Kirchliche Blätter, 1910 (Jahrgang 2, nr. 1-53)

1910-06-25 / nr. 26

Zirchlicherlil­ter Bezugspreis: « Verla: ,;»I»:d: aus dereustandeskirrixeszJ»z,».sp»,ZWMM Ganz!"hr««mshalbth« in­ den siebenkiliig.Tan­demzeilenungarns Insertionspreis: Ausland: Der Raum einer einspaltigen Ganzjahr. ME 10, halbj. ME 5 Erscheint jeden Sonnabend Ev. Wochenschrift für die Glaubensgenosen aller Stände Bret­tzeile kostet bei einmaligem Einrücen 20 Heller, bei jedem weiteren Einrücken je 15. Heller Nr. 26 Hermannstadt, den 25. Juni 1I­O II. Jahrgang Inhalt: Die Antwort der Protestanten auf die Borromäus-Enzyklika. — Aftenstücke zur V Borromäus-Enzyklika. — Für und wider Niegt die Een genheit des Theologie-P­rofessors Zovanyi. — Nachrichten aus Nah und Fern. — Amtlicher Teil. — Anzeigen. — Urteil des ungarischen reformierten Generalkonvents in der Disziplinarangele­­ Die Antwort der Protestanten auf die Borromäus-Enzyklika. Bapst­sius X. ist das gekrönte Oberhaupt der etwa 259 Millionen römischen Katholiken der Welt. Er meint aber, er sei als Stellvertreter Christi auf Erden der von Gott berufene Oberhirte der ganzen Christenheit, auch der 119 Millionen griechischer Christen morgenländischer Kirchen und der 172 Mil­­lionen evangelischer Christen. Das diese Letzgenannten gegen seine Oberhoheit protestieren und seinen anderen Mittler anerkennen als Jesus Christus, tut ihm be­­sonders weh. Zumal sich in der römischen Kirche immer von neuem eine Art evangelischer Strömung geltend macht, der die persönliche Frömmigkeit Höher steht, als die Unfehlbark­eit des­­ Papstes. Heute nennt man Diese Richtung in der römischen Kirche „Modernismus“. Da diese schließlich zum Ergebnis: „208 den Rom!” führen muß, so kann sie dem heiligen Vater natürlich nicht angenehm sein. Weil sie aber auf die Prinzipien der Reformation zurüc­­geht, so muß der Bapst in dieser den Grund alles Uebels erkennen. Das ist eine natürliche Erscheinung. Sie resultiert aus der dogmatischen Grundlage der römischen Kirche. Der P­apst wäre nicht mehr der Papst, wenn er nicht gegen den Protestantismus Stellung nähme. Man sollte nun aber glauben, daß er als ver­­meintlicher Stellvertreter Ch­risti auf Erden seine­r Widersacher, uns Protestanten, all im Sinne und Geiste Ch­risti bekämpfen würde, etwa wie Sefus Christus in der Bergpredigt sagt: „Liebet eure Feinde, auf daß ihr Kinder feid eures Vaters im Himmel“ (Matth. 5, 44, 45). Oder wie er am Kreuze sprach: „Diater, vergib ihnen, denn sie willen nicht, was sie tun“ (Luk. 23, 34). Wenn uns der Papst in dieser Weise entgegenträte, so würde er uns auch damit gewiß nicht wieder in den Schoß der von ihm re­­gierten Kirche zurückführen. Dazu figen wir schon viel zu tief in der Freiheit eines Christenmenschen drinnen und haben schon zu viel von der beseligenden Macht des von Menschentagungen befreiten Evan­­geliums geschmekt. Wir würden dann aber ‚Da immerhin Hochachtung haben vor dem Glaubens­­standpunkte des Papstes. Nun kommt er aber, der der Stellvertreter Christi auf Erden sein will, und segnet nicht, sondern er Flucht, Liebt nicht, sondern hart, bittet nicht, für seine Widersacher, sondern er beleidigt, schmäht und beschimpft sie in der Borromäus-Enzyklita. Welche Antwort sollen wir Protestanten nun darauf geben? Das Mutterland der Reformation Hat sie schon gegeben. Es hat nicht et­wa wieder geschmäht, geflucht und geschimpft und hat damit den Beweis ge­­liefert, daß es mehr s christlichen Geist in sich trägt, als das heilige,­­unfehlbare Rom. Es hat aber nach gutem evangelischem Brauch dagegen protestiert, daß das geistliche Oberhaupt von 259 Millionen Katho­­liken der Welt in so unschristlicher Weise die 172 Mil­­lionen evangelischer Christen maßlos getranst und beleidigt hat. Einmütig haben die Protestanten ihre Antwort gegeben. Es ist im Sinne Christi geschehen. Das römische Pharisäertum mußte ebenso bloßgestellt werden, wie einst das jüdische. Der Erfolg ist nicht ausgeblieben. Der Bapst läßt die Borromäus-En­­zyklika in Deutschland nicht veröffentlichen. Er hat sich zu Konzessionen herbeigelassen, die nur noch müh­­selig den Heiligenschein seiner Unfehlbarkeit durch­­leuchten lassen. Vor allem haben es ihn die ver­­feierten Evangelischen gelehrt, daß der Geist Jesu Christi Heute schon so stark geworden ist, daß der, der ich für seinen Stellvertreter hält, nicht mehr ungestraft seine Gegner beschimpfen und schmähen darf. Die protestantische Antwort auf die Borro­­mäus-Enzyklika hat Hoffentlich dem gegenwärtigen Papst für sein ganzes Leben das Fluchen abgewöhnt. Wir heißen Protestanten und fünnen gut pro­­testieren gegen Eingriffe in unsere christliche Freiheit, aber deshalb ist uns das doch nicht die Hauptsade. Vielmehr kommt alles darauf an, daß der gute Geist, den die Borromäus-Enzyklika bei den Evangelischen geweckt hat, nun­ auch ausgenüht werde und ich­ zu Taten verdichte. Wir müssen noch viel bessere evangelische Christen werden, als wir es bisher gewesen sind. Dieses Gelöbnis ist die

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