Kaschauer Zeitung, April-Juni 1876 (Jahrgang 38, nr. 39-75)

1876-05-16 / nr. 57

KRXVIII. Jahrgang 1876. (KASSA-EPERIESI ÉRTESITŐ). Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Annonyme Briefe werden nicht berücsichtigt. Nr. 57. Kaschau, Dienstag 16. Mai. Kaschauer Zeitung. Kun­dschaftsblatt für Kaschau und Eperies, Lokalblatt für Volks-, Haus- u. Landwirthschaft, Industrie u. geselliges Leben. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Megjelen minden kedden, osötörtökön és szom­­baton, Snferaten-Annaßme in den Annoncen-Erpeditionen von Saafenstein , Bogler in West und Wien; ferner bei A. Opyelik, Rudolf Mosse und Gebr. Korabek in Wien, sowie bei G. £. Pause & Comp. in Frankfurt a. M. und deren General-Agenturen. Pränumeration3-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ allein (ohne Wochen-Beilage) : mit Postversendung Bei Inseraten wird die fünfmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. Ganzjährig für Kaschau: 5 fl. — kr. , EN viKh289 s; ps 2 fl. 50 tr. ierteljährig ,, KV 1 fl. 25 tr. | „ " " „ Redactions- und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Pränumeration, Jnserate und Einschal­­­­tungen im „Offenen Sprechsaal“ werden daselbst übernommen; ferner nehmen auch alle Postanstal­­ten und Buchhandlungen Pränumeration an. — Manuscripte werden in keinem Falle zurückgestellt. Pränumeration38-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ und das „„illustr- Unterhaltungsblatt“ Ganzjährig für Kaschau: 7 fl. -- kr. ; mit Postversendung 8 fl. — kr. ös. W 24. 00.8. . ie 4fl. - tr. „ er 7808, pic 2 2sMl-t . Halbjährig „ „ Vierteljährig “ berechnet. — “Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. 6 fl. — kr. 85. W 3 1fl.50k. „ Preis einer einzelnen Nummer 6 kr. Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. Kaschau, 15. Mai. Die allgemeine­ Spannung, mit welcher man der Sittung des Abgeordnetenhauses am 11. d. M. entgegensah, in der Ministerpräsident Tipa die Interpellation in Angelegenheit der Wiener Verhandlungen zu beantworten hatte, manifestirte sich auß durch äußere Zeichen. In zahlreichen Gruppen umstand das Publikum das Abgeordnetenhaus, in den Couloirs herrschte lange vor Beginn der Sitzung reges Leben, die Deputirten bildeten Kreise, in welchen lebhaft debattirt wurde. Die Galerien zum Erdrücken voll, die Abgeordneten zahlreich erschienen. Unter tiefster Stille des Hauses ergriff der Minister­­präsident das Wort : Eingangs seiner Rede bemerkte Tipa, daß er auf jene beiden Interpellationen antworten werde, welche in Angelegen­­heit der Wiener Verhandlungen an ihn gerichtet wurden und wendet sich polemisch gegen Ürményi, welcher gewünscht hat, der Ministerpräsident möge durch Mittheilung der Daten über den Verlauf der Verhandlungen die Situation aufklären, indem er es nicht für nothwendig hielt mitzutheilen, mit wem, auf welche Weise und wie die Regierung gesprochen habe. Nachdem der Ministerpräsident erklärt, daß die Verhandlungen insofern beendigt seien als die Regierungen über jene Grund­­lagen übereingekommen sind, auf denen die Frage zu lösen, daß dagegen die Details noch nicht festgestellt seien, geht er zu den einzelnen Fragen über. Die Darlegungen, welche der Mi­­nister dem Hause machte, waren von großer Klarheit und Voll­­ständigkeit, nur die Mittheilung über die Bankfrage hätte etwas durchsichtiger sein können. Besonders aber litten die Ausführungen Tipa's über die Motive, welche die Minister zur Annahme des Ausgleichs bewogen, an Undeutlichkeit. Es schien fast so, als wollte Tipa durch dasjenige, was er sagte, die Gerüchte, welche über die Motive der Annahme curfiren, indirect bestätigen. Seine diesbezüglichen Anschauungen kleidete er in die Form einer Polemik, in welcher er bekanntlich nicht besonders glü>lich ist. Nicht programmmäßig, wie