Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1891 (Jahrgang 53, nr. 113-151)

1891-10-01 / nr. 113

TAK „Dreiundfünfzigster Jahrgang 1891. Nr. 113. Kaschau, Donnerstag 1. October. Kaschauer Zeitung, KASSA-EPERJESI ERTESITO. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung" parod vierteljähr. E 5­3.30, bag Sür Kargan : ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fL. Mit Postversendung : ganzj. fl. 6.60, ZF: Bei Inseraten wird die sec­hsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige (EHRE: BE TRUE TEBERBE Ir = 2 ER Sa | Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag­ und Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. N. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ Für Kaschau : Mit Postversendung : ganzj. ff. 6.60 pé 4. 350, 5*­anzjährig 1. 5.—, halbjähr. ff. 2.50, viertelj. ff. 1.28 287 0008 6.6 ke : 3 : A. 1.68 Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entspreßhender Nachlas gewährt. Einladung zur Pränumeration auf die „Auschauer Zeitung“ fürs IV. Quartal. Erscheint: Dienstag, Donnerstag und Samstag. Mit 1. October 1891 beginnt die „Kaschauer Zeitung“ Das IV. Quartal und betritt dasselbe mit dem Vertrauen­­ auf die fernere Gunst ihrer geehrten Leser, welche bisher dem Blatte seiner Haltung wegen, wie auch dessen Bestreben nach Befriedigung in publizistischer Hinsicht anerkennend, ihre Gewogenheit bewahrten. Pränumerations-Preis: Ganzl. mit Postversend. fl. 6.60 für Kaschau fl. 5.— Halbj. „ " fl. 3.30 , „ 1.250 Viertelj. „ PR fl. 165 , » fl. 1.25 Inserate werden in jeder Sprache angenommen und die sechsmal gespaltene Petitzeile mit 5 Kr. berechnet, wobei größere und öftere Einschaltungen Rabattbegünstigung genießen. Aufnahmen in den „Offenen Sprechsaal“­­. nach Uebereinkommen. Die­­t. auswärtigen BPräm­meram­ten werden ersucht, bei Erneuerung der P­rämumteration, der Bequemlichkeit und Vereinfachung wegen sich gefälligst der Postanweisung zu bedienen. Die Administration der „Kaschauer Zeitung”. Neueste Nachrichten. Minister-Präsident Ungarn. Graf Julius Szapáry wird schon in einer der ersten Situngen des wieder zusammentre­­tenden Reichstages auf Grund der umfangreichen Untersu­­cungs-Protokolle der gemischten Kommission, die Interpella­­tionen Ferdinand Horánsky's und Gabriel Ugron’s in der Uzelac-Affaire beantworten. Die Anregung der Fiumaner Geschäftswelt wegen Er­­richtung einer B­ö­r­se in Fiume hat die Zustimmung des Handelsministeriums gefunden. Deutschland. Reichskanzler v. C­ap­r­ivi wohnte am 27. September zu Osnabrück dem Commerse der ehemaligen Angehörigen des 78. Infanterie-Regiments bei. In dem Toaste, welchen der Reichskanzler auf den Kaiser ausbrachte, erinnerte er an Scarnhorst's Schöpfung der allgemeinen Wehrpflicht. Das Dichten und Trachten des Kaisers, sagte Caprivi, Wohl des Landes und die Erhaltung des Friedens sei auf das gerichtet. Gegenwärtig si nicht der geringste Grund vor­handen, an der Erhaltung des Friedens zu zweifeln, Keine Wolke trübe den politischen Horizont. Frankreich. Anläßlich der Enthüllung der Statue des Generals Faidherbe in Bapaume hielt der Minister des Reußern R­ib­o­t eine bedeutungsvolle Rede, in welcher er darauf hinwies, daß die militärischen Tugenden, von denen Faidherbe ein glänzendes Vorbild gab, in der Armee und Marine heute sich wiederfänden. Die Rede schließt sich mit friedlichen Berfi­derungen und einem Appell an die innere Eintracht würdig an die jüngsten Reden von Carnot, Freycinet und Constansan. Minister-Präsident Italien. Ru­dini soll