Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1892 (Jahrgang 54, nr. 113-150)

1892-10-01 / nr. 113

— + Ix x B Vierundfünfzigster Jahrga Pränumerationspreis der „Kasc­hauer Zeitung“ 2.80, vierteljähr. fl. 15 und 8 r Ka?fHan : ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. ft. it eb ER e ganzj. fl. 6.60, „ 8. 330, fl ug 189 2. e . 09 ’Bei Inseraten­ wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr­­erechnet. — Inseratenstempel 30 kr.>für jede Anzeige. | Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag. amstag. Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. ganzjährig jähri­gl. Pränumerationspreis Der Für Kaschau : Mit Postversendung : ganz]. A. 6.60 | Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen Kaschau, Samstag 1 _ KASSA-EPERJESI ERTESITÖ. . 5, . October. Kaschauer Zeitung“ De, 2.56, halbjähr. Ka, 4 1,85 Fer’ und öfter eingeschaltet werden wird ein entspressender Radálat gewährt. Neueste Nachrichten. Ungarn. Als Nachfolger C3äky 3 werden außer den Grafen­­ Josef Zichy und C8ir4ky auch die Grafen Stefan Károlyi und Julius And­rássy genannt. Rußland. Auf eine Nachricht, welche die Ankunft des Bu [/ SH FLTIATRES in Konstantinopel für den 2. November in Aussicht stellt, greift der „Swet“ die Pforte an und bezeichnet den Empfang des Koburgers durch den Sultan als einen Bruch des Berliner Vertrages. Liebknecht Frankreich, ist aus Frankreich freiwillig abgereist ; es dürfte aber doch so etwas wie eine gebundene Marschroute vorgelegen sein. Die Sozialisten beginnen unter der Landbevölkerung zu agitiren. Türkei. Der Sultan genehmigte die Pläne zur Befestigung der Dardanellen und des Bosporus. China.­­ In Washington wurde ein junger Chinese Namens Leong Feo verhaftet, bei welchem kompromittirende Pa­­piere vorgefunden wurden. Aus denselben geht hervor, daß eine in San Francisko bestehende geheime Gesellschaft zum Zwecke der Ermordung des Kaisers von China eine Verschwörung angezettelt habe. Die Papiere wurden der cinesischen Gesandtschaft ausgefolgt. Auf dem Reichstage. Das Abgeordnetenhaus nahm am 29. 4. die Delega­­tionswahlen vor, worauf seitens der Opposition Interpella­­tionen gestellt wurden und zwar von Wilhelm Bo­d­a we­­gen der Milleniums­-Ausstellung ; Josef Kovács wegen der Trippelallianz und deren Belangslosigkeit, wenn troß ihr­­ der Frieden nicht gesichert sei ; Emil Ba­b­ó wegen der ge­­iegwidrigen Behandlung der Tapser Wähler . Viktor 3 ss­er xk­u­b wegen Mißbrauch der Amts­gewalt des Wahlp­äsidenten in Taps. Wurden sämmtlic­h der Regierung zugestellt. Präsident?verkündet sodann das Resultat der Wahl in die Delegation. Eingezeigt wurden 198 Stimmen. Gewählt wurden : Ordentliche Mitglieder: Graf Theodor Andrássy, Johann Alböth, Atos Beöthy, Alexius Bol­os, Franz Bolgár, Nikolaus Ernkovich, Ernst Daniel, Max Falk, Heinrich Francisci, Georg Gyurkovics, Friedrich Harkányi, Alexander Hegedűs, Moriz Jókai, Paul Kiss, Árpád Kubinyi, Ernst Latinovics, Aurel Münnich, Baron Fedor Nikolicz, Desider Perczel, Géza Rakovsky, Stefan Rakovsky, Georg Szerb, Graf Stefan Sztáray, Koloman Szél, Graf Ludwig Tipa, Ludwig Vu­­rotinovics, Moriz Wahrmann (mit je 198 Stimmen) , Graf Albert Appo­­nyi, Kornel Abränyi, Gustav Beksics, Graf Edmund Bethlen, Karl Flu­­ger, Baron Karl Hußär, Gabriel Ugron (mit je 197 Stimmen), Graf Koloman Näks, Koloman Tipa (mit je 196 Stimmen), Graf Stefan Károlyi (mit 193 Stimmen), Baron Alexius Nopc3a (mit 191 Stim­­men), August Pulpky (mit 180 Stimmen), Franz Fenyvessy (mit 178 Stimmen. Eriagmitglieder: Ladislaus