Heinrich Gusztáv: Deutsche Verslehre (Budapest, 1912)

Einleitung

EINLEITUNG. 1. Rhythmus und Vers. Da die Silben einer Sprache beim Sprechen ungleich betont oder ungleich gedehnt werden, so herrscht eigentlich schon in der Sprache selbst, also auch in der Prosa, Rhythmus, denn dieser besteht in der Ab­wechslung ungleich langer oder ungleich betonter Silben. Doch sprechen wir von Rhythmus erst, wo diese Abwechslung verschiedenartiger Silben nach einem gewissen Gesetze stattfindet. Bezüglich der Sprache geschieht dies im Verse, wo dann der Rhythmus näher als poetischer Rhythmus be­zeichnet werden kann. Der poetische Rhythmus findet da­her seinen Ausdruck im Verse und besteht in der regel­mässigen, nach gewissen Gesetzen erfolgenden Abwechslung langer und kurzer oder stark und schwach betonter Silben. Die Wissenschaft von der lautlichen Kunstform der Poesie heisst Metrik. Das Wort Rhythmus (eig. Fluss, dann : gleichniässig geord­nete Bewegung) bezieht sich eigentlich auf den Tanz und be­zeichnet die nach einem gewissen Zeitmaasse abgemessene Be­wegung im Tanze. In der prosaischen Rede bedeutet Rhythmus den Wahlklang der Rede, der aus der ebenmässigen Stellung der Wörter oder der Sätze hervorgeht. Letzteres findet beson­ders in der Periode statt, ist aber auch bei der Gliederung grosserer Prosawerke, insbesondere in Reden, von Bedeutung und unterstützt wesenthch den Eindruck und die Wirkung des rhetorischen Kunstwerkes.1 1 Trollende Bemerkungen über das Wesen und die Bedeutung des Rhythmus (besonders für das Drama) spricht Schiller in seinem Briefe an Goethe vom 24. November 1797 aus. — Vgl. K. Bücher: Arbeit und Rhythmus. 3. Aull. 1903. («Der Rhyth­mus hat sich an Arbeitsbewegungen entwickelt»).

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