Kaschauer Zeitung, April-Juni 1888 (Jahrgang 50, nr. 39-74)

1888-04-05 / nr. 39

Lokal-Nachrichten. — Se. Hofwürden der Herr Bischof, gab am Ostermontag den Rompilgern ein Diner, welchem auch das hw. Domkapitel, der Bürgermeister, das Akademie-Pro­­fessor­en-Collegium und auch Dombauleiter Froede bei­­gezog­en wurden ; nach demselben machte Se. bischöfliche Gna­­den eine Visite bei Herrn „Ludwig, von Hegedüs, in wessen Villa er längere Zeit verweilte. — Für Die Abgebrannten in Hethars spen­­dete der Herr Bischof in seinem unvergleichlic­hen Wohlthätig­­keitsdrange 100 Gulden. ” s — Für die U Webers<wemmten gingen bei uns ein: Für To­ka j von­ den Herren Paul Tóth 1 fl., Dr. K­opka und Frau 2 fl. für Szathmár von Dr. Koptka und Frau 2 fl. — Der Rothe Kreuzverein bittet anlässig der großen Unglücksfälle, welche das Land­­ Heimsucht, das hoch geehrte Publikum, seine entbehrlichen Liebespfennige den Brand­­und Wassergeschädigten opfern und die mildthätigen Gaben an die Direktion des Vereins vom Rothen Kreuze (Budapest, II., Kettenbrüdengasse Nr. 1) einsenden zu wollen, welche dem Wunsche der Spender in jedem Falle mit Bereitwilligkeit nachkommen wird. Zur Vermittlung dieser Spenden ist der Secretär der hies. Filiale, Herr Professor Julius Fabinyi, sowie auch die Redaktion dieses Blattes gerne bereit. — Verwaltungs-Ausschulfigung. Die Verwal­­tungs-Kommission unserer kön. Freistadt wird ihre diesmonat­­liche ordentliche Situng am 5. IL. M. 4 Uhr Nachmittags, im Bureau des Bürgermeisters Theodor Münster, am hiesigen Stadthause abhalten. — Der hiesige wohlthätige Frauenverein hält am 12. April d. M. 3 Uhr im großen Rathhaussaale seine jährliche Generalversammlung ab, zu welcher die Mit­­glieder geladen werden. 4 — Der hiesige katholische Gesellenverein hält am Sonntag um 11 Uhr Vm. eine Ausschußsizung ab. — Chewra Kadisca. In der am 29. v. M. abgehaltenen Repräsentanten = Wahl der Chevra Kadischa (heiligen Verein) wurde Herr 3. L­ Weiß mit großer Majorität zum Präses gewählt ; sein Gegenkandidat der bis­­herige Präses, scheint sich während der drei Jahren seines Wirkens die Sympathie der Mitglieder nicht sehr erworben zu haben, denn von 106 stimmberechtigten Mitgliedern erhielt er blos 26 Stimmen. Wir unserseits können diesen Wohlthätigkeits-Verein nur gratuliren zu dieser Wahl, denn Herr Weiß ist zwar noch ein junger Mann aber alt als Charakter und allgemein als Wohlthäter bekannt. Zu Curatoren wurden gewählt die Herren 2. Ne­u­­man, K Berman und ©. Altman. In die Au38- sc­huß wurden gewählt: die Herren H. Tirnauer, ©. Letter M. Mostovits, 3. Burger, I. Bottmann, A. Rosenberg, M Feldman, I. Feldman, 3. Löffler, S Wac­hsmann und M. Perlman. — Der freiw. Feuerwehrverein wählte ab interim bis zur nächsten Wahlversammlung zum­­­berkom­­mandanten Herrn Heinrich Wilmrotter, zum Abthei­­lungsführer Herrn Anton Freudenfeld und zum Requisiteur und Sprißenführer Herrn Ant. 3 o 6 b. — Die Osterfeiertage waren vom besten Wetter begleitet und Jedermann konnte den nach dem­ langen Winter schon gerechtfertigten Wunsch nach einer Landpartie, der ersten­ im