Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)

1969-01-03 / 1. szám

___Pläne für 1969 Noch viel zu tun „Bei uns muss noch sehr viel ge­tan werden,” sagt sie. „Schauen Sie mal zum Fenster hinaus. Sehen Sie dort auf der anderen Seite der Stra­sse das rote Haus?” Dort fällt zwischen den vielen neu­en Gebäuden ein altes Haus auf. Sei­ne Fenster sind sehr klein, und es ist ziemlich verwahrlost. Wie ich erfah­re, ist es die Schule von Isztimér. „Eine der wichtigsten Aufgaben 1969 ist, die Schule in Ordnung zu bringen”, sagt Helena Mayer. „Die Räume sind auch viel zu wenig, wir haben vier Räume für die acht Klas­sen. Also in jedem Raum lernen gleichzeitig je zwei Klassen. Unge­fähr 300 000 Forint werden die Bau­kosten betragen. Die Bevölkerung hat 15 000 Forint beigesteuert, und hat sich verpflichtet, in gesellschaft­licher Arbeit beim Bau der Schule mitzuhelfen, damit die 195 Kinder so schnell wie möglich unter besseren Verhältnissen lernen können.” Die Bevölkerung von Isztimíór hat dieses Jahr den Bau von Betonfuss­­steigen angefangen, 600 Laufmeter sind schon fertig. „Im Jahre 1969 möchten wir erreichen, dass im gan­zen Dorf auf beiden Seiten der Stra­sse Betonfusssteige führen, ungefähr zwei Kilometer fehlen noch.” Auch das Problem des Trinkwas­sers soll im Jahre 1969 gelöst werden. Isztimér hat sehr schlechtes Wasser, so dass man es überhaupt nicht trin­ken kann, nur dann, wenn man es vorher kocht. In Bakonykúti, das drei Kilometer von Isztimér entfernt liegt, wird heuer ein Zwergwasserwerk er­richtet, das aber auch Isztimér und Guttamási mit gutem Trinkwasser versorgen wird. Seine tägliche Kapa­zität wird 513 Kubikmeter betragen. Erleichterung des Einkaufs Zwei Lebensmittelgeschäfte gibt es im Dorf. In allen beiden müssen die Käufer stets Schlangen stehen. Die Geschäfte sind viel zu klein für die 1880 Menschen, die im Dorf wohnen. Eine Frau beklagte sich, dass der Einkauf oft eine halbe Stunde und Was erwartet man vom neuen Jahr? Welche Pläne hat man für 1969? Diese Fragen stellte ich in der vereinigten LPG „Lenin” von Ba­­konykuti, Guttamási und Isztimér im Komitat Fejér zwei Fachleuten. Mei­ne Gesprächspartner waren der Hauptbuchhalter Josef Streit und der Hauptagronom István Petracsek. Mohrrübenanbau „Das vergangene Jahr ist besser gelungen, als wir Ende Mai schätz­ten. Denn damals richtete die Dürre den grössten Schaden im Weizen, den Kartoffeln und im Flachs an. Beim Flachs beträgt der Ausfall insgesamt 500 000 Forint. Bei der Emteeinbrin­­gung stellte es sich heraus, dass wir trotz der Dürre bei verschiedenen Pflanzen ganz gute Durchschnittser­träge erreichten. Der Weizen zum Beispiel brachte 13 Doppelzentner pro Joch. Diese 13 Doppelzentner wä­ren auf ebenem, gutem Boden viel­leicht sehr wenig, aber unsere Boden­verhältnisse ermöglichen kaum besse­re Erträge. Die Äcker sind recht ab­hängig und steinig. Übrigens stehen wir gerade vor der Schlussabrech­nung. Zur Zeit läuft die Wirtschafts­bestandsaufnahme und anschliessend folgt die Aufstellung des Wirtschafts­planes für 1969. Aber wir können schon jetzt einiges über die Pläne sa­gen, denn im Laufe des Jahres spra­chen wir oft darüber, was in der Zu­kunft anders gemacht werden soll­te”, sagt mir Josef Streit. Ungefähr 50 Prozent der Einnah­men der LPG stammen aus der Pflanzenzucht und die andere Hälfte aus der Viehzucht. Betrachten wir also diese zwei wichtigen Wirt­schaftszweige der LPG näher. „Genauso wie im vergangenen Jahr bauen wir auf 780 Joch Weizen an”, erklärt mir István Petracsek. „Aus­serdem auf 400 Joch Kukuruz und auf 120 Joch Flachs. Der Pflanzen­bau soll unbedingt das nötige Futter für die Viehzucht sichern. So züch­ten wir auf 250 Joch Luzerne, auf 100 Joch Silokukuruz, auf 88 Joch Zuckerrüben sowie Hafer, Kartof­feln, Sommergerste