Neppendorfer Blätter, 1923 (Jahrgang 21, nr. 22-52)

1923-07-22 / nr. 30

Nr. 30 Sermannstadt, 22. Juli 1923. 21. Jahr­en Wochenschrift für Humor und Satire « Preis 2 Zei eppendorfer Blätter Die Wandervögel. Was klingt dort so fröhlich die Straße entlang? Ihr Bauernkinder, hordht auf! @as ist ein vertrauter, ein­heimischer Gang, ihr Bauern, die Kammertür auf! Run [chneidet das Brot und reichlic­hen Speck, ‚vergejset auchh nicht den Wein, denn Wandervögel sind hungrig und heck und wollen gefüttert sein. Dann jagen und singen und mimen sie bald, so hört doc, ihr L­eute, hört zu! daß Frohsinn und Laden und Subel erschafit nochh­­pät in die näcstliche Aubh. Am Morgen nach herrlicher Raft im Heu, da flattern die Vögel fort, doc wenn die Schüffel dampft aufs neu, sind andere wieder am Ort. So geht es reichsum und der Sommer ist lang und die sonnige Serne loci­t Ihr Pfarrer, ihr Bauern, was seht ihr so bang, wenn der Wandervogel aufhokt? Die Pfarrerin spricht: „Dahin ist mein Speck, des Schmalzes schneeweiße Luft, verschmunden das Brot und der Milchtopf leck, sorgenvoll feufzet die Brust. Ah, Zugend hat Zujt und viel Appelit und rabekahl ißt sie mich alt, D ging’ dochy der Sommer mit raschem Schritt, käm’ Ruhe nachh Arbeitslast !* Auskunft im Stili. Sremder (bei der Aadeitenschule): Sagen Sie, bitte, welcher von diesen Wegen führt denn nach Neppendorf ? Neppendorfer: Alle beide ! Aber ich rat Enen, tuns den rechts gehn, denn Links kommt e Regen ! - Br FT TRITT TIER RR Auf der Insel der Seligen. D. Georg Daniel: Haben Herr Baron das neueste Radiogramm aus Hermannstadt gelesen ? Baron Andrei: Nicht doch! Was bringt es denn? D. Georg Daniel: Einen interessanten Bericht über die Feier Ihres Todesitages am 12. Juli 1923, Baron Andrei: Aber ich bin ja gar nicht am 12, Suli geftorben ! Sn der Tat! Das hatte ich­m, Georg Daniel: gar nicht bemerkt. Baron Andrei: Ich bin dody am 29. Juni 1873 gestorben. D. Georg Daniel: So, so! Dann wird die Ber­ Schiebung vielleicht dem Baron Bedeus zu lieb ge­­schehen sein, der in Konstantinopel einen neuen Ka­lender bestellt hat, denn der 12. Juli ist ja der 29. uns im alten Stil, . Baron Andrei:Nauridivas war denn sonst noch Interessantes an der Feier7 D.Georg Daniel:Es wurde am selben Tag auch das 50-jäh­rige Stiftungsfest eines Wettlehrer-Institutes gefeiert. Baron Andrei: So, so! Wie merkwürdig! Haben Sie jemals von einem Reitlehrer-Institut in Hermann= fladt etwas gehört? Ich wirklich­ nicht! Meines Wilsens kann auch jeder Poplakaner reiten. Das lernt er schon von seinem Bater. Ich meinte immer, unser Bolk bee nötige Schullehrer, nicht Reitlehrer! — Oder sollte das Reitlehrer-Institut von Ihren fähfichen Brüdern gegründet worden sein? D. Georg Daniel: Ia, wenn es sich um eine’ Neugründung handeln sollte, so würde ich das Bere rückteste für möglich halten. Es handelt ji aber um eine Gründung aus der Zeit vor 50 Jahren, da hatten meine Landsleute noch andere Sorgen. Uebrigens it noch etwas Interessantes vorgekommen. Dem seb­­figen Präsidenten der Romänischen Nationalpartei wurde nicht gestattet, bei Ihrem Mausoleum eine Gedenkrede auf Sie zu halten, obgleich Herr Baron ein Viertel

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