dieser Tage mit dem russischen Minister des Aeußern, Giers8, in Como eine Begegnung haben und auch dem Rendezvous des Königs mit dem rumänischen König beiwohnen. Serbien. Der König, Ristics und die Minister sind am 28. d. M. aus Kousevac nach Belgrad zurückgekehrt. Ein offizielles Communiqué d­ementirt kategorisch die dung von einem Heiraths­projekt des Königs Mel­­mit einer Prinzessin von Montenegro. Deutschland hat den 1893 ablaufenden Handelsvertrag schon sehr gekündigt. Bulgarien. Fürst Ferdinand ist am 27. v. aus Kula, wo­­selbst er den Manövern der Garnison von Widdin beige­­wohnt hatte, in Sophia eingetroffen. Sektionsc­hef Ge­or­giew des bulgarischen Handels­­ministeriums verhandelt mit dem Exekutiv-Komits der Temed­­varer Ausstellung wegen Ankaufs der großen Industriehalle, der Rotunde und anderer Gebäude für eine im nächsten Jahre in Sophia geplante Landesausstellung, welche von der buls­garischen Regierung veranstaltet wird. General-Versammlung des Municipiums der kön. Freistadt Kaschau. Abgehalten am 28. d. Präses Obergespan Em. von Darvas. Vor Beginn der Tagesordnung bringt Repräs. Dr. Julius Cs8orba den Antrag ein, daß ein Statut für solche Gewerbe geschaffen werde, deren lärmender Betrieb die Nachbarschaft zu stören geeignet ist , wurde an die Tagesordnung der nächsten Ge­neralversammlung zu sehen beschloßen. Der Monatsbericht des Bürgermeisters wurde zur Kennt­­niß genommen, beim­ Jahresbericht pro 1890 1920 in Diud zu legen beschloßen. Das Diplom des Dr. Ignaz Run wurde publizirt. Die Stiftung des Profeßor Dr. W. Mariska pr. 200 fl. (für im Ungarischen best fortgeschrittene Schüler wurde acceptirt und dem Widmer­protokoll wish Dant gesagt wovon derselbe zu verständigen sei. Den beiden Kinderbewahranstalten des hl. Vereins und der Kati Kovács wurden je 20 km Brennholz zugestanden Ebenso der Kaschau-Belaer Schule und das Bauholz zum Opuczkaer Steg Für den Weg zur Schlachtbrücke wurde beschlossen von Joh. Stefanko 209 [ ]Klafter Grund anzukaufen und den Vertrag der nächsten Generalversammlung vorzulegen. Den Bürgerschullehrern Herren Koloman Stich, Jose­f Fertaly und Franz Malaßt wurde die Dezernalzulage zu = gestanden. ——— Verschlungene Pfade. Von Antonie Y näkic3. (Schluß.) „Wenn ich sterben sollte,“ sprac er dabei „so reise unverzüglich nach L . . . . “ zu Banquier Gotlieb Stern , bitte ihn, er möge sich des Kindes erbarmen, welches ich durch einen grundehrlichen Menschen voraus nach Europa gesandt. Ich fürchtete die rasch herankommenden Herbststürme, meine Geschäfte mictelten sich langsamer als ich gedacht, ab, deßhalb entschloß ich mich meinen kleinen Abgott, Ran­dals „Händen anzuvertrauen, mein Sohn trägt dieselbe Schnur schwarzer Perlen sammt Medaillon, in welchem sich mein Bildniß befindet, um seinen kleinen Hals. Fast kriecht mir eisige “Angst bis ins­ Herz hinein, daß ich meinen Liebling nie wieder sehen werde. Aus ungebändigtem Troße verließ ich „Heimath und Vaterhaus, heirathete auf fremden Boden ein liebliches Mädchen, welchem ich nach kurzem, ab­ so kurzem “Glücke bei der Geburt Erharts­ die Augen zudrücken mußte. Ich habe gesündigt, aber auch furchtbar hart gebüßt ! Ich heiße Walter Storm und lege die Zukunft meines unschuldigen Kindes in Storm nichts von seinem Enkel Deine Hände. Will Gottlieb wissen, so ist in dieser Chatulle Geld, der vierte Theil davon gehört Dir, das andere ‚aber verwende für die Erziehung und Zukunft meines Kindes willst Du mir das versprechen ?" „Unser Vater versprach dem Kranken Alles," fuhr Charlotte nach einer Pause mit zitternden Lippen fort, „doch als dessen Auge nach wenigen Tagen im Tode brach, nahm er die Papiere, welche ihn als Bottlieb Sterns Sohn legi­­timirten, für sich selbst in Anspruch !