usw.” „In der Pflanzenzucht wollen wir im neuen Wirtschaftsjahr einen Ver­such, und zwar mit Mohrrüben, un­ternehmen”, übernimmt der Haupt­buchhalter das Wort. „Die Alten erzählen oft darüber, dass man vor 15—20 Jahren sehr gute Erträge an Grünzeug erreichte. Warum sollte uns dies dann nicht auch gelingen? Zunächst versuchen wir es auf 20 Joch, und wenn die Sache gut ein­schlägt, erweitern wir dann die An­baufläche.” Kostenaufwand: 2200000 Forint Im Viehbestand der LPG will man einige Änderungen vornehmen. Zur Zeit züchtet man 127 Kühe, deren Zahl bis Ende 1969 die 150 erreichen soll. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Ställe 'erweitert und gleich­zeitig auch modernisiert werden. Denn sie entsprechen nicht den An­forderungen der zeitgemässen Vieh­zucht. Das meiste Geld wird also in die Viehzucht investiert. Man plant einen neuen modernen Kuhstall mit Wasserleitung, Selbsttränken und ei­ner Einrichtung für die Düngeraus­bringen. Platz soll für 152 Kühe vor­handen sein. Die Baukasten betragen voraussichtlich 2 200 000 Forint. Und wer verrichtet den Bau? „In Bicske kam die Bauvereinigung der LPG im Bezirk zustande, die uns 1968 einen Betriebsstoffbehälter bau­te, und wir waren mit der Arbeit sehr zufrieden. Diesen Kuhstall sol­len also ebenfalls Handwerker der Vereinigung bauen. Ausser den Kü­hen halten wir noch 100 Mutterscha­fe. Diesen Bestand möchten wir 1969/70 auf 1500 erweitern. Die 1100 Mastschweine sind auch nicht in mo­dernen Ställen untergebracht. Aber der Bau von neuen Schweineställen kann erst 1970 und 1971 vorgenom­men werden”, setzt Josef Streit fort. Mechanisierung Die LPG, die auf insgesamt 4000 Joch wirtschaftet, zählt 264 Mitglie­der. Das Durchschnittsalter der Mit­glieder liegt bei 57 Jahren. 1969 ge­hen 27 Mitglieder in den Ruhestand. Diese Tatsache erfordert eine Wei­terentwicklung der Mechanisierung. Der Maschinenpark der LPG reicht zur Zeit aus, die Traktoristen können sogar anderen LPG und Unterneh­men aushelfen. Ausser den 16 Kraft­maschinen besitzt die LPG auch ei­nen Lastkraftwagen. Wenn aber so viele Mitglieder bei der Arbeit aUn­fällen, muss die LPG bestimmte Ar­beitsvorgänge mechanisieren, um sie rechtzeitig verrichten zu können. Es gibt vielerorts auch eine andere Lö­sung: die Aufnahme neuer, junger Arbeitskräfte. „Leider fällt bei uns diese Möglich­keit aus. Die Jugend arbeitet in Inota, Kincsesbánya, Balinka, viele Mädchen und Frauen in Székesfehér­vár und Bodajk. Es bewerben sich kaum welche bei uns um Aufnahme”, erklärt mir der Hauptagronom. „Au­sserdem müssen wir in Betracht zie­hen, dass unsere Mitglieder, wenn auch sehr fleissig, so doch ziemlich alt sind und es gilt, ihre Arbeit zu er­leichtern. Deshalb beschäftigt uns die Frage der Mechanisierung sehr. Wir besichtigten auf mehreren Fachvor­führungen die Kukuruz- und Zuk­­kerrübenerntemaschinen. Was das Kukuruzbrechen anbelangt, gefiel uns die Arbeit der Maschinen nicht, sie sind noch nicht vervollkommnet. Aber die Mechanisierung der Ein­bringung der Zuckerrüben könnte verwirklicht werden. Natürlich kön­nen wir dieses Problem nicht in ei­Mit berechtigtem Stolz blickt der Pusztavámer Kumpel Adam Jüllieh auf sein ,,Zwölf-Jahre-Werk” zu­rück. Im April werden es 12 Jahre, dass der damals 27jährige Adam Jül­­lich die damals 17 Jahre junge Anna Rigó geheiratet hat. In der vergange­nen kurzen Zeit haben sie sich unter anderen einen richtigen „Palast” mit vier grossen Zimmern und jeglichem Komfort auf gebaut. Vor drei Jahren kaufte die Familie auch einen Sko­da—1000. Ausser einem Zimmer wur­de seither auch die Wohnung modern und geschmackvoll eingerichtet. Der Boden ist überall mit Teppichen be­legt und an den Wänden fehlen die Bilder nicht. Die Arbeit der Haus­frau wurde durch zahlreiche Haus­haltsmaschinen