Kirchliche Blätter, 1914 (Jahrgang 6, nr. 1-52)

1914-01-03 / nr. 1

Kir V Bezugspreis: Snland: ®anzjähr. K 11, halbj. K 5'50 Ausland: Sanzj. ME. 11, halbj. ME. 5°50 Erjheint jeden Sonnabend, ice Blatter aus der ev. Landeskirche HB. in den siebenbürg. Landesteilen Ungarn. Ev. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände ..e­anne Infertionspreis: Der Raum einer einspaltigen PBetitzeile kostet bei einmaligem­­ Einrieten 20 Heller, bei jedem­­ weiteren Einrüden je 15 Heller 2.7 N Bermannstadt, den 3. Januar 1914 VI. Jahrgang Inhalt: Ein grünes Jahr. — Die Wiederherstellung des Gotteshauses in Streinscheuern. — Die Kronstädter Bezirks­­kirchenversammlung. — Aus der Selbstbiographie des Nimesscher Kurator Simon Maltert. (Ein Beitrag zur jädhisc­­­hen Bollstunde.) — Des Teufels Bibel.­­— Der 24. Sommerasylleiterinnenfurs. — Nachrichten aus Nah und Fern. — Bücherschau. — Amtlicher Teil. — Anzeigen. Ein grünes Jahr. Bialm 52, 10. Sch­ehe sie wieder vor mir, die beiden Kirchen­­väter meiner e­rsten Gemeinde, am frühen Morgen des neuen Jahres. m Kirchenkleid, würdigen Ernst und doc auch eine Feine Verlegenheit im Antli sind sie in’d Amtszimmer getreten, im Namen des Presbyteriums als erste Gratulanten dem „Herrn Bater“ ihren Glühwunsch abzustatten. Frisches Obst bringen sie ihm als sinnbildliche Gabe und ihr Wunsch hebt an: „Wir bringen Ihnen ein grünes Kahr.“ Eisige Winterfälle war mit den Eintretenden in’s Zimmer gequollen und hatte sich wie eine weißlich­­graue Wolfe am Boden bis zu mir hingezogen; duch­’s Senfter leuchtete die weiße Schneedecke herein, fast heller noch al der Morgenschein, und lange Eis­­zapfen hingen von dem Dachrand niederwärts. Und mitten in Eis und Schnee wuchs da mit einem Male ein helles, freundliches Bild empor, mit grünenden Bülhen und Auen, mit blühenden Gärten und Wiesen, mit sonnig warmem Sommerglanz am blauen Himmel und über fruchttragende Felder ein. Das Bild wuchs mir aus dem Glückwunsche entgegen, der den sehnsuchts­­vollen Traum des Landmanns in seiner langen winterlichen Gefangenschaft in ein malendes Wort ergoß und sichtbar dem Hörer vor Augen stellte: „Ein grünes Kahr.“ Die Hoffnung von Generationen hat an dem­ Wunsch gearbeitet, bis sie ihren k­appsten Ausdrus fand, aus dem sie wie aus einer Licht­­sammelstelle warm und leuchtend Hervorstrahlt. Ich habe die weiteren Worte vergessen über diesem einen und auch fein anderer der vielen gehörten und gelesenen Wünsche hat mir den gleich starren Eindruck eines so sichtbaren, zukunftsfreudigen Hoffens gemacht. Ein neues Fahr Steht vor der Türe. Unser Sinnen eilt ihm entgegen und sucht nach einem Schlüssel zu seinem Geheimnis. Dem Sinnen gesellt sich das nie ermüdende Hoffen und beiden gibt Richtung, und Bier unseres Herzens Wünschen. Wenn ich all das, was ich sinne und hoffe und wünsche, zusammenfaffe, ich weiß sein besseres Wort, als jenen alten Wunsch, der alle Jahre wieder vom Sprecher einer lieben, lebens­­­­vollen Sachsengemeinde ihrem Leiter und Hüter ent­­gegengebracht wird: ein grünes Zah. Ein grünes Jahr, ein Jahr des Friedens im Wölferleben! In den beiden legten Jahren haben wir verstehen gelernt, was die Menschen einst fühlten und erflehten, da sie auf die Glocen schrieben:: OÖ rex gloriae veni cum pace! Nur wenige Tage­­reisen von unserer Grenze, da zog monatelang die Kriegsfurie durch die Lande, da floh das Blut in Strömen in furchtbaren Schlachten, in grausem Hin­­morden der Wehrlosen, da flammte Ort am Ort empor und fanfen die Saaten unter den stampfenden Hufen, da flohen die gequälten Bewohner aus Heim und Heimat, da schlich das graufe Gespenst der Pest den drerwartenden Heereszügen nach und vernichtete, was Kugel und Schwert noch geschont. Die Nachbar­­völfer aber standen kampfbereit in Waffen da und Handel und Wandel erlahmte, die Not schritt über die Grenze, denn ihr können die Waffen nicht wehren, sie können sie nur immer mehren. Noch leiden die Lande dort unten, noch­ droht die Gefahr eines furcht­­bareren Kämpfens überall, noch ziehen die Vorboten und Begleiterinnen des Krieges, der Haß und die Furcht und die graue Not von Land zu Land — 0 König der Ehren, fomm mit dem Frieden, nimm die Waffen aus den Händen und mache sie frei für Pflug und Werkzeug, daß aus rauchenden Trümmern sich wieder Wohnstätten erheben, daß die zerstampften Selder sich begrünen, der Mensch sich helfend zum Menschen geselle und das Zeichen des Friedens, das grüne Reis, fi­schlinge von Hand zu Hand, von Land zu Land. Ein grünes Fahr auch unserem Lande! Wie Ihwer hat das Iete Jahr und das vorhergegangene die Hoffnung des Landmanns getäuscht. Die Felder zerweicht, die Ufer überschwemmt, die Saaten ver­­dorben, die Früchte mißraten! Und nun Entbehrung und Not allüberall, verborgenes Elend und Klagender Sammer, ratlose Verzweiflung und mutlose Flucht aus dem Land der Väter. Gib ein grünes Jahr, Herr, unserem Lande, das die Saaten gedeihen läßt und die Scheunen füllt, die Augen wieder Leuchten VNEESmeLee Et 5

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