Die Woche, 1972. Januar-Juni (5. évfolyam, 211-236. szám)

1972-01-14 / 212. szám

Die Woche Nr. 212/14. Januar 1972 Zuerst wurden wir auf die Zustän­de im Entwurfsatelier der Genossen­schaft aufmerksam. „Tribuna Sibiu­lui“ hatte schon im Januar vorigen Jahres einige Aspekte im Zusammen­hang mit auswärtigen Mitarbeitern analysiert. Wir erkundigten uns nach den Beziehungen zwischen den Kol­legen, zwischen dem Abteilungsleiter Ing. Gheorghe Lucaciu und den Pro­jektanten. Heinrich Schuller, Zeichner, erzähl­te uns über seinen Prozess beim Ge­richt in Sibiu: Er erhielt 1970 den Auftrag, für den in Talmesch wohn­haften Iosif Ştefan ein Haus zu ent­werfen. Er suchte den Mann auf, be­sprach mit ihm das Projekt und kas­sierte 3000 Lei. Seinen Schätzungen »ach mussten die Projektkosten zwi­schen 2500 und 3000 Lei liegen. Er hinterliess eine handgeschriebene Quittung mit dem Vermerk: „Der Rest wird zusammen mit der Originalquit­tung rückerstattet.“ Bei der Kasse der Genossenschaft zahlte er am 12. Sep­tember 1970 200 Lei und am 18. des­selben Monats 2300 Lei ein. Den Rest von 500 Lei behielt er bei sich, um — wie er später aussagte — eine eventuelle Preisdifferenz sofort beglei­chen zu können. Als dieser Fall dann mit zwei anderen ähnlichen Fällen von Milizbeamten untersucht wurde, entrichtete er am 28. Dezember 1970 auch die restliche Summe. Das Ge­richt sprach Heinrich Schüller wegen Betrugs schuldig. Er hatte nicht das Recht, von Kunden Geld zu überneh­men, und durfte noch viel weniger fremdes Geld so lange bei sich be­halten. Dass, wie er erklärte, Kollegen genau so gehandelt haben, wurde als Entschuldigung seiner Vorgangsweise abgelehnt. Am 27. August 1971 wurde Heinrich Schuller zu einem Jahr Ge­fängnis verurteilt; er musste die Strafe aber nicht abbüssen, weil sein Ver­gehen unter Begnadigung fiel. Am 26. Oktober ging ein Schreiben des Kreisgerichtes an die Genossen­schaft, das uns sehr aufschlussreich scheint: „ ... Aus den Akten des Dos­siers (von Heinrich Schuller, Anm.d.R.) geht hervor, dass das Organisationssy­stem. im Projektierungsinstitut nicht entspricht; mangelhaft ist auch die Art und Weise, wie das Geld, die Projektierungskosten, einkassiert wer­den. Diese Mängel haben die Gesetzes­übertretung des Angeklagten begün­stigt ... Wären diese Mängel rechtzei­tig gemeldet worden, hätte maii den Projektanten die Ausfolgung handge­schriebener Quittungen sowie das Recht, Vermittler zwischen Kunde und Kassierer zu sein, untersagt, so hätte der Angeklagte Heinrich Karl Schuller keine Möglichkeit gehabt, eine gesetz­widrige Handlung zu begehen.“ Es un­terzeichnen Richter Elisabeta Rädu­­lescu und Nicolae Saladé, Vorsitzen­der des Kreisgerichts Sibiu. Stellvertretend für alle bestraft Ende Dezember 1971 sprachen wir in der Genossenschaft vor. Wir erör­terten mit 14 Angestellten, Projektan­ten und Vertretern der Leitung, den Fall Schüller, die Arbeitsatmo.sphäre in der Entwurfsabteilung, die Stim­mung in der ganzen Genossenschaft. Zunächst wollten wir die Meinung unserer Gesprächspartner über das Vergehen Schullers erfahren. Anton Gligor (Zeichner): „Das Ein­kassieren von Geld war bei uns Me­thode — das war so, ist es aber nicht mehr. Ehrlich gesagt, Schuller ist stellvertretend für uns alle verurteilt worden. Er hat Geld bei sich behal­ten. Dafür hatte er aber eine schrift­liche Bestätigung ...