Kaschauer Zeitung, April-Juni 1886 (Jahrgang 48, nr. 38-74)

1886-05-04 / nr. 51

­ ő . ; Nr. 51. XL VIII, „XL VIIT. Jahrgang 1886. — 1886. Bräm­merstionspreis ohne „Jilufir. Unterhaltungsbrett“ ganzjährig fl. 2. halbjähr. 4 n­ vierteljähr. H. iz und u. Raihan: it Bpitverfrmdang: „ . 6.60, 7; .30, = Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Betitzeile oder deren Raum mit 5 fr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr für jede Einzelne. Erscheint jeden Dienstag, Donnertag Samfkas. Redaptions- und Expeditisne - Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60, Mit dem „Illustr. Unterhaltungsblatt". ganzjährig fl. 7.—, Halbjähr. fi. ve vierteljähr. Dr = ür Kaschau : it Postversendung: ,, A. 8686, „ ff. 4 „ Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlah gewährt. _ Kaschauer Zeilur KASSA-EPERJESI ERTESITO. Reueste Nachrichten. Ungarn. Budapest. Das Abgeordnetenhaus hielt lezten Samstag den 1. Mai die erste Sizung nach den Feiertagen. Communikcations-Minister Baron Kemény hat dem Mi­nister-Präsidenten seine Demission überreicht. Noch während der­ Anwesenheit des König in Budapest soll ent­­weder Staatssecretär Beniczky oder Graf Bela Ban­ffy zu seinem Nachfolger ernannt werden. Anläßlich des Ablebens des Ministers Banfer heben sämmtliche Blätter einhellig die hohen Fähigkeiten, das Pflichtgefühl und den integren Charakter des Verblichenen hervor. Hofrath Papay erschien am 30 v. Mts. bei den Hin­­terbliebenen Pauler's, um denselben im Namen des Königs sein Beileid über den schmerzlichen Verlust auszudrücken. Das Leichenbegängniß Pauler's, fand am Sonntag um 4­­, Uhr statt. Oesterreich. Wien. Das große Frühlingsfest um Prater, welches auf Anregung der Fürstin Metternich gleich­­falls zu humanitärem Zwecke am 29. und 30. Mai vor sich gehen wird, ist bereits gesichert. Der Kaiser hat die Bewilli­­gung zur Absperrung des Praters ertheilt, das Reinerträgniß wird dem Weißen Kreuz, der Poliklinik und dem Vereine zur Errichtung von Seehospizen zugute kommen. Am 30. April. Abends 9 Uhr langten mittelst Cou­­rierzuges der Staatsbahn 70 Mitglieder des ungarischen Ar­­ce und Ingenieur-Vereins zu kollektivem Besuche Wiens ier ein Der Prager Gesundheitsrath konstatirte, daß bisher 130 Thyphuserkrankungen zur Anzeige gelangt sind. Diese Zahl sei jedoch k­eineswegs vollständig, da die Aerzte der Anzeigepflicht nur in mangelhafter Weise genügen. Rußland. Petersburg. In den offiziellen Kreisen ist die Attentatsfurst so groß, daß für die Reise des Czars 52 Freibillets nach Moskau und den südlichen Städten nur an Geheimpolizisten verausgabt wurden. Außer den­ gewöhnlichen russischen Herbstübungen fin­­den im Hochsommer große Cavallerie-Uebungen mit reitender Artillerie in den Militärbezirken Petersburg, Warschau, Kiew, Odessa, Moskau, Charkow und Wilna statt, desgleichen im Don-Gebiet und Kaukasus Reiter-Uebungen von den Kosa­­ken-Regimentern­ zweiten Aufgebots, die dazu extra einberufen werden. Im Hinblick auf die nihilistische Währung sind noch umfassendere Maßregeln zur Sicherung des Aufenthalts der kaiserlichen Familie auf der Krim und für die Rückkehr getroffen. Edhem Pascha wurde am 30. v. M. zu Jalta vom Kaiser in feierlicher Audienz empfangen und überreichte dem­­selben ein eigenhändiges Schreiben des Sultans. Freitag Deutschland. Berlin. Der Kaiser konferirte am lange mit Bismarc, vermut­lich über die grie­ Hische Frage Dr Unmuth über Freyci­­nets Schritte wird in maßgebenden Kreisen kaum zurückgehalten. Die „Norddeutsche Allgemeine“ kritisirt lebhaft das französische Spionagegeseß, dessen vage Fassung