Kaschauer Zeitung, April-Juni 1874 (Jahrgang 36, nr. 26-51)

1874-05-16 / nr. 39

ER ET + eS. | Kaschau, Samstag 16. Mai. | XXXVI. Jahrgang 1874. Erscheint jeden Mittwoc­h und Samstag, für Pränumeration Kasc­hau vierteljährig L fl. 25 kr., mit Postver­­sendung 1 fl. 50 fl. Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei al­­en Postanstalten u. Buch­handlungen. Megjelen minden Szerdán és Szombaton. unfranfirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­zeile. — J Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigun­­gen und öfterer Einschaltung entsprechender Nachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Her­­ren A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22, Haassenstein , Vogler, Neuer­ Markt Nr. 11 und Rudolf Messe Annoncen - Expedition. Inserate übernimmt für uns die Inter­­nationale Annoncen - Expedition von Lang , Schwarz Pest, Badgasse und Wien, Wollzeile 6. — In Berlin S. Kornik. In Stuttgart E. Stöcke­hardt. In Paris Havas Laffitt-­ ­ Kaschaner Zeitung Kundschaftsblatt für Kasdan und Spezies. Fokalblatt für Volks-, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ.) [4 Anonyme Briefe werden nicht berü>­­sichtigt und Manuskripte nicht zurück­­gegeben. Bullier & Comp. Kaschau, 15. Mai. Geschrieben hat Graf Andrasy kein Rothbuch — was man wenigstens bisher darunter verstand — aber gesprochen hat er eins: die mündlichen Erklärungen, welche er in den Delegationsausschüssen abgegeben, beweisen, daß er nichts verhehlen gewollt und nichts zu verhehlen gebraucht hat.­­ Der Abriß der Depesche speziell, welche der letzten päpstli­­chen Endiklica gegenübertritt, lautet Einsprache der Kirche weit energischer in der Abweisung der und entschiedener als die seither zur Oeffentlichkeit gelangte sehr knappe Analyse erwarten ließ, und in der Frage ob Frieden oder Krieg hat der Leiter des auswärtigen Amtes, sowohl die Schwarz- als die Rothfärberei verschähend und auf jede Propheten-Rolle verzichtend, einfach der Wahrheit die Ehre gegeben: daß die politischen Konstellationen für den Augenblic die friedlichsten seien, und daß Oesterreich zu seinem Theil an der Bewah­­rung des Friedens ehrlich fortarbeiten werde. — Die Mel­­dungen aus Pest lassen es als sicher erscheinen, daß das ungarische Ministerium noch vor Pfingsten mit einer Wahl­­geieg-Novelle hervorzutreten gedenkt, und unerläßlich genug stellt sich eine Reform schon deßhalb dar, weil das geltende Wahlgesetz in den alleraufgeregtesten Tagen der Sturm- und Drang-Periode von 1848 geschaffen ward und mehr den außerordentlichen Bedürfnissen einer außerordentlichen Lage als logisten Erwägungen Rechnung zu tragen bestimmt war. Eine durchgreifende Reform wird freilich erst im Zusammen­­hang mit der Steuerreform­ und dem erfolgen können ; vorläufig scheint man neuen Steuercensus in erster Linie dem schreienden Skandal der Wahl-Korruption und der Wahl- Raufereien ein Ende machen zu wollen und dabei nicht auf die Unterstüßung dieser oder jener einzelnen Partei, sondern der anständigen Leute aller Parteien zu rechnen. — Im Finanzausschusse der Delegation des Reichs­­raths interpelierte der Abgeordnete­­ Schaup über die Stel­­lung des auswärtigen Ministeriums gegenüber der provo­­catorischen Aeußerung des Vaticans anläßlich der österrei­­chischen confessionellen Gesetze. Graf Andräsy erwiderte , in ‚ der Angelegenheit der Endiklica sei seitens des auswärtigen Ministeriums eine einzige Note erlassen; er bedaure den Wortlaut derselben nicht vorlegen