Jahre, befriedigen. Die Sommerfrischen waren auch allenthalben gut besucht. Am Baranek, wo nu< die alte Wirthin waltete, in Töhany, wo schon die neue Wirthschaft wohlthuend sichtbar war, beim Winkler, in Opaczka — überall waren Massen Gäste, die sich bis zum fahlen Abend unterhielten. Die zwei, drei ersten Tage des April, auf welche die Ostertage fielen, ließen sich sehr gut an, ganz gegen deren Erbeigenschaften, die auch so Viel im voraus schlechte Ostern fürchten ließ. Nun das „launenhaft wie der April” zeigte sich wohl ein bisschen, indem es hin und wieder Ganzen genommen zeigte sich der April „sprigte” — aber im im Anfang von der möglichst freundlichen Seite, hoffen wir, daß er sich nicht ändert und uns immer ein heiteres Gesicht zeigen wird. Die Vegetation ist heuer nicht, wie man fürchtete, zu­­rückgeblieben und Baum und Strauch wird bald in Blüthe stehen, wenn ein paar schöne Tage alle die saftvollen Sproßen zum Platen bringen ; denn schon gelegentlich der Osterpartien konnte man sich an den Knospen der Bäume und dem Sprie­­ßen des ersten Grüns ergößen. . . — Todesfall. Am 1. d. verstarb zu Smichow der k. k. Militärverpflegsverwalter in Pension Herr Emanuel Gallina im 58. Jahre seines Lebens und wurde Dien­­stag den 3. d. alldort eingesegnet und nach Postelberg überführt, wo dessen Beerdigung gestern stattfand. Der Verewigte war einer der eifrigsten Beamten seiner Branche und erst im Vorjahr avancirt ; seine schwache Kör­­perkonstitution ließ ihn schon die Zeit schwer erleben, wo er in Pension treten wollte, die er einige Monate nur genoß. Als liebenswürdigen Charakter, besten Freund und Gesell­­schafter wird ihm in Kaschau, wo er als Controller und in Muntács, wo er als Vorstand fungirte, das beste Andenken bewahrt bleiben. Militärisches.­­ Die Compagnie des Herrn Hauptmann Friedberg von Nr. 85 ist am 2. d. von den Rettungsarbeiten an J Innundationsterrain der Theiß wohlbehalten zurückgekehrt ; hingegen wurde von Jigle 200 Mann Jäger nach Zemplin dirigirt, welche an selbem Tage hier durchfuhren. — Er­stes heuriges Bestschießen unseres Schübenvereines. Bei dem am 2. April abgehaltenen ER gut besuchten Scheibenshießen gewann das 1. Beste Hr. . Widder, das 2. Herr G. Elister auf je einen Nagelsschuß, das 3. Herr 3. Horak, das 4. Herr M. Maf­f­e­y auf je einen Fünferschuß. Trefferprämie gewann Herr A. Stadler auf 20 Treffer mit 47 Kreise und wurde Meisterschüße." Außerdem schossen noch die Herren Major Thürr (Edelény), M. Widder je 3, G. Jakab, A. Stad­­ler je 2,­­ Elijder, C. Haußer, Oberlieutenant A. Tor­da je 1 Fünferkreis. — Das Fröbelgarten-Kränzchen am 2. b. war den beengten Räumlichkeiten des Vereinssaales entsprechend besucht und tanzten 24 Paare die Quadrille ; die Tanzmusik besorgte in bester Weise Horváth Fei. . „Die Vereinsdamen machten in liebenswürdigster Weise die Honneurs und bedienten die distinguirten Gäste mit dem besten, was­ man nur­ wünschen mochte. Die Unterhaltung I­re<t animirt und gebührt dem Arrangirungskomite bester ank.