“ Traian Räulea (Projektant): „Auch andere haben von Kunden Geld ein­kassiert. Es war ein Fehler unserer Leitung, die Gehälter aufgrund der Einnahmen und nicht aufgrund der geleisteten Arbeit zu berechnen. Die­se Situation hat dazu geführt, dass der eine und der andere zum Kunden ge­gangen ist und ihn gebeten hat, ihm das Projekt zu bezahlen. Heute, glau­be ich, kommt das nicht mehr vor.“ Elena Filimon (Zeichnerin): „Ich war Zeuge beim Prozess. Das, was Sie da vorgelesen haben (das Schreiben des Gerichts, Anm. d. Red.), fusst auf den Äusserungen Schullers. Ich habe kein Geld von Kunden genommen. Eine Er­laubnis dazu hatten wir nicht.“ Cornelia Malinschi (Chefbuchhalterin, stellvertretende Vorsitzende der Genos­senschaft) war ebenfalls von der Schlussfolgerung des Gerichts „über­rascht“: „Wir haben den Ministerrats­­foeschluss, durch den eindeutig be­stimmt wird, dass nur Kassiere von Kunden Geld übernehmen dürfen, be­sprochen. Die Projektanten haben von uns nie die Erlaubnis erhalten, Geld zu übernehmen. Deshalb überrascht mich die Schlussfolgerung im Schrei­ben des Gerichts sehr.“ Bernd Gooss (stellvertretender Ge­nossenschaftsvorsitzender): „Ich habe nie geglaubt, dass die Projektanten selbst Geld einkassieren und es nicht sofort abgeben könnten. Dies ist aber, wie es sich herausgestellt hat, doch geschehen.“ Dass solches geschehen konnte, be­stätigte übrigens auch Florina Tudor, früher im Entwurfsatelier von „Con­structorul“ tätig, jetzt Vormundschafts­beamtin. Wir glauben Cornelia Malinschi und Elena Filimon, dass es keine schrift­liche Erlaubnis seitens der Genos­senschaftsleitung gegeben hat, müssen aber bemerken, dass die Art und Wei­se, wie das Schreiben des Gerichts gehandhabt wurde, von Oberflächlich­keit zeugt. Darin wird die Einrichtung einer Kasse mit Nachmittagsprogramm vorgeschlagen, um den Kunden die Möglichkeit zu bieten, auch nach Dienstschluss ein Projekt bezahlen zu können. Die Leitung der Genossen­schaft hielt diese Massnahme für überflüssig, obwohl die Projektanten den Vorschlag begrüssten. Also ist mit dem Arbeitskollektiv nicht ge­sprochen worden. Aufträge durch Zufall Viele Genossenschaftsmitglieder sind unzufrieden mit der Art und Weise, wie Aufträge vergeben und ausgeführt werden. Anton Gligor und Traian Räulea erklärten, jeder verschaffe sich die Arbeit so ziemlich alleine bzw. habe sich bis vor kurzem selbst darum kümmern müssen. Jetzt sei die Situation ein wenig besser. Traian Räulea behauptete: „Früher gab es grosse Unterschiede zwischen der ei­nen und der anderen Projektanten­gruppe. Die einen hatten zuviel Ar­beit, die anderen so wenig, dass ihr Grundgehalt in Frage gestellt war.“ Topographen klagen, man beschäfti­ge auswärtige Mitarbeiter, während die eigenen Kräfte nicht ausgelastet sind. Ing. Rodica Mihliuc: „Unlängst kam ein Mann und sagte, er wolle ein Haus bauen. Ich sagte ihm: Wir über­nehmen das Projekt. Er war bereit, und wir besprachen alles. Nachher war Genosse Lucaciu damit nicht einver­standen. Er müsse zuerst mit der Lei­tung sprechen, sagte er. Bis zuletzt haben dann doch wir diese Arbeit zugeteilt bekommen, weil unsere Grup­pe gerade nichts zu tun hatte.