Neue Zeitung, 1972 (16. évfolyam, 1-52. szám)

1972-01-07 / 1. szám

Vor dem Bildschirm Nicht schlechter als sonst...? Der Titel bezieht sich auf das Silve­­sterprogramm des Fernsehens, über das wir bereits im voraus folgendes erfah­ren konnten: „Silvester 1971” — sei das neueste Ver­suchsprogramm des Ungarischen Fern­sehens, unter der Chefredaktion von Katalin Balia und Tamás Fellegi. Redak­teur: Miklós Kaposy, Musikredakteur: Klári Mike. Der Leser möge mir verzeihen, wenn ich nicht aufzähle, wer alles die Texte des Programms verfasst hat, und ich unterlasse es auch, die lange Reihe der Mitwirkenden, der Redakteure, Regis­seure usw. der einzelnen Nummern auf­zuzählen. Ich will auch nicht die Titel der einzelnen Produktionen anführen und versuche auch nicht darauf einzu­gehen, ob die einzelnen Nummern jenes Ziel erreicht haben, wofür Mitwirkende und Hersteller so viel Mühe investierten. Statt dessen möchte ich mich eher mit einer der einleitenden Bemerkungen von László Tabi auseinandersetzen. Er sagte ungefähr folgendes: Laut Meinung der Redakteure, Regisseure und des techni­schen Personals ist auch dieses Silve­sterprogramm nicht schlechter als die bisherigen. (Verzeihen Sie mir bitte das ungenaue Zitat!) Nun, damit kann ich nicht vollkom­men einverstanden sein und möchte nun selbst auf die im Titel gestellte Frage antworten: Dieses Silvesterprogramm war unter den Silvesterprogrammen der vergangenen Jahre eines der schwäch­sten. Und wenn ich an den Untertitel des Programms denke: „Neuestes Ver­suchsprogramm” — so muss ich sagen, dass dieses Experiment nicht gelungen ist. Jetzt müsste ich freilich jede einzel­ne Nummer einzeln analysieren, um meine kritische Bemerkung mit konkre­ten Beispielen zu unterstützen. Eine solche Fach-Analyse fiele jedoch aus dem Rahmen unserer Zeitung. Ich möch­te mich hier lediglich nur mit der Fra­ge befassen, ob und in welchem Masse es dem Fernsehen gelungen ist, seinen vier Millionen Zuschauern in den letz­ten Stunden des Jahres angenehme Un­terhaltung zu bieten. Denn darum geht es. Dem Charakter des Jahresendes ent­sprechend, wo man im allgemeinen lu­stig und ausgelassen ist, müsste sich auch das Fernsehen mit einem lustigen Programm voller Musik, Tanz und Ka­barett anpassen. Denn immer mehr und mehr Menschen sehen sich das TV-Pro­gramm an, nicht nur zu Hause, sondern auch in Kulturhäusern, Lokalen usw. Letztere Behauptung sei mit einem Bei­spiel untermalt: Der Kleine Ring in Budapest, die Bajcsy-Zsilinszky-Strasse, lag am Abend wie ausgestorben da. Und in den Konditoreien, die sich am Tage wahrhaftig nicht über Gästemangel be­klagen können, herrschte ebenfalls gäh­nende Leere. In der einen Konditorei hatte man jedoch ein Fernsehgerät auf­gestellt, und diese war bis in die frü­hen Morgenstunden gerammelt voll! Natürlich kann man bei solch einem Anlass nicht für jedermann ein ent­sprechendes Programm zusammenstel­len. Das ist klar! Wahr ist aber auch, dass dieses Fernsehprogramm den über­wiegenden Teil der Zuschauer nicht be­friedigte. Der erste Fehler lag in der übertrie­benen Zerstückelung des Programms. Ausserdem fehlte ihm das Rückgrat, das gut geschriebene, gut redigierte, zu­sammenhängende Kabarett: Salz und Pfeffer eines jeden solchen Abends. An­stelle der „Blitz-Scherze” hatte der Zu­schauer eher ein geistreiches und gu­tes Kabarett-Programm erwartet, und in dessen Rahmen hätten dann auch diese „Blitz-Scherze” das ihrige getan! Ausgesprochen