Kirchliche Blätter, 1903. Mai -1904. April (Jahrgang 8, nr. 1-52)

1903-05-06 / nr. 1

. „ Ans G ott ist Gott“, „Zahn ist Gott“,­­ babylonischen Namen» als Zeugen der Verehrung nur eines Gottes bestehen. Und in sittlicher Beziehung steht Babel Jirael nicht nach. Gerechtigkeit, Nächstenliebe werden dort wie hier einges­schärft, ja auf einem Gebiete steht Babel weit über Iirael, in der höheren Wertung und Stellung der Frau. Und schliefßlich ist es der Israel mit allen semitischen Wölfern gemeinsame Bau­ismus der alle andern W­ölfer als Unreine und Heiden ausschließt, mit dem unser geläutertes Gottesbewußtsein unvereinbar ist und der deshalb uns verbietet, in ihm eine Offenbarung Gottes zu erkennen. „Ich für meine Person lebe des Glaubens, daß das althebräische Schrifttum, auch wenn er seinen Charakter als ‚offenbarter‘ oder von ‚offenbartem‘ Geist Durchwehter Schriften verliert, dennoch seine hohe Bedeutung immer behaupten wird, insonderheit als ein einzigartig Denkmal eines großen, bis in umfie Zeit hineinragenden religions­­geschichtlichen Prozesses. Die erhabenen Stellen in den Propheten und Bjasmen, erfüllt von lebendigem Gott­­vertrauen und von Sehnsucht nach dem Frieden in Gott, werden auch troß der partikularistischen Umgrenzung ihres Wortlautes und Wortsinnes allezeit ein lebendiges Echo in unsern Herzen finden Aber anderseits läßt uns nicht blind festhalten an veralteten, wissenschaftlich ü­ber­­wundenen Dogmen, etwa gar aus Angst, «8 möchte hiedurch unser Gottesg­aube und wahrhafte Religiösität Schaden leiden! Bedenken wir, daß alles Irdische in l ebendigem Flusse ist, Stillstehen gleichbedeutend mit Tod. Schauen wir hin auf die gewaltig pulsierende Kraft, mit­­ welcher die deutsche Reformation große Nationen der Erde auf allen Gebieten menschlicher Arbeit, menschlichen Fort­­schritts erfüllt! Aber auch die Reformation ist nur eine Etappe auf dem Wege zu dem uns von Gott und in Gott gesteeften Ziele der Wahrheit. Am streben wir nach in Demut, aber mit allen Mitteln der freien Forschung der Wissenschaft, freudig ung befennend zu der von hoher Marte mit Ad­erich­ geschauten und hochgemut aller Welt kundgegebenen Losung der Weiterbildung der Religion.“ (Schluß folgt.)­­ Die Vermählung Herzogs Wilhelm Sr. Kin. Hoheit des Groß- Ernst von Buchsen-Weimar. Wir bringen an andrer Stelle eine Mitteilung über Die Vermählung des Großherzogs von Sachssen mit Prinzessin Garoline von Reuß ä. &., die am 30. April in Büle­­burg stattgefunden. Die bei der kirchlichen Trauung vom D­berhofprediger D. Spinner gehaltene Traurede, die wir dem Weimarischen Tagblatt „Deutschland“ entnehmen, hat folgenden Wortlaut: ,,Lobe den Herr meine Seele und was in mir ist seinen Heiligen Namen! Vor dem Angesichte des AL- wissenden, vor dem Allgütigen stehen wir, und das erste was wir tun, ist: Dan fragen dem, der unserer Herzen Gebete erhört und in der Krönung dieses Bundes segnen will zwei Menschen leben, die nun eins werden wollen im Aufblic zu dem grundgütigen Hirten ihrer Seelen, segnen die mütterlichen Herzen, die in Erfüllung heißer Wünsche befennen. Dies ist der Tag, den Gott gemacht hat, segnen die treuen Bande, die beseligenden Morgens lichten Auf­­gang jubelnd begrüßen mit diesem Tage. Kobe den Herrn meine Seele! D wie drängt e8 uns zu Dank und Gelübde Heute! Wie arm würden wir Menschenkinder sein, wenn auf unseres Lebens Höhenpunkten uns nichts andered begegnete­­ und grüßte, als der Mensch den Menschen, wie verklärt ist unsere Freude, wie starf unsere Zuversicht, wie lebendig unser Glaube, wie fröhlich unsere Hoffnung, wenn wir es wissen und fühlen: über menschlicher Höhe und Tiefe strahlt Sonnenlicht ewiger Gnade und menschlichen Wünschen und Bitten was treuen Hirten; er ist bei uns, verklärt Tage; er weicht nicht von uns in des err und Dunkel; er begleitet seine Jünger , wenn er Abend werden will und der hat, gestern und heute derselbe: Sejus, Ihm haben Sie, hohes Baar, See weiht, al­sn anderer feierlicher Stund mit Seinem Worte: „Sei getreu bis in i­ Dir die Krone des Lebens geben“, der Herr in ein einziges kurzes Na­­cheidenden für Ihr irdisches und haus hineinlegt, begleite Sie das in Ihrem vergangenen Leben geweihte Wort wie ein Bote Gottes durch Freude und Ernst dieser Stunde und weiterhin in gesegneter Zukunft. Zweierlei soll an diesem Festtage al - eine Harmonie zusammenklingen: Das nie das göttliche Amen. Sei getreu bis in den Tod. Es ist etwas Großes um den Entschluß zweier Menschen, daß sie hier ein ganzes langes Leben zusammen gehören. Ein Herz und Eine Seele sein, einander dulden und tragen w len, daß eines daß andere mit si) in den Himmel zu bringen sucht. Ist also schon groß der Entsehluß, wie viel größer st­erst die Kraft für ein ganzes Menschenleben die Treue zu halten, die nach Jahren, nach Jahrzehnten so freudig und starr, wie in dieser Stunde e3 befennt: Wo Du­ hin­­gehst, da werde ich au hingehen, wo Du bleibst, da bleibe ich an. Solchen Reichtum, solchen Entschluß und solche Treue umschließt das Sa dieser Stunde, fat zuviel für ein armes, menschliches %a, das hindurchklingen soll von heute an biß zu jener leßten Stunde, da die ver­­einigten Hände für diese Erde sich wiebe­­öjen und das Ja ausklingt in das legte Bekenntnis: „Es hat mich nicht gereut“. — Wie freudig und leicht löst sich das Ja von den Lippen am Traualtar; wie hart ist die Probe, auf die das Leben es stellt. Etwas von Gottes Geist beflügelt er in dieser Stunde und menschlich, machtlos, müde will « «

Next