Neue Zeitung, 1963 (7. évfolyam, 1-52. szám)

1963-01-04 / 1. szám

VII. JAHRGANG NUMMER I. Preis: &9 Fillér BUDAPEST 4. JANUAR 1963. ORGAN DES DEMOKRATISCHEN VERBANDES DER DEUTSCHEN WERKTÄTIGEN IN UNGARN Schwaben für Fortschritt und Freundschaft Sitzung des Gesellschaftlichen Komitees des Deutschen Verbandes ln den letzten Dezembertagen des Jahres 1982 fand in Budapest die alljährliche Arbeitssitzung des Gesellschaftlichen Komitees des Demokrati­schen Verbandes der Deutschen Werktätigen in Ungarn statt. Wie immer, waren auch auf dieser Sitzung zahlreiche Vertreter des ungar­ländischen Deutschtums, physische Arbeiter und Geistesschaffende, zugegen. Die Sitzungsteilnehmer erhielten den Auftrag, als Mitglieder des Gesellschaftlichen Komitees, im Sinne der Zielsetzungen des Deutschen Verbandes zur Verwirklichung der Politik unserer Partei und Regierung unter unseren Mitbürgern deutscher Muttersprache ihr Bestes zu leisten. Die Sitzung des Gesellschaftlichen Komitees bot jedoch vor allem dem Generalsekretär des Deutschen Verbandes, Dr. Friedrich Wild, Gele­genheit. die politische und kulturelle Tätigkeit der von ihm geleiteten Institution in kurzen Zügen zu schildern und die Anwesenden aufzufordern, ihre Erfahrungen Gemeingut werden zu lassen, bei der Erfüllung konkreter Aufgeben im neuen Jahr tatkräftiger mitzuwirken. Auf der Sitzung wurden Erfahrungen, Ergeb­nisse und Mängel der Arbeit im Jahre 1962 erör­tert. In Anbetracht der grossen Wichtigkeit der etwa achtstündigen Beratungen, werden wir in un­seren Spalten auf das Referat und die Diskussion noch öfters zurückkehren. Sodann befasste sich der Gene­ralsekretär mit der Frage der na­tionalen Einheit des Volkes. Auf dem VIII. Parteitag — führte der Redner aus — hat János Kádár den Begriff nationale Einheit er­klärt, indem er sagte, dass dies das Bündnis der verschiedenen Schichten und Klassen bedeute. Was heisst das vom Standpunkt der Nationalitäten aus gesehen? Wenn wir einen richtigen marxi­stischen Standpunkt vertreten wollen, so müssen wir auch diese Frage im Zusammenhang mit dem Aufbau des Sozialismus, der Heranbildung des sozialistischen Menschentyps, dem Wohlergehen und Glück des Einzelnen und der gesamten Gesellschaft prüfen. Selbstverständlicher weise kann der Angehörige dieser oder der anderen Nationalität weder als Einzelner noch als Mitglied einer Gemeinschaft zufrieden und glücklich sein, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Zugehöri­ger zu einer Nationalität von sei­nen Mitmenschen absondert, in tuelcher Hinsicht dies auch im­mer geschehe. Das sozialistische und Gemeinschaftsbewusstsein eines solchen Menschen, seine ganze moralische Einstellung wird behindert durch eine Reihe von Vorurteilen. Wir wollen auf der Grundlage der Bündnispoli­tik, der Einheit der sozialistischen Gesellschaft, abgesehen davon, ob einer diese oder die andere Spra­allem bestrebt, ihr Land, ihre Nutzfläche zu vervielfältigen. Da­für sparten sie ihr ganzes Leben hindurch, dafür sparten sie sich selbst den Bissen vom Munde ab. Nach dem Eintritt in die Genos­senschaft vollzog sich auch auf diesem Gebiet ein entscheidender Wandel. Die neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage dräng­te die Habsucht, das Verlangen der Schwaben nach Boden all­mählich in den Hintergrund und liess sie schliesslich erlöschen. Damit wollen wir freilich nicht sagen, dass die Schwaben heute nicht sparen, die erworbenen Gü­ter nicht sinnvoll einteilen. Aber heute ernähren sie sich weit bes­ser und sie sind bestrebt, immer kultivierter, moderner zu leben. Sie bauen sich Häuser mit Bade­zimmern, kaufen sich Kühl­schränke, Fernseh-Apparate, Waschmaschinen, Autos, Motor­räder usw. Dies bedeutet freilich noch nicht, dass bereits alles in bester Ordnung ist. In der Herausbil­dung des sozialistischen Bewusst­seins stehen uns noch grosse