cauvinistischen Richtern gestatte, deutsche Offiziere, welche nach Paris reisen, unter Anklage zu stellen, denn Paris sei ja auch eine Festung. Schon sehr seien deutsche Offiziere in Paris der strengsten Ueberwachung ausgesett. Der preußische Etatsabschluß enthält eine Minder­­einnahme von dreiundzwanzig Millio­­nen aus den verstaatlichten Eisenbahnen gegen den Vor­­anschlag. Sämmtliche ungarischen Drahtbinder haben Auswei­­sungsordres zum 1. Juli erhalten. (Zwar sein hochpolitischer Akt, aber — nobel!) Belgien. Brüssel. Große Besorgnisse ad neuerlich einlaufende Nachrichten über die zunehmend Strifebewegung in den reichen bei von Lüttich und Hennegau ein. 1700 Steinbre­­cher strafen bereits. Die Bevölkerung veranstaltet überall Geldsammlungen für die Strafenden. Gegen gewisse Etablisse­­ments herrscht große Erbitterung, weil dort angeblich drei Wochen hindurch den Arbeitern gar kein Lohn ausbezahlt wurde. Die Arbeiter wenden sich hauptsächlich gegen die fort­­gesetzte Praxis der Gesellschaften, die Löhne mittelst Bons auf Lebensmittel auszuzahlen. In Folge Verweigerung einer Lohnerhöhung feiern alle Arbeiter der Ziegelfabriken in Mecheln. Italien. Rom. Der türkische Botschafter Photi­­ades­ Pascha hat am 1. b. dem König sein Beglaubigungs­­schreiben überreicht. Vom 29. auf den 30. v. M. sind in Brindisi 2 Er­­krankungsfälle und 1 Todesfall, in Latiano 1 Erkran­­kungsfall, in Ostuni drei Erkrankungsfälle und in Er<ie ein Todesfall in Folge von Cholera vorge­kommen. Der internationalen Markenschuß-Congreß wurde im Ministerium des Aeußern,mit einer Rede“ des Grafen Robilant eröffnet und begann am 1. d. seine Arbeiten. Griechenland. Athen. Die Antwort auf das Ultimatum wurde am 30. v. M. Abends überreicht. In der Antwort bezieht sich Delyannis auf die Note, in welcher Griechenland den Rathschlägen Frankreichs zustimmte, welche die Abrüstung ohne bestimmte Frist impliziren und welche Note er den Mächten vor Ueberreichung des Ultimatums mittheilte. Die Situation scheint nichtsdestoweniger gespannt. Die Mächte wollen sich nicht mit den Erklärungen Grie­­chenlands zufrieden geben, welches entschlossen ist, die Frank­­reich gegenüber eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Serbien. Belgrad. Die vereinigte liberale und radikale Partei veröffentlicht ihr Coalitionspro­­gramm. Dasselbe fordert Verfassungsänderung im frei­­heitlichen Sinne, Sicherung der Volksrechte und Unabhängig­­keit der Richter. Die verbündeten Parteien erklären die Eini­­gung als nationale Nothwendigkeit und patriotische Pflicht und jede Partei verflichtet sich, auch wenn sie allein zur Regierung berufen würde, an dem Bündnisse festzuhalten. Die Redaktion des Programmes wurde unter Oberleitung Ristic' vorgenommen.­ ­­­­­­­­­ Lokal- Nachrichten. — Die Maiandacht in der Dominikaner- Kirche wird nicht um 5*­, Uhr abgehalten, sondern Berli Ro­­beginnt an Sonntagen um 7 Uhr und an tagen um 77, Uhr Abends. Vorher wird der El­­senkranz gebetet. — Verwaltungs-Ausschuß-Sitzung. Der Ver­­waltungs-Ausschuß der kön. Freistadt K­a­s­s­a­u hält näch­­sten Donnerstag d. i. am 6. J. Mt3. 