Kirchliche Blätter, 1925 (Jahrgang 17, nr. 1-53)

1925-06-11 / nr. 24

Kiklhl­the Blätter Evangel. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände Verlag: „Honterus” Buchruderei u. Ver­­lagsanstalt d­­er. Landesteiche A.B. ‚in Siebenbürgen, Hermannstadt. Insertionspreis: Die eingespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum Lei 6.—, bei größeren Aufträgen Nachlas. Nummer 24 Hermannstadt, 11. Juni 1925 XVII. Jahrgang Inhalt: Luthers Eheihliegung. — Das Pfarr­aus. — Das evang. Pfarrhaus in der sächsiccen Gemeinde. —­­ Frauenhilfe. — Kasualreden. — Aus dem evang. eric hileken in San — Nachrichten aus Zeit und Welt. — Bü­cher­­und Leitschriftenschau. — Amtliches. — Anzeigen. Bezugspreis: Inland: ganzjährlich Lei 200.—, halbjährl. Lei 100—. Ausland: ganzjährl. 7 Mark, halbl. M. 3:50. BVreis einer Einzelnummer 5 Lei. Erscheint jeden Donnerstag. aus der ev. Landeskirche A. B. in Siebenbürgen Luthers Eheschließung. L. 1. Mose, 2, 18. Luthers Reben leben wir nach, in den legten Jah­­ren mehr als früher. Die vierhundertste Jahres­­wende jedes Höhepunktes in seinem­ Erdengang zieht uns Jahr um Jahr immer mehr zu ihm Hinan, immer tiefer in sein äußeres Leben und inneres Wesen hinein. Mit 1917, der­­ Wiederkahrt des Geburtsjahres der Reformation, begann dies tiefere Ein- und Mitleben, und dann haben wir Luther Schritt um Schritt auf seiner steigenden Bahn begleitet,­­aus der­ Stille des Kloster- und Gelehrtenlebens hinaus in den Sturm des Geschehens, Zerstörens und Neugestaltens, des Ankämpfens gegen alles, was außer dem Gotteswort und gegen dieses die Gewissen binden wollte, selbst gegen die Träger der höchsten Macht jener Tage. Mir erleben es mit, wie er von seiner Taten Schwung mitgerissen ward und doc den­ Grund, auf den er sein Lehen in heißem innern Ringen­ gestellt, nie unter den Füßen verlor; wir sahen, wie er eben des­­halb zum unüberwindlichen V­orkämpfer einer neuen Melt emporwuchs und doc in­ seinem innersten Wesen ich immer gleich blieb, der schlichte gottergebene Mann, oft zagend und bangend und dann doch wieder starf in seinem unerschütterlichen Herzensglauben, der echteste Sohn seines deutschen Volkes, das als besondere Gabe zum tiefgrabenden und Hochfliegen­­den Grnnen ein reichbewegtes Gemütsleben von sei­­nem Schöpfer erhalten hat. Das Jahr 1925 bringt die Erinnerung an große, einschneidende Ereignisse in Luthers Leben. Es waren Entscheidungen, die eine Wendung in seinem Wirken nach außen und in­ seinem engsten Lebensfreise­­ be­­dingten. 1525 war das Jahr, in dem Luther fi von den geistesitoigen Kreisen der damaligen Modernwissen­­schaft Löste, um si ganz auf das Willen von Gott und seinem Wort, auf die Hingabe an­ seinen Willen und auf den Glauben an­ die verfündete Gnade ‚des Baters im Himmel einzustellen. „Und­ zur selben Zeit sahb er si dur den Gang der Geschehnisse ge­­zwungen,­ von denen, Die aus Der neuen Verkündi­­gung des Evangeliums einen Ruf zur Umgestaltung auch der gesellschaftlichen Lebensordnung zu ver­­nehmen glaubten und sie schließlich mit Gewalt­­mitteln durchzuführen versuc­hten, zu lösen, um nach der einen wie nach der andern Seite sein Wert rein und far als eine­n Reichsgottesarbeit von allerlei menschlich-weltlichen Zutaten auszusondern. Sein Wert hat an Klarheit und Lauterkeit gewonnen, aber an ausgreifendem Umfang, an alles mitreißen­­der Wirkung in jenem Jahr verloren. Er hat es ge­­fühlt, daß die scharfen Schritte, die er führte, weil er sie führen mußte, ihn auch von Dielen, die ihm als dem Boten einer neuen, allen Druck und Zwang abwerfenden Zeit gehuldigt, schieden; er fühlte, wie sie sein eignes Beben ärmer an Freun­­den, reicher an Feinden machten. Und Doch war er ihm bewußt, das Notwendige getan zu haben, um der­ Gefahr zu entgehen, im Wirbel des Weltwesens das untergehen zu sehen,­ was er in schwerem Rin­­gen als das eine Heil erfannt und gewonnen hatte. Und im gleichen Jahre sehen wir Luther dann den Schritt tun, der ihn endgültig aus dem Zusam­­menhang mit der Lebensordnung der herrschenden Kirche hinausführte und dafür den Grund legte zum Neuaufbau der sittlichen Welt, nach der vom Schöp­­fer gegebenen Lebensordnung Mitten in jener innen und außen so. stürmisch erregten Zeit hat Luther seinen Ehebund geschlossen. Es ist damals und nachmals viel darüber gere­­det und geschrieben worden, was ihn zu diesem, Ent­­schluß, bestimmt habe, zumal die Eheschließung un­vermittelt rasch erfolgte, ohne daß die meisten Freunde etwas von ihrem nahen Bevorstehen wuß­­ten und Luther selbst darüber, was ihn gerade da­­mals dazu drängte, sich nicht ausgesprochen hat. Daraus aber den Schluß abzuleiten, daß­ es sich um einen­ unerwogenen Schritt oder, wie seine Feinde­­ annahmen, um einen übermächtig gewordenen Trieb gehandelt haben, ist zweifellos irrig. Zuther hatte

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