Kirchliche Blätter, 1904. Mai -1905. April (Jahrgang 9, nr. 1-52)

1904-05-04 / nr. 1

ji«-( x KERN «­­s 2.1. Für das Inland: Halbjährlich K. 3.—. Mai—Ost., Nov. — April. Hermannstadt, den 4. Mai 1904. VII. Jahrg. Erscheint jeden Mittwoch. Administration: WM. Krafft, Hermannstadt. Kirchliche Blätter aus der ev. Landeskirche A. B. in den siebenb. Landesteilen Ungarns. Evang. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände, Für das Ausland: Halbjährlich ME. 3.—. Mai—Ost., Nov. — April. Inhalt: Treue im Beruf. — Bestimmungen betreffend das Lutherhaus in Hermannstadt. — Nachrichten aus Schule und Kirche. — Anzeigen. Treue im Beruf, 1. Das geistliche Amt. Kor. 4, A—2. Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener und Haushalter über Gottes Geheimnisse. Nun sucht man nicht mehr an den Haußhaltern, denn daf­fte treu erfunden werden. Wenn irgend­wer, so muß der Träger des geistlichen Amtes wissen, daß er nicht sein eigner Herr im Leben it, sondern daß er einen Beruf empfangen hat, der in einem viel weitern Kreis und Umfang liegt, als­ die Zeit von seiner Wiege bis zu seinem Grabe ausmacht. Sein Beruf, die Aufgabe seines Lebens hat sich von den Aposteln­en bis auf ihn vererbt und wird ich Fortvererben, wenn er gleich auch stirbt. Wie alle die ungezählten Scharen seiner Brüder im Amt, die da waren und kommen werden, stellt auch er so recht das Wesen der flüchtigen Erscheinungen der Beit in si­ dar. Wie er geworden ist das, was er ist, so geht er auch bald wieder dahin. Seines Lebens Beruf aber bleibt und wird von einem andern nach ihm­­ ausgeübt und erfüllt. Er war nur für eine furzgezählte Zahl der Tage und Jahre zum Träger ewiger Ideen und Kräfte gemacht worden. Er war in den Dienst des die Jahrhunderte und Jahrtausende beherrschenden Reiches auf Erden genommen worden, dessen Gesäß das Evangelium, dessen König Zesus Christus ist. ja, „dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener.“ Als Christi Diener sind wir, wie die Worte Des­­ Apostels besagen, „Haushalter über Gottes Geheimnisse“. Geheimnisse stehen im Gegenzug zu den offenfundigen Dingen, die jedermann rennt. Sie sind in ihrem Grund und Wesen vor den Augen der Welt verborgen, und wenn sie aus ihrer Verborgenheit ans Licht hervorkommen und in die Erscheinung treten, offenbaren sie sie anders, als jemand geahnt und gewußt hat. So haben si­ung in der Gesc­hichte Jesu Ch­risti und seiner Kirche, in der Entwicklung des Reiches Gottes auf Erden Geheimnisse offenbart, "die der Menschen B Verstand nicht gesehen hat, ob sie gleich ewig da waren. Zur Zeit, da der Heiland lebte, Iehrte, litt und starb, sah die Welt den in allen Landen erschlossenen Reichtum der Güter der Erde, wie er in dem allgewaltigen Rom zusammenströmte, sie sah die Viaht des Kaisers, dessen Legionen den Erdkress samt allen feinen Böffern mit eisernem Griff umflammert hielten, sie sah alle die Herrlichkeit der hoch entwickelten griechisch­­römischen Kultur und die Freuden und die Wonnen eines üppigen Lebensgenusses, wie sich ihn die Phantasie nicht schwelgerischer ausmalen konnte. Nach dem Urteil der Welt waren hier Mittel und Meacht, war hier die Herrschaft und das Reich, mußte hier das Glück und die Seligkeit sein. Und doch war es bei Gott anders beschlossen, sollten nach seinem Nat andere Kräfte die Herrschaft der Welt erhalten, hatte seine Weisheit den staubgebornen Erden­­findern eine andere Seligkeit bereitet. Darin lagen seine Geheimnisse, die­ die Menschen nicht kannten und nicht ehrten. Als er dieselben durch den Heiland offenbar machen wollte, redete Dieter von ihnen als von „Schägen im Himmel, da sie weder Motten noch Rost treffen, und da die Diebe nicht nachgraben mod) stehlen." Diese Schäße sind die unsichtbaren, geistigen Kräfte des Evangeliums, die Kräfte der Wahrheit, der Barmherzigkeit und der Liebe, die Kräfte des Dienens auf Erden um ewiger Güter willen gewesen, Kräfte, die si in dem Menschensohn verkörpert haben, der da nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegen sollte, und sich im heiligen, brennenden Eifer für die Seligkeit der Brüder aufgezehrt hat. Das waren die Schäge des Himmelreichs, deren Macht mit dem Tode am Kreuz besiegelt wurde, deren Herrlichkeit am Oster­­morgen über die Welt aufgegangen ist. Daß diese Kräfte, von dem Erlöser einer geringen Schar niedriger und verachteter Meenschen eingepflanzt, die Welt beherrschen sollten, wußte damals noch sein Mensch, das waren die Geheimnisse Gottes. Aber er hat sich erfüllt. Denn sie, die unscheinbaren, geistigen Kräfte und Gewalten des Himmelreichs, haben Gericht gehalten über Rom, das sündige Babel, haben den Kaiser von dem Stuhle der Macht gestürzt, und sein Aar hat sich beugen müssen vor der Herrlichkeit des Kreuzes, sie haben das Reich der alten, weltseligen Kultur überwunden durch den Gesang .

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