4 Uhr Nachmittags seine diesmonatliche ordentliche Sigung im Stadthause-Bureau des städt. Bürgermeisters ab . Jubiläum. Am 28. d. feiert unser hochverehrter Herr Bürgermeister Theodor Münster sein dreißig­jähriges Dienstjubiläum , das zum Behufe der wür­­digen Begehung dieses Tages zusammengetretene Executiv- Comité entwarf eine Programmskizze, welche der endgültigen Feststellung harrt, weßwegen wir noch nichts davon veröffent­­lichen, bis das genaue Programm uns vorliegen wird. Auch­­ erfolgte die Wahl des Ehrenpräses, Herrn Emerich von Darvas, und des 100er Ausschusses, dessen Mitgliedern gewisse Agenden zugetheilt werden. Feststehende Punkte des Festprogramms sind: die Enthüllung des­ von Herrn U­d­­var­dy meisterhaft gemalten Jubilar-Portraits, ARD, Tafelzug, Ehrengabeüberreichung und Bankett. Am 2. Mai d. I. feierte in aller Stille auch de Stadthauptmann Johann Lochhorn sein 25jähriges Ju­­biläum als Stadthauptmannschaftsbeamter, da er am 2. Mai 1861 zum Conzipisten daselbst ernannt wurde. Herrn Lockhorn's Dienstzeit bei der Stadt datirt aber schon vom 20. Oktober 1852, an welchem Tage er den Eid als Waldamts­­praftisant ablegte.­­ - - Des Vaters Schuld. Original-Novelle von IM. Dobson. (44. Fortlegung.) So nimm als Anfang dazu das Geld zurück, das Dein ist, das ich nicht behalten kann, von dem ich seit dem Tage, wo ich gewußt, daß er mir nicht gehört, keinen Pfennig an­­gerührt habe ! Das vermag ich noch nicht, Evelina, antwortete er mit ruhiger Entschiedenheit. Ich muß Zeit zum Miederlegen bar­ben, muß mit mir zu Rathe gehen, wie ich hier zu handeln habe, und darf in diesem Augenblicke seinen übereilten Ent­­schluß fassen! CEvelina s­ wieg, während ihre sprechenden Züge ihre Enttäuschung verriethen, aber einsehend, daß sie für den Au­­genblick nichts weiter erreichen würde, sprach sie: Roderich, Du verzeihst meinem Vater Alles, was Du durch seine Schuld gelitten und entbehrt . Er zögerte, sie aber legte ihre Hand auf seinen Arm. Heute wenigstens muß ich hier nur als Elisabeth Eichsfeld gelten, und will als solche mich später der Komtesse und Graf Roden empfehlen. Dir steht es dann frei, von dem, was Du aus meinem Munde erfahren, Gebrauch zu machen, und en BE so schonend wie möglich für unsern Namen ge­­seht — Das verspreche ich Dir, Evelina, obgleich ich nicht glaube, daß ich schon fett über das, was ich von Dir ver­­nommen, sprechen werde! — Wann aber reisest Du ? Werde ich Dich noch einmal allein sehen ? Ich muß früher fort, als ich dachte, der Zug passirt Baden, schon um drei Uhr! Roderich Blums Züge umdüsterten sich, als er erwi­­derte: Auch diese Reise hast Du für mich unternommen, Eve­­ling, die Unbequemlichkeiten derselben wie so vieler anderer ruhig ertragen , für mich so lange dem Reichthum und allen Gewohnheiten entsagt, die von Kindheit an Dir Bedürfnis geworden — Und habe ich nicht den Lohn dafür, Roderich? er­­widerte sie mit freudigem Lächeln. Ich habe Dich gefunden, Dir die Mission meines verstorbenen Vaters ausgerichtet, Du nimmst­ das Geld wieder, das Dein ist — — Ja, aber auch nur das — sah ihn bittend mit ihren schönen ausdrucksvollen Augen an und sprach leise : Um meinetwillen, Roderich — Er faßte ihre feine Hand, drückte sie an seine Lippen und sagte bewegt: Es sei, Evelina, um Deinetwillen, deren Ruhe und Frieden zu sichern ich versprochen, um Deinetwil­­len, die Du so treu und aufopfernd Dein schweres Gelübde erfüllt, sei ihm die Schuld vergeben! — Möge er Ruhe im Grabe haben, und Frieden im Jenseits finden! Amen! flüsterte. Evelina, andächtig das Haupt nei­­gend. Amen! fügte er dann mit gefallenen Händen hinzu, denn Leopolds Elmenhorsts Sohn hatte vergeben und hatte dem Mörder seines Vaters Ruhe im Grabe und Friede im Jenseits gewünscht ! 