zu können, weil sie bloß „eine Ergänzung des Privatschreibens des Kaisers an den Papst sei, welche die Bestimmung hatte, die Darlegung der persönlichen Motive, welche den Kaiser in seinen Entschlie­­ßungen geleitet, zu vervollständigen. Graf Andrasy skizzirte hierauf den Inhalt der Note. Dieselbe sprach vor allem die Ansicht aus, daß diejenigen, welche die Enciklica inspi­­rirten, vielleicht weniger einer Collision zwischen der Kirche und dem Staat vorzubeugen, als vielmehr eine solche zu provociren wünschten. Die Note stellte durchaus nicht das Recht des Papstes in Frage den Bischöfen in Kirchensachen seine Meinung mitzutheilen, bedauerte aber entschieden, daß die Encyklica das Verdammungsurtheil in solchen Dingen gefällt, die durtaus nicht dogmatischer Natur, sondern in dem sou­­veränen Gesetzgebungsrechte des Staates begründet seien. Die Note erkläre,­ die Regierung werde auch in dieser er­­schwerten Lage eine Collision zwischen der Kirche und dem Staate zu vermeiden trachten, was aber nur möglich sei, wenn im Gegensatze zu der Enciklica den Bischöfen der Rath ertheilt werde, den Gesetzen des Staates Folge zu leisten. Schließlich erkläre die Note noch, daß falls der in­­nere Friede dadurch gefährdet werden sollte und den sanc­­tionirten Gesetzen seitens des Klerus nicht Folge geleistet würde, sich die Regierung verpflichtet erachten würde die Rechte des Staates zu wahren, und daß sie auch überzeugt sei, es werde ihr gelingen den Geseten volle Geltung zu verschaffen. Graf Andräsy bemerkte sodann, noch, daß eine Gegenantwort nicht erfolgt sei, und daß er über die that­­sächlichen Erfolge der Note nicht berichten, aber auch über das Gegentheil nicht klagen könne , denn es scheine eine gewisse Beruhigung eingetreten zu sein. — „Graf Andrasy über die Beziehungen zum Ausland und die­­ Lage Europa's interpetlert, verneinte absolut die Existenz einer Kriegsgefahr in nächster Nähe; ihm sei keine Regierung bekannt, die heute den Frieden zu stören gedächte. Wegen unlangbarer großer Antagonismen zwischen den ein­­zelnen Völkern, deren Gefühlen und Interessen, sei der Friede auf lange Zeit nicht als vollkommen sicher zu betrach­­ten. Oesterreich habe in seinen Beziehungen zu den benach­­barten und andern Staaten wesentlich zur Erhaltung des Friedens beigetragen, und werde auch ferner dazu beitragen. Das Mittel auch für die künftige Wirksamkeit dieser Action "bestehe immer in einer derartigen Krafterhaltung der Mo­­narchie, daß diese stark genug sei den Frieden so lange als möglich, unter allen Umständen aber auch die eigenen In­­teressen zu wahren. Ueber die Begegnungen der Monarchen bemerkt Graf Andrasy, daß die Garantie des Friedens der aus­­schließliche Zweck des persönlichen Meinungsaustausches der Monarchen und ihrer Minister gewesen sei, und widerlegt die Versionen der Zeitungen, über die anläßlich der letzten Begegnung angeblich getroffenen politischen Abmachungen betreffs Theilung des Orients oder die angebliche neue Richtung der auswärtigen Politik Oesterreichs mit logi­­schen Argumenten. — Die „Provinzial-Correspondenz", die Erklärung Derby's auf " Russel's Anfrage besprechend, hebt hervor, daß nach übereinstimmenden Erklärungen beider Statsmänner Frankreich als der Held vorhandener Kriegsbesorgnisse be­­zeichnet werde, betont die praktische Bedeutung der von Derby übergebenen Erklärung betreffs bindender Kraft der eingegangenen Verträge womit augenscheinlich die Neutralität Belgiens Luxenburgs gemeint sei und sagt : Seitdem