­­ Eine neue Restauration wird mit 1. Mai im Hause des Herrn Baumeisters Hugo Hanis< Nr. 9 der Fleischergasse eröffnet, wo­ die alte Bierhalle und Gartenrestaurations bisher bestand; nur ist das mittlere Zimmer mit der Gasse in Verbindung­­ gebraucht und Allei­ne und freundlich­ eingerichtet worden, so daß man auf drei Seiten, von der Gasse und zweimal vom Hofe aus in die Lokalitäten und in den Kiosk gelangen kann, der alle Jahre stets guten Besuch aufzuweisen hatte. Am Besten wäre es wohl, Herr Leo Bayer nähme dies, ohnehin seit Langen mit dem eigenen, nun zu sehr restrin­­girten Bierschanflorale, verbunden gewesenen Piecen selbst in Pacht, wodurch“ er einer Conkurrenz ausweichen und dem eigenen Geschäfte großen Aufschwung geben könnte. — Vorlesung. Samstag­­/4 Uhr Nm. wird im kath. Gesellenverein eine Vorlesung über „Der Kafchauer Ge­­sellenverein und das Oberung. Museum“, durch Domherrn und Vereinspräsident Hw. Hrn. Alexander v. Dessewffy abgehalten, bei welcher die Freunde und Mitglieder des Ver­­eins gerne gesehen werden. Es ist dies die erste jener Serie von Vorlesungen, welche im Vereine von nun an wöchentlich gehalten werden. — Hymen. Fräulein Irma Pa­u­ß, Tochter des Herrn Theodor Pa­uß, verlobte sich am 2. b. mit Herrn Jacobi, Chef der Firma Jacobi und Sohn in Wien. — Verlobungen. Dieser Tage verlobte sich zu E­perje3 Herr Ákos Keczer mit Fräulein Mariska K­eczer und der Stuhlrichter Herr Geza Szakmáry mit Fräulein Margit Radvänyi-Pramer; zu S.-A.U­jihely der städtische Ingenieur Hr. De­sider Szentgyörgyi mit Fräulein Aranja Czigler; zu Ungvar Herr Dr. Mor Graubart mit Frl. Kornelia Hirtenstein. — Unsere Brunnen haben ebenso, wie ihren Antheil an Schmußwasser erhalten, zu welchem die Keller manchen Orten auch Etwas vom Inhalt der gestiegenen sich an und ftagiirenden Cloaken gesellte, wodurch unser Trinkwasser allenthalben gesundheitsschädliche­n Infizirungen zu erleiden hatte, denen die Gesundheit der Einwohner zum Opfer fallen muß. Die Brunnen, welche unrein ge­worden sind, müssen ausgepumpt werden, will man nicht eine Epidemie durch Belassen des Brandwas­­sers in denselben begünstigen ; es wäre wohl Sache der städt. Sanitätskommission, hier Maßregeln zu ergreifen, welche die Stadt vor üblen Folgen zu bewahren geeignet wären. "Aviso. Auf die Annonce des H. Feldmann und Sohn auf der rechten Seite des heutigen Blattes machen wir besonders aufmerksam.­­ Für arme Jodbadbedürftige, welche das Jodbad Hall in Niederösterreich in Anspruch nehmen, dasselbe aber mit einer Preisermäßigung oder gar gratis bewußen wollen, haben deshalb ein muotivirtes Gefuch an den niederösterr. Landesausschuß zu richten und werden Solche, welche o­h­n­e dessen Bewilligung in Händen zur Cur dahin kommen in der Hoffnung, dort direkte und beim Badeantritt irgend­welche Begünstigungen durch den Badevorstand zu erhalten, unbedingt zur Zahlung der ganzen Aufnahms- und Badegebühr verhalten, nachdem das Recht der Ertheilung welch' immer Begünstigung betreffs dieses Bades nur der Landesausschuß übt. Dies theilte letzterer anläßig vorgenommener Fälle dem ung. Ministerium des Innern und dieser den Munizipien des Landes mit, welche es zu publiziren