Tipa ge­wünscht, hat sich also im Abgeordnetenhause der mit so großer Spannung erwartete Schlußact des Ausgleichsdramas abge­­spielt. Tipa hatte als gesehiter Regisseur im liberalen Club Generalprobe abgehalten, hatte den Versuch gemacht, die Mer­kierungspartei zur principiellen Annahme der Ausgleichs­­punktationen zu verpflichten, und heute nahm das ganze Haus die Antwort des Ministers einfach zur Kenntniß, so daß durch das­ Mitstimmen der oppositionellen Elemente die beabsichtigte Schaffung eines Präjudiz vereitelt wurde; von Tipa befestigt ist aber durch das Resultat der heutigen Verhandlung die Stellung des Ministeriums keineswegs. Der constitutionellen Theorie ist nun wohl Genüge geleistet. Geklärt ist die Situa­­tion keineswegs, sie wird sich aber klären, nachdem jetzt das Substrat für die Discussion gegeben ist und die Parteien sich sondern werden. Welche weitere Entwickklung die Dinge im Abgeordnetenhause nehmen werden, läßt sich momentan noc nict absehen. Die Gefahr einer Ministerkrise ist vorläufig beseitigt. M — Die politische Aufregung der letzteren Tage hat fast vergessen gemacht, daß die Delegations-Session mit frischem Glanze heraufgezogen kommt und eine stattliche Reihe von Fragen im Gefolge hat, die unter allen Umständen einige Aufmerksamkeit verdienen, weil sie die Wohlfahrt beider Theile der Monarchie ziemlich nahe berühren. Die Abdankung des Kriegsministers Baron Koller ist bereits erfolgt, doch wurde dieselbe nicht angenommen. Dies bestätigend schreibt auch ein Pester Officiosus : „Baron Koller's Unnachgiebigkeit bei dem Posten von zwei Millionen für Aufbesserung der Mannsc­haftskost, deren Noth­­wendigkeit man anerkannte, wofür man aber Abstriche bei an­­deren Titeln­ vornahm, hat die Zusammenstellung eines Budgets verursacht, dessen Vertretung vor den Delegationen wie vor der Armee zu übernehmen Baron Koller keine Lust zeigt". — Von hochofficiöser Seite wird wiederholt versichert, Graf Andrássy sei von seinem Empfange in Berlin außer­­ordentlich befriedigt. Bismark's Entgegenkommen ist selbstver­­ständlich ; allein noch nie ist ein österreichischer Minister mit so viel aufrichtiger Freundlichkeit empfangen und behandelt worden, wie dermalen Andrassy von Gortschakoff. Gortschakoff erklärte vor Beginn der Conferenz, er sei beauftragt, Namens des Czaren dessen aufrichtige Gesinnung für Oesterreich-Ungarn ganz besonders zu betonen ; es sei des Czaren einziger und mächtiger Wille, daß das Einvernehmen der drei Mächte intakt bleibe; der Czar betrachte den Drei- Kaiserbund als ein Palladium und er wolle alle Mittel zur harmonischen Vereinigung aufgeboten wissen, damit auch nicht durch die leiseste Trübung eine Störung des europäischen Gleich­­gewichtes eintrete. In den Hauptpunkten sind die Kanzler einig; bezüglich einiger Details warten allerdings noch Differenzen ab, zu deren Klärung eine Verlängerung der Conferenz in Aussicht genom­­men ist. — In unterrichteten Kreisen sieht man den Stand der Dinge heute kritischer an, wenn auch kriegerische Besorgnisse ausgeschlossen sind, an Momenten der Schürung fehlt es nicht. So erhielt der Czar am 11. b. Wt. von Jagnatieff ein Tele­­gramm, in welchem die Aufregung der cristlichen Bevölkerung in Konstantinopel geschildert und zugleich in dringenden Wor­­ten ausgebracht wird, daß man den Einmarsch von Truppen sehnlich herbeiwünsche. Dabei unterlief ein komischer Telegraphir - Fehler, anstatt „Ruske“ wurde nämlich „Pruske“ telegraphirt, was dann erst durch ein zweites Telegramm rectificirt wurde, in welchem es hieß, es werde zum Schuß der s­chriftlichen Be­völkerung der Einmarsch russischer (nicht preußischer) Truppen herbeigesehnt. — Als Consequenz sollen nun die Diplomaten Rußlands verlangen, die Pforte müsse zur Sicherung der Pa­­cificirung wenigstens sichere Garantien