“ „Und das Kind, Gottlieb Stern'8 wirklicher Enkel ? was geschah mit dem ?, trug Walter. „Auch darin begünstigten böse­ Mächte den Heimkehren­­den,“ sagte Charlotte leise. „Das Schiff, auf welchem sich der junge Erbe befand, scheiterte und nur mit Lebensgefahr konnte R­and­al fich und das Kind auf eine Insel, retten, von wo er erst nach Jahresfrist in die Heimath zurückkehren konnte. Krank, arm, zu Tode ermattet, langte Randal in L . . . . ran und dort erfuhr er von der wenigen Rückkehr Walters und von dem bald darauf erfolgten Tode Gottlieb Sterns. Mit Anstrengung aller seiner Kräfte schrieb er an den vermeintlichen Vater Erhart, und nach kurzer Zeit kam unser Vater, sie als Abgesandter Walters vorstellend. Randal händigte ihm den Taufschein des Kleinen aus, doch kaum­­ war derselbe in seinen Händen, machte ein erneuter Blutsturz dem Leben Randals ein Ende; — nach wenigen Stunden Verschied er und Walter Stern war mit sich selbst im Reinen. Er ging zum’ Organisten Pan­ten und bewog' ihn, sich Des­ verwaisten''Kindes' anzunehmen‘. Randal war, so erzählte er, einmal in seinen Diensten gestanden und deßhalb sei er bereit, für die des„ Kindes“ Sorge zu tragen Nur Has­eine mache er zur­ Bedingung, der Organist solle gegen Jedermann schweigen, da er, Walter Stern, sie nicht gern als Wohlthäter der Armen preisen höre. Der alte Mann war es zufrieden, er nahm das Kind zu sich, gewann und nie kam dem alten Manne der Gedanke, daß das es lieb Kind nit Randald Sohn sei. = =“ „So hast Du Di also freiwillig geopfert, um uns die Schande zu ersparen,“ sagte Walter bewegt, dann trat er rasch auf seine Frau zu­ , nennden," vegann „lannst Du meinem Vater vergeben ? kannst Du er zögernd mich noch lieben ?" „Freilich kann ich das“, sagte die junge liebliche Frau mit einem Anflug ihrer alten Schelmerei, während eine große Thräne über ihre leicht erblaßte Wange rollte. „Zu Dich als den Vater meines Kindes, als meinen Gatten, liebe als den besten . . .“ „Mein Weib, mein Alles !" unterbrach sie Walter und 309 seinen „Sonnenstrahl“ stürmisch an seine Brust. „Laßt die Vergangenheit ruhen, ihr Theueren“, sprach Charlotte hinzutretend, „an sie wollen wir uns nie erinnern. Mit frohem Herzen will ich in die Zukunft wieder blicken und an Erharts Hand ein neues Leben beginnen — die Vergangenheit hingegen möge in den dunklen Strom der Ver­­gessenheit versinken.“ „Es sei," sprach" Violanta aufstehend, „doch bevor die Leihe über unser vergangenes Leben und über die Schuld eueres Vaters fließt, erlaubt, daß ich euch meine Verwandlung aus Melanie Barnay in Violanta Sanelly mittheile. Aus Char­­lottens Erzählung ist Euch meine trübe freudlose Jugend be­­kannt. Nach dem sc­hreilichen Ende Leo Waldows verließ ich in Begleitung meiner Mutter R . . . n für­ immer. Zuerst begaben wir uns in ihr Vaterland, in das schöne sonnige Italien. Dort lebten wir still und zurückgezogen, denn meine Mutter kränkelte seit der Gefangennahme meines Vaters in bedenklicher Weise. Eines Tages, eben im Begriffe, unsere Wohnung zu verlassen, begegneten wir auf der Treppe einen Bettler, an denen Italien besonders reich ist. Meine Mutter ließ eine kleine Münze in seine ausgestrebte Hand gleiten, da begegnete sein Auge dem ihren und mit einem dumpfen Aufschrei sank er auf die Stufen nieder. „Verzeihung Violante, Verzeihung !