Neue Zeitung, 1962 (6. évfolyam, 1-52. szám)
1962-01-05 / 1. szám
Sylvester 1962... Diese zwei Worte haben einen eigenen Zauber, die Jugend spricht sie mit glühenden Wangen, glänzenden Augen aus. Das ist wohl überall in der Welt so, ich aber erlebte es in dem kleinen Bergdorf Budajenö, — auch da, wohlverstanden, an einem Klubnachmittag der KISZ-Organisation. — Wie war heuer der Sylvesterball? — frage ich. Onkel Pista Kiss, Vorsitzender der Patriotischen Volksfront, der beste Freund und Gönner der Jugend, beginnt zu erzählen: — Also, Schwierigkeiten gab es genug zu Anfang. Nämlich, das Dach unseres Kulturhauses stürzte ein und wir waren gezwungen, das Haus zu schliessen. Dann aber wurde das Dach knapp vor Weihnachten repariert und — was wir kaum zu hoffen wagten — konnte der gemeinsame Sylvesterball der Alten und Jungen da abgehalten werden. — Das ist nämlich alte Tradition bei uns: Ende des Jahres vergnügt sich Alt und Jung gemeinsam. Der Eröffnungstanz, ein Csárdás, wird von zwei alten und zwei jungen Paaren getanzt. Danach yb es natürlich kleine Meinungsverschiedenheiten, denn wir älteren Leute tanzen gerne Walzer und Polka — unsere Kinder jedoch lieben die modernen Tänze.” Dann traf ich, zum Glück, auch noch Toni Kaiser an, den Dirigenten der KISZ-Musikkapelle, der mir, als der Kompetenteste, näheren Aufschluss gab: „Von den Csárdás-Liedern hatte das Lied „Száz forintnak ötven a fele” den grössten Erfolg. Von den Polkas die Viktoria-Polka und „Herz-Schmerz". Von den modernen Tanzliedern mussten wir „Lehet, hogy szép nem vagyok . . .” sehr oft spielen. Mici Weber, KISZ-Sekretärin, flüstert mir zu, ich solle Toni fragen, womit er sich ausser seiner Musikkapelle beschäftigt? So erfuhr ich, dass alle Musikanten der Kapelle sich fortbilden. Toni Kaiser z. B. ist nicht nur Tischler und Musiker, sondern nimmt auch Stunden im Saxophonspiel und lernt Musiktheorie. Sein jüngerer Bruder, der dreizehnjährige Gustl, lernt in der Ofner Musikschule Piston und Trompete. Béla Juhász, Trommler und Buchdrucker, lernt Musiktheorie. Aber wenn wir uns schon mit den beliebten Musikanten befassen, müssen wir auch über die Dorfschönen sprechen. Denn schön sind sie fürwahr, diese jungen Mädchen, die — wie ich höre — auch bei den gemeinsamen Arbeiten immer wohlgelaunt an der Spitze schreiten. Ich begann gerade die Resultate des vergangenen Jahres zu notieren: 16 000 Stunden willkürliche Arbeitsleistung, in erster Linie beim Bau des Sportplatzes und beim Bäumepflanzen, — als mich jemand mit Recht aufmerksam machte, ob mich denn die Ballkleider gar nicht interessierten? Und so kamen wir wieder auf das grosse Ereignis, auf den Sylvesterball zu sprechen. Und wenn ich auch — wegen Platzmangel ■— nicht alle „traumhaften” Ballkleider beschreiben kann, will ich wenigstens die erwähnen, die mir am meisten gefielen: Rosa Taferner trug hellblaugemusterte Chinesische Seide, Teri Weber ein ganz modernes schwarzes Stoffkleid, Irma Lack ein Tüllkleid und Marika Juhász ein apartes rotes Nachmittagskleid. Die Fischsuppe war ganz vorzüglich. Unter der sachkundigen Leitung Frau Waleks wurde die Suppe aus 4—5 verschiedenen Sorten von Fischen bereitet. Den Durst, den die gut gewürzte Suppe verursachte, konnten die Gäste verschiedentlich löschen. Es waren 100 Liter Wein, ein Fass Bier, Kognak, und weiss Gott was alles noch vorbereitet. Vom Sylvesterabend 1962 wird man in Budajenö noch lange