Kaschauer Zeitung, April-Juni 1876 (Jahrgang 38, nr. 39-75)

1876-04-01 / nr. 39

EGYEZETT Ear KXXXVIEE Jahrgang 1876. nee Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Annonyme Briefe werden nicht berücksichtigt. Redactions- und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Pränumeration, Inserate und Einschal­­tungen im „Offenen Sprechsaal“ werden daselbst I: für Kaschau : 3 6 5 ab " (dn it ar ; ) | Pränumerations-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ und das „JUustr. Unterhaltungsblatt‘ "154518 mit Postversendung ru ” a 4 x % StE. SEIBEL „ 4 ; öd. gy : Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Megjelen minden keddba, csötörtökön és szom­­baton, Halbjähric Vierteljährig A 7 Kundschaftsblatt für Kaschau und Goeries, Lokalblatt für Volks-, Haus- u. Landwirthschaft, Industrie u. geselliges Reden. (KASSA-EPERJESI ERTESITO). Prännmeration3-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ allein (ohne Wochen-Beilage)? mit Postversendung 6 fl. — fl. d. 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Publikum zur gefälligen Pränumeration auf unser Journal „Kaschauer Zeitung“ (Kundschaftsblatt für Kaschau und Eperies) hiermit höflichst einzuladen. Für Neueintretende bemerken wir, daß die ausführlichen Pränumerations-Bedingnisse, am Titelkopfe unseres Blattes, er­­sichtlich sind. Kaschau, 31.­ März. Der Reichstag hat nunmehr seine Osterferien begonnen und sich bis zum 20. April vertagt. Die Commissionen werden während der Ferien die Vorarbeiten für die nächste Session beendigen und die Minister reisen nach Wien zur Fortsetzung der Verhandlungen über die Zoll- und Bankfrage und zur Be­­rathung des den nächsten Delegationen vorzulegenden gemein­­samen Budgets. Es tritt mithin für die innere Politik eine Pause von zwanzig Tagen ein, die immerhin lang genug ist, um über manche brennende Frage­verständigung und Klärung zu bewirken. Wenn wir die Thätigkeit des Reichstages in der soeben geschlossenen Session überblicken, so ist zunächst zu con­­statiren, daß man in erfreulicher Weise die Berathungen über­­haupt beschleunigt hat. Die Aera der langen Reden und zweck­­losen Debatten ist vorüber. Eine Hochfluth von Gesetzentwürfen beherrschte die Session und das ungeheure­ Material wurde rasch erledigt; ob auch gründlich, ob nicht mancherlei Ober­­flächlichkeit mit untergelaufen, wollen wir ununtersucht lassen. Was uns aber besonders auffallend erschien, war das Verhalten des Abgeordnetenhauses während der Ueberschwemmungsgefahr. Als die Gefahr den Culminationspunkt erreicht hatte, vertagte er das Abgeordnetenhaus. Es ist dieses Vorgehen jedenfalls eine ganz originelle Auffassung der Pflichten einer Volksver­­tretung, daß dieselbe ihre Thätigkeit einstellt, wenn ein allge­­meines Landesunglüc hereinbricht. Und jezt wiederum beginnt man mit aller Seelenruhe die Osterferien,­­ohne, daß die Hoch­­wasserschäden im Abgeordnetenhaus Anlaß zu einer Debatte gegeben hätten und ohne daß man auch nur versucht hätte, die nothwendigsten und dringendsten Maßregeln zu berathen. Wir wollen durch diese Bemerkungen darauf hinweisen, daß es uns scheint, als ob das Abgeordnetenhaus immer noch die Situation, in der wir uns befinden, in sehr rosigem Lichte be­­trachte. Thatsächlich aber haben wir weder­ Geld, noch Credit. Handel, Industrie und Gewerbe sind ruinirt, der Grundbesitzer­­stand ist in den Händen der Wucherer, die Aussicht auf einen guten Ernteertrag ist durch die Hofwasserschäden