Kaschauer Zeitung, Januar-März 1896 (Jahrgang 58, nr. 1-37)

1896-01-02 / nr. 1

ts 3 7 3 | sé ; iu R TE: " - FE Bi "Be - * « . se PRÄNUMERATIONSPREIS DER „KASCHAUER ZEITUNG“ ganz). fl. 6.60, je 4. 3.30, £ Bei Inseraten wird die’sechsmal gespaltene Petitzeile, oder deren mit 5 kr. berechnet, — een kt. für jede Anziere. Raum | En Für Kaschau: Mit Postversendung: ganzjährig fl. 5.--, halbjähr. fl. 2.50, vierteljähr. fl. 1.25 fl. 1.65­4 und Samstag, Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag |" PRÄNUMERATIONSPREIS DER ERLITT re ganzjährig % 5.—halbjähr. "A. 2.50, eg ganz], A. 6.60, y Mi 3.30, »> en a ag Saga Für Kaschau: Mit Postvergendung:­­Bei Inseraten, welche ‚grösseren Raum einnehmen und ö werden, wird eu­­antapracho­er Nachlass gewäh­­­­­­­r 125 . 165 + Bsz­tek | Zum Schluß des alten und Beginn des neuen Jahres. An der Grenz­­marke stehend, welche das vergehende Jahr von dem neu eintretenden trennt, danken wir vor­­erst dem Allmächtigen, daß er uns glücklich an diese Stelle gelangen ließ und bitten ihn, uns auch ungefährdet an Leib und Seele in die Zukunft schreiten zu lassen. An dieser Stelle blicken wir vor Allem zurück auf das unmittelbar vergangene Jahr und Schmerz erfüllt ung, indem wir uns sagen müssen, daß in dem­­selben die Menschheit nicht nur ihrem Ziele der Vervollkomm­­nung nicht näher gerückt, sondern durch den aufs Höchste cultivirten Materialismus aller Schichten derselben wieder sehr tief zurück in eine Sitten- und Gefühlsbarbarei verfallen ist, welche­ der Gegenwart ihren Stempel ausdrückt. Die Welt ist wieder allenthalben ein Schauplatz von Mord und Brand, Arglist und Verrätherei, der Scheinheiligkeit, der Vorurtheile, der Unduldsamkeit, der Rach­­und Habgier, des Ehrgeizes, und all jener Verbrechen, die aus den bösen Leidenschaften entspringen und welche die Eintracht Liebe der Völker und Menschen vereiteln, und die Gerechtigkeit und Treue gegeneinander nicht aufkommen lassen und die Gefühle auch der geringsten Aufopferung zum Wohle des Ganzen­­ verborrön­ten und es wehren, daß die un­­gestörte Glückseligkeit einmal unter uns einkehre. Wir sahen im­ Großen an der Civilisation stehende Nationen der Spitze den blu­­tigen Krieg in die ruhigen Hütten der Ein­­geborenen fremder Welttheile tragen, wir sahen Völker unterdrückt, die sich ihrer Frei­­heit wehren — wir sehen noch jekt, wie­ sich die Großen untereinander mit scheelem Miß­­trauen beobachten, wie sie fi­­eder rüsten, um gegebenen­falls über den Andern herzu­­fallen und Krieg und Drangsal über die Welt zu verbreiten. Mit allem Scharfsinn werden Verhältnisse vorbereitet, die uns die nächste Zu­­kunft als eine blutige — schauerrolle ahnen lassen. Hydra Und sahen wir nicht in unserem Lande die der Zwietracht aufs neue erstehen, so­­wohl zwischen den Nationalitäten, wie zwi­­schen den Confessionen und müssen wir nicht fürchten, daß die­ scheinheilige, durch — die In­­teressen und Gefühle so Vieler tangirende — Verfügungen geschehene Pacification noH ärgere Früchte tragen wird, als sie ein ehrlicher des stets erhofften Aufspwung28 zum Besser- Kampf gebracht hätte ? Und im Kleinen ? Welch unbeilopftes Bild des materiellen Verfalles unseres Lan­­des, leben, des Rains im Gewerbe- und Industrie­­in Handel und Wirthschaft ! Anstatt werden, warf uns das verschwindende Jahr noch tiefer zurück in die Unzufriedenheit, welch? durch das Versiegen von Erwerbsquellen­ und unersp winglic­he Belastung des Bestehenden genährt wurden — statt daß die Ambition, der Eifer, die Arbeitslust durch deren mög­­liche Geltendmachung erhöht worden wären. Ein trüber Rückblick, den