“ Gerold Fleischer, Chef des Produk­tionsdienstes: „Die Zuteilung von Auf­trägen ist durch den Beschluss Nr. 429/1969 des Zentralrats der Handwer­kergenossenschaften (UCECOM) gere­gelt. Allein der Produktionsdienst darf die Arbeiten in Auftrag geben, u. zw. durch die Ausfolgung eines Scheins, der ,ordin de începere' heisst. Ich weiss nicht, warum dieser Beschluss im Entwurfsatelier nicht beherzigt wird ... Wenn die Beamtin, die diese Schriftstücke ausstellt, und der Ate­lierchef fehlen, verhandeln die Kun­den mit den Projektanten, die sie ge­rade antreffen. So werden Bestellun­gen übernommen ohne das Wissen des Atelierchefs, ohne dass jemand sich um eine gerechte Verteilung bemüht.“ Die Zuteilung von Arbeiten an To­pographen und Projektanten bleibt — wie ersichtlich — dem Zufall über­lassen. Das muss geändert werden! Ebenso ist es notwendig, die Fragen zu klären: In welchen Fällen werden den Angestellten dieses Ateliers die Wegkosten bezahlt? und: Müssten die Topographen nicht nach demsel­ben Prinzip wie die Projektanten ent­lohnt werden? Heute so, morgen anders Die meisten der Befragten sind der Meinung, in der Entwurfsabteilung herrsche kein gutes Einvernehmen. Elisabeta Dorogan, zur Zeit bei „Tim­puri noi“, hat während ihrer Dienst­zeit bei der Baugenossenschaft „unter den Meinungsverschiedenheiten zwi­schen Ing. Gheorghe Lucaciu und sei­ner Arbeitsgruppe gelitten“ und sich deshalb versetzen lassen. Rodica Mih­liuc, seit dem 1. September 1971 im Entwurfsatelier tätig, stellt auch schon nach kurzer Zeit eine „unangenehme Atmosphäre“ fest. Wer ist schuld? Ing. Gheorghe Luca­ciu, Ing. Rodica Clinciu und Elena Filimon sagen, Heinrich Schuller sei schuld daran. Alle anderen: Nicht nur er. Einige meinen: Vor allem Lucaciu. Es ist wahr, die Beziehungen zwi­schen dem Abteilungsleiter und Hein­rich Schuller waren schon seit Monaten gespannt. Beide müssten ihre Hal­tung überprüfen. Aufgrund unserer Gespräche gelang­ten wir zur Ansicht, dass Ing. Gheor­ghe Lucaciu einer wichtigen Anfor­derung, die an einen Produktionslei­ter gestellt wird, nämlich ein entspre­chendes Arbeitsklima zu schaffen, nicht entspricht. Folgende Begebenheit ist dafür auf­schlussreich: Eines Tages, Mitte De­zember, wandte er sich an Ruxandra Dumitrica, die gerade einen Plan ver­vielfältigte. Er: Lass das, zieh mir die­sen Plan ab. Sie: Gleich, doch muss ich zuerst diese Arbeit beenden. Er: Du lässt das sofort stehn und machst dieses! Sie: Nur einen Augenblick, ich bin gleich fertig. Er: Wie, du willst nicht? Lass nur, ich zeig dir schon. Geh in deine ... Ing. Lucaciu erklärte uns, er habe gesagt: „Gehe zu deiner Mutter, wenn du hier nicht machen willst, was ich dir sage.“ Nun war aber ihre Mutter vor kurzer Zeit gestor­ben ... Bald darauf kündigte das Mäd­chen. Auf unser Ansuchen schickte uns der Stadtvolksrat von Grosssanktniko­­laus, wo Gheorghe Lucaciu von 1962 bis 1968 arbeitete, eine Charakterisie­rung dieses Mannes, in der es heisst: „Neben seinen guten Arbeitsergebnis­sen hatte Ing. Gheorghe Lucaciu in sei­ner Tätigkeit eine Reihe von Mängeln. So zum Beispiel hatte er, leicht beein­flussbar, oft eine unprinzipielle Hal­tung seinen Untergebenen gegenüber. Er schuf Feindseligkeiten zwischen ihnen, eine Atmosphäre von Vertrau­­enslosigkeit, Argwohn und Verleum­dung.