Kirchliche Blätter, 1912 (Jahrgang 4, nr. 1-52)

1912-01-06 / nr. 1

Kirchliche Blätter Bezugspreis: z 2. Verlag: a aus ver eu. Landeskirche FEB. 5. oeonert aemanntas. PR er > in den siebenkün­g. Landesteilen Ungarng Infertionspreis: Ausland: A Der Raum einer einspaltigen Sanzjähr. ME 10, halbj. ME 5 Erscheint jeden Sonnabend Ev. Wochenschrift für die Glaubensgenosen aller Stände Bet­tzeile kostet bei einmaligem Einrücen 20 Heller, bei jedem weiteren Einrücen je 15 Heller Ar.­l Bermannstadt, den 6. Januar 1912 IV. Jahrgang Inhalt: Sorget nichts. — Unsere Kirche als Volksmehrerin. — Die Schule al Faktor der sozialen Erziehung. - - Hermannstädter Bastoralkonferenz. — Nachrichten aus Nah und Fern. — Bücherschau. — Anzeigen. Sorget nichts. Tobias 4, 22. Ein stillfreundliches Lebensbild ist mir aus dem Buch Tobias immer entgegengetreten. Gerne s­ehre ich aus dem wogenden Leben zur ruhevollen Stifte dieses Bildes zurück. Auch am Anfang des neuen Jahres gedenke ich feiner. Ein Zug zumal scheint mir wohlgeeignet, daß wir ihn auch unserem Leben einfügen. Der Bater Hat dem Sohn den Auftrag zur weiten Reise in ein unbekanntes Land erteilt. Dann fügt der erblindete und Doch so Hell ins Menschen­­herz hineinjehende Greis als Summe aller Lebens­­und Wanderregeln das fromme, unweife, aufrichtende Mahnwort Hinzu: „Sorge nur nichts, mein Sohn. Wir sind wohl arm, aber wir werden viel Gutes haben, so wir Gott werden fürchten, die Sünde meiden und Gutes tun.“ Der Züngling verhehlt fi die Schwierigkeiten nicht und weiß fi auch von Gefahren nicht frei. Aber er tritt nach des Vaters Wunsch und hat die Neffe ohne Zagen an, wirft auch in den Fährlich­­keiten sein Vertrauen nicht weg und hält si an den Weg, den Pflicht und Herz ihm mweifen. Wie ein guter Engel geleiten ihn diese Seelenkräfte, die Gefahren verlieren ihre Macht über ihn und Die Schwierigkeiten lösen sich. Heil und gesegnet führt er heim und wird auch seinen Nächten zum Segen. Eine Fahrt in ein unbekanntes, fernes Land dünkt und der Eintritt in das neue Jahr. Schwierig­­keiten aller Art sehen wir vorher, Gefahren drohen uns entgegen, Sorgen erheben sich überall. Und sie umschwirren das Haupt, wie aufgescheuchte Nacht­­vögel, beirren den Blick, lähmen uns Fuß und Hand. Doppelt fühlen wir unsere Ohnmacht, weil die dunkle Ungewißheit und unsere innere Befangenheit die Gefahren der Fahrt vermehren, unsere Kraft, sie zu bezwingen, vermindern. Wie gut wäre er da, wenn auch zu und jemand redete ruhevoll, weise und tröstend wie der alte Tobias zu seinem Sohne: „Sorge nichts, du bist wohl arm, aber du fannst viel Gutes Haben, wenn du | | nichts fürchtet als Gott den Herrn, und wenn du nichts tuft, was nicht recht ist.“ Es ist eine einfache, alte Weisheit, und mancher Sohn unserer Zeit mit seinem gesteigerten Selbstgefühl lächelt darüber. Aber die Geschichte hat sie erwiesen, die Geschichte jenes ieienden, suchenden Volkes, dem Tobias angehört, die Geschichte aller Völker und Zeiten im Leid der Verwirrung, in der Freude der Erfüllung. Und jedes Jahr unseres Lebens Iehrt uns aufs neue die gleiche Weisheit und bietet in seiner Erfahrung den gleichen Rat und Trost. Wie gut wäre es, wenn wir, wie der junge Tobias, beides annehmen und zu einer Seelentraft in­ung vertiefen wollten. Da würden wir auch gleichsam einen Engel zur Seite führen, der unser Auge Fchärfte für die Gefahren, unsere Kraft mehrte für die Lösung der Schwierigkeiten und uns heil und gesegnet ans Ende der Wanderung führte. Die Seelenkraft aber müßte sie auch in uns nach zwei Nichtungen entfalten: als Vertrauen auf Gott den Heren, als ernstes, Heiliges­­ Pflichtbewußtsein im Hinblick auf die Lebensaufgaben, die uns bestimmt sind. Halten wir jenes treu in reinem Herzen und dieses feit im Wollen und Handeln, dann ist es, als leuchte ein Stern ins Dunkel der ungewissen Zukunft und als wachse ein fester, gangbarer, sicherer Weg aus ihr uns entgegen. Und siehe der Stern wandelt über diesem Wege vor uns her und Dieser Weg führt zum Biere. Laßt uns dem Stern nachgehen und den Weg nicht verlieren, dann weichen die Sorgen und die Gefahren Haben seine Macht über uns. Gottes Segen geleitet uns und Hilft uns, andern helfen. Sr Unsere Kirche als Volksmehrerin.* Bon Dr. E. Laffel. 1 Viele Baumeister bauen an unserem Wolfshaus. Der erfahrenste und treueste ist unsere Volfskirche,­­ die ihre beste Kraft der Steigerung unserer Bolts­ * Vortrag als Einleitung zur­ Aussprache auf einer Tagung sächsischer Volfsfreunde.

Next