Neue Zeitung, 1974 (18. évfolyam, 1-52. szám)

1974-03-29 / 13. szám

NEUE ZEITUNG Wochenblatt des Demokratischen Verbandes der Deutschen In Ungarn XVIII. JAHRGANG, NUMMER 13. Preis: 80 Fillér BUDAPEST, 29. MÄRZ 1974 Am 4. April 1945 um vier Uhr früh gab im westlichen Zipfel unseres Landes, in Nemesmedves, das Läuten einer durchschossenen Glocke in einem hölzernen Glockenturm be­kannt, dass die Sowjetarmee auch die letzten faschistischen Truppen aus dem Lande vertrieben hat. Unser Vaterland ist endlich frei, ein neues Leben beginnt! verkündete der Tomasits-Rudi-Vetter, ein Bauer deutscher Muttersprache, der im Morgengrauen dieses Frühlingstages die Glocke lang und laut läuten Hess, damit die Kunde alle erreiche. Dieser Tag wurde zum grössten Nationalfeiertag unseres Volkes. Der 4. April versinnbildlicht jene grosse geschichtliche Schicksalswende, die durch die Be­freiung unseres Landes, durch die freie und spontane Entfaltung der revolutio­nären Kräfte der Arbeiter und Bauern und durch das Zustandekommen der volksdemokratischen Macht eingetreten ist. Nemesmedves war das zu allerletzt, Battonya das zu allererst befreite Dorf Ungarns. Ein halbes Jahr liegt zwischen der Befreiung dieser beiden Dörfer, doch das, was bereits zwischen Battonya und Nemesmedves in unserem Land geschehen war, hat epochale Bedeutung. Denn überall dort, wo die Soldaten mit dem roten Stern im Zuge ihres so viele Blutopfer fordernden Vormarsches die Türen der Keller und Bunker, Gefängnisse und Konzentrationslager öffneten, überall, wo die Menschen wieder frei atmen konnten, setzte sofort auch die Auf­bauarbeit, die Beseitigung der materiellen und geistigen Trümmer, das Schaffen eines neuen Lebens ein. Die sich am schnellsten organisierende und ihre Ziele am besten kennende politische Kraft war die Kommunistische Partei. Zusam­men mit allen demokratisch denkenden Kräften machte sie sich sofort an die Wiederbelebung der Wirtschaft, an das Organisieren der Versorgung in unserem von Horthysten, Nazis und Pfeilkreuzlern bis zum letzten ausgepressten, ausge­plünderten Land! Bereits im Dezember 1944 konnte in Szeged auf Initiative der Kommunisten aus den antifaschistischen Parteien, die das Programm der Kom­munistischen Partei angenommen haben, als Weiterführerin des im Kampfe ge­gen den Faschismus geborenen Volksfrontgedankens die Ungarische Nationale Unabhängigkeitsfront Zustandekommen. Ihr Programm machte sich auch die in Debrecen gewählte provisorische Regierung zu eigen. Aufgrund dieses nationa­len, demokratischen, antiimperialistischen, antifaschistischen und antifeudalen Programmes wurde auf den befreiten Gebieten das Leben wieder in Gang ge­setzt. Besonders bedeutend war die Tätigkit der Betriebskomitees, dieser revolu­tionären Volksorgane, die nicht nur die Arbeiterkontrolle in den Betrieben si­cherten, sondern auch an der Leitung der Betriebe teilnahmen, der Ausbeutung durch die kapitalistischen Eigentümer Schranken setzten. In den paar Monaten zwischen Battonya und Nemesmedves gingen also in unserem Land grundlegende Veränderungen vor sich. Als Folge des Sieges der Sowjetarmee wurde Ungarn von den faschistischen Besatzern befreit, erhielt seine nationale Unabhängigkeit zurück, und damit wurde auch der faschistische ungarische Staat vernichtet. Die revolutionären Kräfte des Volkes schufen einen neuen demokratischen Staat, die Arbeiterklasse und das Bauerntum wurden zu den entscheidenden Faktoren der Macht. Die Agrarrevolution wurde durchgeführt, der Boden an jene verteilt, die ihn bebauen, die mächtigste Säule der Reaktion, die Klasse