schwach war die Stumm­film-Parodie, und der „Klub der Hu­moristen” erscheint wohl auch etwas zu oft auf dem Bildschirm. Denn das „Forum” war ja eigentlich ganz genau dasselbe — nur das hier einige Persön­lichkeiten des öffentlichen Lebens Fra­gen stellten. Ganz davon zu schweigen, dass diese Filmaufnahmen auch quali­tativ schlecht waren. Was trotz alledem gefiel? Der humo­ristische Monolog von Siegfried Brach­feld. Hervorragend war die Parodie auf die Fernsehfilmserie „Sándor Rózsa” im glänzenden Vortrag von Géza Hofi. Die blutarme Neu-Synchronisierung der „Forsyte-Saga”-Parodie gefiel jedoch nicht. Danach bot das Komödienspiel von Alfonso allerdings etwas Erfri­schung. Und sprechen wir auch über das Schlager-Programm, dessen erster Teil eine Produktion des ungarischen Fern­sehens, der zweite — und bessere Teil — eine Filmmontage war. Über die anderen Details des Silve­ster-Programms habe ich hier deshalb nicht gesprochen, weil sie derartig grau waren, dass sie nicht des Erwähnens wert sind. Abschliessend sei noch so viel gesagt: Die Kritik am Silvester-Programm des Fernsehens sollte nicht mit einer ab­winkenden Handbewegung abgetan werden. „Schade um die Worte”, meint der Zuschauer sowieso, „es verändert sich ja doch nichts”... Und auch die Gestalter des Programms sollten die Angelegenheit nicht damit erledigen, „Wir sind schon gewohnt, dass Ihr Euch an uns die Zungen wetzt...” Doch das ist nicht ganz so! Bezie­hungsweise, wenn es so ist, dann ist es nicht in Ordnung! Die Qualität des Sil­vester-Programmes ist natürlich nicht ein erstrangiges Problem unseres Lan­des — trotzdem würde es nicht schaden, ihm mehr Aufmerksamkeit zu widmen! Wollen wir doch das alte Jahr heiter und nicht verärgert verabschieden! György Gräber „Ein kurtzweilig lesen.. Heute meinen die Wissenschaftler zu wissen, dass Till Eulenspiegel tat­sächlich gelebt hat, und zwar zwischen 1300—1350. Seine Taten, seine Bauern­schlauheit, seine Wanderjahre wurden aber erst um 1500 in einem Volksbuch niedergeschrieben, das in Braunschweig erschien — und demzufolge den Ti­telhelden als einen geborenen Braunschweiger betrachtet. In Druckform wurden die Geschichten mit und um den Eulenspiegel 1515 in Strassburg herausgebracht; dieses Buch trug den berühmt gewordenen Titel „Ein kurtz­weilig lesen von Dyl Vienspiegel, geboren uss dem land zu Brunsswick. Wie er sein leben vollbracht hatt...” Nacherzählt in der heutigen Sprache von Anne Geelhaar, veröffentlicht die NZ nun in Fortsetzungen jene Fassung, die 1956 im Kinderbuchverlag, Berlin, erschien. In der vorigen Nummer lasen Sie: „Wie Eulenspiegel geboren und dreimal getauft wurde”, „Wie Eulenspiegel auf dem Seile tanzte und den Kindern ihren Spott vergalt” und „Wie Eulenspiegel in einen Bienenstock kroch und die Diebe verscheuchte”. Wie Eulenspiegel einem faulen Bäcker Eulen und Meerkatzen buk My ulenspiegel wollte sich in der Welt Mj umschauen, um zu erfahren, ob es woanders besser zuging als in sei­nem kleinen Heimatdorf. Also wander­­te er von Ort zu Ort. Eines Tages, es war kurz vor Weihnachten, kam Till in die schöne Stadt Braunschweig und kehrte frohen Mutes in einer Bäcker­herberge ein. Es dauerte nicht lange, da kam ein Meister, der gerade einen Bäckerknecht suchte, und nahm Eulen­spiegel mit in sein Haus. „Geh nur gleich an die Arbeit”, sprach er zu ihm. „Morgen in aller Frü­he muss die Ware fertig sein. Ich bin müde und will sogleich zu Bette gehn.” „Mir ist es