wie Waschmaschine, Kühlschrank, Ölofen, Gasherd be­deutend erleichtert. Fernseher und Radiogerät zählen bei den Jüllichs genauso zu den selbstverständlichen Verbrauchsartikeln. Reise durchs Land Die vergangenen Jahre sind also gut ausgefallen. Wie soll es nun wei­tergehen? Zum Beispiel in wirt­schaftlicher Hinsicht? „Für das nächste Jahr haben wir keine besonderen Ziele. Einige klei­nere Sachen wollen wir uns natür­lich auch 1969 anschaffen.” Was Adam Jüllieh aber unter „klei­neren Dingen” versteht, das stellt sich bei unserem weiteren Gespräch heraus. „Das eine grosse Zimmer ist noch einzurichten. Wir haben uns schon die entsprechenden Varia-Möbel aus­gesucht. Wir wollen eine komplette Garnitur kaufen. Der Preis ist unge­fähr 16 000 Forint. Nun soll auch endlich der Wunsch meiner Frau er­füllt werden: Sie möchte einen Pelz­mantel. Sie will auch sonst nach der Mode gehen. Und das ist richtig so. Viel dachten wir auch darüber nach, wie wir unsere Wohnung noch schö­ner einrichten können. Da haben wir festgestellt, dass neue breite Per­serteppiche eigentlich unentbehrlich sind. Auch die Wände würden dem Zimmer einen anderen Eindruck ge­ben, wenn sie den modernen Möbel­stücken entsprechend ebenfalls mit modernen Fresken behängt wären. Im nächsten oder übernächsten Jahr tausche ich meinen Skoda gegen ei­nen neuen Wagen aus. Das wären un­sere Pläne in grossen Zügen.” Dass diese Vorstellungen verwirk­licht werden können, daran zweifeln die Jüllichs nicht. Frau und Mann arbeiten beim Bergwerk. Ihr ge­meinsamer Verdienst erreicht 5000 Forint monatlich. Dazu kommen noch die gelegentlichen und Jahresprämi­en sowie die Gelder für verschiedene andere Arbeiten. Oft arbeiten sie nach der Arbeitsschicht noch weite­re 6—8 Stunden auf den Feldern. Plusarbeit wollen die Jüllichs in Zu­kunft aber nicht mehr annehmen. Sie meinen nämlich mit Recht, dass ihr regelrechtes Einkommen allein aus­reicht, ein bequemes Leben zu füh­ren. Jetzt wollen sie das Leben mehr gemessen, sich mehr unterhalten, bil­den, und die Freizeit besser gestal­ten. Zwar halben sie schon seit über drei Jahren einen Wagen, aber ge­rade der Mangel an Zeit hat sie be­hindert, das Auto gut auszunützen. Fahren tun nicht nur Vater und Mut­ter, sondern auch der elfjährige Sohn Adam gern. Sie haben sich in den Winterabenden schon ein Reiseziel ausgedacht. Der Weg wird aus der engeren Heimat hinaus in fernere Landschaften führen. Alle drei inter­essieren sich für die frühere ungari­sche Geschichte. Vor allem die Bur­gen in Esztergom, Visegrád, Eger wollen sie besichtigen. Im Spätfrüh­jahr planen sie eine Reise nach Pécs und Siklós. Im Urlaub begeben sie sich dann auf eine grössere Ungarn­reise. Ihr Weg führt über Budapest, Kecskemét, Kalocsa, die Tolna, Sió­fok. In Zukunft wollen Jüllichs am Wochenende nicht mehr larbeiten. Samstag und Sonntag sollen der Ru­he, der Zerstreuung dienen. Auch ei­ne Auslandsreise ist eingeplant. „Zivilisierter leben” „Schon lange Zeit haben wir einen Fernseher”, erzählt Adam Jüllieh weiter. „Nach der schweren Arbeit hatten wir aber selten Zeit und Lust, uns mindestens die wichtigsten und interessantesten Programme anzuse­hen. Die Tagesschau über die Welt­geschehnisse, die Programme, die der Bildung dienen, interessieren mich besonders, ferner auch die Fernsehspiele und die vielen kultu­rellen Sendungen, Wettbewerbe. Wir haben uns schon viele Bücher ge­kauft, gelesen aber nur einige. Auch hier soll eine Wende eintreten. Alles in allem: wir wollen auch künftig fest an die Arbeit herangehen. Wir wollen aber nicht immer nur arbei­ten, sparen und neue Sachen kaufen. Wir wollen vom Leben etwas mehr haben, mehr Freizeit, mehr Reisen, mehr Ruhe, Entspannung. Wir wollen zivilisierter leben”, sagt Kumpel Adam Jüllieh. Wendel Hambuch In der