haben. — Mauthgeschichten. Der „obere“ Mauthner reichte vor längerer Zeit eine Rechnung über 70 fl. beim hiesigen Corpskommando ein, um welchen Betrag er als dem Mauthgefälle durch Nichtzahlung der Mauthgebühr von Seite der von und zu der Militärschule verkehrenden Wägen ent­­zogen, das Ansuchen stellte. Se. Excellenz FML. Braumüller gab die Anweisung zur Zahlung desselben aber nicht, weil die Militär-Unterreal­­schule, wenn auch oberhalb des Mauthhauses, doch nicht außerhalb des Stadtgebietes sich befindet, obwohl das Kom­­munikations-Ministerium dem Rekurs des Mauthpächters Folge gab und die Zahlung der obigen Mauthgebühr für rechtlich begründet erachtet. Die Sache ging bis zum Reichskriegsministerium, das wieder dem Militär Recht gibt; wir sind auf den Aus­gang der Angelegenheit neugierig, denn auch wir haben schon öfters mit gerechtem Widerwillen bei Fahrten zur Militärrealschule, deren Terrain zum Theil noch vor dem Mauthause (Puszta sor) beginnt — die Mauthgebühr gezahlt, hier, wie wir glauben, auch nicht am Plage deren Einhebung ist. — Zur ersten Platzmusik am 1. b. stellte sich, da ein herrliches Wetter herrschte, ein sehr zahlreiches­ Pub­­likum ein, daß den prächtigen Produktionen der Musik- Capelle des 85. L.­J.-R. unter Leitung A. Pr­etls, theils stehend und sißend, meist aber promenirend zuhörte. — An unsere B. T. Abonnenten. Nachdem an Stelle eines unserer Austräger (Velep) ein neuer Aus­­träger für unsere Zeitung angagirt ist, beh­ebe man im Falle von etwaiger unregelmäßiger Zustellung dies sogleich direct an das Administrations-Bureau Nr. 60 Hauptgasse anzei­­gen zu wollen, damit schnellste Abhilfe getroffen wird. — Zum Schutze der Obstgärten hat der Ader­­bauminister, wie alle Jahr, die Vertilgung der Raupen, Nester und Eier bis 21. b. angeordnet ; während des Som­­mers­ sind dann noch die sich zeigenden Raupen und die Hülsen derselben zu vernichten. Versäumnisse werden mit Geld­­und Arreststrafen geahndet. Näheres im heutigen Hirdetmeng der Stadthauptmannschaft. — Diana-Dampf- und Wannenbad. Die Gartenrestauration sammt Kegelbahn daselbst ist sofort zu vermiethen oder wird ein kautionsfähiger Zahlkellner auf­­genommen. Die Localitäten sind neu hergerichtet, der schöne schat­­tige Garten gut gepflegt, und auch die Kegelbahn für Unter­­haltung bei schlechter Witterung eingerichtet. — Leichenfund. Am Ostersonntag wurde beim großen Fluder des Mühlgrabens die Leiche des im Februar 0. I. verschwundenen 111jährigen Lehrlings Franz Kup­ecz der D­un­ke­lichen Parquettfabrik, zwischen dem geborstenen Eis ganz gut conservirt gefunden und derselbe am Montag auch begraben. — Konkurs für Besetzung von Stellen an­­i­­ Erzi an Die Bedingungen­­unter welchen Eleven an den k. k. W­iitär-Erziehungsanstalten, den Militär-Erzieh­ungsanstalten­ angenommen werden, können auch im Bureau des Bürger­­meisters, kön“. Rath Theodor M­ün­ste­r, in den gewöhn­­lichen Amtsstunden eingesehen werden. * — Eine neue, Reproduktionsart, zugleich Vergrößerungsmethode, von Photografien haben wir wieder Gelegenheit in Herrn Franze H­a­y­m­a­n­n's Buch- Handlung sich