man dem Volke mit Luftspiegelungen nicht verschönern kann, der Groß aller Versprechungen und Verheißun­­gen leider keinen heiteren Ausblick gestatten würde, wenn­ die Hoffnung nicht wäre, die Begleiterin der­ Armen, Verzweifelnden, holde Trösterin — dort, wo sie ein glaubens­­fähiges­ Gemüth findet, eine­­ gottvertrauende Seele, die im großen Sumpfe­­ der Sitten­­losigkeit wo nicht versunken ist, in welchem sc­hon so Viele den moralischen Tod fanden. In diesem Sumpfe, in welchem sich die auf ihren edlen Beruf vergessende­­ Menschheit zum großen Theile befindet, sahen wir: „auch viele unserer Mitbürger versinken und Vorzeichen deuten es an, daß noch Viele­ an die Reihe kommen werden, denen der Mangel an Moral und Religion nur ein sol<es Ende sichert. — Die Mode, der moderne Fort= Schritt, die Sucht nach Genuß, die Früchte der Halbbildung, verderben die Sitten, unter= graben alle edlen Grundsätze, rauben den Menschen jenen Schatz, der ihn vor der Ver­­zweiflung sc­hüßt, sein Gottvertrauen, die Hoff­­nung und die Nächstenliebe, deren Besitz ihn befähigt, nebst dem eigenen auch das Glück seines Nächsten, das Wohl der Allgemeinheit zu fördern, statt doch Hinweigen zu den soz­­ialistischen Ideen an­ dem Ruine RR .. j arbeiten. Wir stehen wei BER auf = Grenz­scheide eines unseres Staates Jahrtausendes des­­ Bestandes und: feierlich begehen wir den Beginn des zweiten Millenniums Ungarns und da möge uns unsere Geschichte, die viele derlei Phasen des Untergangs aufwe­ist, den Trost lehren, daß, wie die e Unheilsphasen durch unsere Vorfahren glo­tt, unschädlich gemacht wurden, auch, unsere jenige Gene­­ration Mittel und Wege, hauptsächlich aber Männer finden wird, welche? den rechten Wegen aus Der unser Volk auf Re­fase „Miri und dem Heileg zuführen werden.­­ Der Gott der Ungarn füge es re und auf ihn vertrauend, rufen wir allen­ unseren Lesern und Allen, die­ dies­­ aufrichtig mit uns wünschen, ein at neues 264 zu ! | |­­­­ es Zt Ő Sr­a­rs '£ § / SAT. dv seg Die welt Nummer umfaßt 8 Seiten: als 24) Senilleton. Der schwarze Diamant. Roman von Heinrich Norbert. Ditrich hatte diesen Satz so bestimmt gesprochen, daß Barding einen tüchtigen Schlud Cognac hinunterschluckte, denn er glaubte bereits Daniel vor sich zu sehen. „Ach, mein kleiner Ditrich,“" rief er aus, „welchen Skandal würde das in meinem Hause geben... Meine Frau und meine Tochter würden sie mit ihm gegen mich verbinden !" „O, 0, Herr Barding, body vor mir keine Geheimb­uc­­zei,” sagte Ditrich in vorwurfsvollem Tone. Er stand auf und stellte si vor den Kaufmann hin. „Herr Barding,“ fuhr er, sich nach und nach ereifernd Fort, „versuchen Sie doch nicht uui zu täuschen ! Sie sollten d­io um Ihre Frau und Ihre Tochter sorgen ? Nein, micht bei Ihnen befürchten Sie Herrn von Schaller wieder­­­ erscheinen zu sehen ; Ihre Frau und Ihre Tochter beugen sich demüthig Ihrem Willen. Aber in der Umgegend Barkes befindet sich eine kleine Villa, wo Daniel's des großen Rückkehr eine nette Revolution hervorrufen könnte. Is meine dasjenige De Clara Betrard, oder wie sie in der galanten Welt unter den­ hochtrabenden Namen bekannter ist : Clara von Kressen­­. Und wie ein fünfzehnjähriger Berliebter zittern Sie bei dem Gedanken, daß der scöne, junge und elegante Daniel plößlich in dieser Villa wieder erscheinen könnte, wo man Sie, der Sie weder schön, noch jung, noch elegant sind, nur aus Gewohnheit liebt ! Und nur deßhalb wollen Sie um jeden Preis Herrn von Schaller verhindern, zurüczu­­gehen, weßhalb haben Sie diesen armen Celliste nach Ham­­burg exp­lirt und deßhalb wollen Sie mich "bitten, Daniel bei einer