Beöthy, Edmund Miklós, Graf Ladislaus Szapáry, Graf Dominik Teleki (mit je 196 Stimmen); Armin Pavics, Ludwig Tolnay (mit je 195 Stimmen) ; Alexander Mo­­­hay (mit 194 Stimmen); Gabriel Daniel, Oskar Melgl, Emerich Urä­­­nyi (mit je 193 Stimmen.) minister Nach der Pause meldet der Präsident, daß der Finanz­ in der am Samstag stattfindenden Sigung das Budget für das Jahr 1893 einreihen wird. ZEI­H ae NEN RE: Lofal-e Nachrichten. Kirchliches. — Se. bischöfliche Gnaden Dr. Si­gismund Bubics8 wird anlägig des Rosenkranzfestes morgen Sonntag 9 Uhr Vm. In der Dominikaner-Kirche bat Hochamt pontifiziren . Nachmittags 4 Uhr ist feierliche Pro­­zession von der Kirche durch die Fleischer- und Bräuhaus­­gasse, längs dem Glacis und durch die Sändergasse zurüc, wobei die Militärcapelle die kirchlichen Weisen intoniren wird. — Die Demission unseres hochverehrten Oberge­­spans Herrn Emerich Darvas8 de Nagyret ist nun ein fait accompli ; die Ernennung des Saroser Vicegespans Sigmund von Po­ly zum Obergespan unseres Comitates ist als vollzogen: Thatsac­he zu betrachten. Personalien. — Herr Oberst Josef hat Freitag Nachmittag */24 Uhr Rasch zu Ritter v. Zalesit verlassen und ist um 6 Uhr in Mizskolcz auf seinen neuen Bestimmungs­ort eingetroffen ; am Bahnhof fanden sich viele Generäle und Stabsoffiziere ein, die dam Scleidenden, dessen­­ valoreske Liebenswürdigkeit aush weiteren Kreisen sein W'ggeh'n unan­­genehm fühlbar macht, ein wirzliches L­ bewohl zu riefen. Herr Honvéd-Oberst Bihary von Mis­­kolcz ist zu den Prüfungen der Freiwilligen hier eingetroffen, von denen alle 29 die Prüfung bestanden. — Städtische Generalversammlung. In der Generalversammlung der städtischen Repräsentanz am 28. v. M., welche diesmal vollständig beisammen war und wel­cher der Obergespan präsidirte und Budapest zurückgekehrte Bürgermeister auch der Tag3 vorher von anwohnte, wurde al­s erster Gegenstand der Monatsbericht und in diesem die Interpellation Stekker­ s verlesen, welcher die Wahl Kossuths zum vel SAG­ann der Stadt Kasch­au beantragt und in einer schönen patriotischen Rede begründe­te, in welcher er die Verdienste des greisen Patrioten um Um­garn aufzählte und dessen einhellige Wahl empfahl. Nach ihm stand Edmund Eder auf und sagte, daß er sich begeistert diesem Antrage anschließe, weil er sehe, daß derselbe nicht den Wunsch einer Partei, fordern den Willen der ganzen Bür­­gerschaft in sich faße. Nach allgemeinen Essen­s erunzirte der Obergespan die einhellige Wahl des Herrn Ludwig Kossuth zum Ehrenbürger der Stadt Kaschau. (Schon gemeldet). D­en­­­ Antrag auf Schluß der Situng wurde nicht angenommen. Der Ministerial - Erlaß, welcher die Deckung der Wehrreconstructionskosten duch eine ähnlich wie beim Ka­­sernenbau zu effrctwirende in 50 Jahren zu amortisirende Anleihe genehmigt, wurde zur Kenntniß genommen. Ebenso der die Vereinigung des zu errichtenden Armen­­­fondes mit dem bestehenden defcetirende Ministerial-Erlaß. Nun kam in Folge eines noch vor Eröffnung der Generalversammlung duch Herrn Dr. Alois Klekner gestellten Antrages die Museumsbaufrage (statt als 14. Gegenstand als 5.) zur Verhandlung und in Folge einer begeisterten Rede Edmund Eder­s zur günstigen Erledigung. Es wurde beschloßen, Pläne und Voranscläge verfertigen­ zu lassen und den Raum am Franz-Josefsplatz auszuwählen, wo das neue Museum zu stehen kommen soll. — Fortsetung am 29. September. Das Straßenbaubudget pro 1893 wurde genehmigt, der Antrag auf Exproprierung eines Grundtheils im Säfrängbett zur Eröffnung einer Gasse wurde