“ Kann ein solcher Mensch, selbst wenn er ein guter Fachmann ist, 30 Leute anleiten? Bernd Gooss: „Er trifft nicht immer die besten Massnahmen. Er hat seine Leute nicht in der Hand. Die schlechte Stimmung ist in grossem Masse ihm zuzuschreiben.“ (Wenn dies bekannt ist — warum wurde nichts unternommen?) Die Grundorga­nisation der RKP, die Gewerkschaft und die Leitung der Baugenossen­schaft müssen die Verhältnisse im Entwurfsatelier sowie die Umgangsfor­men von Ing. Lucaciu mit seinen Un­tergebenen prüfen und zur Normali­sierung der Beziehungen geeignete Massnahmen treffen. Unaufrichtiger Vorsitzender Die Leitung des Kreisverbandes der Handwerkergenossenschaften war sehr erstaunt, als sie durch Zufall erfuhr, dass Victor Folcic, seit 1969 Vorsitzen­der der HG „Constructorul“, vorbe­straft ist. Sie ging der Sache nach. Im Referat des Büros der Parteiorganisa­tion der hiesigen, Baugenossenschaft, das den Parteimitgliedern am 17. Mai 1971 vorgelegt wurde, heisst es dar­über: „Genosse Victor Folcic ist im Dezember 1968 van der Grundorgani­sation der Baugenossenschaft Tg. Mu­reş, wo er damals Gruppenleiter war, in die Partei aufgenommen worden. Weder in der Autobiographie noch in den anderen Akten, die er auszufüllen hatte, hat er etwas über seine frühere Tätigkeit vermerkt; er war unaufrich­tig der Generalversammlung jener Grundorganisation gegenüber, die ihn in die Reihen der Parteimitglieder auf­genommen hat, als er die Tatsache ver­schwieg, dass ihn das Kreisgericht von Hunedoara (Deva) 1959 wegen Geld­veruntreuung zu einem Jahr Gefäng­nis verurteilt hatte.“ Die Grundorganisation der Bauge­nossenschaft Sibiu sollte den Fall be­sprechen und einen Beschluss fassen. Es war klar, dass Victor Folcic einen schweren Fehler begangen hatte. Das Statut der Rumänischen Kommunisti­schen Partei auferlegt jedem Mitglied die Pflicht, „der Partei gegenüber auf­richtig zu sein, Entstellungen der Wahrheit nicht zu dulden“. Die das Wort ergriffen, erinnerten auch dar­an, dass manche Erfolge, die Entwick­lung der Genossenschaft zum Teil Victor Folcic zu verdanken seien. Und die Kommunisten beschlossen, Victor Folcic einen Verweis mit Verwarnung zu erteilen. Unterschlagung, Aktenfälschung... Im Sommer 1971 wurde der Staats­anwaltschaft eine Akte zur Untersu­chung überreicht. Auf dem Umschlag stand der Name Victor Folcic. Aus den eingelegten Berichten des Miliz­leutnants Constantin Ionescu und des Revisors Iordan Maier (seitens des internen Kontrolldienstes des Kreis­verbandes der Handwerkergenossen­schaften Sibiu) entnehmen wir: Victor Folcic, der sich bei OCMAD um eine Aragasflasche bemüht hatte, wird am 22. Oktober 1970 telefonisch von der Ankunft von drei Flaschen verstän­digt. Er ordnet sofort an, sie abzuho­len, obwohl er weiss, dass im Ver­sorgungsplan der Genossenschaft keine Aragasflaschen vorgesehen sind. Eine Flasche lässt er sich nach Hause schaf­fen, die beiden anderen werden ins Lagerhaus gebracht. Die Handelsdirek­tion des Kreises bewilligt sein Ge­such, in dem er um die Überweisung der drei Flaschen an das Handelsun­ternehmen für Metall- und Chemieer­zeugnisse ansucht, so dass die beiden anderen Flaschen zunächst in ein Ge­schäft und dann zu zwei