13. Kapitel. Der Fürstin Liebenau ward Evelinas Brief über­­bracht; sie war allein, ihr Neffe hatte sie nach dem ersten Frühstück verlassen, um seine Freunde eine Strecke Wegs auf der Heimfahrt zu begleiten. Er konnte erst am Abend wie­­derkommen, und daher hoffte sie, daß ihre junge Freundin, wie sie Evelina oft nannte, welche von diesem Unternehmen, das unerwartet beschlossen worden, nichts wußte, und nie zwei Tage nach der Reise zu kommen pflegt, zufällig eine Ausnahme machen und sich durch diese Zeilen auf einige Stunden anmelden würde. Wie erstaunte sie daher, als sie las, daß Elisabeth Eichsfeld früh am Morgen, und zwar nach Baden gereist sei. Im ersten Augenblick traute sie den Augen nicht, da jene dieser Absicht mit keiner Silbe in­­er­­wähnt, dann überflog sie nochmals die Zeilen mit ihren Au­gen, klingelte, trug dem eintretenden Diener auf, sich in der Krone zu erkundigen, ob wirklich Fräulein Eichsfeld abge­­reist sei, und erwartete ungeduldig dessen Nachkehr. Nach kaum einer halben Stunde brachte er die Antwort des Wirths, daß das Fräulein schon mit dem ersten Zuge gefahren und wie sie En gejagt, baldigst wiederkommen werde. Nach dieser Antwort steckte sie den Brief wieder in das Kuvert, legte ihn auf den Tisch und sagte: Weshalb auch sollte sie nicht reisen ? — Sie ist Herrin ihrer Zeit und Handlungen und hat keine Verpflichtung, mich von ihren Ab­­sichten in Kenntnis zu legen, und Mathilde wird sich freuen sie einmal und gesund wieder zu sehen ! Nur langsam schlich der Fürstin dieser Tag dahin; die gewohnte Spazierfahrt ward allein unternommen, das Mittagessen allein verzehrt ; nach dem Schummerstündchen Wie, Tante, allein? — Hast Du nicht Fräulein Eich3­, erschien glülicherweise Doktor Stein, der nachdem­ er seinen Verpflichtungen als Arzt nachgekommen, einige Neuigkeiten erzählte, und endlich bedenklich das Haupt schüttelte, als er von der frühen Reise seiner Patientin hörte, und schließlich meinte, er habe Fräulein Eichsfeld keine so unvernünftige Handlungs­weise zugetraut. Kann sie Nachtheil davon haben? fragte besorgt die Fürstin. Wir wollen es nicht hoffen, gnädige Frau, allein sa­­gen Sie selbst, nach so schwerer Krankheit und nachdem sie kaum seit acht Tagen wieder das Haus verlassen, schon in der Morgendämmerung abzureisen! Wann­ mag Fräulein Eichsfeld wiederkommen, damit ich mich nur gleich nach ihr umgehen kann ? Sie schreibt von einigen Tagen, ihrer Rückkehr benachrichtigen lassen ! Endlich erschien gegen neun Uhr ihr Neffe. Seine Tante mit der gewohnten Herzlichkeit begrüßend, blickte er überrascht und sichtlich enttäuscht im Zimmer umher und sagte : Geld zu Dir bitten lassen ? Das wäre ganz unmöglich gewesen, mein lieber Albrecht, erwiderte die Fürstin mit merklicher Erregung, denn Fräu­­lein Eichsfeld ist nicht in W., lies selbst — .=­ und den Brief vom Tisch nehmend, reichte sie ihn­ ihm. Graf Sternfeld las die wenigen Zeilen, er las sie zwei-, dreimal, und starrte dann noch immer auf die schö­­nen, festen Buchstaben. Dann sagte er zu der ihn aufmerk­­sam beobachtenden Fürstin in scherzendem Tone: Da ist Dir Deine schon unentbehrlich gewordene Gesellschafterin unerwar­­tet schnell entschlüpft, liebe Tante. — Fast sollte man meinen — — Wie Du nur reden kannst, Albrecht, unterbrach ihn einst die Fürstin. Fräulein Eichsfeld war allerdings gestern Abend in einer ungewöhnlichen, traurig erregten Stimmung, und um sie von dem, was gewiß sie beschäftigte, abzulenken, erzählte ich ihr­­ von Graf Rodens bevorstehenden Besuch in Baden, wohin ihn seine Tochter nicht begleiten würde, und da ich weiß, daß ich ihr unbedingt vertrauen kann, erzählte ich ihr auch von der stillen, noch von Niemand berührten Liebe, die, wie wir alle wüßten, Thekla von Roden und Roderich Blum gegenseitig empfänden. Von dem Augenblik an war sie seltsam zerstreut und verließ mich auch früher als sonst! (Forts. folgt.) ich werde Sie von

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