angenommen. Dem Winzler in Szántó wurden 100 fl. Remuneration bewilligt unter dem Vorbehalte, daß dieß keinen Präzedenzfall zu bilden habe. Dem Handelskurs für Damen wurden 200 Gulden Unterstüßung und die Bezahlung des ganzjähri­­­­gzn === -“--“-- ee —— _—_ — DERNE NER REESE ME nm ERTREFTR TOT BETTER Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten. Senilleton. A (Nachdruck verboten.) Die Traubenkur. Novelle von L. Stahlberg. „Wozu rathen Sie nun, Herr Doktor ? Mein armes Frauchen hat die Mineralbäder von Lande und das Seebad glücklich absolvirt. Leider ohne den gewünschten Erfolg.­­ Die Schlaflosigkeit, gänzlicher Appetitmangel, die nervösen Kopf­­welt und die allgemeine Verstimmung sind immer noch nicht gehoben. 39 bin zu Allem bereit, ich will kein Opfer scheuen „und mich selbst noch einmal von ihr trennen, wenn es mög­­lich ist, ihr noch eine Erfrischung und Stärkung zu verschaf­­­fen, ehe der Winter kommt.“ Der Rechtsanwalt Hardig sah mit sorgenvollen Bliden auf seine junge Frau, die bloß und mit trüben Augen auf einer Ottomane lag und dann mit ängstlich gespannten Augen auf den Arzt sah, der gedankenvoll und ernst seine Patientin­­ betrachtete. „Hm, hm,“ räu­perte er sich endlich, „wir wollen es doch ein Mal mit einer Traubenkur versuchen. Seiden Sie "Ihre Frau Gemahlin in die Weinberge. Vielleicht haben Sie ‚irgendwo auf dem Lande Verwandte oder Freunde, stille, friedliche Leute, wo die gnädige Frau in harmonischer Um­­­gebung, den ganzen Tag gute Landluft genießen kann. Die­­ weiteren Vorschriften zur Kur werde ich geben.“ „Das wird aber sterblich langweilig!" seufzte Frau “Hardig. „Schadet nicht, schadet nicht, meine Gnädige. Lange­­weile ist gut für die Nerven. Die großen Bäder „viel zu viel Zerstreuungen und Aufregungen mit sich.“ bringen „Da habe ich einen guten Gedanken !“ rief der Rechts­­ “anwalt freudig. „Ich sc­hi­ e Di zu Alfred und Louise, die Haben einen großen Obstgarten und herrliche Weinspaliere, deren ich mich noch mit Vergnügen aus meiner Kindheit­­ erinnere. In dem alten, gemüthlichen Landhaus mußt Du Dich wohl fühlen. Und die „über die weiten Flächen und Luft weht Herzstärkend frisch dort Weidetriften.“ „Wie gräßlich !" seufzte die junge Frau abermals. 39 “kann mir eine lebhafte Vorstellung davon machen. „IH kenne Deine Familie. Vorzügliche, brave Menschen, die einen zu­m Tode füttern, selbst stets einen bauernmäßigen Appetit haben, „einen gesegneten Schlaf wie Murmelthiere und behaupten Nerven seien Einbildung und kämen vom Nichtsthun. Auch hasse ich Norddeutschland, mit seiner flachen, monotonen Landschaft, die man neuerdings auf Gemäldeausstellungen bis zum Ueberdruß als Stimmungsbilder bewundern muß.“ „Nun, meine Gnädige, wenn Sie sich dort in der Ver­­bannung etwas von dem bauernmäßigen App­tit und dem Murmelthierschlaf aneignen wollten, so wäre das Alles was wir wünschen können,“ sagte der Arzt und er schickte sich eilig an, ein schriftliches Rezept zu der Traubenkur zu ent­­werfen. * * * In dem unweinumsponnenen Pavillon des grosten Dorft­­und Blumengartend von Küdow saß ein junges Mädchen über Bücher und Schreibhefte gebeugt, eifrig arbeitend, umgab. Es war ein malerischer, alter Garten, der den Pavillon mit verschwiegnen Laubwegen, wuchernden Lauben, breitästigen Nußbäumen, Obstplantagen und zwischen den Gemüsebeeten alle Herbstblumen im üppigsten Flor. Ein kräftiger Gerut von Dill, Gurken und reifen Aepfeln erfüllte die Luft und in der klaren, goldnen Herbstzone leuchteten die rothen Georginen und Studentenblumen wie Feuer. Die