LPG „Lenin 9 In der Familie Jüllieh Die beiden Jüllichs mit ihrem Skoda vorm neuen Haus In Isztimér Das Dorf Isztimér im Komitat Fe­jér hat die Siedlungsform des Buch­stabens „V”. Der eine Stengel dieses Buchstabens ist die alte, deir andere die neue Siedlung. Fast alle neuen Häuser sind in gleicher Form gebaut, gellb gestrichen, und vor allen Häu­sern gibt es Blumengärten, vor vie­len sogar Bänke, wo sich die Men­schen bei schönem Wetter ausruhen und plaudern. Aber an jenem Tag, an dem ich das Dorf besuchte, war gar kein schönes Wetter, es war ziemlich nebelig und kalt, geschneit hat es auch. Auf der Strasse konnte man nur Kinder sehen, die mit gro­ssem Lärm einander auf den Schlit­ten zogen. Drinnen im Rathaus ist es ange­nehm warm. In einem modern einge­richteten Raum sitzt Helena Mayer, seit zehn Jahren Ratssekretärin des Dorfes. Von ihr will ich über die Plä­ne des Dorfes im Jahre 1969 erfah­ren. noch mehr Zeit in Anspruch nimmt. Eine andere Frau, Maria Hegel, meinte: „Dieses Jahr hat man ein Es­presso errichtet, einen grossen Kühl­schrank und eine Kaffeemaschine ge­kauft. Das ist alles sehr schön, aber ich glaube, es wäre viel wichtiger ge­wesen, endlich mal diese zwei Ge­schäfte zu erweitern. Übrigens ist hier vom Waschpulver bis zum Zahn­stocher und zur Milch alles zu haben, aber es ist schrecklich, dass wir im­mer so lange warten müssen, bis wir endlich an die Reihe kommen.” Und was sagt die Ratssekretärin dazu? „Bis Anfang August war es so, dass wir das eine Geschäft erweitern, einen neuen Raum dranbauen wer­den, denn die Kritik ist berechtigt. Dann hat der Rat aber eine andere Lösung beschlossen: den Bau eines grossen Selbstbedienungsladens für Lebensmittel. Was das Espresso be­trifft, so stand an seiner Stelle eine Trinkstube, und die Jugendlichen beklagten sich bei uns, dass sie sich ausser dem Kulturhaus nirgends tref­fen können. Wir liessen dann diese Trinkstube im September in ein Es-presso umbauen, das nachmittags und albendsd ziemlich voll ist. Ei­nen Selbstbedienungsladen möchten wir im Frühjahr anfangen zu bauen, hier mitten im Dorf.” Diskussionen und Fachvorträge In kultureller Hinsicht steht das Dorf ziemlich gut. Ein schönes Kul­turhaus steht zur Verfügung, mit Fernsehapparat, Radio und Kinosaal. Zweimal in der Woche werden Fil­me vorgeführt, stets vor vollem Haus. Auch eine schöne Bibliothek steht zur Verfügung. Es gibt hier 400 Bücher, darunter auch deutsche. Die Leute kaufen sich aber auch vie­le neue Bücher, denn sie lesen sehr gern. In jeder Familie des Dorfes gibt es jemanden, der Mitglied der Bücherei ist. „Im Jahre 1969 möchten wir eine noch regere kulturelle Tätigkeit ent­falten”, sagt Helena Mayer. „Wir möchten, dass das Déryné-Theater mehrmals bei uns seine Stücke vor­führt, möchten Dichter oder andere Künstler zu Diskussionen einladen und auf Wunsch der Bevölkerung verschiedene Fachvorträge halten lassen.” Christine Merly Ratssekretärin Helena Mayer nem Jahr lösen, wir hoffen stufen­weise 1969 und 1970 diese schwere und viele Arbeitskräfte benötigende Arbeit mechanisieren zu können.” Der Mangel an Arbeitskräften bzw. das Alter der Mitglieder beeinflussen zur Zeit noch nicht die gute Arbeit und die guten Ergebnisse. Seit acht Jahren — 1960 betrug der Wert ei­ner Arbeitseinheit 20 Forint — er­höht sich das Einkommen der Mit­glieder und der Genossenschaft stän-dig. Im vergangenen Jahr zahlte man schon 60 Forint pro Arbeitseinheit aus. „Heuer können wir nicht so viel auszahlen, nur ungefähr 50 Forint, wegen der Dürre. Vom neuen Jahr aber erwarten wir wieder bessere Er­folge und hoffen, wieder 60 Forint pro Arbeitseinheit erreichen zu kön­nen”, so der Hauptagronom István Petracsek. Eva Maya BUDAPEST, 3. JANUÁR 1969 MZ 3

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