans geknüpft, an die alten Österreichischen Ueberlieferungen, nach denen ichh das Bundesheer schon ein Jahr zwölft in Desterreich führe. In echter deutscher Treue hält es an seiner ruhmvollen Vergangenheit fest und dient damit nicht nur Desterreich, sondern dem ganzen deutschen Volke am besten. Daß der Sohn des katholischen Bauern, sowie des christlichen Städters, wenn er den Soldatenrock anzieht, auf seinen angestammten Baterglauben nicht vergißt, daß die Soldaten an den Hochfellen des katholischen Volkes in Defferreich teilnehmen, daß für sie die Kirche nicht ein Haus it, an dem sie vorübergehen, das kann wohl nur der dem Soldaten übelnehmen, der es nicht verstehen will, daß muliges katholisches Bekennen in Defferreich zur edelsten Ueberlieferung zählt. Diese Herzenseigen» fast in Verbindung mit militärischer Ausbildung brachten das Bundesheer im Laufe der Jahre vorwärts. Dester­­reich gewinnt sein Ansehen im Auslande langsam wie­­der. Der staatspolitische Wert eines guten Heeres wird damit offenkundig. Doc auch bei immer größeren Zeilen unseres Bolkes BKehrt das Bewußtsein nach und nach wieder, dab es in jedem Staatswesen, daß ss behaupten will, eine geordnete Armee gehen muß. Während noch "vor wenigen Jahren selbst in nick unbedingt ordirunge " feindlichen Areifen von einer gänzlichen Auflösung des Heeres gesprochen wurde, sind diese Stimmen verstummt, an ihre Stelle sind zahllose Petitionen staatserhaltender Áreise getreten, die nach einem Ausbau der Landesver­­teidigung rufen. Die schwierige finanzielle Lage brachte materielle Verzögerungen im Ausbau des Heeres mit sich, daneben mußte ich oft gegen die internationale Phalanz und deren verbündete Helfer, die manchmal leider auch auf bürgerlicher Geste zu finden waren, einen Kampf um die Erisfenznotwendigkeiten des ohnehin so kleinen Seeres führen. Troß der freis engsten finanziellen Grenzen ist es aber gelungen, das Bundesheer so weit zu gestalten, daß es alle Aufgaben lösen könnte. Da­ ist in den vergange­­nen Sachen auch an den Soldaten die Aufgabe heran­­getreten, die Ruhe und Ordnung im Innern aufrechtzu­­erhalten, oft erging der Ruf an die Soldaten, der Re­­gierung jenen Rückhalt zu verleihen, ohne den es zu vers­tängnisvollen Ereignissen hätte kommen müssen. Als in den traurigen Zulitagen des Jahres 1927 der Aufruhr in Wien in offenem Umsturz umzuschlagen drohte, da ge­nügte der Aufmarsch der Truppen, um mit einem Schlage­r Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Im späteren Kampfe um die Gleichberechtigung der Bevölkerung im staatlichen Beben stellte sich das Bundesheer abermals in die Front und wies diktaturlüsterne Elemente in die Schranken. Nie haben die Truppen in solchen kritischen Zügen versagt, sie haben die Aube in allen Fällen ohne Blutvergießen wiederhergestellt. Voi kurzem ist ein entscheidender Wendepunkt in der Inneren Entwicklung Defterreichs eingetreten. Das Parlament hat sich selbst ausgeschaltet und Bundeskanz­­ler Dr. Dollfuß hat mit seiner Regierung die Leitung des Staates übernommen. Wieder ergeht der Ruf an die Truppen, darüber zu wachen, daß die Rube bewahrt bleibe. Eine ganze Reihe von besonders schlagfertigen motorisierten Truppen wurde in der leßten Zeit geschaf­­fen, wodurch es der Negierung möglich­st, in kürzester Zeit auch größere militärische Kräfte in jedem Teil des Bundesgebietes zum Einfaß zu bringen. Alles gibt die Gewähr, Kapstn-Defferreig, die Drdnung-und­ Aubasuf­­fik rechterhalten bleiben. Die flammenzeichen des Suffizpa­ lastes gehören ein für allemal der Vergangenheit an. Wenn weite Benöikerungskreise den Wunsch haben, daß die Genfer Verhandlungen Defterreich die Erlaubnis brin­­gen, daß auch die Übrigen Teile der männlichen Jugend das Ehrenrecht erhalten, den Soldatenrock zu tragen, jo­tt die Ursache darin gelegen, daß das Defferreichisc­he Volk durch Jahrzehnte die allgemeine Wehrpflicht nicht bloß als einen sicheren Hort des Sianzes, sondern auch als das beste Erziehungsmittel zur Disziplin, zum Auto­­ritätsgefühl und zur V­aterlandsliebe kennen gelernt hat, 0­ 65 fehlt nur noch die Befreiung von fluß. (Anmert. der Schriftleitung). französischem Ein­­höfjch hmmm el Das Rauberglas von Erich Runter Unterhaltender als all das reiche, prächtige Spielzeug, das Walter besah, war für ihn der Knopflasten der Mut­ter. In dessen unergründlichen Tiefen befanden sich wun­­derbare Sachen: Kleine unwahrscheinliche Kostbarkeiten, die von einem Duft des Phantastischen, Geheimnispollen um­­geben waren, und die aus einer unwirklien, romantisch­­verträumten Welt zu flammen schienen. Da gab es kleine Broichen, handartige Blättchen mit bunten Bildern, selt­­sam geformte Nadelbehälter, perlenbestichte Kreuze, ein pußiges Wetterhäusc­hen, Geduldspiele und