recht”, antwortete Eulen­spiegel. „Ihr müsst mir nur sagen, was ich backen soll.” Der Meister war ein ungeduldiger Mann. Er wurde zornig und spottete: „Du willst ein Bäckerknecht sein und fragst noch, was du backen sollst? Was wird man schon backen? Eulen und Meerkatzen!” Damit warf er die Tür ins Schloss und legte sich schlafen. Eulenspiegel ging in die Backstube, nahm den Teig und formte daraus nur Eulen und Meerkatzen. Am Morgen, ehe der Laden geöffnet wurde, stand der Meister auf, schlurfte in die Backstube und wollte sehen, ob sein Knecht die Semmeln und Wecken fertig habe. Da stand Eulenspiegel am Ofen und zog ein Blech nach dem an­deren heraus, bis die Backstube voller Eulen und Meerkatzen war. Der Meister schlug die Hände über dem Kopf zusammen und war ausser sich vor Zorn. „Dass dich das Fieber schüttele!” schalt er. „Was zum Teufel, hast du gebacken?” „Eulen und Meerkatzen, Meister, wie Ihr es mich geheissen habt.” „Was soll ich mit dem Narrenzeug beginnen? Wie soll ich das zu Gelde machen?” jammerte der Meister. „Nie­mand wird es mir abkaufen!” Und er wurde so wütend, dass er Eu­lenspiegel am Kragen ergriff und schrie: „Bezahle mir meinen Teig und schere dich zum Teufel!” „Ja”, sprach Till, „ist die Ware dann mein?” „Was frage ich nach solcher Ware”, polterte der Meister. „Eulen und Meer­katzen kann ich in meinem Laden nicht gebrauchen.” Da bezahlte Till, was der Meister for­derte, legte die Eulen und Meerkatzen in einen Korb und ging in seine Her­berge. Im stillen aber dachte er: Die Leute sagen, es sei ein Ding noch so seltsam, in Braunschweig löst man Geld daraus. Am Nachmittag begann es zu schnei­en. Und da es gerade um den Nikolaus­tag war, an dem in Braunschweig das Fest der Schulkinder gefeiert wurde, nahm Till den Korb mit der seltsamen Backware und wanderte zum Markt­platz. Dort stellte er sich vor den Ein­gang der Kirche von Sankt Nikolaus, baute die Eulen und Meerkatzen in ei­ner langen Reihe auf und rief: „Eulen und Meerkatzen, frisch gebacken!” Die Kinder blieben staunend bei ihm stehen. „Mir eine Eule!” „Mir eine Meerkatze!” baten sie die Eltern. Es dauerte nicht lange, da hatte Till sei­ne Ware verkauft und viel mehr Geld gelöst, als er für den Teig bezahlt hat­te. Darüber ärgerte sich der Bäcker­meister. Er lief eilends zum Markt, um Till das Geld für die Eulen und Meer­katzen abzunehmen. Der aber war längst weitergewandert und hatte Braunschweig verlassen. Wie Eulenspiegel in Magdeburg die reichen Bürger verspottete / e weiter Eulenspiegel wanderte, um so bekannter wurden überall im Lande seine Streiche. Als er die Mauern der damals gar prächtigen und reichen Handelsstadt Magdeburg er­reichte, war ihm sein Ruf bereits vor­ausgeeilt. Und als er sich am Abend an den grossen Tisch seiner Herberge setz­te, kamen viele wohlhabende Bürger und baten ihn, von seinen Fahrten zu berichten. Das Hess sich Eulenspiegel nicht zweimal sagen. Während sie ihn üppig bewirteten, erzählte er eine Ge­schichte nach der anderen, aus dieser und aus jener Stadt. Nun missfiel es den Magdeburgern, die auf ihren Reichtum nicht wenig stolz waren, dass keine dieser berühm­ten Geschichten in Magdeburg gesche­hen war. Prahlend zeigten sie auf ihre Geldkatzen und forderten Till auf, auch in ihrer Stadt einmal eine Probe sei­ner Kunst zu geben. „Um was ihr mich bittet, sollt ihr haben”, sagte Eulenspie­gel. „Ich will euch ein Kunststück zei­gen, das noch keine Stadt gesehen hat! Vergesst nur