erzählen. Und würde sich ein Enkelkind nicht an alles entsinnen, so hilft ihm wohl eine der jungen Grossmütter, die da mitgetanzt haben. G. Edit Molnár Frauenleben bei Stoffen Stoff für Romane Monat . . . hätte ich früher damit angefangen, so hätte ich zuhause nicht immer klein beigeben müssen ... da wäre meine Ehe vielleicht auch nicht in dia Brüche gegangen! Bei der Frau Bleichauf, Therese David, steht die Sache viel besser. Ihre Mutter hiess Theres Zoll, sprach nur deutsch, und ihr Mann tut es noch heute am liebsten. Auch liest er viel deutsch, und die Tochter, die das Gymnasium Martos Flóra besucht, möchte sogar Pädagogin werden und die deutsche Sprache als Lehrfach wählen: das ist alles gut und schön und die Stickerei verlangt eine gewisse Initiative, man muss die Textur jedes Stoffes nachmachen können, und es ist ihr Stolz, das auch beim kompliziertesten Muster zu können, aber sie hat einen grossen Kummer und den beichtet sie erst nach langem Überreden: ihre alten Eltern sind in Deutschland. Sie sind ausgesiedelt worden. Es wird wohl seinen Grund gehabt haben. Aber nun ist ihr Vater 82 Jahre alt. .. sie möchte ihn so furchtbar gerne besuchen . . . Vielleicht wird sich das auch einmal machen lassen! Ihr gehts doch gut hier; dreimal ist sie schon ausgezeichnet worden, nein wirklich... die Pomazer Fabrik ist ihr zweites Heim . . . aber doch: den alten Papa möchte man noch einmal sehn! In der Pomázer Stoffabrik ist es nicht schwer eine sogenannte bunte Reportage zu machen. Farben gibt es hier massenhaft: im grossen Arbeitssaal liegen riesige rote, dunkeltürkisfarbene, hellbraune Möbelüberzugstoffe auf den Rahmen, werden daselbst auf Herz und Nieren geprüft und jeder kleine Maschinenfehler wird mit der Hand korrigiert. Das ist die Arbeit der Ausnäherinnen, wozu sich besonders junge Frauen mit scharfen Augen und sicheren Händen eignen. Da lernen wir Franziska Borbély kennen, die zwar nicht aus Fomáz sondern aus Csobánka stammt, selber schon kaum deutsch spricht, aber wohl weiss, dass ihre Urei tern vor grauer Zeit aus Deutschland hierher kamen. — Es ist eigentlich schade, dass man die Sprache der Urväter vergisst. . . ich habe einen Ungarn geheiratet, da sprechen wir natürlich ungarisch miteinander! Jetzt aber, wo ich geschieden bin, wäre es ganz gut, etwas mehr Bücher zu lesen, wenn auch nur, um mit meiner Tochter Schritt halten zu können. Sie ist schon sechzehn Jahre alt, ist jetzt in der Lehre.. . wird es aber gewiss weiter bringen als ich, weil ihr eben von Anfang an so viel mehr geholfen wurde! Nicht als ob ich mich beklagen möchte... nein, ich sehe erst jetzt, wie spät ich zu arbeiten angefangen habe! Erst vor zwei -Jahren! Jetzt verdiene ich schon 1100 Forint im OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOi. Ein besonders fesselndes Mädchenschicksal ist das der jungen Magda Szelényi. Rotblond, wie eine Heldin aus der Nibelungensage, durchsichtig-helle Augen dazu und eine hübsche kräftigschlanke Figur. Sie arbeitet als Spindlerin seit vorigem Jahr hier in der Fabrik: vor zwei Jahren ist sie mit ihren Eltern aus Westdeutschland nachhause gekommen. Als Kind ist sie mit ihren Eltern ausgesiedelt worden: Vater hiess Anton Schlüssel, die Mutter Rosa Gleichauf, sie hatten sich als deutschsprachig „eingeschrieben". Kamen dann in der Gegend von Heidelberg in ein Lager bei Eschelbach, wo der Vater Maurer war und die Mutter bei reichen Bauern