Kaschauer Zeitung, Juli-August 1914 (Jahrgang 76, nr. 74-88)

1914-07-02 / nr. 74

2 in Böhmen, im Jahre 1900 die kombinierten Uebungen der Donaumonitore und­­ vertrat im Jahre 1903 bei den Manövern im Komitate Te­­mes den König. Im Jahre 1902 wurde er zum Admiral ernannt. Seither vertrat er regelmäßig den König, der durch seine gespwächte Gesundheit verhindert war, gewisse staatsrechtliche Alte vorzunehmen ; so fungierte er zulegt als Stellvertreter des Kö­­nigs beim letzten Sessionsschluß des ungarischen Reichstages und bei der Eröffnung der Delega­­tionen. Bei diesen Gelegenheiten hielt sich der Thronfolger gewöhnlich nur einige Stunden in Budapest auf. Bekannt ist das freundschaftliche Verhältnis, das den Thronfolger mit dem Deutschen Kaiser verband und die zahlreichen Besuche, die er mit seiner Gemahlin in Berlin machte, die vom Deutschen Kaiser in Konopischt erwidert wurden. Ebenso bekant ist die Reserve, die sich der Thronfolger in politischen Dingen auferlegte, worauf all der Umstand zuzügeführt wurde, daß der Thronfolger nur in äußerst seltenen Fällen persönlich mit den ungarischen Staats­­männern in Verbindung trat. In politischen Kreisen galt der Graf Johann Zichy als der einzige ungarische Politiker, mit dem der Ur­herzog verkehrte. Wie erinnerlich, hat seinerzeit, als noch Graf Johann Zichy Mitglied der Volks­­partei war, der Umstand großen Staub aufge­­wirbelt, daß ihn der Erzherzog anläßlich seines offiziellen Besuches in Petersburg als Ehrenka­­valier sich attackiert hatte. Infolge der förmlichen Kampagne, sah sich der Thronfolger veranlaßt, die Reise ohne den Gra­­fen Zichy anzutreten. Der Erzherzog legte eine besondere Liebe für die Marine an den Tag. Er war Protektor des Österreichischen Flottenvereines und nahm an allen Angelegenheiten der Kriegsmarine regen Anteil. Fast jedes Jahr verbrachte der Erzherzog mit seiner Familie einen längeren Sommerauf­­enthalt in­ Brioni, wo er mit dem Publikum freundschaftlich verkehrte und wo er die Zeit un­­gezwungen im Kreise seiner Familie verbringen konnte. Die Liebe zu seiner Gattin und zu seinen Kindern war geradezu sprichwörtlich geworden. Die Ehe mit Gräfin Sofie Chotek war bes kanntlich eine morganatis<e. Die Vermählung fand am 1. Juli 1900 statt. Gräfin Chotek er­­hielt später vom König den Titel einer Herzogin von Hohenberg. Anläßlich seiner Vermählung entsagte er für seine aus dieser Ehe stammenden Kinder dem Rechte der Thronfolge­ durchzusetzen. König Franz Josef brachte diesen Bestrebungen des Thronfolgers viel gütiges Verständnis entgegen und das Ergebnis war, daß Gräfin Chotek zum Range einer Herzogin erhoben wurde, mit dem Titel Durchlaugt. Der Ehe des Erzherzog Franz Ferdinand sind drei Kinder entsprossen : zwei Söhne und eine Tochter: die Prinzen Maximilian und Ernst und die Prinzessin Sofie.­­ Die Choteks gehören dem vornehmsten tsche­­kiscen Adel an. Viele Choteks haben in der Geschichte Oesterreichs eine hervorragende Rolle gespielt. Der neue Thronfolger. Infolge des Ablebens des Erzherzogs Franz Ferdinand ist der Anwärter auf die Thronfolge der älteste Sohn des verstorbenen Erzherzogs Otto, Erzherzog Karl Franz Josef, der am 17. August 1887 in Persenbeug geboren wurde und seit­ dem 9. Mai 1902 mit der Erzherzogin Zita, geborene Prinzessin von Bourbon-Parma, verehelicht ist. Der neue Thronfolger ist ebenfalls eine sehr selbständige Persönlichkeit ; er bewies dies durch seine Heirat, denn obwohl seine Frau aus fürst­­licher Familie stammt, ist deren Familie nur rechtlich gleichrangig mit den Habsburgern. Das Thronfolgepaar wohnte zuerst in Böh­­men, wurde aber später nach Galizien versegt. Erzherzog Karl Franz Josef ist gegenwärtig Major im 39.­­Infanterieregiment. Der junge Thronfolger ist im streng militärischem Sinne erzogen. Er liebt das intime Zusammenleben mit seinen Kameraden und pflegt auch in ihrer Gesellschaft das Diner einzunehmen. Herzogin Sophie von Hohenberg. Gräfin Sofie Chotek war Obersthofmeisterin der Erzherzogin Isabella, als sie den Erzherzog Franz Ferdinand kennen lernte. In dem Pozsonyer Schlosse des Erzherzogs Friedrich begann damals das Idyll, daraus eine tiefe gegenseitige Liebe entstand. Und zulegt beschloß der Erzherzog, die Gräfin zu heiraten. Der Erzherzog wußte auch den König von der Unerschütterlichkeit seiner Liebe zu Überzeugen und Franz Josef gab seine Einwilligung zur Eheschließung. Im Jahre 1900 fand die Hochzeit statt. Seither führte das Paar ein wunderbar glüc­­kies Familienleben. Meist