Die neue Zeitung, Juli-September 1939 (Jahrgang 10, nr. 1465-1477)

1939-07-02 / nr. 1465

eingetragen in das Register der Veröffentlichungen beim Hermannstädter Gerichtshof Nr. 1465 unter Zahl 51/1938 Sibiu-Hermannstadt, Sonntag, den 2. Juli 1939 Eigentümer und Direktor Wilhelm v. Hannenheilm Verantwortlicher Schriftleiter: Edmund Holly 10. Jahrgang Teofil Gh. Sidorovici: Das Juni=FHeft der Zeitschrift „Freude und Arbeit“ steht im Zeichen der am 20. Juni in Bukarest stattgefundenen feierlichen Eröff­­nung der Wanderausstellung „Freude und Arbeit“. Eine Reihe namhafter Persönlich­­keiten haben der Zeitschrift wie der Aus= stellung Gruss= und Geleitworte gewidmet. Es ist hier zu nennen Reichsorganisations­­leiter Dr. Ley als Präsident des „Inter­­nationalen Zentralbüros Freude und Arbeit“, Claus Selzner als Vize-Präsident, der Führer der rumänischen Jugendorganisation Exc. 5 Is dorovici, der rumänische Arbeitsminister Rabea, der Unterstaatssekretär für Presse und nationale Propaganda Titeanu u. a. mehr. Der farbige Aussentitel bringt die Re­­produktion eines Gemäldes von König Carol II. Bunte Montagen und interessante Fotos berichten über den Staatsfeiertag in Rumänien zeigen die Mitglieder des rumänischen Straja Tarii, soziale Bauten und Einrich­­tungen, moderne Strassenbilder aus Bukarest, das Leben der rumänischen Bauern usw. Ein Bildbericht macht uns mit dem kürzlichen Gastspiel der Opera Romana in Frankfurt am Main bekannt. Wir bringen im nachfolgenden den Artikel des Führers der rumänischen Jugendorgani­­sation Teofil Gh. Sidorovici, der in diesem Hefte erschienen ist. Bukarest, im Juni 1939 Die soziale Seite des Strategenprogrammes ist ausschlaggebend zur Erreichung unseres verfolgten Zieles. Wenn auch ein Teil des Programms eine rein geistige Erziehung des Menschen erstrebt, um ihn für alles im Leben Notwendige vorzube­­reiten, so stellt doch die soziale Seite die stärkste Rechtfertigung der neuen Bewegung das Vertrauen des Volkes zu erwerben. Bereits vom siebenten Jahre an eignet sich das Mitglied der Jugendbewegung eine Reihe persön­­licher, praktischer Dinge an, die es im Laufe der Jahre in der kleinen Gemeinschaft des „Nestes“, um der Dorfgemeinschaft ergänzt, sie dann in der grossen Gemeinschaft der Nation zu vollenden. Das Kind wird zu dem hingeleitet, was ihm von greifbarem Nutzen ist und es körperlich und seelisch gesund erhält. Aus Sprache und Haltung kann man sich schon ein Urteil über die sittlichen Anlagen bilden, und zwar aus der Art der Kleidung, der Art zu essen, oder wie das Kind seine tägliche Arbeit bewältigt, seinen Körper pflegt, sich vor dem Essen wäscht, wöchentliche Bäder nimmt, sich die Fingernägel schneidet, die Haare schneiden lässt oder saubere Hemden trägt, aus alledem ersieht man die Beschäftigungsart mit dem, von unmittelbar persönlichem und Nutzen ist. Hierauf folgt die Gewöhnung an das Familien­­leben in all seinen Erscheinungsformen, wie die Teilung der Hausarbeit unter Brüdern und Schwestern, Pflege der Wohnkultur, bei der das Bild des Grossen Strajer, das des Erbprinzen, die Parole der Strajers, sowie die Kerze unter dem Heiligenbild und das Basilikum zum Dreikönigs­­fest nicht fehlen darf, Achtung und Gehorsam den Eltern gegenüber, die praktische Ausübung alterechter Bräuche, die doch die Träume der Kind­­heitsjahre sind, kurz alles was für ein Kind reiz­­voll ist. Darauf wird das Kind in seine Altersgemein­­schaft eingereiht, wo es den Nutzen gemeinsamer Zusammenarbeit durch Taten, die zu dem gleichen grossen Ideal führen, begreifen lernt. Da ist ein dreiflügeliges Heiligenbild zum Gedenken derer, die ihr Leben für das Vaterland gelassen haben, die Wiederbelebung des Totenkults auf Friedhöfen, die Betreuung der Kirche mit ihrem Garten rings­ um, das Kulturheim, wo man ein schönes Buch oder eine passende Zeitschrift lesen kann, die Tätigkeit bei einer Genossenschaft, die Ver­­wendung der Arzneien einer kleinen Apotheke der „Schar“, die Sammlung von Arzneipflanzen und der Gebrauch derselben, die Achtung vor öffent­­lichen Anlagen, die Pflege der Brunnen und was sonst noch von wirtschaftlichem und sozialem Interesse ist. Der in der Gemeinschaft seines „Nestes“ lebende Strafer (das „Nest“, eine lebendige Zelle des so­­zialen Organismus von morgen) zeigt durch seine Handlungen die höhere Einsicht in das Wirken der Strajers. Die Hauptaufgabe des Führers ist, aus den kleinen Strajers im Rahmen ihrer Kräfte hervorgehen soll. Wenn die Straja Tarii die landwirtschaftliche Seite ihrer Tätigkeit so sehr unterstreicht, so liegt dies daran, dass der Reichtum des Landes gerade auf der Landwirtschaft beruht. Wir haben aber auch eine starke Industrie : die Jugend der Straja Tarii hat es gelernt, auch auf sie ihr