Angestellten von „Constructorul“ gelangen. Die drei Flaschen werden also „legal“ gekauft. Als es sich herausstellt, dass die drei Aragasflaschen für die Genossenschaft „Tehnica nouă“ bestimmt waren, wird der Betrug aufgedeckt. Die drei wer­den aufgefordert, die Flaschen zurück­zugeben, da sie sie auf rechtswidrige Weise erworben hätten. Victor Folcic macht zuerst Schwierigkeiten, dann gibt er nach. Damit schien der Fall erledigt. Leutnant Ionescu war aber der Meinung, es handle sich hier um einen Funktionsmissbrauch und um die Veruntreuung von Gütern der Genos­senschaft; Iordan Maier schätzte die Handlung als einen Verstoss gegen die Vorschriften ein, die die Materialver­sorgung der Genossenschaften regeln. Staatsanwalt Liviu Ranga kam über­raschenderweise zur Schlussfolgerung, es liege hier kein Vergehen gegen das Gesetz vor, das bestraft werden müss­te, weil kein beträchtlicher Schaden verursacht worden sei. Und die Akte wurde „ad acta“ gelegt. Aber nur für kurze Zeit. Die Staatsanwaltschaft scheint sich darüber Rechenschaft ge­geben zu haben, dass Liviu Ranga vor­eilig geurteilt hat. Auch wenn dieser das Ablegen der Akte juridisch be­gründen konnte, hätte er doch aus so­zialen und ethischen Gründen die Be­strafung Victor Folcics und der OCMAD-Beamten verlangen müssen. Im September sprachen wir wäh­rend der Untersuchung des Falls mit Octavian Floriţă, Vorsitzender des Kreisverbands der Handwerkergenos­senschaften. Er sei fest entschlossen, sagte er uns damals, auch organisato­rische Massnahmen zu treffen. Es wur­den keine getroffen. Später sprachen wir mit Johann Schotsch, stellvertre­tender Vorsitzender des Verbandes. Er klagte: Folcic müsste dringend seines- Postens enthoben werden. Doch Victor Folcic blieb noch zwei Monate lang. Vorsitzender der Genossenschaft —­­weil man keinen entsprechenden Er­satzmann gefunden habe, heisst es. Am 26. November 1971 lief aus Tg, Mureş ein Schreiben der dortigen Staatsanwaltschaft ein: Victor Folcic wird der Unterschlagung, des Betrugs, der Fälschung und wegen Anstiftung zu Fälschung angeklagt. Es werden mehrere Vergehen aufgezählt. Zum Bei­spiel: Am Q. Mai 1969 fährt Victor Fol­cic — damals Vorsitzender der Bau­genossenschaft von Tg. Mureş — nach Sibiu um Material. Er kauft 300 ver­zinkte Rohrknie zu 7 Lei. Auf der Quittung ändert er Stückzahl und: Preis.. Es gelingt ihm, 400 Knie (Preis­unterschied 700 Lei) zu verrechnen. Versäumnisse Aufgrund der neuen Elemente be­schloss das Munizipalparteikomitee Sibiu, den Fall Folcic noch einmal zu besprechen. Inzwischen hatte die Grundorganisation von „Constructorul““ Sibiu einem Gesuch Victor Folcics um Aufhebung der Strafe stattgege­­ben, und in Unkenntnis einer Statut­bestimmung war sein Verweis zu früh­­aufgehoben worden. Am 25. Dezember 1971 fand eine Generalversammlung der Grundorganisation statt, an der Ge­nosse Teodor Ţopa, Sekretär des mu­nizipalen Parteikomitees, teilnahm. Uber den Verlauf dieser Sitzung könn­te viel berichtet werden. Hier einige Schlussfolgerungen: Die Parteiorganisation hat nicht ge­nügend Pflicht- und Verantwortungs­bewusstsein, keine politische Reife bewiesen. Pflicht jedes Kommuni­sten ist auch, dafür zu wirken, dass, keine Übergriffe und Ungesetzlichkei­ten geduldet, dass Disziplin