Auf­gaben bevor. In diesem Zusam­menhang kommt der ideologi­schen und kulturellen Arbeit auf dem Dorfe eine besonders wichti­ge Bedeutung zu. che spricht, ohne das Dorf in kul­tureller Hinsicht aufzuteilen, die sozialistische Gesellschaftsord­nung aufbauen. Was werden wir also den Deutschen in Ungarn in dieser Hinsicht sagen? Wir werden ih­nen sagen: Lernt und pflegt Eure Muttersprache, ist es doch die Sprache Eurer Vorfahren, die in der Entwick­lung des Landes wichtige Beiträ­ge leisteten. Lernt und gebraucht Eure Sprache, denn es ist eine Weltsprache, die auch Eure Ar­beit erleichtert. Lernt Eure Mut­tersprache, denn sie ist gleichzei­tig auch die Sprache eines Vol kes, dessen fortschrittliche Kul­tur zum Gesamtschatz der ganzen Menschheit gehört und aus des­sen Reihen Gestalten emporstie­gen wie Marx, Engles, Lieb knecht, Goethe, Schiller, Thäl­mann, Thomas Mann usw. Pflegt die kulturellen Überlieferungen Eurer Vorfahren. Aber haltet auch die kulturellen Schätze des ungarischen Volkes in Ehren, lernt die ungarische Sprache gut, denn Ihr seid ja Brüder und Schwestern des ungarischen Vol­kes. Und wir sagen den Ungarn: Ihr seid in der vorteilhaften Lage, mit einer Nationalität zusammen­zuleben, die eine Weltsprache ihr eigen nennen darf. Ihr wisst ja selbst, wie sehr man an jeder Ar­beitsstelle Leute braucht, die fremde Sprachen beherrschen. Das deutsche Volk gab der Welt viele hervorragende Menschen ... es ist Euer eigenes Interesse, die Sprache dieses Volkes zu erler­nen. Aber nicht nur die Sprache, sondern auch ihre Kultur! Ihr werdet daran viel Freude haben, werdet einander dadurch noch näher kommen und einander noch m.ehr schätzen lernen. Nach der Schilderung der poli­tischen und kulturellen Arbeit, dem Erfolg der zahlreichen Gast­spielreisen und der Darstellung, welche Begeisterung die jungen Laienkünstler für die beschwer­liche Inanspruchnahme aufbrin­gen, suchte Generalsekretär Dr. Wild neue Formen der kulturel­len Arbeit (populärwissenschaft­liche Vorträge von allgemeinem Interesse, Fortbildungskurse, För­derung der Fachzirkel usw.) zu umreissen. Dann kamen Fragen der deutsch-ungarischen Litera­turbühnen zur Sprache und es erklang der Vorschlag, Anregun­gen dieser Art-zu unterstützen. Der Referent berichtete sodann über Fragen der Schulreform und des Unterrichts in der Mutter­sprache. Im Zusammenhänge mit der Weiterentwicklung der Neuen Zeitung, des Organs des Deut­schen Verbandes, erklang der Vorschlag, eine Abonnentenwer­bung einzuleiten. Als Beispiel kann der Deutsche Kalender 1963 dienen, von dem 6000 Exemplare binnen Tagen abgesetzt wui’den. Generalsekretär Dr. Friedrich Wdd sprach den Mitgliedern des Gesellschaftlichen Komitees, die bei der Zusammenstellung des Referates behilflich waren, seinen Dank aus. Abschliessend forderte Dr. Friedrich Wild die Anwesenden auf, ständigen Kontakt mit dem Deutschen Verband wie auch mit der Neuen Zeitung aufrechtzuer­halten und durch ihre selbstlose Arbeit, durch die Förderung des brüderlichen Zusammenlebens von Ungarn und Deutschen in unserer Heimat zur Verwirkli­chung der hohen Ziele des Sozia­lismus beizutragen. Die Sitzung des Gesellschaftli­chen Komitees des Demokrati­schen Verbandes der Deutschen Werktätigen in Ungarn setzte ih­re Arbeit nach dem nur in gro­ssen Zügen entworfenen Referat mit Diskussionsbeiträgen der An­wesenden fort. Auf die Schilde­rung der Meinungsäusserungen kommen wir demnächst zurück. Frage der nationalen Einheit Referat des Generalsekretärs Dr. Wild Generalsekretär Dr. FRIED­RICH WILD schilderte in seinem ausführlichen Referat vor allem iie innen- und aussenpoliti­­schen Voraussetzungen der Ta­gung. Er wies u. a. darauf hin, lass durch die sozialistische Um­gestaltung des Dorfes die Schaf­fung der Grundlagen für den äufbau der sozialistischen Wirt­­ichaft- und Lebensordnung in mserer