der Grossgrundbesitzer vernichtet und aus dem politischen Machtbereich gedrängt, die sich formierende Ordnung der Volksdemokratie, das Bündnis der Arbeiter und Bauern gestärkt und günstige Voraussetzungen für die weiteren Klassenkämpfe geschaffen. Eine der ersten Taten der Regierung war die Kriegserklärung an Hitler­deutschland und das Abschliessen eines Waffenstillstandsabkommens mit der Sowjetunion. Damit erhielt unser Land die erste Möglichkeit, in die Reihe der freiheitsliebenden demokratischen Länder zu treten. Das unabhängige volksdemokratische Ungarn wurde also im Zusammenschluss der befreiten volksdemokratischen Kräfte geboren. Die Arbeiterklasse war Vor­kämpferin, Organisatorin und Führerin dieser nationalen Neugeburt, wobei der Zusammenhalt der beiden Arbeiterparteien, die Arbeitereinheit eine bedeutende Rolle spielte. Die Befreiung brachte der ungarischen Arbeiterklasse die Möglichkeit, die Ziele des Frühlings 1919 nun endgültig zu verwirklichen, ihrer geschichtlichen Beru­fung nachzukommen. Die Arbeiterklasse im Bündnis mit den werktätigen Bauern, geführt von ihrer revolutionären Partei, hatte noch harte Kämpfe gegen die sich reorganisierende Ausbeutung, gegen die dunklen Kräfte der Vergangenheit auszufechten. Doch aufgrund des wohlfundierten, auf der wissenschaftlichen Analyse der Lage be­ruhenden Programms der Partei konnte die sozialistische Revolution siegreich durchgeführt, 1948 die Arbeitermacht geschaffen und mit dem Aufbau des Sozia­lismus begonnen werden. ^ Das 29. Mal feiern wir heuer das Fest unserer Befreiung. Die Errungenschaften unseres heutigen Lebens kann ein jeder an seinem Alltag abmessen. Es sind ge­haltvolle Alltage, mit sinnvoller Arbeit ausgefüllt, und die Sorgen sind die der noch besseren, noch effektiveren Verwirklichung unserer historischen Ziele. Das Kommuniqué über das am 19. und 20. März dieses Jahres stattgefundene Ple­num des ZK der US AP enthält u. a. folgende äusserst prägnante und das Wesen unserer Bestrebungen in den Fokus stellenden Sätze: „Die Lage der Arbeiterklasse wird grundlegend durch die Tatsache determi­niert. dass in unserem Lande der Aufbau des Sozialismus erfolgreich vorangeht, die Ziele der Arbeiterklasse verwirklicht werden. In unserer Gesellschaft festigt sich die Führungsrolle der Partei der Arbeiterklasse in enger Verbindung zuein­ander. Die Verwirklichung der Ziele der Arbeiterklasse dient zugleich den Inter­essen aller Werktätigen.’’ Wir bauen den Sozialismus auf, auf allen Posten der Gesellschaft; ob Industriear­beiter, LPG-Bauern, Lehrer oder Journalisten, verfolgen wir die Ziele der Arbei­terklasse, die Marx und Engels im Kommunistischen Manifest konzipiert und denen Lenins Grosser Oktober und der in seinem Leuchten geborene Sowjetstaat die erste Verkörperung verliehen hat. Wir verfolgen diese Ziele in einem Ungarn, das ein festes Kettenglied des sozialistischen Weltsystems ist, dieses heute be­reits entscheidenden Faktors in der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit. Die Möglichkeit hierzu haben uns Lenins Söhne gebracht, sie tränkten den Boden unseres Vaterlandes, auf dem wir unser Heute aufbauten, mit ihrem eige­nen Blute. Sie standen uns in den schweren Tagen des Anfangs mit materieller und noch bedeutenderer geistiger Hilfe bei, und die Sowjetunion ist auch heute unser mächtigster brüderlicher Verbündeter. Die Söhne des Roten Oktober haben uns die Freiheit gebracht; und den Dank eines sein Schicksal erfolgreich mei­sternden Volkes, dessen festen Entschluss, die Ziele der Arbeiterklasse nie aus den Augen zu lassen — verkündet