fast vollstän­­dig verscwunden, die Steuerfähigkeit des Volkes ist im Ab­­nehmen begriffen, wir haben ein ungeheures Deficit und geringe Mittel es zu deben, die Bürger des Landes verarmen, von Nationalwohlstand ist keine Rede mehr. Dieses­ Bild unserer Zustände ist leider“ nur zu wahr. Hoffen wir, daß die nächste Session uns einige Aussicht auf Besserung dieser Verhältnisse bieten, daß die Abgeordneten endlich mit Energie und That­­kraft an die Rettung des Vaterlandes vor dem­ materiellen Ruin gehen mögen. — Das neuestens fieberhaft rührige „Vaterlan­d“ hat wieder eine Entdecung gemacht ; diesmal melden ihm „zuver­­lässige Privatnachrichten aus preußischen Ländern“, daß die „Vorbereitungen, welche erforderlich sind, um die Mobilisirung der gesammten Wehrkraft, sobald sie beschlossen wird, mit der größten Beschleunigung durchzuführen, noch energischer getroffen werden, als in früheren Jahren“, und das genannte Blatt fügt patriotisch warnend hinzu: „Wer kann es sein, den First Bismarc mit einem plößlichen Ueberfall zu vernichten wünscht ? Die Antwort auf diese Frage ist kaum zweifelhaft“. Nun, ob die Thatsache richtig, daß Preußen für den Bedarfsfall auf­ die Ermöglichung einer noch mehr beschleunigten Mobilisirung Be­­dacht nimmt, vermögen wir begleiflicherweise nicht zu sagen ; es scheint uns indeß, als ob jeder Staat ohne Ausnahme dafür zu sorgen hätte, in einer Zeit der raschesten Entscheidung recht­­zeitig bereit zu sein, die Entscheidung zu seinen Gunsten zu lenken und wir möchten glauben, daß diese Nothwendigkeit gleichmäßig von allen Staaten gefühlt wird. Wenn aber der Schluß berechtigt wäre, daß ein Staat, wer in 14 Tagen mobil machen k­ann, au in 14 Tagen einen „plößlichen Ueber­­fall" in Scene fegen wird, so­ hätten wir dieses plöglichen Ueberfalles, wenn auch die Mobilmachung sich seither etwas ee vollzog, doch jchon verschiedene male gewärtig sein müssen. — Auf Grund sehr energischer Einwirkungen Oesterreich- Ungarns und Rußlands auf die serbische Regierung, hat der serbische Minister des Aeußern an den diplomatischen Agenten Oesterreichs, Fürsten Wrede, folgende Erklärung in offizieller Weise abgegeben: „Die serbische Regierung hat keinerlei Absicht die Türkei anzugreifen, noch auch in irgend etwas das Pacifi­­cationswerk der Großmächte zu behindern und sich dadurch einen Collectivsplitz derselben zuzuziehen. Die bis sehr getroffenen militärischen Vorbereitungen sind nur eine Ergänzung der mili­­tärischen Organisation Serbiens, welche während der legten Jahre vernachlässigt worden sind". — Eine am 29. d. M. veröffentlichte, von Wassa Efendi unterzeichnete, aus Ragusa vom 28. d. datirte Proclamation erinnert, anknüpfend an den bekannten Reform-Erlaß, daß die Frist der Amnestie auf 4 Wochen, vom 24. März an ge­­rechnet, festgelegt wurde; binnen dieser Frist genießen die Heim­­kehrenden, außer den in dem Reform-Erlasse bezeichneten Bors­theilen nor einjährige Befreiung vom Zehent und zweijährige Befreiung von allen sonstigen gesetzlichen Steuern ; alle Uebrigen, welche nicht während dieser Frist heimkehren, werden nicht nur der Reformwohlthaten verlustig, sondern ihr Besitz wird verkauft und der Erlös unter die Heimkehrenden vertheilt. — Durch den Ferman des Sultans vom 12. December v. J. wurde festgestellt, daß künftig allen türkischen Unterthanen das Recht der Erwerbung von Grund und Boden gesichert sein sollte. Zur Ausführung dieser Be­­stimmung hat der Sultan nun ein eigenes Gesetz — unter dem Datum des „7. Muharrem 1293" — erlassen, — durch welches alle früheren Gesetze und Verordnungen aufgehoben werden, welche die nichtmuselmännischen Unterthanen der Pforte bisher bei Erwerbung von Grund und Boden behinderten. Dasselbe Gesetz erklärt die volle Gleichberechtigung aller tür­­kischen Unterthanen in Bezug auf die Erwerbung von Im­­mobilien jeder Art. | | ; ! | Vom Hochwa­sser, Der Wasserstand im Budapester Stromabschnitte ist un­­verändert Die 16­­5“. Stadt Csongrád ist wirklich am 26. b. M. ein Opfer der Ueberstwemmung geworden. Das Wasser brach plöglich und­ mit vehementer Schnelligkeit herein, so daß es der zumeist aus jungen Leuten bestehenden Rettungs- Commission nur mit äußerster Anstrengung gelang, die bedrohten Familien von dem Tode des Ertrinkens zu retten. An eine Rettung der Habe war absolut nicht zu denken. Bisher sind 600 Häuser eingestürzt und circa 5000 Personen sind dadurch ihres Obdaches beraubt worden. Das Unglüc scheint aber damit seinen Kulminationspunkt noch nicht erreicht zu haben ; das Wasser wächst constant und die Bevölkerung ist unter Angst und Bangen gewärtig, daß auch der obere Theil der Stadt, der bisher noch verschont blieb, unter Wasser gefegt wird. Die Verspinnung von Seidenabfällen.­ ­ Seidenbauinspector von So 6­8 hat die Abfälle seiner vorjährigen Seidenproduction zur Erzeugung diverser Stoffe verwendet, deren Besichtigung wir Allen, die sich für die Seiden­­industrie interessiren, besonders em­pfehlen. Die Seidenindustrie wird durch diese Verwendung der Abfälle erst recht zu einer Hausindustrie, da außer dem Gewinn für das Hauptproduct, die feine Seide, eine Verwert­ung der Abfälle zu Bekleidungsstoffen für die Landvölkerung möglich wird. Je größer aber der Umfang unserer Seidenproduction­­ wird, desto mehr werden wir uns der Engros-Verwendung dieser Abfälle zuwenden können, wie sie in den großen, Seide bauenden Staaten bereits längst eingebürgert ist. Herr Natalis Rondo­tt, Delegirter der Handelskammer­­ zu Lyon hat in seinem heuer erschienenen, höchst beachtenswerthen Werke über die Seidenindustrie auf der Wiener Weltausstellung hierüber sehr interessante Publicationen gemacht, welche wir unsern­­ Lesern nicht vorenthalten wollen: „Unter Seiden-Abfällen verstehen sie alle beschädigten Cocons, sowie die Abfälle, welche sich bei der Spinnerei, Zwir­­nerei und Verwebung der Seide ergeben. Cardirt oder gekämmt, entstehen Fäden, die gesponnen werden, und die man Scappe, Phantasie- oder Floret-Seide nennt, s 17a MARS Diese Gespinnste haben, je mehr die Preise der Seide gestiegen, einen um so bedeutenderen Platz in der Fabrication eingenommen, und zwar finden sie ausgedehnte Verwendung: in Stanfreich in der Fonlard-Fabrication zu Lyon, bei der Erzeugung der gemischten Stoffe zu Roubaix, als Carbonnets in der Parfementerie, in Rheinpreußen für Sammte u. |. w. Es gibt wenige Industrien, in welchen sich so bedeutende Forte­schritte in so kurzem Zeitraume vollzogen hätten, und obschon alle Erfahrungen und Verbesserungen, welche bei Verspinnung anderer Materialien gewonnen worden, jener Industrie gleich­­falls zugute kamen, so gibt es doch keine Maschine, neuerdings vielfache Vervollkommnungen erfahren hätte, die nicht Man hat sowohl in der Vorbereitung des Materiales als in der Zurichtung des Fadens Verfahren angewendet, welche der Ver­­arbeitung allen möglichen Vorschub leisten, und wenn es keine Abfälle mehr gibt, die man nicht zu verwerb­en wüßte, so