“ wimmerte er. Einen Moment starrte meine Mu­tter auf den elenden zerlumpten Bettler zu ihren Füßen, dann dämmerte eine schreßliche Ahnung in ihr auf. „Paolo Pisani, so tief bist Du gesunken ?“ trug sie hohl. „Roc tiefer, viel tiefer“, entgegnete der mit Paolo Angeredete . „Laß mig Dir meine Schuld bekennen und dann vergieb mir.“ Einen Augenblic fand meine Mütter wurentschloßen, dann forderte sie ihn auf, ihr in das Zimmer zu folgen. Paolo Pisani, ein Cousin von ihr, war einst der eifrigste­n Bewerber um ihre Hand, die sie“ jedoch einen aus England stammenden in­ einer deutschen Stadt lebenden Kassenbeamt­en, Harry Barnay reichte. Sie lernte denselben in einem Badeorte Italiens kennen und lieben und verließ mit leichtem Herzen ihr sonniges Vaterland, um ihm in das faire Deutsch­­land zu folgen. Paolos Watch über diesen Schritt seiner Cousine kannte keine Grenzen, doch hütete er sich norweislich, allzuviel davon zu verrathen. Einige Jahre nach der Ver­­mählung meiner Aeltern, ich mochte damals etwa fünf Jahre zählen, erschien urprößlich Paolo Pisani in unserem Hause. Meine Mutter vermuthete nichts Gutes in diesem plößlichen Besuche ihres Vetters — sie warnte ihrem Gatten vor Paolo, doch meines Vaters reiner Sinn konnte unmöglich in dieser Annäherung etwas Böses sehen und als derselbe nach einigen Wochen abreiste, schied er mit der Versicherung innigster Freundschaft. Bald nac seinem Weggang­ fand eine große Kaffare­­vision statt, der mein Vater mit der größten Seelenruhe entgegensah. Er wußte, daß Alles in Ordnung sei und deß­­halb traf ihn der Schlag bis ins innerste Herz, als es sich herausstellte, daß die Summe von zwei­tausend Dukaten fehle . Mein Vater wurde troß der Betheuerungen seiner Unschuld verhaftet und der Makel dieser Schuld blieb selbst nach seinem in Amerika erfolgten Tode, wohin er mit Le­­bensgefahr geflohen — auf unserm Namen haften, da sich trog aller Nachforschungen kein anderer Dieb ermitteln ließ. Ich begreife bis zu dieser Stunde nicht, wie der Ver­­dacht meiner Mutter nicht gleich auf Paolo fiel — der dann nach der vorhin von mir erzählten Szene auf der Treppe ein umfassendes Geständniß ablegte. Zwei Tage vor seiner Abreise von R . . . n bewußte er die nur momentane Abwesenheit meines Vaters aus dem Kassazimmer und entwendete die Summe, deren Verschwinden auf uns alle unsägliches Elend brachte. Nach einem wochen­­­langen Umherirren in Frankreich begab er sich in seine Hei­­math, wo er die Verhaftung seines Vaters erfuhr. Doch er s­ wieg zu Allem und freute sich über die Demüthigungen, welche seine stolze Cousine erfahren mußte. Meine arme Mutter überlebte diese Kunde, welche die Unschuld meines Vaters klar an das Licht brachte, nicht lange — drei Tage nach dem Geständniße Paolos schloß sie ihr Auge für immer­­­ und an demselben Datum erzählten die Tagesblätter von dem­ Selbstmorde des überrall bekannten Bettlers Paolo Pisani. :­­ Nach dem Tode meiner Mutter suchte ich bei dem zör niglichen Ministerium um meine Namensänderung in Vio­lanta Sanelly an — und erhielt im nicht allzu länger Zeit die Erlaubniß dazu. Freunde besaß ich keine und so kehrte ich als Reisebegleiterin einer alten Dame nach Deutschland zurück. Dort angekommen verabschiedete mich dieselbe­ und ich trat als Gesellschaftsdame in die Dienste der Gräfin Br­oda, wo ich Aennc­hen, Deinen Vater kennen lernte. Das übrige wißt ihr — und nun läßt Alles, was wir im Leben durch Andere gelitten — vergeben und vergessen sein !“ Ende.

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