Annales Historici Prešovienses, 2019 (XIX/1-2)

2019 / No. 2

Justic, der die Salons der Aristokraten regelmäßig besuchte, schrieb ebenfalls in sein Tagebuch, dass der Thronfolger eine Woche vor der Tragödie von Mayerling sein Porträt an István Károlyi gesandt hatte, begleitet von einem Abschiedsbrief ähnlichen Schreiben. Laut seinen Informationen war dem Grafen Károlyi bekannt, dass Rudolf sich seit langem mit dem Gedanken des Selbstmordes beschäftigte. In Bezug auf die Motivation tauchen zahlreiche mögliche Beweggründe auf, unter anderen auch die Enttäuschung, die von István Károlyi verursacht wurde, aber es gibt keine entscheidenden Beweise, die eine der Versionen unterstützen. Károlyis Verhalten hat die Zahl der Misserfolge des Thronfolgers, der für die Lösung der Konfliktsituationen immer weniger fähig wurde, ganz bestimmt erhöht, aber als die Ursache der Tragödie in keinem Fall bezeichnet werden kann. Trotzdem wurde Kaiser Franz Joseph auf István Károlyi so sehr böse, dass er innerhalb von einem Monat die Bitte des Grafen um Audienz dreimal abgelehnt hatte.31 Die wiederholten Anträge des Großbesitzers von Großkarol, als Vater von zwei Kindern, lassen uns erschließen, dass er nach normalisierten Beziehungen zu dem Herrscher strebte. Seine Bemühungen sind als erfolgreich anzusehen, da er im Jahr 1892, auf den Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum der Krönung von Franz Joseph zum ungarischen König, die Ehreneskorte der Kavallerie als General leitete. Diese Szene war das spektakulärste Element der Jubiläumsfeier.32 Es kann als Manifestation des für die Magnaten charakteristischen Bewusst­seins betrachtet werden auch die Affäre von Károlyi während seines ersten Zyklus im Abgeordnetenhaus, als er die Duzbrüderschaft mit einem Abgeordneten von bürgerlicher Herkunft, Károly Grecsák, Zeitungsredakteur, mit aristokratischem Hochmut zurückgewiesen hatte. Károlyi verstoß damit, die von Lajos Kossuth und Ferenc Deák ins volksvertretende Parlament eingeführten Traditionen.33 Um seine Ehre betreffende Angelegenheit zu regeln nutzte István Károlyi das Duell, das als eines der spektakulären Merkmale des aristokratischen Ethos inter­pretiert werden kann, obwohl sein Großvater im Alter von 35 Jahren infolge einer, im Duell erworbenen Verletzung gestorben war und sechs minderjährige Waisen hinterließ.34 Das bemerkenswerteste Duell von Graf Pista­­ wegen des tragischen Endes­­ war der Zweikampf vom 24. Mai, 1880 gegen Graf Viktor Zichy Ferraris. Der auch als „Don Juan“ bekannter Zichy, hat enorme Schulden angehäuft und sich in zweifelhafte Geschäfte verwickelt, die für ihn nutzbringend waren, aber die d­ie fürchtete. Einer Version nach, wurde Rudolf Opfer von der Rache eines eifersüchtigen Man­nes, da der Thronfolger auch nach seiner Eheschließung ausschweifend lebte. Zur Bewertung des Themas in der Fachliteratur, siehe: HAMANN, B. Rudolf. A trónörökös és a lázadó, s. 487 - 515. 31 Justic Zsigmond naplója. 361. Vermerk vom 28. April, 1889. 32 Pesti Hírlap. 7. Juni 1892. 33 Pesti Hírlap. 3. Oktober 1888. 34 BUDA, A. Gróf Károlyi István élete. Újpest 1997, s. 76. 55

Next