Karpathen-Post, 1916 (Jahrgang 37, nr. 5-26)

1916-02-03 / nr. 5

An - UND ee ee 475 TELEFON. = „Ur. 5 "+ | Verantwortlicher Schriftleiter : THEODOR SAUTER. |" Eigentümer und Herausgeber: : PAUL SAUTER. x RR­RER und BERN ehe in Er Kanten­ der Blattes, Buchdruckerei von PAUL SAUTER in KESMARK Hauptplatz Nr. 33, ferner Inserate bei allen Annoncen-Expeditionen angenommen. es Insertionspreise : Die dreispaltige Garmondzeile 15 H., im Textteile dreispal­­tige Garmondzeile 30 H., bei mehrmaligem Erscheinen entsprechender | Rabatt. | | SE n M bem usschusse nicht leicht­­er sie jeßt 4 .Great­esten. haven infolgedessen die Arbeit ganz­­ fgegeben, denn die gegebene Summe sichert ihnen ihr eben ohnehin, besonders auf dem Lande. Müssiggang ist aber aller Laster Anfang. Vielleicht haben sie ihre Zeit zuerst ihren Kindern gewidmet, dann kam der Tratsch,­­ dann die Gesellschaften, dann das Wirtshaus, und zu­­leßt der Sufi. Und der leßtere herrscht unter den Unter­­ftüßten in einem Maße, das alle Vorstellungen weit­­ überschreitet. “ Als die Klagen allzu laut wurden, sah die Regie­­­­rung sich genötigt, mit einer Verordnung einzuschreiten. Sie verlautbarte, das all denen, die sich zu arbeiten weigerten, die Unterstüßung sofort entzogen werden soll. Ob man dieser Verordnung auf dem Alföld Geltung zu verschaffen versuchte und konnte, ist uns unbekannt Bei uns blieb es beim eitlen Wort. Daß das wahr ist, kann uns jedermann bestätigen, der für irgend­eine Arbeit Taglöhnerinen sucht. Erst muß man die längste Zeit bitten und betteln, bis sich die Weiber überhaupt herbei­­lassen, Rede zu stehen. Dann fordern sie Löhne, die ge­­radezu unglaublich sind und selbst die Fettpreise in Kes­­mark übersteigen ; dann arbeiten sie, wie es ihnen ge­­fällt, mehr schlecht, als recht und traut man sich ein Wort zu sagen, flugs werfen sie den Besen hin und dann kannst schauen, wie du weiterkommst. Will man sie aber von behördes wegen zur Arbeit anhalten, so sind sie sofort mit ihren mütterlichen Pflichten bei der Hand. Dann müssen sie­­­ heißt es , ihre Kinder pflegen, wenn­ es aber eine Leiche gibt oder sonst was zum Gaffen, oder wenn man auf einen­ Schnaps in eine Butike hi­­nein muß, dann können die Kinder stundenlang zuhause eingesperrt­ sein, das beunruhigt das zarte mütterliche nn Gewissen nicht. Daß es viele Frauen auch mit der ehelichen Treue nicht sehr ernst nehmen, ist allbekannt. Erst hielten fes­­t mit den Ulanen, dann kamen die Verwundeten und schließlich, als alle Stricke rissen, hat ein gütiges Geschick die Russen herbeigeführt. Die Weiber und die Russen haben den Frieden sehr bald geschlossen und bewiesen, den wo Leute sich verstehen, die Einigkeit leicht herge­­e­t ist.­iese Umstände und noch viele andere haben den Bürgermeister bewogen, einer diesbezüglichen Verordnung der Regierung nachzukommen und den Ausschuß zur Überprüfung der Kriegsunterstüßungen zusammenzurufen. Der Ausschuß tagte an drei Nachmittagen (am 21. 22. und 25. v. Mts.) und bekam recht schöne Dinge zu hören. Nachdem schon von allen Seiten Klagen über Klagen eingelaufen waren, wurde der Bürgermeister tags vorher aufgefordert, in die Kleinbergersche Butike in der Kossuth-Tajosgasse zu kommen, wo eine große Anzahl­­ vierer Weiber betrunken umhertanze. Er ging dahin,­­ber die bekamen Wind und gingen durch. Trozdem und er noch drei von ihnen, lauter solche, die Kriegs­­nterstoßungen­­ bekommen, total betrunken am Boden, aum daß­­ er wegging, kamen diese Megären wieder zu Drückt , und führten mit einigen gehe daten schamlose Tänze auf. Die Orgie wurde schließ­­so toll, das ein dort anwesender Mann auf die e ging, um die Soldaten einführen zu lassen. Die erschien, die Weiber aber, 17 an der Zahl und der Wirt selbst fielen über den Angeber her und et­w eige verfolgten die Wache bis zum Rat­­in die Schnapsbuden tragen und die Kinder und verwahrlosen lassen. Orgien, wie sie, sollen sowohl in den Schnapsbuden, die oben als auch Kringen nicht selten sein, und die eigenen Kalbefigern verboten, den russischen Gefangenen­­ verabfolgen, aber die Weiber bringen ihnen sei dies mit ansehen. Es wurde allen Wirten, ohn! Getränk selbst, um sie an ich zu locken. Die Kinder ater solchen Umständen gänzlich verla­ssen und die ichen Diebe und Einbrecher, über die in der leß- Zeit soviel geklagt wurde, gehören fast ohne Aus- me unterftügten Familien an. — Bei allen diesen Fällen Abhilfe zu schaffen, wurde Bei den Frauen, die kin­­­­derlos sind, konnte die Unterstügung ohne weiteres ge­­rne (Fiche) werden. ‘Schwerer, war es aber, wo 3—4—5 t, zum Teil ganz kleine, zu versorgen waren. Dal a man, wo es möglich war, einen Berwalter hin, sgenebet den "Bekannten oder Bermandten der Fs­­ milie, der die Staatshilfe übernimmt und dieselbe der­­­er­ Familie ratenweise auszahlt oder in Waren aus­­foigt. 