Kirchliche Blätter, 1902. Mai -1903. April (Jahrgang 7, nr. 1-52)

1902-06-11 / nr. 6

85 -«-YII | . Es hat oder ob der tote Vater ihm­ lieber gewesen ist als der lebendige Heiland?Im­ Evangelium fehlt die An­twort au­f diese Frage.Über uns selber aber sollen­ wir im Klaren darüber sein,m­­e wir zu­m­ Heilande stehen,ob es nicht Menschen­ giebt,die u­ns hin­derlich sind,dem Herrns nachzufolgen:ein Weib,das man abgöttisch liebt—ein verzärteltes Kin­d,bei dessen Erziehung man Gottes Gebote übersieht,ein Freund,dessen spöttisches Bedauern man fürchtet.Sollen wir geschickt sein zu­m­ Reiche Gottes, dann darf keine irdische Liebe uns hindernd in­ der Nach­­folge Sefu beirren, dann müssen wir­ die Toten ihre Toten begraben lassen. Am bescheidensten naht fi der Dritte dem Herrn; er bittet bloß: „Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor,daß ich einen Abschied mache mit denen, die in meinem Hause sind.“ Gewiß ein ganz entschuldbares Verlangen an einer so wichtigen Grenzscheide des Lebens; es ist dasselbe, das der Prophet Elias seinem angehenden Jünger Elija gewährte, als dieser bat: „Erlaube mir, daß ich zuvor Hingehe und meinen Vater lüffe.“ Doch auch hier wieder geschieht das Unerwartete. Was der eifernde Mann des Alten Bundes der Kindesliebe in Milde gestattete, dag ver­­weigert der Freundlichste und Holdseligste der Menschen­­finder. Sefus aber sprach: „Wer seine Hand an den Pflug leget und siehet zurück, der ist nicht geschickt zum Neid­e Gottes.“ Das flingt wieder hart und­ doch — wie recht hat der Herr! Nur wer si ihm ganz hingiebt mit heiligem Exrafte und rücsichtsloser Entschiedenheit, nur der ist geschieft zum Weiche Gottes. Alle Halbheit und Unentschlossenheit, all die kleinen Nach­­sichten und Bedenken, wie sie das Zurückschauen mit fi) bringt, sind vom Übel, wo es fi) um einen so großen Entschluß handelt, wie die Nachfolge des Herrn. Wie die Pflügerarbeit ein ungeteiltes Aufmerfen des Auges erfordert, um eine tiefe und gleichmäßige Furche zu ziehen und die Saat gedeihlich unterzubringen, so ist es auch im Neid­e Gottes; al) da gilt seine rückblidende zer­­froffene Sehnsucht nach den liebgewordenen Gewöhnungen, sein langes Abschiednehmen von noch so Sieben Verhält­­nissen, sondern ein klares Auge nach vorwärts und ein starrer sicherer Arm, sonst wird die Furche schief und­­ die ganze Arbeit schlecht. Gewiß, es ist nicht leicht, gesöhtet zu werden zum Neid­e Gottes; nur wer es zur unerbittlichen Strenge gegen sich selbst und zum vollen Bewußtsein der Pflicht gebracht hat, nur wer heiligen Ernst macht mit der Religion und sich Losgelöst hat von allem, wo unwü­rdig bindet, nur dem mag es gelingen, dem aber gewiß, denn der steht in Sinnesgemeinschaft mit ihm, der uug ein Vorbild gelassen hat, nachzufolgen seinen Fußstapfen, und seiner Durchhilfe darf der treue Sänger vertrauen. Zur Berufskrankenpflege. 3. Seit das Landeskonsistorium 1889 die im März 1887 entstandene evang. Krangenpflegeanstalt in Hermannstadt in einem eigenen Rundschreiben der gesamten Landeskirche empfohlen, hat sich diese Anstalt, wenn auch nicht in gleichmäßigen, doch im ganzen erfreulichen Fortschritten entwickelt. E83 dürfte auch in weitern Kreien der Landes­­kirche mit Teilnahme entgegengenommen werden, wenn einmal in größeren Zügen die bedeutendsten Punkte dieser Entwickelung zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden. Wir benügen dafür teils die vom Vorstand der Anstalt herausgegebenen Jahresberichte, von denen der lebte, die Jahre 1899 und 1900 umfassende, leider erst gegen Ende des Jahres 1901 veröffentlicht wurde, teilt, wo aus andern, wie wir glauben nicht unsichern, Quellen ung bekannt geworden und gedanken anknüpfend darin in einigen weitern Bemerkungen und Wünschen auch unter Interesse an dem gedeihlichen Bestand, dieser schon so vielen wert gewordenen Anstalt zu bethätigen.­­ In dem bei der Gründung der Anstalt geschaffenen Statut ist unseres Wissens­ seither eine Änderung nicht eingetreten; eine Ergänzung brachten 1892 die von uns in dem Artikel 2 schon mehrfach, erwähnten „Bestimmungen, betreffend die Ausbildung von Krankenwärterinnen für Landgemeinden und Spitäler.“ "Noch immer führt die Leitung eine vom Presbyterium in Hermannstadt bestellte „ommission“, welche aus je drei Mitgliedern des Presbyteriums, Ärzten und Abgeordneten des evang. Ortsfrauenvereins unter dem Vorsit des Stadt­­pfarrers besteht und zu der auch die Oberin mit be­­ratender Stimme gehört, während die unmittelbare Aufsicht über Haus und Schwestern der „WVorstand“ führt, dem unter dem V­orsuß des Stadtpfarrers ein Presbyter als Kaffenrevisor, eine Vertreterin des Ortsfrauenvereins, der Anstaltsarzt und die Oberin angehören. 3 ist gewiß als ein glückicher Umstand anzusehen, daß im Personal sowohl der Kommission als des Vorstandes vom Anfang an seine wesentlichen Aderungen eingetreten sind; nur vermissen wir im leßten Jahresberich­t zwei Vertreterinnen des Ortöfrauenvereins. Die Zahl des Pflegepersonals (Schwestern), die Anfangs 3 betrug, steht gegenwärtig auf 36. Von den ersten dreien gehört eine als Oberin noch heute dem Verbande der Anstalt an, eine zweite ging nach zehnjähriger Dienstzeit in den Dienst des seit der Verstaatlichung entgegengehenden Teschener evang. Kranken­­hauses über, die dritte hat fi verehelicht. Letteres b­aten noch vier der später eingetretenen; durch Tod verlor die Anstalt in 15 Jahren zwei, von denen eine einer Krankheit erlag, zu der sie die Anlage wohl schon mit­­gebracht hatte, die andere durch einen unglückichen Zufall beim Baden ertrank. , Länger als sie Jahre­ stehen gegenwärtig­ im Dienste *

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