nicht, allen Magdeburgen zu sagen, dass ich morgen mittag um zwei Uhr vom Dache des Rathauses flie­gen will.” Da beeilten sich die reichen Bürger, um alle ihre Bekannten noch am Abend zu erreichen. Und das Versprechen Eu­lenspiegels verbreitete sich wie im Lauf­feuer in der ganzen Stadt. Am anderen Tage war der Markt­platz bereits viele Stunden vor der an­gegebenen Zeit schwarz von Menschen. Sie reckten die Hälse und warteten un­geduldig, bis die Glocke auf dem Turm die zweite Stunden verkündete. Endlich erschien Eulenspiegel auf dem Dach des Rathauses und bewegte die Arme, als ob er fliegen wollte. Die Bür­ger hielten den Atem an und rissen vor Aufregung Mund und Augen auf. Glaubten sie doch, Eulenspiegel werde sich jeden Augenblick in die Luft er­heben und davonfliegen. Till Hess einige Minuten verstreichen, um sich an den erwartungsvollen Ge­sichtern der Bürger zu erfreuen. Dann lachte er so laut, dass es über den wei­ten Marktplatz schallte, und rief: „Ich meinte immer, ich wäre der einzige Narr auf der Welt. Hier aber sehe ich jast die ganze Stadt voller Narren. Hät­tet ihr mir alle miteinander erzählt, dass ihr fliegen wolltet, so hätte ich es nicht für möglich gehalten. Und ihr glaubt einem, der als Schalk bekannt ist! Wie sollte ich fliegen können, da ich doch kein Vogel bin und auch kei­ne Flügel habe!” Sprach’s und stieg vom Dache des Rathauses, um davonzugehen. Fluchend und schimpfend begaben sich die Bür­ger in ihre Häuser. Nur wenige lach­ten und sprachen: „Was wollt ihr, hat er euch nicht die Wahrheit gesagt?” BUDAPEST, 7. JANUAR 1972 * NZ 75 Jahre Budapester Kunstgewerbemuseum Für ein Museum ist das Budapester Kunstgewerbemuseum noch sehr jung — aber das, was den Besucher in sei­nen Mauern erwartet, macht dem Na­men einer Sammelstätte für altehrwür­dige Zeugen der Vergangenheit wirklich alle Ehre. Sein Erbauer, Ödön Lechner, war be­strebt, die Motive der ungarischen Volkskunst und die orientalischen Bau­formen in einem eigenen Stil zu verei­nen — und so entstand eines der schön­sten sezessionistischen Gebäude unserer Hauptstadt. Das im weltberühmten Zsolnay-Betrieb in Pécs erzeugte „Tep­­pichzelt”-Dach mit Majolikaglasur so­wie die zehn Meter hohe Majolikalater­ne, die die Kuppel krönt, erregen im­mer wieder die Bewunderung der Be­sucher. Das Museumsgebäude beherbergt fünf Abteilungen — Möbel, Keramik und Glas, Goldschmiedkunst, Textilien und die sogenannten Kleinsammlungen. Al­les zusammengenommen werden zur Zeit etwa 70 000 Gegenstände verwahrt, die zum Teil ausgesprochen einmalig auf der Welt sind. Da reizen den Be­sucher französische und belgische Go­belins aus dem 16. und 17. Jahrhundert, da gleissen die Schätze der fürstlichen Familie Esterházy und man kann sich an der humorvollen Schönheit des be­rühmten Nymphenburger Porzellans er­freuen, das einst im Besitz der bayri­schen Könige war und um 1*761 von italienischen Meistern angefertigt wur­de. Besonders behütet und von Restau­ratoren ständig überwacht wird ein ur­alter Bucheinbanddeckel, der rpit El­fenbeinschnitzerei versehen ist und um das Jahr 800 in St. Gallen entstand. Und unschätzbar in ihrem Wert sind der Diamantring des König Matthias und die astrologische Uhr von Maximilian II., dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Für uns ist es schier unmöglich, alle Schätze des Museums aufzuzählen, aber vielleicht haben Sie, liebe Leser, auch so schon einen kleinen Vorgeschmack bekommen! Meist ist ja