bieten und da voraus­­sichtlich solche fehlen oder verweigert werden, so müssen die Kaisermächte die Schulmittel für die cristliche Bevölkerung selbst finden, woraus folgt, daß, wie bereits gemeldet, die Ver­­bündeten zu bewaffneten Vorsichtsmaßregeln gedrängt werden. Während die drei Minister der auswärtigen An­­gelegenheiten sich bemühen, in Berlin irgend­eine Formel zu finden, nach welcher die brennende Frage im Orient zu lösen wäre, wird die Lage in der Türkei immer verwidelter. — Der plönliche Sturz des türkischen Großveziers Mahmud Pascha hat in Berlin, wo gegenwärtig die leitenden Staatsmänner Oesterreichs, Preußens und Rußlands mit­ein­­ander conferiren,­­ungemein verstimmt und einen bedeutenden Umschwung hervorgebracht. Dieser Ministersturz wird als Provocation den drei Kaisermächten gegenüber angesehen. — Die an dem Todtschlage der Consuln direct betheiligten Türken gehen in Salonichi no< immer frei umher. In der muselmännischen Bevölkerung wird lebhaft harangui­t. Die Besatzung beträgt nur 600 Mann, weshalb die Localbehörden kein Einschreiten wagen. Im Hafen liegt ein russisches, ein griechisches und ein französisches Kriegsschiff, deren Bemannung bisher nicht ausgeschifft wurde, trogdem die cristliche Bevöl­­kerung darum ersuchte. — Ueber den Aufstand in Bulgarien liegt folgender Bericht vor : Es ist vor Allem feststehend, daß man es bei der Aufruhrsszene in Slatiza und Tatar-Bazardjik mit keinen zufälligen, durch einen äußerlichen Impuls veranlaßten Erhe­­bungen zu thun hat. Die ganze Bewegung stellt sich als von langer Hand her vorbereitet dar. Kaum daß die ersten Scenen fig in Slatitza abspielten, ging es auch schon auf mehreren anderen Seiten los. Wie man hört, hat sich eine ganze Reihe von Ortschaften, bis gegen Thracien zu, erhoben. Das Dorf Ottakeul ist das Centrum des Bewegungsherdes. Dort sam­­melten sich schon am 4. Mai gegen 1200 Aufständische. Ueberall wurden die Zapties überfallen und niedergemacht. Die Vertreibung der Behörden scheint das von der geheimniß­­vollen Leitung der Bewegung ausgegebene Losungswort zu sein. Am 5. Mai erhoben sich sämmtliche Dörfer am Rhovdope, einem Gebirgszug, der mit dem Balkan zusammenhängt und gegen die Maritza hin­ausläuft. Es sollen da acht Dörfer mit einer Bevölkerung von 6000 Seelen insurgirt sein. Es ist anzunehmen, daß die Insurgenten ihre Wohnorte verlassen und wahrscheinlich in den Balkan eilen werden, um dort ihre Organisation durchzuführen. Es ist dies umso mehr zu ver­­muthen, als die Führer, welche bis jetzt zumeist im Auslande lebten und bereits im Aufstande des Jahres 1868 eine Rolle spielten, mit zwei Mitgliedern einer sogenannten geheimen bulgarischen „National - Regierung“ dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben sollen. Die erwähnte geheime National-Re­­gierung hat ein Manifest an „die bulgarische Nation“ erlassen, welches in 50.000 Exemplaren angeblich in Bukarest gedruckt, in ganz Bulgarien circulirt. Die National-Regierung fordert Alles auf, zu den Waffen zu greifen, da die Stunde der Erlösung geschlagen habe. Jene, welche zu alt sind, um am Kampfe sich zu betheiligen, sollen durch Geldopfer nach Maß­­gabe ihrer Vermögensverhältnisse zum Triumphe der großen­­­­­­ Sache beitragen. Es wird Jedermann, namentlich aber die „Tschorbazies" (Ortsälteste), welche stets den Türken ergeben waren, gewarnt, Spiondienste­ dem Feinde zu verrichten, da ein jeder Verräther ausnahmslos und ohne Gnade und Barmherzigkeit dem Tode verfällt. Die National-Regierung erklärt, Mittel zu befigen, die Todesurtheile zu vollstehen. Die Geldspenden müssen denjenigen Personen ausgefolgt werden, welche sich als zur Einhebung autorisirt legitimiren werden. Der Aufruf ordnet die Schließung aller Schulen an, da die Lehrer sowohl wie die älteren Schüler einer heiligern