Heimat beendet worden st. Auch die schwäbischen Bauern laben sich — betonte der Red­­!er — in die grossbetriebliche andwirtschaftliche Produktion •ingeschaltet und sie bewähren lieh auch in der modernen, sozia­­istischen Wirtschaftsweise, die laturgemäss neue Forderungen delit. In diesem Zusammenhang muss de Wichtigkeit des Lernens und er Fortbildung hervorgehoben verden. Die sozialistische Land­wirtschaft erheischt die Weiter­entwicklung der Fachkenntnisse. Unsere Schwaben — führte Ge­neralsekretär Dr. Wild im weite­ren aus — zeigen manch schönes Beispiel des Verständnisses für die bäuerliche Zukunft. So könn­te WILHELM SCHÖNBERGER aus AHLASS-HITOR/OLASZ-HI­­DOR genannt werden, von dem seinerzeit das ganze Dorf abhän­gig machte, ob es der LPG bei­­tritt oder nicht. Die Tatsachen überzeugten diesen bewährten schwäbischen Einzelbauern, der sich heute glücklich schätzt, dass er Bedenken und Wankelmut auf­­gegeben hat. Als Leiter der Ah­­lasser Betriebseinheit der LPG geniesst er Achtung und Ehre der Mitgliedschaft. Die Produktionsgenossenschaf­ten boten im täglichen Leben auch Gelegenheit zur Beilegung der nationalistisch gefärbten Zwi­stigkeiten und Reibereien. In den LPG vereinten sich Ungarn und Angehörige verschiedener Natio­nalitäten zu Arbeitsgemeinschaf­ten, die durch brüderlichen Zu­sammenhalt vielerorts hervorra gende Erfolge erreichten. Freundschaft mit dem ungarischen Volk Im Zusammenhang damit, dass sowohl die schwäbischen Jugend liehen als auch die bejahrteren Schwaben die Zusammenarbeit mit der ungarischen Bevölkerung und den anderen Nationalitäten für sehr wichtig erachten, möge hier ein Beispiel angeführt wer­den: Bei einer kulturellen Veran­staltung in MAGYARPOLÁNY protestierte ein schwäbischer Bauer gegen die Rede in deut­scher Sprache. Wir hielten die deutsche Rede dennoch. Nach der Vorstellung suchte uns dann der schwäbische Bauer auf und entschuldigte sich für sein vor­schnelles Benehmen und dann setzte er bereits schwäbisch fort: „Ja, wenn ich gewusst hätte, dass Ihr auch in deutscher Sprache über Freundschaft zwischen Un­garn und Deutschen, über die Brüderlichkeit sprechen werdet, so hätte ich doch natürlich nichts einzuwenden gehabt! Wenn Ihr immer solche Reden haltet, so seid Ihr bei uns immer willkom­men!” Der bejahrte Schwabe hat­te auf Grund seiner Erfahrungen vor dem zweiten Weltkrieg Angst, dass wir in deutscher Sprache gegen die Einheit, gegen die Freundschaft der ungarischen und deutschen Bevölkerung des Dorfes sprechen werden. Eine der wichtigsten Aufgaben : Formung des sozialistischen Bewusstseins Eine unserer wichtigsten Auf­gaben ist nun die Formung des sozialistischen Bewusstseins der Werktätigen, unter die auch die Schwaben gehören. Günstige Vor­aussetzungen schafft hierzu die Weiterführung der kulturellen Revolution. Eine besonders wichtige Rolle in der sozialistischen Erziehung des Volkes fällt den schwäbischen Geistesschaffenden und darunter vor allem den Pädagogen zu. Die meisten von ihnen entstammen Arbeiter- und Bauernfamilien und erhielten ihre Ausbildung be­reits nach der Befreiung. Auch die Mehrheit der älteren Pädago­gen nehmen gerne an der Er­schliessung und Förderung schwä­bischen Kulturgutes und am Un­terrichten der deutschen Sprache teil. Die Tätigkeit der Pädagogen reicht aber heute bereits weit über die Schulwände hinaus und erfasst sozusagen das gesamte ge­sellschaftliche Leben. Die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft verlieh der kulturellen Entwicklung des Dor­fes grossen Ansporn. Die soziali­stische Entwicklung veränderte das gesellschaftliche, wirtschaft­liche Leben der Bauernschaft und liess neue Ansprüche, neue Le­bensziele aufkommen. Erhöhte Lebensansprüche Bei den schwäbischen Bauern tritt das sehr bezeichnend in Er­scheinung. Vor der Befreiung wa­ren die schwäbischen Bauern vor

Next