Literarische Berichte aus Ungarn 1. (Budapest, 1877)

2. szám - II. Koloman Szily: Unsere Thätigkeit auf dem Gebiete der Naturwissenschaften im letzten Jahrzehnt

200 UNSERE THÄTICxKEIT AUF DEM GEBIETE DER allgemeinen Losungswort: man muss Alles magyarisiren, selbst die ganze Nomenclatur der Naturwissenschaften. Zu derselben Zeit und noch etwas spater fanden sich auch in Deutschland einige übereifrige Sprachneuerer, welche die in den Naturwissenschaften vorkommenden griechischen und lateinischen Namen und Aus­drücke um jeden Preis verdeutschen wollten.Aber dort wurden diese albernen Bestrebungen von jeder gelehrten Körperschaft verlacht; bei uns hat die junge gelehrte Gesellschaft gegen dieselben leider nicht Einsprache erhoben, ja sie noch ermuthigt und durch ihren eigenen Vorgang zu grösserem Eifer angespornt. Damit hat sie der Verbreitung der Naturwissenschaften in Ungarn Hindernisse ge­schaffen, welche aus dem Wege zu räumen selbst heute noch nicht vollständig gelungen ist. Es lag überdies in der Organisation der gelehrten Gesell­schaft ein bedeutender Fehler, welcher die Entwicklung eines wirklichen wissenschaftlichen Lebens in dieser Gesellschaft sozu­sagen im Vorhinein unmöglich machte. Die sechs Classen der­selben, die sprachwissenschaftliche, historische, philosophische, rechtswissenschaftliche, mathematische und naturwissenschaft­liche, hielten ihre Sitzungen gemeinschaftlich; jedes Mitglied, es mochte welcher Classe immer angehören, hatte das Piecht über jede specielle fach wissenschaftliche Frage mitzureden, ja mitzu­stimmen, und so konnte die unberufene Majorität Alles, was über ihren encyklopädischen Standpunkt hinausging, verwerfen. Die einzelnen Classen hatten absolut keine Autonomie. Der in seinem Wachsthum durch nichts beschränkte Dilettantismus wucherte üppig empor und erstickte die ohnehin nur langsam sprossenden jungen Triebe der Fachgelehrsamkeit. Nach solchen Präcedenzien darf es durchaus nicht Wun­der nehmen, dass bereits zu Anfang der vierziger Jahre sowohl aus den Kreisen des grösseren Publicums, als auch aus denen der Fachgelehrten sich immer lautere und häufigere Klagen gegen die Tendenz und Thätigkeit der gelehrten Gesellschaft erhoben. Man nannte sie eine etymologisirende Gesellschaft; es sei Schade, für sie so viel Fleiss, Zeit und Geld zu vergeuden,

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