Pflicht zu genügen haben. Die­ wenigen im Lande wohnenden Mahomedaner werden aufgefordert, sich ruhig zu verhalten, in welchem Falle ihnen eine unbehelligte Existenz gewährleistet wird. Hierselbst circuliert das Manifest in zahl­­reichen Exemplaren. Es ist begreiflich, daß diese Vorgänge die Aufregung der Gemüther steigern. Die friedliebenden Bulgaren sind in Besorgniß vor terroristischen Ausschreitungen ihrer Donationalen, und nur in den größeren Städten, wo Garni­­sonen liegen, zeigt man sich einigermaßen noch ruhig. Wie man mittheilt, sieht man den Nachrichten aus der Gegend von Wid­­din mit einiger Besorgniß entgegen, da dort seit Langem Alles für eine Erhebung vorbereitet sein soll. Der Verkehr zwischen Widdin und Negotin (in Serbien) ist ein sehr reger und scheinen da serbische Einflüsse mit im Spiele zu sein“. — Erledigte Professuren. An der Großwardeiner Staats-Ober-Realschule sind zwei Lehrstühle (einer für Mathe­­matik und einer für Geschichte nebst einem verwandten Gegen­­stand), am Tristeiner röm.-kath. Gymnasium aber ein Lehr­­stuhl für Physik und Naturgeschichte mit 1200 fl. Jahresge­­halt, 200 Quartiergeld und 100 fl. Quinquennal-Zulage zu belegen. Für die erstgenannten zwei Stellen ist als Einreichungs- Termin der 31. Mai, für vie­le stgenannte der 15. Juni anberaumt. Die Concurs-Ausschreibungen enthält das Amtsblatt vom 10. d. M. — Bei der Prüfungs­commission für Mittelschulen- Statut. Lehramtscandidaten werden nach dem neuen das mit Beginn des Schuljahres 1876/7 in Kraft tritt, die Klausur- und mündlichen Prüfungen in den Monaten Decem­­ber und Mai stattfinden und sind die Gesuche um Zulassung zur Prüfung in den Monaten September, Jänner und Mai einzureichen. — Militärisches. Das gemeinsame Kriegs-Ministerium hat gestattet, daß die vom k. k. militär-geographischen Insti­­tute in geschummerter Manier ausgearbeitete General-Karte von Zentral-Europa und zwar vorläufig die 12 Blätter Glina, Spalato, Lissa, Brod, Bosna-Serai, Ragusa, Belgrad, Uzica, Scutari, Orsova, Krusevac und Pristina vom Publikum gegen Erlag des Kostenpreises (TO kr. per Blatt) bei dem k. k. mi­­litär-geographischen Institute bezogen werden können. — Postalisches. Anläßlich der Einführung des metri­­schen Längenmaßes im Postbeförderungs-Dienste wird laut einer Verordnung des k. ung. Handelsministeriums von nun an die den Post-IInspectoren bis jekt per­­ Meile berechnete fixe Ver­­gütung an Fahrkosten per Miriameter in Aufrechnung zu brin­­gen sein und wird der Fahrkosten-Betrag mit 2 fl. per Miria­­meter beziehungsweise mit 20 kr. per Kilometer festgesett. — Auf den Linien der Theiß- und Arad-Teme 382- várer Eisenbahn trat mit 15. Mai ein neuer Fahrplan ins Leben. Die wesentlichsten Renderungen sind : Beschleunigung jener beiden Zügen zwischen Miskolcz und Kaschau, die An­­schluß an die nach und von Budapest verkehrenden Personen­­züge der ungarischen Staatsbahn in Miskolcz haben, so daß der eine dieser Züge um 50 Minuten früher in Kaschau eins trifft, während der andere um 30 Minuten später als bigger von Kaschau abgeht. Die Frühzüge von Miskolcz gehen um 1 Stunden resp. und nach Kaschau 8/4 Stunden früher als bisher nach Budapest ab. Der Tag-Personenzug trifft um 15 Mi­­nuten früher in Großwardein ein. Der Tag-Personenzug nach Arad wird in Csaba größeren, für das Mittagsessen ausrei­­chenden Aufenthalt haben. Auf der Arad-Temesvárer Linie verkehren die beiden gemischten Züge nicht mehr wie früher im Anschluß an die Personen-, sondern im Anschluß an die gemischten Züge der Theißbahn.­­ Dienstboten-Bücher. Der Minister des Innern hat den Druck und Verschleiß der neuen Dienstboten-Bücher der Budapester Universitäts-Drucerei übertragen. Der Preis eines Büchels beträgt 10 Kreuzer. Der 15-Kreuzer-Stempel ist erst bei Ausfolgung aufzukleben, :

Next