gerade das Winterhalbjahr „Museumszeit” — wie wärs also mit einem Besuch beim „Ge­­burtagskind” — vielleicht beim näch­sten geplanten Budapest-Besuch? ÜBER NEUE FILME: Sanfte Motorradfahrer (Szelíd motorosok) Dass Vorurteile töten, wissen wir aus der Geschichte von gestern und vor­gestern. Wie sie heute töten, zeigt uns dieser 1969 gedrehte und unter dem Titel „Easy Rider” weltbekannt gewordene amerikanische Film. Das Beispiel, anhand dessen wir mit dem Problem konfrontiert werden, ist die — unter jungen Leuten in aller Welt produzierte — Mode der langen Haare. Und des gewollt nicht salonfähigen Äusseren. Nein, die beiden Hauptfiguren des Films (Peter Fonda und Dennis Hopper, siehe beide auf unseren Bildern) sind keine Hippies. Gott sei Dank, sind sie auch keine Engel: wir lernen sie im Laufe eines finsteren Geschäfts kennen — sie schmuggeln „Gras” (verstehe: Betäu­bungsmittel). Im Besitz der hierdurch erworbenen grossen Summe wollen sie nun einen alten Traum verwirklichen: an einem berühmten Karneval teilneh­men. Also schwingen sie sich auf die Sitze ihre Motorräder und fahren los, um halb Amerika zu durchqueren. Wohlgemerkt: vom Norden nach dem Süden der USA. Wir werden darüber nicht unterrichtet, wer die beiden jungen Männer sind, woher sie stammen, woher sie kommen, woher ' sie das Geld zum Ankauf des Rauschgiftes genommen haben, wo sie sich angefreundet haben, — sind sie doch ein ziemlich ungleiches Paar, der etwas gepflegtere, grüblerische Jüngere (den Fonda darstellt) und der viel verwahrloster aussehende, albern lächelnde Ältere (von Hopper gespielt). Die persönlichen Daten, das Vorleben der Beiden, bleiben auch unwichtig. Wichtig ist nur, was mit ihnen unterwegs geschieht. Nun stellt es sich heraus, dass diejenigen, die sich dem allgemeinen Geschmack nicht anpassen, die sich — wie es im Film verlautet — „die Freiheit nehmen”, nicht so aussehen zu wollen wie der Durchschnitt: vogelfrei sind. Die Leute, denen die Helden des Streifens unterwegs begegnen, urteilen allein nur nach ihrem Äusseren, und verweigern ihnen, infolge der ersten schlechten Impression, die Unterkunft im Touringhotel auf der Autostrasse, die Bedienung im Restau­rant einer Kleinstadt im Süden der USA. Die Beiden sind der Spottlust ihrer Mitmenschen unentwegt ausgesetzt, sie müssen die gröbsten Witze erleiden, wer­den immer wieder gedemütigt. Und der Zuschauer muss immer wieder daran denken, wie mörderisch die Vorurteile sind. Inzwischen wird jedoch der Zuschauer auch mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert (und das ist der grösste Verdienst dieses Streifens). Man sitzt näm­lich da und erwartet, dass die Beiden früher oder später etwas verbrechen wer­den. Vielleicht bringen sie einander des gemeinsam erworbenen Geldes wegen um? Oder werden sie viellicht einen ihrer zahlreichen „Motor-Anhalter” erledi­gen?... Wir haben mehr Grund zu bösen Annahmen als die Leute unterwegs, die die Helden des Streifens nur angesichts ihres Äusseren beurteilen — wir haben sie ja bei ihren dunklen Geschäften kennengelernt! Und trotzdem haben wir kein Recht zu derart bösen Annahmen — belehrt uns der Film. Auch Hasch- Schmugglern dürfen wir im voraus keinen Mord zumuten. Diese alte Juristen- Wahrheit müssen wir selbst aus dem Gesehenen ableiten, sie wirkt wie eine Überraschung, eine Neu-Entdeckung. Und wir kommen nachdenklich gestimmt aus dem Kino. Maria Ember Wie Eulenspiegel als Turmbläser die Herren von Wein und