Gartenthür, die in das freie Feld führte, klirrte und ein junger Mann im Jagdanzug kam den breiten Kies­­weg daher, der naH dem Pavillon führte. Das junge Mädchen sah erst von seiner Arbeit auf, als die hohe Gestalt 023 Jäger8 verdunkelnd zwischen seinen Arbeitstisch und die Sonne trat. „Fräulein Klärc­hen, sind Sie schon wieder über den gräßlichen Büchern, um sich zu Tode zu arbeiten ?" sagte er vorwurfsvoll. Sie l­gte die Feder weg, faltete die Hände über dem didleibigen Bauch, das vor ihr lag und fragte: „Sehe ich etwa aus, wie ein Todes­candidat ?“ Sie sah aus wie das blühende Le­ben selbst und in ihren nußbraunen Augen funkelte es Justiz. „Noch nicht, aber das wird bald kommen, wenn Sie so fortfahren, Klärchen,“ bat er mit einem Beben in der Stimme, indem er sich über den Tisch beugte und seine Hand beschwörend auf die ihren legte, „wollen Sie es nicht mir zu Liebe thun und das unnüße Lehrerinneneramen aufgeben ?“ Er sah sie heiß mit seinen zärtlichen, blauen Augen an. Klärchen zog hastig ihre Hände zurück und wurde sehr „Rein, diese Bitte kann ich nicht erfüllen.“ „Klärchen,“ flehte er noch eindringlicher, indem er sich neben sie auf die Bank setzte und sie an sich zu ziehen ver­­suchte, „haben Sie mich denn nicht ein bisschen lieb 2?“ präge Er war ein schöner Jüngling, dessen Meußerei das Ge­n des reichen, verwöhnten Cavaliers fing und seinen Zauber auf ein junges, unbefangenes Mädchen nicht verfehlen konnte. Klürden war blaß geworden und sie athmete beklom­­men. Aber sie zog sich energisch von ihm zurüc und sah ihn mit einem festen, tiefernsten Bli> an. „Rein,“ sagte sie, „ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Diese Art Liebe kenne ich nicht. Und ich werde mein Lehre­­rinnenexamen machen, weil ich ein armes Mädchen bin und zu stolz von irgend Jemand auf der Welt abhängig zu sein. Für mich giebt es kein Glü> ohne Freiheit und Selbst­­ständigkeit.“ „AuG nicht als Gattin eines Mannes, der hat, um Sie zu einer unabhängigen Frau zu maßen ?“ genug „SH weiß nicht,“ stammelte Klärchen, heiß er reichend, „iG müßte einen reichen Mann sehr lieben, um ihm meine Unabhängigkeit zu opfern. Und ich — ich mag nicht in einer reichen Familie aus Gnade angenommen und als arme Schwie­­gertochter über die Achsel angesehen werden. Aber — ich sehe meine Schwester von fern kommen — bitte, gehen Sie jet.“ Der junge Mann, Edwin Fischbach, der als Volontär bei Alfred Merlin in Küdow die Landwirthschaft lernte, der Sohn eines der reichen Zuderbarone aus dem Magdeburgi­­schen, entfernte sie eilig und bald darauf betrat Frau Louise Merlin den Pavillon. „Liebes Klärchen, eine Neuigkeit, Ela Hardig wird auf mehrere Wochen unser Gast sein. Sie soll hier eine Trauben­­fur brauchen.“ „Ach,“ rief Klärchen, „was fangen wir denn hier mit der verwöhnten Weltdame an? Sie ist sehr schön und elegant, nicht wahr ?“ Ein Schatten von Besorgniß flog über des jungen Mäd­­­chens Züge. „So Alfred, der sie als Braut gesehen hat, sagte sie wäre reizend. Im Vertrauen gesagt, ich glaube, sein Bruder, der Rechtsanwalt, traf nicht die glücklichste Wahl als zweite Frau, solch ein junges, schönes Mädchen zu nehmen. Er ist nicht glücklich mit ihr geworden, wie man zwischen den Zeilen seiner Briefe lesen kann, trug dem er sie immer noH leiden­­schaftlich zu lieben scheint. Sie ist stets leidend oder lebt in einem Strudel von Geselligkeit.“ „Na, ich bin neugierig,“ sagte Clärchen, indem sie ihr Lexikon energisch zuklappte. * * * (Schluß folgt.) ' ernst

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