Ankunft Hier zu empfangen, weil Sie reit gut wissen, daß ich allein mit ihm umzugehen versteh? !" Wilhelm Bardling hatte bei der Rede des jungen Mannes den Kopf geb­ugt. Er schwieg einige Augenblicke, dann nahm er sein Ch-Fru<, schrieb einen EJT auf zehn­­(07029 Mark aus und reichte ihn Ditrich mit den Wor­­en hin : „Sind Sie denn eigentlich unverbesserlich?" . „Mein Bester,“ erwiderte Di­rie, „jeder von uns Hat, seine schwache Seite, seine Leidenschaft! Die Thrige ist Clara, die meine das Spiel. Adieu, ic muß noch in den Club, Wenn Sie Nachrichten von Daniel haben, so theilen Sie es mir sofort mit, und zählen Sie gänzlich auf mich. — Rod einen Rath, bevor ich Sie verlasse?» Gehen Sie heute lieber nicht zu Clara ; sie könnte Sie betrefft Daniel ausforschen und Sie könnten Dummheiten sagen ! Adieu.“ Und er ging fort. Bevor er seinen Wagen bestieg, prüfte er aufmerksam sein Pferd, das kostbare Pferdegeschirr und die Livre? seines Kutschers ; er fand alles in bester O:d­­nung und lächelte wohlgefällig.­­Er war auf die Wagen sei­­ner Tante, deren Leitung Frau Gretling ihm gänzlich an­­vertraut hatte, und die er wie die seinen zu betrachten pflegte, fr stolz. Seine Tante hatte sogar die Liebenswürdigkeit, auf diesen und auf einen offenen Wagen,­dessen er sich auf dem Lande bediente, das Wappen der von Flescher malen zu lassen.­ Er ließ­­ sich zuerst nach dem Bankgeschäfte fahren und löste Herrn Bardlings Chef ein, dann fuhr er in seinen Club, um seine Spielschuld zu bezahlen. Er sagte niemals: „wein Cercle,“ sondern er sprach auf köstliche Weise das Wort : mein Club. Diese beiden Worte füllten ihm den Mund „und die Art und Weise, mit welcher er sie aussprach, bezeich­­­­neten sofort, welchen Pla­n­ sein Club in seinem Leben­­ nahm. Dann begab“ er sich in das Geric­htsgeb­äude, um bei Herrn von Kohlhepp nach dem Fortschreiten der Vpr­­suHung zu erkundigen. FE von 2660 pp ließ ihm ant­­worten, daß die Untersuchung kaum begonnen, daß" die nach Hamburg gesandten „Polizisten moch nicht angekommen sein könnten und daß man vor dem kommenden Tage keine Nach­­richt erwarten . Ditrich ge naß seinem Wagen zu­­= un dachte einen Augenbli­c, bevor er eine Adress aufga „Natürlich müßte ich zu Clara, die mich «seit heut, Morgen erwartet," flüsterte er ; „aber iie Taute ängstig' sich vielleicht . . . Ic hatte bereits eine zu große Dumm­heit begangen, daß ich sie während drei Monaten verlasset drch begehen wir wenigstens“ keine neue. Nach Hause ein !“ Als er die Kaiserstraße erreichte, sah er den Hof Stroh belegt und hörte, wie der Diener dem Kutscher mit zu flüsterte, sehr langsam und ohne Geräusch zu fahren. De] Gretling hatte die «strengsten Anordnungen getroffen, dami­t ein Geräusch zu Isabella dringe. Ditrich begab sich sofor in das Zimmer seiner Tante und erzählte ihr mit uner­schütterlicher Rahhe, daß er seinen ganzen Nachmittag im Ge­bietsgebäude verbracht hab, um auf Mitspeichten, die nich eingetroffen sind, zu warten. „Mein armes Kind,“ sagte Frau Gretling zärtlich zu ihm : „Ich habe Deine Ruhe unterdtoßen, damit Du sold traurigen Ereignissen beiwohnen mußt !“ Anstatt aller Antwort umarmte er sie. „Und meine Cousine ?“ fragte er. "Sie weint ! Sie erbebt bei dem geringsten Geräusc­h und deßhalb habe ich der Dienerschaft befohlen, leise zu gi­hen und leise zu sprechen. . . „Man darf sie nicht hier lassen ! Du müßtest sie wo heute. GIA a Pan­age wog­e au on daran gel aber i A 2 befürchte, daß­­ in elf Hause, wo ihr Mann gestorben a­breilen will, „nicht mit ihr darüber zu sprechen und ” - 4 + hg.

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