Neue Zeitung, 1970 (14. évfolyam, 1-52. szám)
1970-01-02 / 1. szám
Forum der Pädagogen: Deutschunterricht in Majos Vor der Deutschstunde sprach Schuldirektor und Deutschlehrer in Majos, Adam Tülmann, darüber, dass ihm beim muttersprachlichen Unterricht die Anschlussstunden die grössten Sorgen bereiten: „In dieser Hinsicht könnte man nur eine Lösung finden, wenn die Schulen mehrer Nachbar gemeinden gemeinsame Klassen bilden würden, das heisst: wenn die Deutsch-Schüler in der Schule, z. B. in Majos, zusammenge-zogen werden könnten. Diese Lösung hängt aber unter anderen auch von den Transportmöglichkeiten ab. Die Zahl der Schüler würde jedenfalls diese Konzentration ermöglichen. Vorläufig bleiben also die bekannten und so oft betonten Schwierigkeiten der Anschlussstunden: müde Schüler, erschöpfte Lehrer und vor allem das Gefühl einer Sonderpflicht.” Nacherzählen eines Lesestückes Der Stunde, zu der Adam Tillmann mich eingeladen hatte, wohnten Kinder aus der fünften und sechsten Klasse bei. Den Altersunterschied merkte ich kaum, denn die Sprachfertigkeit der Kinder steht beinahe auf demselben Niveau, so dass der Lehrer nicht gezwungen ist, die beiden Klassen in der Stunde zu trennen, sie arbeiten immer zusammen. In der Stunde wurde bereits Gelerntes wiederholt, und gleichzeitig wurden auch die Halbjahrzensuren der „schwankenden” Schüler festgestellt. Die Schüler melden sich gewöhnlich selbst zur Antwort. Eugen Hosszú möchte eine Fünf im Zeugnis haben. Er bekommt die Aufgabe, den Inhalt des zuletzt gelernten Lesestückes mit eigenen Worten nachzuerzählen. Die anderen verfolgen seine Worte, registrieren und verbessern die Fehler. Eugen steht aber seinen Mann: „Die Schule ist aus. Franz und Bärbel gehen nach Hause. Es regnet. Franz sagt zu Bärbel: »Mein Vater geht immer ohne Hut, auch wenn es regnet oder schneit. Ist das nicht fabelhaft?« szú trotz des kleinen Fehlers eine Fünf. Um die ganze Klasse zu aktivisieren, folgt der ersten Antwort eine kleine gemeinsame Übung der Grammatik. Adam Tillmann will keine gebüffelten Regeln hören, sondern „angewandte Grammatik”, Beispielsätze für den Gebrauch der Hilfszeitwörter „sein”, „werden”, „haben”. Die Frage ist schwer, die Kinder verwechseln die Hilfsverben mit den Verben, besonders bei „sein” und „werden”. Die Sätze: „Ich bin Schüler, ich werde Arzt usw.”, führen die Gedanken der Schüler in eine falsche Richtung. Adam Tillmann erklärt ihnen aber deutlich, dass in solchen Sätzen das „sein” und „werden” nicht die Rolle eines Hilfsverbs spielen. Eine der Besten, Rosalia Deckmann, findet darauf die richtige Antwort: „Ich bin gestern zu Hause gewesen.” Die Klasse übt nachher alle Zeitformen mit Hilfsverben: Die Beispiele müssen in richtigen Sätzen eingebettet werden. Mit Überraschung nahm ich zur Kenntnis, dass die Kinder der 6. Klasse auch die Form des Futurum perfektuál kennen. Erika Stein sagt einen Satz: „Nachdem du meinen Brief erhalten haben wirst...” Das Lernen neuer Wörter Dann antwortet Josef Kirch, er bekommt eine Vier. Die zweite Hälfte der Stunde wird dem neuen Material gewidmet. Adam Tillmann verfolgt die Methode, die man meistens nur bei Fortgeschrittenen anwendet. Bevor das neue Lehrstück gelesen wird, beschäftigt sich die Klasse mit den neuen Wörtern. Der Lehrer sagt bekannte Synonyme zum unbekannten Wort oder Ausdruck, setzt sie in Sätze, die die Schüler verstehen. Daraus sind die richtige Bedeutung und zugleich auch der richtige Gebrauch zu erkennen. „Die Kinder von 3 bis 6 Jahren gehen in den Kindergarten. Im Kindergarten bleiben sie den ganzen Tag über . .. usw.” Am geschicktesten fand ich die Erläuterung des Verbs „ausleihen”, nachdem Bibliothek, Bücher und Kulturhaus bereits bekannte Begriffe für die Kinder waren. „Rosalie liest gerne, sie hat aber kein Buch zu Hause zu lesen und geht in die Bibliothek. Sie bittet um einen Roman von Jules Verne, die Bibliothekarin gibt ihn ihr, und sie darf den Roman für einen Monat mit nach Hause nehmen. Sie hat das Buch ausgeliehen.” rer bekannt, dass die mechanische Einwirkung der ungarischen Sprache die schwierigsten Probleme beim Fremdsprachenunterricht verursacht. Die Schüler