Die neue Zeitung, Oktober-Dezember 1935 (Jahrgang 6, nr. 1229-1271)

1935-10-01 / nr. 1229

Anzeigen übernehmen unsere Verschleißstellen und alle Anzeigenagenturen des In- und Auslandes, für bestimmte Plätze und Termine kann keine Verantwortung übernommen werden. Manuskripte werden auf keinen Fall zurückgeschickt. Dr. 1229 Unverlangte Tageblatt für die deutsche Bevölkerung Rumäniens smtiitleitung und verwaltung tsibia-tiekmannlfadi,Gen.Mosoiugafle(k­leine Erde)nk.4 semsprecherlitLSB(schriktleitung),307(Verwaltung)Poltschekkon­i:Bukakest 62.139, Leipzig 8937, Wien 93133, Prag 78622, Budapest 13.620, Zürich VIII. 24.953. Bezugspreis für ein Monat 58 Lei, mit Zustellung 65,Lei, Einzelnummer 3Lei Bezugspreis fürs Ausland 110 Lei monatlich Sibiu-Bermannkladt, Dienstag, den 1. Oktober 1935 6. Jahrgang Neuartige kolonialpolitische Theorie von unserem Berliner Korrespondenten Die Londoner Zeitung „Times“ druckt eine Auffaß­­reihe des Kolonialpolitikers Lord Rugaró ab, deren erster wegen der Neuartigkeit der darin aufgestellten kolonialpolitischen Theorie allgemeines Interesse beansprucht. Kord Lugard febt sich, mit seinen Gegnern auseinander, die darauf hinweisen, daß England mehr Kolonien bes­eiße, als es brauche, und daß gewaltige Dominien und Kolonien selbst in den gemäßigten Zonen­­ „halbleer“ seien, während Deutschland, Italien und Japan nicht willen, wohin sie ihren Bevölkerungsüberschuß bringen sollen. Lord Lugard stellt sich dagegen auf den Stand­­punkt, daß England gegen seinen Willen in den Befug umfangreicher Gebietsteile geraten sei. Zum Teil sei das eine Folge der Tatsache, daß sich britischer Handel an den Küsten angesiedelt habe, und daß das Hinterland Verbindung mit diesen Küstenplägen suchte. Obwohl England dann im Krieg erklärt habe, es wolle unter keinen Umständen neue Gebiete erwerben, habe es eine Anzahl deutscher Kolonien übernehmen müssen. Mit diesen Behauptungen dürfte denn doch der kolonialpolitische Aktivismus Englands ungenügend gekennzeichnet sein. . ..(es konnte allerdings nicht ausbleiben, dab die großen Handelsvölker als erste in den Be­ig überseeiicher Ge­­biete gelangten und sie auchh behaupteten, wenn sie die politische und wirtschaftliche Kraft dazu bejahen. So geschah es, daß England und Holland ein großes Kolonialreich behielten, Spanien und Portugal dagegen ihr Kolonialreich einbüßten, während Frankreich sein ursprüngliches Kolonialreich zum größten Teil verlor und sich neue koloniale Gebiete an der nordafrikanischen Küste sicherte. Die Tatsache, früher einmal herrenlose Gebiete erworben zu haben und seither im Stande ge­­wesen zu sein, diese Gebiete festzuhalten, ist natürlich kein ausreichendes Kriterium dafür, daß der Vernunft und Gerechtigkeit Genüge geschehen ist, wenn diese bevor­­zugten Völker das Kolonialland der Welt so gut wie restlos in ihren Sünden behalten, andere aufstrebende und durchaus kolonisationsfähige Völker dagegen davon ausgeschlossen bleiben. Mit diesen Gedankengängen mußte si Kord Zugard in der soeben eröffneten Artikelreihe der „Times“ auseinanderseßen. Kord Rugard ist in Bezug auf die wirtschaftliche und bevölkerungspolitische Geste der von einigen Staaten erhobenen Kolonialsprache recht skeptisch. Er weist auf die Medererzeugung an Rohstoffen und Nahrungsmit­­teln hin und spricht beispielsweise dem größten Teil des tropischen Afrikas die Möglichkeit, von Europäern besiedelt zu werden, ab. Slatt einer Revision des Kolonialbefißes tritt er für die Einießung eines interna­­tionalen Ausschusses ein, der die Kolonialfrage, soweit sie ih auf Nähstoffverteilung und Rohstoffversorgung