auf enster zu beobachten, wo nach de­<hochw. Herrn Bischof's Portrait sehr das äußerst gut getroffene und best­­ausgeführte Portrait des Herrn Hauptmannrechnungsführers Gustav H­e­g­e­r an­gestellt ist. Die Adresse der photoskiagrafischen Gesellschaft, welche­­s d­ie Portraits verfertigt, ist in der Buchhandlung zu erfragen. „7. Woc­henma­rktbericht vom 4. April. Heute wa die Zufuhr ziemlich groß, überhaupt Gerste wurde viel zuge­­führt ; auch Wide war viel zu sehen, während Weizen und Roggen wenig zugeführt wurde; Hafer und über­haupt Anbau-Artikel wurden stark gesucht. Wir notizen: Weizen von 6.50—675, Roggen von 4.90—510. “Gerste von 5.20=5.75, Anbaumaare auch: fl. 77,50, Wide gemischt bis 5.50, reine ohne Unterschied­ der Farbe bis fl. 6.50, Hafer bis 'fl.' 5, Anbau bis 5 fl. 90 fl., alles Andere wenig zugeführt. — Neue Beschuhung in der Armee. Seit­ Neujahr sind bekanntlich die Halbstiefel unserer Infanterie abgeschafft worden, nachdem es sich gezeigt hat, daß diesel­­ben sehr leicht Schuhdru> erzeugen und, einmal naß gewor­­den ungemein schwer an- und auszuziehen sind. Die beste­­­henden Vorräthe dieser Beschuhungssorte werden ausgetragen, , aber keine neuen mehr angeschafft. In jüngster Zeit ist man­ aber in der für unsere Infanterie hochwichtigen Fußbeklei­­­dungsfrage noch einen Schritt weitergegangen. Bei einzelnem­ Regimentern sind nämlich Schuhe aus einem eigens präpa­­­ierten Hanfstoffe probeweise in Verwendung und finden bei den betreffenden Truppenkörpern viele Anerkennung. Die­ Schuhe sind ungemein leicht, schließen den Schuhbruch abso­­lut aus, sind unbedingt wasserdicht und sehr leicht und schnell zu putzen und zu repariren. Zu denselben würden im Falle­­der Einführung hohe Gamaschen getragen werden. Als Pa­­rade-Fußbekleidung würden sich diese Schuhe allerdings­ wenig eignen, da sie den „hörbaren“ Schritt ausschließen,­ die Marschfähigkeit aber erhöht ein leichter, schmiegsamer Schuh. Von dem Resultate der im Zuge befindlichen Proben, beson­­­ders von den Berichten über die Dauerhaftigkeit wird es. abhängen, ob der Hanfschuh als zweite Fußbekleidung syste­­­misirt, oder blos als Kommodeschuh für Fußmarode bei­ größeren Märschen verwendet werden soll. „Auf die Polonina-Runa“ betittelt sich die im­ heutigen Jahrbuche des ungarischen Karpathenvereins . enthal­­tene sehr interessante Beschreibung einer Excur­­­sion der Sektion „Ostkarpathen“, welche Ende Juli v. I. stattfand und welche soeben im Separatabdru> erschie­­nen ist. Verfasser desselben ist Herr Karl Siegmuth, der verdienstvolle geschäftsführende Vizepräses der genannten Sektion.­­ — Die zehn Gebote für Mitarbeiter eines. Blattes. 1. Gebot: Du sollst nur auf die Vorderseite des:. Blattes schreiben, die Rückseite aber unbeschrieben lassen. 2. Gebot: Du sollst klar und deutlich schreiben und besonders­ auf Eigennamen und fremdsprachliche­ Wörter acht­ geben, weil Du sein Recht haft, Redakteure und­ Leber­­ um ihre Zeit zu betrügen, indem Du ihnen zumuthen­, Deine Kinsel­­ftafel zu entziffern. 