Essen vertrieb I n Bernburg auf dem Schlosse des Grafen von Anhalt verdingte sich Eulenspiegel einmal als Turmblä­ser. Dieser Fürst hatte viele Feinde, denn er lebte wie die meisten Ritter und Grafen in Saus und Braus, und Plündern und Brandschatzen waren sein Handwerk. Doch da er nicht allein auf seine Raubzüge gehen konnte, hielt er sich in seinem Schloss und Städtchen viele Reiter und Hofleute. Die feierten mit ihm üppige Feste, während Eulen­spiegel auf seinem Turm sass und hun­gerte. Und da er dort oben täglich sah, wie die Reiter das gestohlene Vieh in die Stadt trieben, um es danach zu bra­ten und zu verspeisen, begann ihn das Unrecht zu verdriessen. Eines Tages, als eine grosse Herde Kühe vor den Toren der Stadt weidete, näherten sich die Feinde des Grafen. Eulenspiegel sah zu, wie sie die Kühe hinwegführten, gab aber kein Signal. Das beobachteten einige von den Rei­tern und hinterbrachten es dem Gra­fen. „Warum liegst du faul im Fenster?” rief der Graf wütend zum Turme hin­auf. „Willst du nicht die Feinde anbla­­sen?” Doch Eulenspiegel lachte nur und rief: „Vor dem Essen tanze ich nicht gern. Ich darf auch keine Feinde mehr heranblasen, seht nur, das Feld ist schon von ihnen voll, und ein Teil ging bereits mit den Kühen davon. Wollte ich noch mehr Feinde heranblasen, so würden sie Euch die Tore einschlagen.” Doch Eulenspiegel hatte noch nicht aus­gesprochen, da warf sich der Graf in wildem Zorn auf sein Pferd und eilte den anderen nach. Der Turmbläser wur­de wieder vergessen. ines Tages war der Graf mit Rei­tern und Fussvolk unterwegs ge­wesen. Sie hatten eine grosse Vieh­herde erbeutet und schickten sich an, ein Fest zu feiern. Lärmend begannen sie die Tiere zu schlachten. Darauf kochten und brieten sie, wälzten die Fässer und bereiteten das Mahl vor. Und als die Herren sich endlich alle in die grosse Tafel im Saale des Schlosses setzten, um zu trinken und zu schmau­sen, dachte Eulenspiegel: Deis Fest kann beginnen! Er blies ins Horn und rief laut: „Auf die Pferde! Feinde! Feinde rücken heran!” Der Graf und die Seinen sprangen er­schrocken auf, legten in wilder Eile den Harnisch an, ergriffen die Waffen und stürzten zum Tor hinaus. Eulenspiegel aber lief behende die Treppen des Turmes hinunter, setzte sich an des Grafen Tisch, nahm vom Gebratenen und Gesottenen, wie es ihm beliebte, und ass und trank sich satt. Darauf stieg er schnell wieder in sei­nen Turm hinauf und schaute auf das Feld, wo die Reiter und Fussknechte ratlos hin und her spähten, ohne einen Feind zu entdecken. Als sie alle miteinander, die Herren und die Reiter und das Fussvolk, ins Schloss zurückkehrten, liess der Fürst den Turmbläser rufen und sprach: „Bist du toll geworden? Warum meldest du Feinde, wenn keine da sind?” Und Eulenspiegel erwiderte: „Ohne das Signal wäret Ihr von Eurem reich­gedeckten Tisch nicht aufgestanden. Doch weil ich Hunger hatte und keine Feinde da waren, musste ich sie heran­blasen.” „Willst du mich zum Narren hal­ten?” schrie ihm der Graf erbost zu. „Als Turmbläser kann ich dich nicht mehr gebrauchen. Ab morgen magst du mit dem Fussvolk gehen.” ber Eulenspiegel hatte keine Lust, sich für den räuberischen Grafen zu schlagen. Darum war er der letzte, der aus dem Tore humpelte, wenn sie gegen den Feind zogen. Kehr­ten sie aber heim, so erschien er flink und hungrig als erster an der Tafel. Als der Graf, der sich über den lah-E A

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