im Haushalt half... die Eltern verdienten nicht schlecht, sagt die ernste, frühreife Magda: aber zuhause fühlten wir uns dort nie. Ich ging natürlich zur Schule: habe zehn Klassen absolviert. Und die Lehrer waren wirklich sehr nett. Aber die Kinder verhöhnten mich, sagten: da kommt die ungarische Zigeunerin! . . . und ich habe jeden Tag geweint! Und dann durfte Mutter zu Besuch nachhause kommen im Jahre 58 . . . und da hat ihr halt alles so gut gefallen ... Ich war ein Jahr früher zu Besuch da, habe éinen schönen Sommer hier verbracht. . . und dann hat uns der Demokratische Verband deutscher Werktätigen helfen können und meine Eltern durften nachhause kommen! Ja, nach Hause! Denn obwohl ich kaum ungarisch kann, verhöhnt mich hier keiner. Nur Krankenschwester kann ich nicht Werden, weil ich eben nicht die nötige ungarische Schulbildung habe: obwohl das mein grösster Wunsch wäre! Wenn ich doch mal hier in Pomáz im Arbeitstherapischen Institut arbeiten dürfte, wo man Geisteskranke wieder zu tüchtigen Leuten macht! Ich fände das wunderschön dabei zu helfen! Wir erzählen ihr von Abendkursen. u. s. w. Nun stellt es sich heraus, dass das Leben nicht so einfach ist: draussen in Heidelberg gab es nämlich auch noch einen jungen Mann . . . auch einen Ungardeutschen, mit dem Magda sozusagen verlobt war. Er schreibt ihr auch heute noch alle vierzehn Tage und wäre glücklich, wenn er zurückkommen könnte. Ja. so leicht I ist das nun schon ganz und gar Amerikanische Soldaten in Schiess-Stellungen. Ständige Provokation an der Berliner Friedrichstrasse Salazar protestiert wegen Goa SALAZAR: Portugal protestiert gegen die Gewalt! U THANT (Generalsekretär der UNO): Haben die Inder Portugal seinerzeit gebeten, ihr Land zu besetzen? Interessante Vortragsreihen im Budafoker Kulturheim Nach dem Tanzabend am Samstag ist das Kulturhaus am Sonntag vormittag wie ausgestorben. Ermüdet ruht sogar das Klavier, die Lampen schlafen und schlapp hängen die Gardinen herunter. Schon wird sauber gemacht, gelüftet, am Nachmittag werden die Öfen erneut eingeheizt, denn das junge Volk kommt wieder, um hier zu beraten, zu diskutieren, fühlen sie sich doch hier wirklich wie Zuhause. Der grosse Saal dient aber nicht nur Tanzvergnügungen. Am darauffolgenden Samstag findet hierein interessanter Klubabend statt mit lustigen Szenen, Possen, fröhlichen Liedern, Gedichtsvorträgen ; natürlich fehlt auch nicht das immer beliebter werdende Quiz-Spiel mit Preisverteilung. Das Spiel ist so anregend wie manche heissumstrittenen Sportveranstaltungen. Spielleiter ist der Schlosser Franz Kamhoffer, der mit seinen immer neuen Einfällen und frappanten, stimmungsvollen Verbindungsworten das Publikum auf seiner Seite hat. Zu den gutgelungenen Tanzveranstaltungen trägt auch das traditionelle, 30köpfige Blasorchester bei. deren Kapellmeister Stephan Wippelhauser, ein studierter Musiker, ist. Unter den Mitgliedern finden wir die Nachkommen alter Budafoker Familien, wie z. B. Dr. Ferdinand Vértes, Ludwig Lamberth, Josef Mayer, Josef Helinger und viele andere. Für die KISZ-Jugendlichen wurde die „Akademie der Jugend’ eingeführt, die immer aus acht Vorträgen besteht und wichtige Jugendprobleme beinhaltet. „Was beginne ich in meiner Freizeit?” — lautet das Thema eines der Vorträge. Der Vortragende gibt hierbei viele nützliche Ratschläge, die gleichzeitig durch ei-ne Filmvorführung unterstrichen werden. Zur grösseren