24472 Ara“ Tas In era Br Mitten et «26 Ws ganz entzogen und nur den Kindern gewährt, denen sie­­ der Verwalter in Eßnoren ausfolgt. In anderen Fami­­lien mußten die Kinder den staatlichen Kinderheimen überwiesen, die Mütter aber abgeschoben werden und so weiter, den Umständen gemäß. Doch wenn es auch leider eine allzugroße Anzahl unverläßlicher Weiber gab, (es sei aber festgestellt, daß es unter ihnen keine einzige Magyarin oder Zipferin gibt, sondern ausschließlich nur Slowakinen und Galizia­­nerinen), so wurde doch die weitaus überwiegende Mehr­­heit für verläßlich befunden. Dort, wo es angemessen er­­schien, wurde die Kriegshilfe erhöht, anderorts hingegen, besonders bei Landwirten und Handeltreibenden, verrin­­gert oder gestrichen. Der Ausschuß beriet jeden einzelnen Fall eingehend und handelte nach bester Überzeugung. Angesichts der obigen traurigen Tatsachen, ist es die Pflicht eines jeden Bewohners der Stadt, die Be­­hörde in ihrer Arbeit zu unterstüßen. Die Mitglieder des ständigen Unterausschusses des Kesmarker Wohlfahrts­­ausschusses werden aufgefordert, die in ihrem Bezirke wohnenden Staatsunterstütten, deren Liste sie erhalten haben, zu überwachen, ihre Lebensführung und die Ver­­sorgung der Kinder mit Aufmerksamkeit zu verfolgen und der Behörde über jeden Mißbrauch rechtzeitig Be­­richt zu erstatten. Die Frauenvereine könnten es sich zur schönen Aufgabe machen, die Überwachung dieser ver­­wahrlosten Kinder zu übernehmen und die Frauen, wenn noch möglich, zur Ordnung und Sitte zurückzuführen, (die Spitaltätigkeit­ hat ja infolge Mangels an Kranken ohnehin fast aufgehört). Aber auch ein jeder Bürger und eine jede Bürgerin, ein jeder Nachbar tut es gut, wenn er die Ausschußmitglieder oder die Behörde auf solche Ausschreitungen aufmerksam macht. Denn es handelt sich nicht nur um Anstand und Sitte, sondern auch um das körperliche und seelische Wohlergehen vieler kleiner, un­­mündiger Kinder und da ist ein jedes Bedenken null und nichtig. Wir unsererseits werden uns nicht im Ge­­ringsten scheuen, die Namen derjenigen, die sich der Trunksucht auch weiter ergeben, der breitesten Öffentlich­­keit preiszugeben. Die künstliche Höhensonne. Eine neue Behandlung, die der künstlichen Höhen­­sonne, wurde seiterer Zeit bei Behandlung verlegter und verwundeter Krieger viel verwendet und von verschiede­­nen Seiten werden die günstigsten Erfolge der Bestrah­­lungen mit der künstlichen Höhensonne in der Kriegs­­chirurgie bestätigt. Diese neue wissenschaftliche Errungen­­schaft ließ der hiesige Rote Kreuzverein auch nicht unbe­­achtet und auf Vorschlag der Ärzte wurde mit großer Opferwilligkeit eine Quarzlampe um den beträchtlichen Preis von 1000 Kronen angeschafft, mit deren Hilfe die zur Bestrahlung A anne ultravioletten Strahlen erzeugt werden. Seit undenklichen Zeiten war die heilbringende Wirkung der Sonnenstrahlen bekannt, schon das alte Sprichwort : „Scheint die nie zum a rein, gehe der Arzt zur Thür hinaus“ liefert den­­­ besten Beweis, wie sehr schon damals die Heilwirkung der Sonne an­­erkannt war. In den letzten Jahrzehnten aber entwickelte sich die Sonnenkur, die sogenannte Heliotherapie, zu einer 10 hohen Wis­senschaft, daß die ganze Behandlungsweise­ der Tuberkulose und anderer Krankheiten lediglich auf­­ dieser basiert, ohne derselben aber zu gar die Resul­­tate führen würde. Wir wissen, daß das Sonnenlicht aus schwingen­­­­­­den Strahlen verschiedener Länge besteht, ‚Die, durch ein Glasprisma einzeln zerlegt, unseren Augen in verschie­­denen Farben sichtbar werden. Wer kennt nicht Die schönen lebhaften