übersetzen ungarische Sätze ins Deutsche, indem sie die ungarischen Ausdrücke und Redewendungen einfach „verdeutschen”. Es soll hier darauf hingewiesen werden, dass aus didaktischen Gründen die beabsichtigte Betonung, Hervorhebung der wichtigsten Unterschiede in der Betrachtungsweise der beiden Sprachen von grosser Bedeutung sind. Die Aufmerksamkeit der Schüler soll mit Absicht darauf hingelenkt werden, dass es grundsätzliche Unterschiede zwischen den Sprachen gibt, so auch zwischen einer finnisch-ugrischen (wie Ungarisch) und einer germanischen (wie Deutsch). Viele Schüler sind sich auoh nach dem Abitur nicht im klaren über den Gebrauch der Verhältniswörter „an” und „auf”, da es diesen Unterschied im Ungarischen gar nicht gibt (asztalra: auf den Tisch, táblára: an die Tafel, usw.), um nur ein Beispiel dafür zu erwähnen. Anspornung zum Weiterlernen In den letzten fünf Minuten der Stunde unterhielten sich die Schüler mit dem Lehrer über die Bibliothek, den Kindergarten, das Rathaus und das Kino in ihrem Heimatdorf, und zwar in ganz einfachen Sätzen, die Fehler selbst korrigierend. Lehrer Adam Tillmann leitete die Stunde mit grosser Routine, flott und vor allem in enger Verbindung mit seinen Schülern. Eins steht fest: die Vorteile des muttersprachlichen Unterrichtes, in diesem Falle zugleich des Unterrichts einer in aller Welt bekannten Sprache, offenbaren sich in der 5.—6. Klasse bereits eindeutig. Mit 12 Jahren können diese Kinder schon deutsch wie die Schüler der 2.—3. Klasse eines Gymnasiums, und sie erleben schon die ersten Erfolge im Gebrauch einer vorwiegend in der Schule erlernten Sprache und werden dadurch dazu angespomt, sich auf diesem Gebiet weiterzubilden. Bei den Besten dieser beiden Klassen liess sich diese innere Triebkraft beobachten. Mich hat besonders dieses Positivum der Deutschstunde in Majos beeindruckt. István Kenesei Der vergangene Sommer hat die badefreudigen Einwohner Budapests ziemlich stiefmütterlich behandelt. Der grössere Teil der schönen und noch schöneren Strandbäder der Hauptstadt gähnte vor Leere, in denen — wenn das Wetter gut ist — auch 150 000 Badegäste im Wasser herumplantschen oder sich sonnen. Der Budapester Badedirektion, in deren Verwaltung sich die Heil- und Strandbäder befinden, brummte der Kopf vor Sorgen. Hatten sie doch im vorigen Jahre für die Instandsetzung, das Anstreichen und die Anlegung von Parks in den Strandbädern 30 Millionen Forint ausgegeben. Aus den Einnahmen konnten sie nur einen Bruchteil davon decken. Das war freilich nicht immer so. Die Entdeckung Ödön Szakáll, dem Leiter der technischen Abteilung der Direktion Bäder, liegen die Budapester Bäder sehr am Herzen. Als Amateurhistoriker beschäftigt er sich viel mit der Geschichte der Budapester Heilwässer. Es ist allgemein bekannt, dass wir Ungarn — auch andere behaupten das — Budapest gern als Stadt der Bäder bezeichnen. Inwiefern ist das wahr? Wenn wir von der Badekultur Budapests sprechen, führt Ödön Szakáll aus, muss man wissen, dass der Teil zwischen den Budaer Bergen und der Donau eine der ältesten ständigen Niederlassungen in Europa ist. Die Bewohner der Ursiedlungen bemerkten, dass die wilden Tiere der nahen Wälder nicht nur zu den warmen Quellen liefen, um zu trinken, nein, auch ihre verletzten Glieder sowie ihre vernarbten Knochenbrüche, badeten sie gern in den schwefligen Thermalquellen. So kamen die Ursiedler auf die instinktiven Heilmethoden der Tiere, und schnell überzeugten sie sich davon, dass die Warmwasserquellen nicht nur ihre Lebensexistenz sicherten, sondern auch eine Milderung ihrer Schmerzen brachten, ihren Organismus heilten und auffrischten. Kein Wunder daher, dass die Ursiedler diesen Platz niemals verlassen wollten und sich das Heilgeheimnis ihrer Quellen von Generation auf Generation vererbte. Wir können feststellen, dass die Badekultur Budapests auf mehrere tausend Jahre zurückblicken kann. Aus dem römischen Zeitalter erbten wir weite Räumlichkeiten, in den Wänden eingelassene Luftheizungen. Auf die Gestaltung unserer heutigen Badekultur hatte ausser den Römern auch die Türkenherrschaft einen grossen Einfluss. Von ihr ererbten wir