Metz und Straßburg in den Händen der Deutschen sind, ist den Franzosen ein Angriffskrieg sehr erschwert, ein solcher könnte nur über Luxenburg und Belgien versucht werden , insofern die französische Kriegspartei sich der Täuschung hingeben sollte, unter Nichtbeachtung der Neutralität Luxenburgs und Belgiens vorzugehen, ist es hochbedeutsam, daß England den festen Entschluß bekundet, für die Aufrechthaltung der Verträge seinestheils einzustehen. — Der Papst war am 5. d. auf der Höhe seiner Mission. Er spricht gern vor vielen, und dazu bot sich in der Feier seines Namenstages ein besonders angenehmer Anlaß. Er empfing schon früh die Fürstin von Thurn und Taxis, dann die Abgeordneten des Pariser Generalcomitee s der Pilger und die seiner Filiale. Der Generalpräsident Vicomte de Damas las eine Begleckwünschungsadresse, welche Frankreichs erlittene Niederlagen erwähnte, aber auch seine baldige Erhebung unter dem Schuge der Kirche, deren Sache mit der Frankreichs­ verbunden sei, in Aussicht stellte. Der Papst dankte und betheuerte , unter allen Bun­­desgenossen für eine Wiedererhebung könne Frankreich keinen besseren finden als die Kirche Christi. — Ein Correspondent der „adépendance Belge“ schildert in lebendiger Weise den Einzug des Marschalls Concha und seiner Truppen in das von der carlistischen Belagerung erlöste Bilbao. Wir entnehmen dieser Schil­­derung nachstehendes : „Alle Häuser sind beflaggt, alle Balkons mit Guirlanden ges<hült und mit weichen Tep­­pichen behangen ; an allen Fenstern erblikt man, Kopf an Kopf gedrängt, die Schaulustigen, die mit frenetischem En­­thusiasmus den Soldaten zurufen. Die Brigrade Ehague rädt zuerst ein; die Soldaten sind noch vom Pulverdampf geschwärzt, aber sie marschiren muntern Schrittes und ge­­währen einen höchst kriegerischen Anblik. Die Frauen ge­­bärden sich wie närrisch ; sie quets und zwischen durch Pakete werfen Blumenkränze, Bau­­mit Cigarren und Ciga­­retten auf die Soldaten herab. Sie werden heiser von Zurufen, Beifallsjauchzen. Alle Damen der Stadt prunken in reichster Toilette... Auf dem Plage des Abuntamiento haben die Freiwilligen Aufstellung genommen ; es ist dies ein Ehrenplatz, den sie sich redlich verdient haben. Der Einmarsch der Truppen wird eröffnet von einem Detarchement Cavallerie, dann defü­­rt das Regiment von Valencia, ein Bataillon Carabinieri, ein Bataillon von Mallorca, eines von Murcia, ein weiteres Carabinieri-Bataillon, das Ba­­taillon der Habana-Jäger, ein decimirtes Marine-Batail­­lon u. s. w. Alle Truppen werden mit stürmischen Jubel begrüßt ; ich sah manche Personen in heiße Thränen auf­­gelöst. Zu möchte vor allem die Guardias eiviles er­­wähnen, brave Truppen, schöne soldatische Typen, die an die alten spanischen Krieger, 108 tercieros, aus den Zeiten Karl V. erinnern. Als man sie anmarschiren sah, brach alle Welt in einen wahren Beifallssturm aus. In dem Moment als General Concha erschien, ging eine elektrische Bewegung durch die gesammte Bevölkerung. Zurufe ohne Ende ertönten von allen Seiten. Der General, umgeben von den Mitgliedern des Ayuntamiento, von einer aus­­wärtigen Deputation und seinem Generalstabe, nahm gegen­­über dem Theater Aufstellung um die Truppen defiliren zu lassen. Die Soldaten trugen auf den Läufen ihrer Flin­­ten Blumenkränze, Sträuße und spanische Fähnchen, die von den Frauen unter sic­h vertheilt waren. Die Rufe: „Es lebe Spanien! Es lebe die Freiheit! Hoch der Herzog! Hoch Conda und unsere braven Soldaten!" durchschw­irrten