erstreckt, prüfen soll. Er glaubt auch, daß aus dem abessinischen Konflikt eine umfassende internationale Grörterung der Kolonialfrage hervorgehen werde, warnt aber davor, Wege zu geben, die „den wirtschaftlichen und politischen Tatsachen des 20. Jahrhunderts Gewalt antun“. As solchen ungeeigneten Lösungsversuch bez­­eichnet er die Uebertragung afrikanischer Gebiete an fo­e Mächte, die bisher über keinen K­olonialheft verfügten. — Man wird sich nur fragen müssen, warum Lord Rugard die These von der Entbehrlichkeit kolonialen Befiges nicht auch auf das britische K­olonial­­reich anwendet? @&POLITISCHE UMSCHAU Parlament erst im November Der „Udenarul“ berichtet, daß die Parlamentsression doch um einen Monat verschoben und erst am 15. No­­vember eröffnet werden wird. „Auf Wiedersehen auf den Barrikaden‘“ Freitag abends wurde di Tagung der Permanenten Delegation der Nationalzeranistischen Partei geschlossen. Es kam eine vollständige Einigung zwischen Mantu, Dr. Zupu und Collachescu zustande. Hernach, wurde Mihat Bopovici zum Vizepräsidenten der Partei gewählt. Der Präsident der Barkei, Ion Mihaladhe, schloß die Sißung mit den Worten: „Auf Wiedersehen auf den Barrikaden und so rasch als möglich an der Front der Arbeit für das Land“. Nch Schluß der Sikung wurde ein Kommuniqee aus­­gegeben, in welchem die R­eden Mihalaches und der übrigen Parteiführer resumiert werden. Es wird erklärt, daß eine Verlängerung der liberalen Regierung eine Bedrohung der moralischen und materiellen Grundlagen des Staates darstelle. Weiters wurde beschlossen, die Vorbereitungen für die große Massenkundgebung, die am 14. November in Bukarest sattfinden soll, fortgeießen. Maniu it von Bukarest abgereist und hat Sonntag in einer Versammlung in SAlauffenburg eine politische Rede gehalten, in der er Tatarescu ermwrderte. Safarescu wird in Saffi antworten Die Mitglieder der R­egierungspartei sind indessen nicht müßig. Auch sie treffen Vorbereitungen für die Veran­­staltung einer Massenkundgebung die Bukarest, die gleich­­falls am 14. November stattfinden wird. Die Regierungsmitglieder begeben sie im Laufe der nächsten Tage — wahrscheinlich zwischen dem 7. und 10. Oktober — nach Saffi, wo gleichfalls eine Minister­­konferenz abgehalten werden wird. In Saffi wird Tatarescu eine neue politische Rede halten. Auch Samandi wird in Saffi das Wort ergreifen. Rom befürchtet Blodade In eingeweihten Kreisen zweifelt man an der Durch­­führbarkeit wirtschaftlicher Sanktionen gegen Italien, da in diesem Falle die anderen Staaten mehr leiden würden als Italien, das mehr einkauft als verkauft. In Italien hat man mit Vorbereitungen zur Aufspeicherung von Vorräten und zur Verringerung des Verbrauches von Benzin begonnen. Nötigenfalls will man seine Vorräte in Deutschland, Japan und Brasilien eindecken, die nicht Mitglieder des Völkerbundes sind. Falls die Völkerbundstaaten versuchen sollten, auch die anderen Staaten an der Belieferung Italiens zu behindern, würde es sich um eine Blockade handeln, gegen die Italien seine­­­riegsmarine ein­­setzen würde. Slieger bei Cetaten Alba beschossen Am Abend des 25. September überflog ein fremdes Flugzeug die Gegend von Getafea Alba und den Dnjester. Es befand sich in der Höhe von 1500 m, so daß seine Staatszugehörigkeit nicht erkannt werden konnte. Sowohl die rumänisc Grenzsoldaten feuerten auf das Flugzeug. Italien unnachgiebig Im Ministerrat unter Borsig Mussosinis berichtete dere­selbe über die Ereignisse bis heute. Es wurde hierauf ein Kommuniquee veröffentlicht, in welchem es heißt: Alle Menschen guten Willens haben das Net