Beteiligung an der Gesellschaftsarbeit spornt der schöne Film „Entstehung einer neuen Legende” (Üj legenda születik), der vom Baü der Donau- Zementwerke angefertigt wurde und von der Arbeit der begeisterten Jugendlichen Kunde gibt. Ein anderer Vortrag lautet „Kultur und Tanz”, bei dem die Anstandslehre das Hauptthema bildete. Die Schule der Frauen wird wöchentlich zweimal abgehalten. Hier bespricht der Kulturheimleiter Richard Beuer mit den Frauen die Themen, über welche die nächsten Vorträge lauten sollen. Hiernach richtet sich der Direktor bei der Einladung der Vortragsredner. Die Kindernachmittage mit Televisionsprogramm sind sehr beliebt. Oft kommen 200 Kinder hierher, die mit Begeisterung den Film Robin Hood und andere aufregende Jugendfilme verfolgen. Das Kulturhaus hat auch eine Ballettschule und einen Gesangschor, aber in ganz besonderem Ansehen stehen die Gäste der Musikabende mit ihren Sinfoniekonzerten. Die Gesellschaftsarbeit der Jugend zeitigte im letzten Sommer und Herbst ausgezeichnete Erfolge. Die jungen Leute arbeiteten bei den Bauten in Lágymányos, sie gaben dem Sportplatz ein neues Aussehen und karrten viel Erde auf den anderen Teil des Platzes. Franz Kamhoffer malte den mächtigen Tanzsaal alleine aus, mit seinen Helfern setzte er die Fenster ein, die Öfen wurden repariert, kurzum: alles wurde für die Wintersaison vorbereitet. Auch muss noch erwähnt werden, dass die KISZ-Jungen an Tanzabenden im „Dienst” sind, sie achten auf Ordnung und machen Randalierende diskret auf besseres Benehmen aufmerksam. Die 28 KISZ-Mitglieder sind immer dort zu finden, wo es was zu helfen gibt. Die Pläne? Welche Schwierigkeiten müssen überwunden werden? Schon antwortet der Direktor. Der Theaterbesuch ist zu umständlich, die Rückfahrtzeiten sind unmöglich. Der Tanzsaal ist für grössere Veranstaltungen und Bälle zu klein. Wir möchten eine literarische Bühne mit Hilfe eines Berufsregisseurs einrichten, denn unter den begabten Jugendlichen könnte man eine entsprechende Garde aufstellen. Eine neue Note im Programm wird das in Aussicht genommene „Klubtot-Spiel" bringen, das von den Jugendlichen schon reklamiert wird. Somod i In Moson-Magyaróvár wird Käse aus künstlicher Büffel- und Zebu-Milch hergestellt. Indien und Ägypten kaufen gerne ungarischen Käse, doch entspricht der Geschmack unserer Produkte nicht ganz dem dortigen Gaumen. Zwei Mitarbeiter des Moson-Magyaróvárer Forschungsinstitutes haben die ausgezeichnete Idee gehabt, eine Milchmischung herzustellen, die dem Geschmack der Büffelmilch ähnelt. Aus dieser Milch wurde dann Käse bereitet. Unser Aussenhandel hat die Probe akzeptiert. Auch wurde eine neue Art von Schafkäse und ein ..Kaskaval” genannter Käse produziert, der in den afrikanischen Ländern viel Zuspruch findet. B. nicht, denn in Westdeutschland muss er zunächst seine Militärpflicht erfüllen. Ob die Liebe auch dieser langen Zeitprobe standhalten wird? Ja. wenn junge blonde Menschen mit lächelnden Augen so zwischen die Mühlsteine der Geschichte geraten, wird es einem weh ums Herz ... und dann muss man unwillkürlich an die ande 3 ren denken, die gerade so jung und blond und unschuldig waren, und denen es im Krieg viel, viel ärger erging! Na jedenfalls: die Kinder können nichts dafür. Und wir wollen hoffen, dass so einer lieben kleinen Magda das Leben noch viel Schönes bringt. Wenn auch vielleicht nicht gerade jenen gewissen jungen Mann! Fedor