endlos die Lüfte. Nach dem­­ Vorbeimarsch riß man sich förmlich um die­ Offiziere und Soldaten, um ihnen Woh­­nungen, Betten, Matratzen anzubieten. Und welche Menge von Mahlzeiten da ausgeboten ward — wer wollte es be­­rechnen ! Die wahren Helden von Bilbao aber, das waren die Damen, sagen wir alle Frauen in der Stadt. Man hat uns unglaubliches erzählt von ihrer Bravour, von ihrer bewunderungswerthen Kaltblütigkeit in Gefahren, von ihrem unerschüt­terlichen Patriotismus. Sie waren es, welche den moralischen Muth der männlichen Bevölkerung aufrechterhielten, sie gingen auf die Promenade während die Bomben in die Stadt fielen, sie gaben Bälle und ver­­sammelten die Jugend um sich, um sie zum Muth und zum hartnäkigen Widerstand anzuspornen. Es war ihr schönes Beispiel, welches auch nicht den geringsten Kleinmuth aufkommen ließ. Bilbao war seit dem 28. Dezember ble­­ici­t, und die Carlisten haben 7500 große Projectile in die Stadt geworfen, darunter 5000 hundertpfündige Bomben. Diese Bomben haben häufig drei Stoßwerke durchschlagen. Brod mangelt hier noch immer, und wird noch einige Tage fehlen. Indeß ist uns einiger Zwiebach übrig ges blieben ; der Herzog de la Torre hat sich nur einige Nahrung verschafft. Gegen den Abend war mit Mühe die ganze Stadt beleuchtet, und zwar mit Lampions­ Gas gibt es hier feines; die Gasometer wurden schon vor geraumer Zeit durch die Bomben zerstört. Die Stimmung der Stadt ist geradezu extrem ; man könnte glauben in­ eine Stadt voll Narren gekommen zu sein. Wie immer bei derartigen Katastrophen, fehlt auch hier der Medaille die Kehrseite nicht. Einige Individuen haben jene Häuser in Brand gesteht von denen sie vermutheten, daß sie Carlisten gehören, und man sieht mehr als zwanzig Häuser in Flammen. Diese häßliche That hat allgemeinen Unwillen hervorge­­rufen. Die Truppen welche noch in Portugalete sind, marschiren gegen Bilbao, und werden allmählig­­ alle Höhen besetzen ; die Armee wird ihre Operationen unter dem Com­­mando Conc<ha's fortlegen; der Herzog de la Torre kehrt nach Madrid zurück“. — Den neuesten Nachrichten zufolge wird die Blokade von San Sebastian streng durchgeführt. Mehrere Truppen­­abtheilungen sind nach dem Norden abgegangen um Recog­­nosch­ungen vorzunehmen. Eine von Don Carlos erlassene Proclamation kündigt an, daß er in Vizcaya den heftigsten Widerstand leisten werde. In Castro und Santander haben 400 Carlisten um Amnestirung gebeten. Dh PEN REN FEST, in GER SOE AERO Joe 9 Ueber die Bedingungen zur Sicherung der Rentabilität der Eisenbahnen. (Sortlegung.) Nächst vom bisher Angeführten kommt beim Bahn­­baue der Unterbau insbesondere in Betracht, denn er übt auf die effectiven Baukosten einen ausschlaggebenden Eins­fluß, weshalb das Bestreben aller bauausführenden Inge­­nieure dahin geht,­­bei dieser Ausgabenrubrif so viel als möglich zu ersparen. Leider werden diese Ersparungen meist auf Rechnung des künftigen Betriebes erwirkt, indem aus Ersparungs­­rücsichten nicht die richtige Verkehrsrichtung eingeschlagen, ferner auf eine möglichst entsprechende Situirung der Bahn­­höfe nicht Bedacht genommen und endlich die Gefällswechsel zur Vermeidung von Ausschüttungen und Abgrabungen in erfahrungsgemäß ungünstiger Weise in Anwendung gelangen. Und was noch trauriger ist, die in diesen Richtungen gemachten Fehler lassen sich nicht wieder ausgleichen, sie bleiben stets vom Nachtheil für das Erträgniß der Bahn­­linie, ohne daß jene, welche diese Fehler begingen, Furcht .

Next