sonstige , nicht alltägliche Gegenstände — ein ganzes Kabinett von­ Mari­­täten. Al diese merkwürdigen Dinge führten, wie Kobolde und Geister im Märchen, für den phantasiebegabten Kna­­ben ein magisch bewegtes Zusammenleben. Mit Luft framte er immer wieder in den Schäßen, unter denen er einmal einen neuen und machte, der ihn begleidte. Es war ein dünner, spielerisch geschnigter Liederhalter, der, unhandlic und zerbrechlich, wohl kaum für den plastischen Gebrauch bestimmt war. Das obere Ende schmühte eine unverhält­­nismäßig große Laubsägearbeit: zwei sunftvoll ausgesägte Bäume, in deren Mitte ein winziges, perlenartiges Ver­­größerungsglas eingelassen war. Walter hob das Glas ans Auge und sah hinein, in dem er das linke Auge mit der freien Hand zuhielt. In dem Glas erschien, wie dort hinein verzaubert, ein Schloß auf fernem Bergtegel, um den sich endlos ein herrlicher Part ausbreitete. Und darin ruhten auf grü­nem Rasen zwei Königskinder und träumten sehnsüchtig in die ferne. Es war märgenhaft schön. Der Bild des Buben saugte sic, an dem Bild fest und konnte sich lange nicht davon lösen. Unterdessen war die Mutter leise ins Zimmer getre­­ten ; ihre Stimme riß den Knaben aus feiner Ber­untenheit. „Was hast du denn da, Walt?“ fragte sie lächelnd. Sie betrachtete den kleinen, romantischen Kitsch aus Groß­­vaters Zeiten neugierig. „Wie kommt dieses Reifeanden­­ken aus meiner Jugenzeit in den Knopflatten?“ fragte sie sinnend. „Schön­ es mir, Mamal’ bat Walter: „Nein, ich kann es dir nicht schenten, liebes Kind. Du mußt wissen, es ist ein mir teures Andenken an deine verstorbene Großmutter, die es mir von einer Reife durch den Harz mitbrachte, als ich selbst noch ein kleines Mäd­­chen war. Aber ich lasse es im Knopftasten liegen. Da magst du es dann und wann hervor­suchen.” Am anderen Morgen zeigte Walter das Zauberglas seinen Mitseltältern. Er hatte nur im Sinn, sich Mamas Eigentum unrechtmäßig anzueignen, aber in die Schule mußte er den sonderbaren ederhalter doch einmal mit­­nehmen! Die Kameraden schauten nacheinander durch das winzige Gudloch und sahen vor den staunenden Augen eine Märchenwelt erfiehen. Sie bewunderten das kleine Meisterwerk gebührend und beneideten den Befiger darum. Man bot ihm ein anderes Spielzeug im Zausch oder auf Geld dafür. Walter feste allen Wünschen und Zudringlichk­teilen ein beharrliches Nein entgegen. „Er gehört nicht mir, sondern meiner Mutter!” er­­törte er. „Es hat also seinen Zweck, daß ihr weiter darum fehagert !" Während des Unterrichts nie wurde der fostbare Gegenstand beinahe eine Beute des Lehrers. Herr Büngel gab eine schriftliche Aufgabe und spazierte dabei nach seiner Gewohnheit dur die Bantreihen. Walter hatte es sich nicht versagen künnen, den Federhalter auch auf seine Schreibfähigkeit hin zu prüfen. Das bemerkte der Lehrer und nahm die Spielerei dem Schüler aus der Hand. „Was f­ür ein Unfug it das nun wieder?“ fragte er unheilverfändend, „Das kann id­ en­ sagen : alle Spiel­­zeugfederhalter verschwinden auf Nimmerwiedersehen in meinem Bul­l" Bei diesen Worten öffnete er das Schubfach, feines Pultes und entnahm ihm eine ganze Menge Federhalter ; gläserne, in deren Halterhohlraum rote Stäffigkeit auf und nieder stieg — hölzerne, an deren Ende sich ein Radier­­gummi befand oder ein blechern-goldener Halbmond oder ein zierlicher Hammer, Federhalter mit Pferlmuttereinlage und kleinen Bildern, und sogar einer, dessen Mittelftüd durchsichtig war und ein hin und her flitendes Mäuschen erkennen ließ, womit sich der glädliche Befiger gar wohl 2 Zangweile einer Unterrichtsstunde ergeßlich vertreiben­onnte. „Lebt her, so geht es allen derartigen Yederhaltern ; in der Dunkelheit meines Bultes führen sie ein ruhme­loses Dasein! Dieses Mal will ich es jedoch bei einer Berwarnung bewenden lassen und ihn nicht beschlag­­nahmen.“ So erhielt der aufatmende Knabe das Kleinod, das er bereits verloren glaubte, wieder zurück. In der Baufe auf dem Schulhof war der Federhal­­ter nochmals Gegenstand allgemeinen Interesses. Dicht gedrängt umstanden die Jungens den Befiger. Ein Wagen mit einem gelähmten Kind, von der Pflegerin geschoben, fuhr vorbei. „Willi fol au einmal durchsehen 17 rief Peter Pie­­lenz, der beste Freund Walters. Die Buben machten zögernd und unwillig Pla. Kindliche Gelbstsucht und Unduldsamkeit empfanden den Zwischenfall als störend. Die Umstehenden sahen mißbilligend auf den armen blei­­chen Knaben. Ueber dessen Gesicht hufchte ein verlegenes Lächeln. Er blickte während hilflos um sich, ängstlich gespannt, ob auch niemand sein überflüssiges Dasein und lästiges Hin­­zukommen ü­bel vermerze. Zögernd hielt er das Glas ans Auge, das sich dann an der Herrlichkeit kaum fast

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