Farben des Regenbogens, dieser herrli­­chen optischen Lufterscheinung, wo die Sonnenstrahlen nach einem Regen im Dunstkreise gebrochen, einen Bo­­gen von rot, gelb, blau, grün und violetten Streifen bilden. Die Wellenlänge dieser Strahlen­­ nimmt aber von den roten Strahlen nach den violetten bedeutend ab, so daß die roten die längste, die violetten die kürzeste Wellenlänge haben. Außer diesen Strahlen existieren in dem Lichtspektrum noch solche, die wir mit unserem Auge nicht wahrnehmen, nämlich die ultraroten und ultravio­­letten, die an Wellenlänge noch länger als die roten, und noch kürzer als Die violetten sind. In ihrer spezifischen Wirkung unterfa­nden sich diese Strahlen noch darin, daß die langwelligen Strahlen Wärme verbreiten, die violetten aber nicht; so werden deshalb auch kalte Stra genannt, welche reich sorbierbar, lei , aufsaugbar, hervorragende <emi GE physikale Eigenschaften besigen und zu medi­schen Zwecken erfolgreich „verwendet werden könn Man fand, daß die Sonnenbäder bet­­­schen, Höhenkur­te deshalb, von so heilbringender, Wir- Br­img Kob mel­ch er! ún kire ullieon Infu­en­­violetten Strahlen zur­­ Geltung kommen, während sie im Sonnenlichte der Ebene nur in geringer Menge­­ vorhanden sind, da sie vom Dunstkreis der Erde zum größten Teil absorbiert werden. Die unwissenschaftlich-medizinische Technik kam daher so auf die Idee, nach einer Lichtquelle für diese wirksamen ultravioletten Strahlen zu suchen und erst nach vielen Experimenten und Bemühungen von gewiegten Fachleu­­ten, wie Finsen, der Däne Kjeldsen und Anderer, kon­­stuierte der amerikanische Ingenieur Cooper-Hewitt die erste brauchbare Quecksilberdampf- Lampe, zur Lieferung von ultravioletten Strahlen, die aber auch noch unvoll­­kommen war, und erst der Firma Heraeus in Hanau gelang es ein Quarzglas herzustellen, das weit höhere Temperaturen als gewöhnliches Glas verträgt und für ultraviolette Strahlen vollkommen durchläßig ist, wodurch es dieser Firma gelang, eine solche Quarzlampe zu kon­­struieren, welche die ultravioletten Strahlen in reicher Menge für medizinische Zwecke zugänglich macht und die langwelligen roten Strahlen vollkommen eliminiert. Von dieser Firma bezog unsere Filiale des Roten Kreuzvereines eine Quarzlampe neuesten Modelles, die sich für jede Behandlung mit ultraviolettem Licht voll­­kommen eignet und so wurden wir­­ durch die große Mugnifizenz des Roten Kreuzvereines und dessen für wissenschaftlichen Fortschritt begeisterten Präsidenten Ober­­stuhlrichters Dr. Ödön Engelmayer und Spitalleiters Di­­rektor Otto Bruckner — in die günstige Lage verseßt, unsere hilfebedürftige Soldaten einer solchen heilwir­­kenden ärztlichen Behandlung teilhaftig werden zu lassen, die man nur bei intensiver Annolation einzelner Her­denkurorten zu erzielen im Stande ist. Die Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne zu Heilzwecken eignet sich für örtliche und allgemeine Behandlung verschiedener Krankheiten und Wunden. I­nsbesondere Wunden indo­­lenter Natur, sowie große Wundflächen, die jeder anderen Wundbehandlung Widerstand leisten, heilen unter der Einwirkung dieser Strahlen in kürzester Zeit. Die künstliche Höhensonne entwickelt auch Ozon und eignet sich in ganz vorzüglicher Weise zu Inhala­­tionen, wodurch das Indikationsgebiet dieser Behand­­lungsweise sich auf Erkrankungen verschiedener Art er­­weitert, hauptsächlich aber auf solche Krankheiten, bei denen die Anregung des Stoffwechsels angestrebt werden soll. Mit besonderem Erfolge wird die Höühensonne an­­gewendet bei verschiedenen Lungenaffektionen, Tuberku­­lose und der Knochen, Gelenke, Lymphdrüsen, Haut (Lupus) sonst bei einer Reihe von Hautkrankheiten. Ferner beeinflußen die ultravioletten Strahlen sehr günstig rheu­­matische Leiden und Neuralgien aller Art. Damit schließe ich die kurze wissenschaftliche Orien­­tation über eine in neuester Zeit namentlich in der Kriegs­­­chirurgie mit bestem Erfolge angewendeten Heilmethode und hoffen wir in die angenehme Lage zu kommen aus unserem“ Roten Kreuzspirale über günstige Heilerfolge der künstlichen Höhensonne berichten zu können. Stadtphysikus Dr. Klein. a -

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