Kirchliche Blätter, 1899. Mai -1900. April (Jahrgang 4, nr. 1-51)

1900-01-24 / nr. 39

Dr. 39. Erscheint jeden Mittwoch. Hermannstadt, den 24. Januar 1900. U. Jahrg. Administration: ID. Kraft, Hermanntadt. Stirchliche Blätter aus der et. Landeskirche A. B. in den siebenb. Landesteilen Ungarns.­­­­­ Inhalt: Nicht doch das Geseh, sondern doch Gnade empfangen wir die Gerechtigkeit. — Der „Siebenbürger Bischof“. — Von der 45. Bersammlung deutscher Philo­­logen und Schulm­än­ner(Fortsetzung).—Korrespon­denzen.—Nachrichtenausschule und Kirche.—Büche:schau.—An­zeige. ,Jtlrdas-Jnlaiid: Hachjiihxiichic.3.—. Evang. Wocenscrift für die Glaubensgenossen aller Stände. Für das Ausland: « Halbjährlich Mk.3.—. zäicht du­rch dasc­­esetz,sondern­ durch Gnatie empfangentrcir die eöerechtigk­eit Gal.3,15—22. Wenn ein Mensch dient,so will er sich die Güter erwerben,deren er bedarf,u­nd die er zu­m Leben not­­wendig braucht.Durch unsern Gottesdienst dir.dadurch, daß wir Gott dienen,sollen wir überirdische Gaben des Geistes,die unvergänglich­en Güter der Seele gewinnen, die uns die Seligkeit verleihen in Zeit und Ewigkeit.Ohne Dienst wird uns eben kein Gut zuteil,weder auf Erden, noch auch im Himmelreich «Wisse­n,nun aber der­ Dienst verschieden ist,den wir leisten, so sind auch der Arten,wie uns dafür gegeben wird, woran wir uns freuen dürfen, gar mancherlei. Wer das erfüllt, was ihm als Pflicht vorgeschrieben ist, mehr aber nicht, der darf den Lohn für seine Arbeit fordern, aber­ weitere Ansprüche zu erheben hat er sein Recht. Ein anderer dagegen dienet mit dem Herzen, und Liebe ist die warme Seele der Werke, die er gerne verrichtet; ihn mag man wieder lieb haben, also daß man nicht allein nach dem ausbedungenen Lohn fragt, sondern ihn zum wirklichen Genossen des Hauses annehmen und ihm von allen dem mitteilen mag, was man selbst hat und genießen kann. Eine Ausnahme hievon scheint nun allerdings bei den Gütern zu sein, die man durch Erbschaft empfängt. Bei denen scheint die Notwendigkeit und die Forderung zu ent­ fallen, daß man sich dieselben selbst verdiene. Aber e3 scheint nur so zu sein, im Grunde ist uns doch auch hier die eigene Leistung nicht erspart, durch die wir­ung des Erbes würdig erweisen müssen. Sehen wir nur genauer zu! In Erbschaftsangelegenheiten giebt es dreierlei Fälle, die sich ereignen künnen: Enterbung, Erbschaft des gesedmäßig zu­­stehenden Teiles und Erbschaft durch das Testament.­ Wann tritt nan der eine oder der andere dieser Fälle ein? Ent­­erbung findet dann statt, wenn das Kind oder ein Mit­­glied der Anverwandtschaft das nicht vollbringt, was man von ihm erwarten oder fordern kann, wenn er sich dem Gebote der Eltern nicht fügen will, Vater und Mutter mißhandelt, den Namen des Hauses nicht ehrt, sondern ihn mit Schande und greulichem Laster befleckt; dann hat er seinen Lohn dahin und wird aus dem Rechte der Exrb- Ichaft hinausgestoßen. Wenn dagegen ein Mensch — e3 ist ja dieser der gewöhnliche Fall — jene schuldige Pflicht tut, wie sie ihm durch das geschriebene oder das durch gewohnheitsmäßigen Brauch in der Gemeinschaft geheiligte Sejeh vorgezeichnet ist, ohne dabei aber mehr auf sich zu nehmen, als grade notwendig ist, ohne dem andern zu Nu und Frommen vergeffen zu können, was sein eigen ist, dann wird er wohl mit dem ihm von Nechts wegen zustehenden Zeil unter den Erben behalten, aber mehr em­pfängt er nicht. Und wo endlich einer mehr zu Leisten bereit ist, als von ihm gefordert wird, weil ihn eben Liebe beseelt, also daß er sie mit allem, was er hat und fann, aus herzlicher Neigung darbringen mag, da mag er schon geschehen, daß ihm aus besonderer Gunst durch die fest­­willige Verfügung des Testamentes ein höheres Erbe zu­­gedacht und verheißen wird, als ihm nach dem Gefäß zustehen möchte. Solches gilt vom irdischen Gut. Aber auch mit den himmlischen Gütern des ewigen, geistigen Lebens ist es nicht anders. Das wird uns wohl eine Betrachtung der Worte aus dem Calaterbriefe 3, 15—22 ehren. Diese Worte enthalten allerdings eine ganze Reihe von tiefsinnigen und eben darum auch schwer verständlichen Gedanken des Apostel Paulus, also daß man in kurzem Raume nicht ein jegliches davon eingehend erörtern kann, bis der Sinn desselben vollständig klar wird. Aber auch wenn man nur einiges Wesentliche und Wichtige davon hervorhebt, dürfte die Meinung des Ganzen dennoch gefunden werden können. „Ich will nach menschlicher Weise reden,“ beginnt der Apostel d. H. er will, was er von göttlichen Dingen zu sagen hat, in dem Bilde der weltlichen Verhältnisse dar­­stellen. Und so­ spricht er von einem Testament und von dem Geieg. Das von Gott auf Jesum Christum bestätigte Testament enthält die Verheißung eines Erbes, welches höher ist, al uns nach gejeglicher Forderung­ zustehen­ möchte. „Denn so das Erbe durch das Geiet erworben »

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