lebte der Thron­­folger mit seiner Gemahlin in friedlicher Zurück­­gezogenheit in Konopischt; sie hielten sich mögl­ichst vom Hofe fern, weil der Thronfolger die Zurücksetzung seiner Gemahlin nicht dulden mochte. Nach vielem Bemühen gelang es dann dem Erzherzog, die Rangeserhöhung seiner Gemahlin KatYarer Zeitung 2. Juli 1914. Arbeitslose beim Handels­­minister. In der lezten Nummer unseres Blattes brachten wir im Leitartikel die Schilde­­rung des Arbeitsmangels und auch des Arbeitermangels, und schon müssen wir einen in dieser Beziehung Analogen aus einem Budapester Schwesterblatte über­­nehmen. Die Arbeitslosen wagen am Hungertuche, suchen, fordern, verlangen Arbeit, Verdienst, um das mühselige Leben fristen zu können. Eine zwanziggliedrige Deputation der hauptstädtischen Arbeitslosen war bei dem Handelsminister Baron Friedrich Harkänyi. Der Führer der Abordnung Karl Payer sprach im Namen von vielen Zehntausenden, die vergebens eine Arbeitsgelegenheit suchen. Die materiel­­len Quellen der Fachorganisationen sind im Verliegen, eine Wendung zum Besse­­ren ist kaum zu erwarten und gegen den Winter werden sich gewiß nur verschlimmern, die Verhältnisse licht genug dem, hemmt die Arbeiterschaft das Aus­­wanderungsverbot der Regierung in ihrer freien Bewegung und verhindert sie da­­ran, sich im Auslande ihr Brod zu erwerben. Redner verlangt die Auf­­hebung dieses Verbots, da die wertvoll­­sten und näglichsten Bürger des Landes am Bungertuc­e wagen. Er wünscht, daß der Staat, welcher über ein Budget­­ von zwei Milliarden verfügt, ehebaldigst " der katastrophalen Gefahr vorgreift, die das Land bedroht, um zu vermeiden, daß die erbitterte Menge selber an die Sanierung ihrer tristen Lage gehe und ihren Hunger eigenmächtig stille. Minister Harkanyi hielt eine längere Rede, in welcher er nachwies, daß fast alle für öffentliche Bauten votirten Sum­­men bereits verwendet wurden. Leider traten im ganzen Lande die traurigen Folgen der Arbeitslosigkeit auf, und die Regierung, wenn sie momentan auch die Investirungen nicht erhöhen kann und von einer Anleihe bei den schlechten finanziellen Konjunkturen absehen muß, wird ihr Möglichstes tun, um die größte Not zu lindern. Der Minister bot selber Alles auf, was in seinen Kräften stand, leider sind aber die Verhältnisse sehr drühend und man muß abwarten, bis ein Aufschwung die Dorfswirtschaft wie­­der aufrichtet. Die Regierung läßt die wichtige Angelegenheit der Arbeitslosen nicht aus dem Auge und wird ihnen ihre Fürsorge auch weiterhin angedeihen lassen. Der Redner der Arbeiter Karl Payer nimmt die Antwort des Ministers mit Beruhigung zur Kenntnis, jedoch be­merkt er, daß die Summen, die für In­­vestirungen in das Budget aufgenommen wurden, nicht ausreichend sind. Er hofft, daß die Regierung durch Ersaßskredite­ und außerordentliche Arbeiten die Arbeits­­losigkeit mildern wird, denn an jedem verlorenen Arbeiter leidet die Volkswirt­­schaft des Landes Einbuße und dies sei ein nationaler Schlag. Minister Harkänyi wiederholt, die Regierung wird alles­­ versuchen, jedoch man kann die Lösung­­ der Frage der Arbeitslosigkeit nicht von der Unterstüßung des Staates allein er­­warten. Der Minister reichte sodann dem Führer der Deputation die Hand und wollte sich gerade verabschieden, als plög­­lich ein Mitglied der Abordnung, ein junger Arbeiter Namens Eugen Rosen­­feld hervortrat und mit fester Stimme Folgendes sagte : „Exzellenz! Wir geben uns mit diesen ungreifbaren Versprechungen nicht zu­­frieden, wir wollen eine positive Ant­­wort. Tausende und Abertausende harren dieser Antwort. Herr Minister, es ist unmöglich, uns auf diese Art wegzu­­schicken, denn es ist nicht wahr, daß kein Geld da wäre. Es ist welches da und es wird immer verschafft, wenn es sich um Waffen, Kanonen und Dreadnoughts handelt. Auch das ist nicht wahr, daß keine Anleihe aufzubringen m­öglich ist, für Rüstungszwekke findet man immer welche“. Minister Harkanyi, der sodann die Anwesenden bat, auf die Menge nicht mit den Waffen der Aufreizung, vielmehr mitigh­end einwirken zu wollen. Er versprach schließlich nochmals, alles, was im Bereiche der Möglichkeit ist, im Interesse der Arbeitslosen aufzubieten. Sanatorium Gutenbrunn und Stadt. Kuranstalt Baden bei Wien. Alle Licht- und Luftbäder, Höhensonne, Kardiographie, Radiumbehandlung. (Dr. Erik Kühnelt.) Chefärzte: Dr. Otto v. Aufschnalter und kals. Rat Dr. D. Podzahradsky Prospekte frei.

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