und Ord­nung eingehalten werden. In diesem. Sinne hätte diese Grundorganisation rechtzeitig eine entschlossene Haltung einnehmen müssen — bezüglich dér Unaufrichtigkeit Victors Folcics sowie der nichtentsprechenden Arbeitsweise des Kommunisten Gheorghe Lucaciu. Einige Genossen sind in der Ver­sammlung der Parteiorganisation, die eine Schule kommunistischer Erzie­hung sein soll, ihrer Pflicht, ehrlich und offen ihre Meinung zu sagen, nicht nachgekommen. Die meisten haben in ihren Stellungnahmen die guten Leistungen Victor Folcics im Beruf hervorgehoben und dabei die Forde­rung ausser acht gelassen, die unsere Gesellschaft an ihn stellt: Jeder Leiter einer grösseren oder kleineren Wirtschaftseinheit (oder Abteilung) muss in erster Linie ein politischer Führer sein. Allein technisch-berufli­che Kenntnisse genügen nicht. Er muss ein grundehrlicher, moralischer Mensch sein, der die Gesetze des Staates be­folgt, Beziehungen der gegenseitigen Achtung aufrechthält und den Arbei­tern in jeder Beziehung ein Vorbild ist. Victor Folcic hat diesen Anforderungen nicht entsprochen. Er wurde wegen seiner Verstösse aus der Partei aus­geschlossen und seiner Funktion als Genossenschaftsvorsitzender enthoben. Die Leitung des Kreisverbandes der Handwerkergenossenschaften, der die Verlogenheit Victor Folcics und seit Monaten auch seine Unaufrichtigkeit der Partei gegenüber bekannt waren, hat es versäumt, prompt und wirksam einzugreifen. Ihr obliegt es nun, mit politischer, parteilicher Verantwortung an die Wahl eines neuen Vorsitzenden für die Genossenschaft „Constructo­rul“ heranzugehen. Der Parteiorganisation der Bauge­nossenschaft, ihrem Büro und Sekre­tär Viorel Pirvu fällt die Aufgabe zu, das politische Niveau, das kommuni­stische Bewusstsein aller Parteimitglie­der zu heben und gemeinsam mit VKJ, Gewerkschaft und Genossen­schaftsleitung für die Schaffung ei­nes der Produktion förderlichen Kli­mas in allen Abteilungen zu wirken. Genosse Teodor Ţopa versprach eine wirkungsvollere Unterstützung der Parteiorganisationen aller Handwer­kergenossenschaften durch das Muniei­­palpartelkomitee. Horst BREIHOFER Nichts ist so fein gesponnen... • Unhaltbare Zustände im Entwurfsatelier der Genossenschaft „Constructorul“ • Victor Folcic seiner Funktion als Vorsitzender enthoben • Wirkungsvollere Parteiarbeit muss zu Verbesserungen führen „Sehr gut, dass Sie ,Constructorul’ kritisiert haben. Aber Ihre Kritik war viel zu milde.“ Diese Meinung hörten wir einige Tage nach Erscheinen des Artikels „Leere Versprechungen“ (HZ Nr. 196 vom 24. Sep­tember 1971). Wir fühlten uns verpflichtet, der Sache weiter nachzugehen. Und wir taten es schon damals, Ende September 1971. Dass wir erst jetzt die Ergebnisse der Nachforschungen veröffentlichen, liegt an der Schwierigkeit der Dokumentation: Von einem Tag auf den anderen traten neue Ereignisse ein, wurden andere negative Erscheinungen, vor allem in der Tätigkeit des Vorsitzenden dieser Genossen­schaft, aufgedeckt. Uber den Fall „Constructorul“ ist noch nicht das letzte Wort gesprochen worden — es wird vielleicht noch manches ans Tageslicht ge­bracht werden —, aber ein Überblick über das Ganze ist schon möglich. Untersuchung Seite 4

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