Italiens anerkannt, die Beschlüsse des Fünfer-Komitees zurück“­zuweisen. Diese Vorschläge haben nicht nur nicht auf die Expansion und Sicherheit Italiens Rücksicht genommen, sondern alle Verhandlungen ignoriert, die bezüglich der Interessen Italiens in Abessinien bisher stattfanden. Die italienische Regierung wird keine Initiative auf diesem Gebiete ergreifen und am wenigsten in reifen, die Italiens Rechte nicht anerkennen. A­ndererseits hat, während der V­ölkerbund sich in ein Labyrinth von Formeln vertieft, Aberlinien seine Kräfte verstärkt, um die italienischen Kolonien anzugreifen. Die Rücknahme der Truppen um 30 km kann nicht als seriös angenommen werden. Unter Divisionen werden weiter nach Oberlinien gefickt. Italien wird als auch die ruffischen ed Italienisch-abessinischer Bilderbogen Addis Abeba, im September In Addis Abeba, das noch vor einem Jahre kaum einen Hilfskorrespondenten von Reuter hatte, wo sich ganz selten einmal ein Sonderberichterstatter hinverirrt, weilen heute schon über 300 ausländische Journalisten, Photo­­graphen, Filmoperateure. Sie sind die Schlachtenbummler, die sich am Vorabend des Krieges zusammenfinden, die der Welt die Berichte geben wollen von dem großen blutigen Geschehen, das noch zu verhindern wohl selbst ein Wunder nicht ausreicht. Die Unterkunftsfrage dieser kleinen Armee ist überraschend schnell und einfach gelöst worden. Die Europäerfamilien, die Addis Abeba wegen der drohenden Kriegsgefahr verlassen mußten oder deren Frauen und Kinder die Leimreise anfreten, haben für ihre leerstehenden Wohnungen plönlich gutzahlende Mieter gefunden, dazu die Gewißheit, daß jemand im Hause sein wird, der bei den unruhigen Seiten Diebstähle und Plünderungen verhindern kann. Kein Kriegsberichterffatier ohne Esel Zahlreiche Dienerschaft ist von den Journalisten aus­geworben worden. Treiber, Stallknechte, Zaufjungen, als der Troß, den man in Afrika zum Meilen und Arbeiten braucht. Jeder einzelne der dreihundert hat sich beritten gemacht, Maultiere, Reitpferde, die wenig hoffen, angeschafft. Einige haben sich eigene Autos mitgebracht, aber sie sehen schon heute ein, daß sie nicht weit über die Hauptstadt damit hinauskommen. Die Koffer der Journalisten gehen in viele hunderte Stük. Neben Schreibmaschinen, Radios, Photoapparaturen müssen Reise­­apotheken, Wasserfilter, Mineralwasserpulver, Chinin, Desinfektionsmittel, Tropenhelme, Selfe, Kochgeschirre, wasserdichte Kleidung mitgeführt werden. Denn der Negus, der den Journalisten in richtiger Erkenntnis ihres propa­­gandistischen Wertes jede Erleichterung vermittelt, hat bereits zugesagt, daß alle dreihundert ihn an die Front begleiten dürfen, wenn sie die Strapazen auf sich nehmen wollen. Die Photographen und Kinoleute haben schon Vorarbeit leiten können, für die Journalisten vergehen diese letben Tage vor den großen Ereignissen ebenfalls wie im Sluge; sie lernen ein wenig die Landessprache und machen sich mit den Sitten und Gebräuchen des seltsamen Landes vertraut. Der Negus Daß der Kaiser von Abessinien ein gebildeter Mann is, der ein vollendetes Französik­ spricht, is bekannt. Daß er dagegen auch das Italienische so ziemlich ber herrscht, so gut, daß er italienische Leitungen liest, war selbst für Rom eine Neuheit. Noch erstaunter aber waren die Römer, als sie durch den „Corriere della Sera“ er­­fuhren, daß der Negus eine italienissche Leitung hält, die nirgendwo anders als in Addis Abeba selbst erscheint. Es handelt sic um das zweimal im Monat heraus­­kommende Blatt der italienischen Kolonie in Aberlinten

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