3. Gebot: Du sollst seine mikroskopische­ Hand schreiben, fintemal der Setzer das Manuskript auf etwa­ ein halbes Meter Entfernung lesen muß und der Redakteur, der ja auch gewissermaßen ein Mensch ist und nur gewöhn­­­liche Augen befigt, oft Aenderungen vorzunehmen hat. 4. Gebot: Du sollst nicht ganz oben auf der Seite anfangen,­­ wieweil der Redakteur häufig die Ueberschrift eines Artikels­ ändern oder, wo gar seine vorhanden, eine dazuschreiben oder­ Platz haben muß, um seine Instraktionen in Bezug auf den­ Sat anbringen zu können. 5. Gebot: Du sollst Dein­ Manuskript niemals rollen, dieweil jeder, der es anrührt, sich ärgert und wüthend wird, sowohl Redakteur als Leßer­­und Korrektor. 6. Gebot: „Du sollst st­e­t­s Deinen vollen Namen nebst Adresse deutlich unter Deine Briefe schreiben und die Angabe Deines Postamtes nicht vergessen, dieweil der Redakteur oft wünschen wird, mit Dir zu verkehren und­­weil er Deinen vollen Namen als eine Garantie der Glaub­­­würdigkeit braucht und nicht die Zeit hat, jedesmal das Post­­amt aufzusuchen, zu welchem Dein Wohnort gehört. Wenn Du eine Chiffre oder ein Pseudonym gebrauchst, so schreibe­ Deinen Namen darunter, er wird nicht veröffentlicht. 7. Gebot: Du sollst Dich bei Verfassung Deiner Aufgabe der größten Sorgfalt befleißen und jede Weitschweifigkeit und» jeden Wortschwall strengstens vermeiden. Hüte Dich, die Ausz­­üge mit Adam und Eva oder der Erschaffung der Welt zu­ beginnen! 8. Gebot: Du sollst bei jedem Auf ja die jour­nalistische Länge beachten und eingedenk sein, daß er nicht länger als anderthalb, bis zwei, höchstens dritthalb Spalten­­ werde ; was darüber ist, ist vom Uebel. 9. Gebot : Du sollst: Dich in allen Aufsäßen und Mittheilungen ausschließlich des­­metrischen Maßes und Gewichtes und hiefür jener Abkürzun­­­gen bedienen, wie sie offiziell festgeseßt sind. 10. Gebot: Du sollst den Redacteur auch dann aus vollem Herzen lieben, wenn er bezüglich der Vortrefflichkeit Deiner Aufsäße anderer“ Ansicht ist als Du. Eingedenk des Spruches „errare huma­­num est“ sollst Du Dich befleißen, ihn recht bald durch eine­­neue bessere Einsendung zu Deiner Ansicht zu bekehren. — Provinzleben. Aus einer entfernten Provinz­­stadt nahe der Landesgrenze schreibt u. A. ein dahin , Ber­­s<lagener : — — — „Als ich Abends nach dem sogenanten Casino, Spes Iunte wäre besser gesagt, des ausgezeichneten Pflasters wegen, an den Häuserwänden vorsichtig tappend, dahin schlich, kam gerade ein Wagen angefahren, in dem eine junge Dame aufs recht stand, gefragt von 2 anderen Personen, wahrscheinlich. Papa und Mama. I< vermuthete sogleich, daß diese frei­­willige Unbequemlichkeit wohl deswegen sei, um sich etwaige­­mühevoll arrangirte Fälchen an der schöneren Seite ihres­ jungfräulichen Körpers nicht zu zerdrücken. “ Und richtig war dieses Opfer nicht umsonst gebracht. Denn wie ich später bemerkte, war auf der Kuppel der weib­­­lichen Tonhalle Alles in der schönsten und peinlichsten Ord­­nung. Mutter und Tochter mußten über dieses ornamente- Kunststüc wochenlang nachgedacht und es im Schweiße ihres­ Angesichtes zuwege gebracht haben.

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