Augenmerk zu lenken. Alle Jugendlichen aus den Fabriken, Werkstätten und allen anderen industriellen Unternehmen sind in unserer Be­wegung miteingegliedert und führen das Programm des neuen Lebens durch. Die Jugend der Arbeiterklasse jeder Art nimmt in unserer Organisation einen bedeutenden Platz ein. Straja Tärii Rumäniens Jugendbewegung sicherste Mittel dar, der Familie und und das was allgemeinem losigkeit der Stolz auf persönliche Leistungen Deutschlandreise mit Dichtern von Alfred Hein. Die Landschaft und Dichterseele sind fast immer eng verbunden, auch wenn es sich nicht um aus­gesprochene Heimatdichter handelt. Und kein Baedecker kann uns die Stimmung über einer Landschaft zur feierlichen Andacht mit noch so vielen Empfehlungen und Sternchen bereiten, wie es ein wahrer Dichter immer vermag. Jedoch genügt es nicht, in Weimar und Wien und Agnetendorf die Wohnstätten der toten und lebenden Berühmt­­heiten aufzusuchen und anzustarren , wer den Geist von Tiefurt und Ilmenau nicht sucht und findet, wer im Riesengebirge nicht Rose Bernd und Fuhrmann Henschel zu begegnen weiss, der wird allenfalls ein äusserliches Befriedigtsein in sich spüren, einmal in Weimar oder ani einer anderen dichtergeweihten Stätte gewesen zu sein, aber einen inneren Genuss wird er vergebens sein eigen nennen. Nein, ich meine nicht, dass Häuser mit Gedenk­­tafeln und Museen aufgesucht werden sollen. Dort wo die Seelen der Dichter aus ihren Büchern her­­vorschweben und noch immer im Winde über die Landschaft gehen, dort borgt euch ihren Blick und schaut das Land wie sie. Denkt an der Nordsee an Storms „Schimmelreiter“ und wundersames Gedicht „Abseits“, an Detlev von Liliencrons Heideballaden, an Gustav Frenssens mystisch­­weltverlorene Romangestalten. Wandert durch Holstein mit Tim Kröger und durch Oberbayern mit Ludwig Thoma. Macht Havelfah­rten mit Theodor Fontane und Willibald Alexis, singt euch mit Löns durch die Lüneburger Heide und erinnert euch im westfälischen Moorland an der Droste düsterwilde Balladen. Verspürt es innerlich und wie ein geistiges Labsal, dass man im Norden die Sprache Klaus Grots spricht und im Süden die Sprache Peter Roseggers. Sucht nicht nur immer die berühmten Stätten auf, sondern verschlagt euch, wenn ihr im Schwarzwald seid, in das Städtchen Galw, wo Hermann Hesse seine frühen jugend- und wanderseligen Bücher schrieb, und macht mit Rudolf G. Binding eine Moselfahrt. Erlebt die alten schönen Volks­- und Trinklieder am Rhein mit dem lebendigen Mitgefühl der durch das immer wieder Gehörte leicht abgeleierten Worte. Solch ein Lied muss gesungen werden, als sänge man es zum allererstenmal, dann hat es einen immer noch herzerhebenden Klang. An der Weser lässt Wilhelm Raabe sprechen und euch von Hoffmann von Fallerslebens Ver­­bannung in Corvey, wo die Dreizehnlinden F. W. Webers stehen, mehr berichten als nur in seinen Büchern steht. Erweckt in euch die uralte namen­­­lose Volksdichtung, den wilden Jäger im Spessart, die Walpurgishexen auf dem Brocken und Rübe­­zahl im Riesengebirge, für den übrigens Carl Hauptmann ein schönes Rübezahlbuch geschrieben hat. Das schwäbische Dichterland von Schiller bis Mörke ein Wunderhorn an Erinnerungen ver­­gangener Lesestunden wieder erwecken, vergesst nicht nicht Hölderlins hier zu gedenken und seines Wahnsinns Turm aufzusuchen! Und überall, wo auf Waldbergen und Weinhängen das Romantische noch lebendig ist, werden Eichendorff und Viktor von Scheffel sofort zu singen beginnen. Aber auch umgekehrt lässt euch durch die Landschaft zur Lektüre anregen: In den Alpen lest den viel zu wenig gewürdigten Bergsteiger­­roman Ompte das „Excelsior“, wenn ihr durch die Landschaft des Dreissigjährigen Krieges ins Böhmi­­sche, Sächsische und Hannöversche kommt, so greift zu der Huch einzigartigem Geschichtswerk „Der grosse Krieg in Deutschland“. Lest im Schlesischen nicht nur Hauptmann, sondern Jakob Böhme und Hermann Stehr, und lernt Jean Pauls Stilbarock aus dem Kleinstadt-Barock der fränki­­schen Landschaft verstehen, in der er gelebt. Unterlasst nicht bei Hamburg dem stillen Matthias Claudius zu begegnen, und wenn ihr in die hessi­­schen Wälder um Marburg kommt, so seid euch bewusst, dass es die Märchenwälder sind, in denen die Brüder Grimm sich unters Bauernvolk mischten und die Volksmärchen sammelten. Einen Dichter aber vergesst nie, wenn ihr der Seele der Natur euch nähern wollt: Adalbert Stifter. Er ist nicht nur der Dichter des Böhmer­­waldes, er hat nicht nur Wien mit eigenen Augen gesehen, er gibt schlechthin allein in der Natur den tiefen dichterischen Glanz. Mit Stifters Augen die Landschaft schauen heisst verwurzeln und verwachsen mit der Schönheit der Welt.

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