Landwirtschaftliche Blätter, 1914 (Jahrgang 42, nr. 1-35)
1914-01-04 / nr. 1
dem Erfolg seiner Wirtschaft ganz vom Zufall abhängig ist,der muß früher oder später zugrunde gehn.Darum muß das Bestreben auch beim einfachen Bauern für die Zukunft mehr denn je darauf gerichtet sein,Theorie und Praxis miteinander zu verbinden.Gelegenheit hinzu wird heute jedem gerade durch unseren landwirtschaftlichen Verein genug geboten.Wer seine Arbeit mit offenen Augen verfolgt,maßzugeben,daß von dem erzielten Fortschritt ein nicht geringer Teil die Folge seines Wirkens ist.Über die Tätigkeit des Vereines im abgelaufenen Jahre wird der in den nächsten Tagen zur Ausgabe gelangende Jahresbericht näheres mitteilen-Hier wollen wir nur erwähnen,daß die Mitgliederzahl auch im letzten Jahre wieder in erfreulicher Weise zugenommen hat, ein Beweis, daß die richtige Würdigung der Arbeit des Vereines in immer weitere Kreise bringt. Möge auch das neue Jahr ihre Zahl wieder vermehren. Denn nur wenn wir und zu gemeinsamer Arbeit zusammenscließen, werden wir stark genug werden, um auch an die Lösung großer Aufgaben mit Erfolg herantreten zu können. Darum bemühe sich jeder, der ein wahrer Freund unseres landiw. Wer ein es ist und sein will, vemselben nicht nur neue Mitglieder zuzuführen, sondern auch durch rege Anteilnahme an dessen mannigfaltigen Arbeiten sein Wirken zu fördern. Auch den zahlreichen Mitarbeitern der „Landw. Blätter“ sei hiemit im Namen der guten Sache herzlicher Dank gesagt für ihre denselben im abgelaufenen Jahre gewidmete Arbeit mit der Bitte, ihnen ihre Unterfrügung auch im neuen Jahre gütigst zuteil werden zu lassen. So möge denn das neue Jahr und allen eine glückliche Erfüllung unserer Hoffnungen und Wünsche bringen. R. Über die Fruchtbarkeit unserer Obstbäume und deren künstliche Beeinflußung. Bon Wanderlehrer Johann Salmen. Auf meinen Bereifungen ist sehr oft die Frage an mich gesellt worden: Wie kannj man unfruchtbare große, junge Obstbäume zum Tragen veranlassen? E38 Handelt sich dabei gewöhnlich um 10 bis 20 jährige Bäume, welche in einem tiefgründigen, nährtoffreichen Boden stehen und ein sehr kräftiges Holzwachstum, aber gar feine Blütenmospen, also feine Neigung zur Fruchtbarkeit zeigen. An der Hand der neuesten Forschungen und Erfahrungen auf diesem Gebiete will ich versuchen diese für jeden Gartenbesiter sehr wichtige Frage den geehrten Lesern zu beantworten. Betrachten wir einen wilden, aus Samen entstandenen, sich selbst überlassenen Obstbaum, so können wir in seiner Lebenszeit drei Hauptperioden unterscheiden: 1. die Periode des Wachstums, 2. die Periode der Fruchtbarkeit und 3. die Periode des Ablebens. Wir finden dabei, daß der Baum nicht von Jugend an Früchte trägt, sondern einige Jahre Hindurch ins Holz wählt. Erst wenn er eine gewisse Größe und Reife erlangt hat, fängt er an Samen zu bilden, Früchte zu tragen, um sich zu vermehren und auf diese Weise für die Erhaltung seiner Art zu sorgen. It nun durch Entstehung zahlreicher Nachkommen die Erhaltung seiner Art gesichert, so hat der Baum seinen Hauptzweck erfüllt und es tritt seine legte Lebensperiode ein; es bilden sich nur kurze, verfümmerte oder gar feine Triebe. Die Kräfte schwinden, ein Teil nach dem anderen fällt dem Berderben anheim, bis schließlich der ganze Dreganismus gewissermaßen durch Altersschwäche abstirkt. So sehen wir auch hier wie überall in der Natur, wo pflanzliche oder tierisches Leben vorhanden ist, im ewigen Kreislaufe: Entstehen, Fortpflanzung und Vergehen. Tritt nun in der Entwickklungs- oder Wachstumsperiode des Obstbaumes eine Störung ein, z. B. auch Mangel an Nähdrstoffen, Tiefiger Untergrund, Krankheit oder stärkere Beschädigungen, Wühlmaus- und Hafenfraß, so daß Hiedurch eine erhebliche Lebensverkürzung des Baumes unwahrscheinlich wird, dann ändert sie sofort infolge des Anpassungsvermögens des Baumes die allmähliche Aufeinanderfolge der Lebertäperioden und es wird, je nachh der Stärke