die kuppelartigen Bassin-Hallen und die Dampfkammern. Aber auch von den nordischen Völkern lernten wir, nämlich die Sauna-Bäder, das ist ein Dampfbadsystem mit warmem und kaltem Wasser. . Budapest wurde schon immer gern von Heilbedürftigen aufgesucht. Deshalb begann man auch Anfang des 20. Jahrhunderts mit grossangelegten Bauten. Im Jahre 1913 entstand im Stadtwäldchen das Széchenyi-Heilbad, 1918 eines der vollkommensten Heilkomplexe Europas: das Heilbadhotel Gellert. Heute besitzt Budapest sieben Heilbäder, fünf Badeanstalten für Reinigungszwecke und siebzehn Strandbäder. Heilwasser aus 60 Quellen Das Wasser dazu kommt aus sechzig Quellen bzw. Quellengruppen. Und aus diesen wiederum ergiessen sich täglich 50 Millionen Liter Wasser in einer Temperatur von 20—70 °C, das in seiner Mehrheit Calcium, Magnesium, Natrium, ferner Hydrocarbonat-, Chloritund Sulfat-haltiges Heilwasser enthält. Wir haben Quellen, deren Schwefel-, Jod-, Brom-, Fluor- oder Radium-Gehalt bedeutend ist. Heute können die darauf Angewiesenen in den Bädern schon balneotherapische und physisch-therapische Behandlungen erhalten. In unseren Bädern unternehmen gutausgebildete Ärzte alles, damit die Kranken die entsprechend richtige Behandlung erhalten und Linderung ihrer Schmerzen finden. Im Rudas-Bad wurde jetzt die Munddusche einmontiert, die die allerneuste Heilbad-Leistung ist. Unsere Heil- und Strandbäder nahmen im letzten Jahr 9 Millionen Menschen in Anspruch. Auf das alles sind wir deshalb stolz, weil ein grosser Teil unserer Heilbäder während des Krieges sehr beschädigt wurde, die Vernichtung betrug 70— 90 Prozent. Die Wiederherstellung ging flott vonstatten: das Széchenyi-Heilbad konnte schon im März 1945, das Gellért-Bad im Mai 1945 geöffnet werden. Das Rudas-Bad stand den Heilbedürftigen schon im September 1945 zur Verfügung. Schuldirektor und Deutschlehrer Adam Tillmann besteht darauf, dass die Schüler während der Stunde nur deutsch sprechen Spannende Sekunden nach der Frage: „Wer meldet sich zur Antwort, um die Halbjahrzensur endgültig festzulegen?” Budapest — die Stadt der Bäder Winterliches Baden im Freien im Bad Szabadság Richtige Beispielsätze — Sag’ einen Befehlsatz! — fordert ihn der Lehrer auf, um sich davon zu überzeugen, wie Eugen die grammatischen Kenntnisse selbständig anwenden kann. — Lies den ersten Satz! — antwortet er und soll den richtigen Satz gleich an die Tafel schreiben. Mit der Rechtschreibung der Befehlsform von „lesen” gibt es aber Probleme, die Klasse muss ihm zur Hilfe kommen: statt einem „scharfen s” muss am Ende ein „s” stehen. Mit Rücksicht darauf, dass er sich freiwillig meldete, bekommt Eugen Hosz- BUDAPEST, 2. JANUAR 1970 * KTZ Betonung der Unterschiede Dabei wiederholen die Schüler gleich jeden Satz, damit sie die Aussprache üben. Diese Methode hat den grossen Vorteil, dass die störende Wirkung der ungarischen Sprache ausgeschaltet werden kann. Es ist jedem Leh Berichtigung Im Leitartikel der Nummer 51 des vergangenen Jahres „Die Patriotische Volksfront und die Nationalpolitik” ist ein Druckfehler erschienen. Im ersten Absatz, Zeile 7, heisst der Satz, der mit „Die Daten . . beginnt, richtig: „... die geschätzten Daten zeigen, dass 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes nichtungarischer Muttersprache sind.” Schon die Römer Während der römischen Besetzung machten die Römer ihre eigene entwickelte Badekultur hier heimisch, die die Grundlage unserer heutigen Badekultur bietet. Die bisher erfolgten Ausgrabungen aus dem römischen Zeitalter — am Donauufer des heutigen Óbuda entlang — zeugen von der Existenz eines entwickelten Badezentrums, das auf Bäder für die Soldaten, für die Verwaltungsbeamten und für Zivilpersonen auf geteilt war. Zwei weitere Bäder Unsere Heil- und Strandbäder erweisen sich als zu klein, deshalb werden in naher Zukunft zwei grosse Heilbadkomplexe geplant. Die Planzeichnungen für das eine, das im XIV. Bezirk liegen und den Namen Pascal-Bad tragen wird, sind schon fertig. Wenn beide fertiggestellt sein werden, können wir mit noch mehr Recht behaupten, dass Budapest die Stadt der Bäder ist. Rózsa Kapusi Schlammpackung im Lukács-Bad