gibt es auch keinen­ Faden, der nicht mit Nutzen zu verwenden wäre. Man erzeugte i in Europa bei 3.500.000 Kilogramme dieser Gespinnste. Seit Anfang 1873 ist die Lage jedoch anders geworden: Die Seide ist im Preise gesunken, Zwirn und Kaningarn haben die Schappe in vielen Stoffen ersetzt, die Nachfrage nach Crefelder Sammten und nach Cordonnet-Seide für Passemen­­terie hat stark nachgelassen, so daß die Erzeugung von Schappe im Jahre 1873 eine bedeutende Reduction erfuhr, welche Situa­­tion auch gegenwärtig (1874) andauert. Frankreich war auf der Ausstellung in diesem In­dustriezweige nicht vertreten. Es hatte 1860 — zur Zeit des Handelsvertrages mit England — 90.000 Spindeln mit einer Production von 630.000 Kilogrammen. Nach Verlust des El­­sasses mit 8 Spinnereien verbleiben 15 Spinnereien mit 700.000 Kilogramm normaler Production. 1872 wurde letztere durch Nachtarbeit auf 900.000 Kilogramme gesteigert. Einzelne der französischen Spinner haben solche Vollendung in ihren Erzeugnissen erreicht, daß dieselben für gewisse Gewerbe, denen der englischen oder Schweizer Spinner vorgezogen wird, obschon im Großen und Ganzen jener Industriezweig in Frankreich nicht zu jener Blüthe kam, deren er sich anderwärts erfreut, wie auch aus den Importziffern erhellt. 1868 war die durchschnitt­liche Einfuhr 370.000 Kilogramme ; sie ist seit jener Zeit auf 470.000 Kilogramme angewachsen, wovon die Schweiz 290.000 Kilogramme und England 110.000 Kilogramme lieferten. In leiterem Lande hat die Schappe-Industrie ihre nach­haltigsten Erfolge aufzuweisen. Achtzehn meist ausgezeichnet eingerichtete Spinnereien liefern 900.000 Kilogramme vor­­züglichen Materiales. Die Schweiz liefert den englischen ebenbürtige Pro­­ducte, welche wegen ihrer Vorzüglichkeit überall leichten Absatz finden. Es­ scheint, daß die Schappespinnerei dort ihren Ur­­sprung hatte, denn 1780 wurden bereits große Quantitäten mit der Hand versponnen. 1830 gab es schon Etablissements mit mechanischem Betriebe. Die gegenwärtige Production wird — wohl etwas übertrieben — auf 940.000 Kilogramm an­­gegeben, denn nachdem die Schweiz in den Jahren 1871 und 1872 je 1.500.000 Kilogramm Seide-Cocons und Seiden- Abfälle consumirte, hievon­ aber 500.000 Kilogramm Seide auf die Fabrication Zürichs und nicht viel weniger auf jene von Basel entfallen, so kann man leicht ermessen, was für die Floretspinnerei an Materiale­ übrig blieb.­­ Deutschlan­d­­ und DO esterreic) reihen sich der Schweiz an; sie haben geschiefte Spinner, welche Producte von vorzüg­­licher Qualität zur Ausstellung brachten. Deutschland hat vierzehn Spinnereien mit einer Production von 520.000 Kilo­­grammen, Rußland zwei Spinnereien mit 15.000 Kilogramme, Oesterreich drei Etablissements, die 150.000 Kilogramme liefern. Eine dieser legteren, die Fabrik von W. v. Ritter, Görz, verfügt == nach Angabe der österreichischen Jurors­­­­über­ die vorzüglichsten Einrichtungen sowohl in Rücksicht der Arbeit, als besonders auch des Wohles der Arbeiter“. So Herr Randot, der gewiegte Fachmann, „ Wir aber mögen aus seinem Berichte den Werth einer Industrie schätzen lernen, deren Abfälle selbst so colossale Werthe repräsentiren. GR. Wir mögen daraus ersehen, was Fleiß­­ und Ausdauer vermag, wenn ein kleiner Staat, wie die"freie Re­publik der Schweiz aus den Seidenabfällen über 1 Million 800.000 Zollpfunde vorzüglichen Materiales produeirt. IR get­er sahen nn a ee BE

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