der Störung, die Entwickklungs- oder Wachstumsperiode verkürzt oder auch plöglich ganz unterbrochen und an ihre Stelle tritt die zweite Periode, die Periode der Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Dieses können wir fat überall in jüngeren Obstenlagen beobachten, wo oft fingerlidhe, durch irgendeine Störung in ihrer Entwickklung zurücgebliebene, tränselnde Bäumchen regelmäßig blühen und Früchte anieten, während ihre gesunden, viel krästigeren, storfwüchsigen Nachbarn sogar feine Neigung zum Blühen und für Fruchtanlag zeigen. Wir sehen also, daß der Baum, ohne Rücksicht auf das Alter, vor allem bestrebt ist, für die Erhaltung seiner Art zu sorgen, indem er bei schlechten Lebensverhältnissen, welche eine erhebliche Berasung seiner Lebensdauer wahrscheinlich machen, selbst seine Entwickklungsperiode bedeute,verfürgt »oder sogar übergeht und in die Berio rt Sruhtbarkeit eintritt. Durch diese Verkürzung oder Übergehung der Entwickklungsperiode kann nur die Differenz bei Langlebigen Pflanzen, wie es der Obstbaum ist, viele Jahre betragen. Um diese Wandelungsfähigkeit des Obstaumes besser verstehen zu können ist es nötig, die wichtigsten inneren Lebensvorgänge des Baumes etwas näher zu betrachten. Das, was wir am Körper eines Baumes mit freien Augen sehen können, die holzigen und die weichen Teile, ist nichts anderes als eine ungeheure Zahl von kleinen, nur mit dem Mikrostop erkennbaren, verschieden geformten Bläschen, welche in bestimmter Ordnung neben- und übereinander zusammengefügt sind, ähnlich wie die Steine und Ziegeln in einer starren Mauer und auf diese Weise ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Diese einzelnen feinsten Teilchen eines Baumes nennt man Zellen. Die Zellen der grünen und jüngeren Baumteile enthalten in ihrem Kunern einen Saft, den sogenannten Zellsaft, während diejenigen des alten Holzes und der Rinde meist dreiwandiger und mit Luft gefüllt sind, und dem Holz in der sogenannten Cambialschichte vor fi. Von hieraus werden nach innen keine Holzzellen und nac außen: Kleine Rindenzellen schichtenweise abgelagert und bilden auf diese Weise jedes Jahr vom Frühjahr bis zum Herbst, je einen Holzring, „Jahresring“ genannt und ebenso nach außen eine neue Rindenschichte. Die sich nach innen ablagernden Holzschichten erzeugen das Didenwachstum und dienen zur Vermehrung (Vergrößerung) des Holzkörpers, während die nach außen sich bildende Rindenschichte zur Erneuerung der Rinde dient, damit dieselbe elastisch bleibe und den Baum beim Didenwachstum nicht einschnüre. Die äußeren Rindenteile verforfen allmählich und sterben ab, in welchem Bustande sie duch Kragen und Bürsten verhältnismäßig leicht entfernt werden können. In dieser Weise geht das Didenwachstum sowohl der oberirdischen al auch der unterirdischen Teile des Baumes vor s ich. Der Stamm und die diderente der Krone dienen als Stäbe der Blätter und Früchte tragenden Zweige und Triebe, in ihrem Inneren befinden siche Leitungsröhren für die von der Wurzel aufgenommenen Nährstoffe zu den Blättern. Ganz ähnliche Bedas Dideniwahehm des Baumes geht zwischen der Rindedeutung haben die dideren Wurzeln; sie verleihen dem Baume einen festeren Halt und leiten die von den Wurzelspigen aufgenommenen Nährstoffe aus dem Boden in die oberirdischen Leitungsröhren des Baumes. Es erübrigt nun zu willen, wie die Aufnahme der Pflanzennahrung vor fie geht und wie und wo dieselbe in der Pflanze umgearbeitet und zum Wachstum verwendet wird? Wie schon angedeutet wurde, besteht der Pflanzenkörper aus mikrosropisch feinen, bläschenförmigen Gebilden (Zellen), die einen Lebensfähigen, kompliziert zusammengefegten Saft (Protoplasma) enthalten. Nur die Heinsten dünnen Wurzeln sind imstande mit ihren die Außenwand bildenden jungen, dünnwandigen Zellen Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen und zwar müssen sich die Nährstoffe zu diesem Bweche in einer dünnen, wässerigen Lösung befinden. Das Gin- nn