auch dieses Jahr das am 4. April in Nemes­medves erklingende feierliche Glockengeläut. In ihm schwingen die Unbeschwertheit unserer Kinder, das Glück der Mütter, das Wissen um den Sinn des Lebens aller schaffenden Menschen in unserem Lande mit. Das symbolisieren auch die Blumen des Frühlings, die wir als Zeichen unserer nie versiegenden Dankbarkeit am 4. April überall auf die Sockel der Denkmäler der Sowjethelden niederlegen. Erika Ats r Sie lesen in unserer In der Sowj etunion erlebt: auf Seite 3 Singender Bericht: auf Seite 5 MutterSprachunterricht in Bács-Kiskun: auf Seite 7 heutigen Nummer: Aussenpolitik • Aussenpolitik • Aussenpolitik Aussenpolitik Entspannung und friedliche Koexistenz Das Zentralkomitee der USAP be­fasste sich auf seiner Sitzung am 19. und 20. März eingehend auch mit inter­nationalen Problemen. In der Analyse der sozialistischen Aussenpolitik wird vor allem über die Erfolge der Entspan­nungspolitik Rechenschaft abgelegt. Die gegenwärtige Lage wird grundsätzlich von der umfassenden Entfaltung der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsord­nung gekennzeichnet. Im Ergebnis eines Kampfes, der von den Kräften des So­zialismus und des Fortschritts geführt wird, tritt im internationalen Leben eine Wende in Richtung Entspannung ein. In dieser Hinsicht kommt Europa, wo die Beziehungen zwischen den so­zialistischen und kapitalistischen Län­dern eine weitere Ausbreitung erfuh­ren und wo die Arbeit der Sicherheits­konferenz sowie die Verhandlungen über den Abbau von Truppen und Rü­stungen fortgesetzt werden, eine aus­nehmende Bedeutung zu. Die Anhänger der Entspannung haben allerdings auoh in anderen Teilen der Welt an Boden gewonnen, und es wurde möglich, schwierige Probleme zu lösen oder hierin immerhin Fortschritte zu erzielen. Im Nahen Osten, in einem ge­fährlichen Spannungsherd der interna­tionalen Beziehungen, wurden ebenfalls Fortschritte erzielt, und das am Suez­kanal durchgeführte Auseinanderrücken der Truppen kann einen Schritt zur all­gemeinen Regelung dieses Problemes bedeuten. Ein wichtiger Faktor der Ent­spannung ist indes der sowjetisch-ame­rikanische Dialog, der sich einer /wach­senden Aktivität aggressiver USA-Krei­se zum Trotz sowohl auf Indochina als auch auf den Nahen Osten günstig aus­wirkte. Es wäre jedoch ein schwerer Fehler, von den Erfolgen der Politik der fried­lichen Koexistenz verblendet die Gegen­angriffe der an der Aufrechterhaltung der Spannungen interessierten Kreise nicht zur Kenntnis zu nehmen. Mit Ent­schiedenheit tritt das Zentralkomitee ge­gen jegliche Form von aussenpoliti­­schen Illusionen auf und verweist dar­auf, dass extremistische imperialistische Kreise eine ausgedehnte politisch­­ideologische Kampagne gegen die inter­nationale Entspannung starteten. Ziel ihrer Angriffe ist zugleich auch die Un­terdrückung der demokratischen Bewe­gungen in ihren eigenen Ländern. Das Arsenal der Reaktion ist viel­fältig. Bei ihren Angriffen greift sie zum Terror, zu Putschen ebenso wie zur antikommunistischen und sowjet­feindlichen Propaganda, wobei sie auch keine materiellen Mittel scheut. Diesen reaktionären Kräften spielt bedauer­licherweise die gegenwärtige Führung in Peking, die ebenfalls bemüht ist, den Entspannungsprozess zu bremsen, in die Hände. Die an der Aufrechterhaltung der Spannung interessierten Kreise versu­chen die europäischen Beratungen, die im Interesse aller Staaten geführt wer­den, zu verlangsamen, unterstützen die abenteuerlichen Aktionen des südviet­namesischen Thieu-Regimes gegen die Pariser Vereinbarungen und stehen den reaktionären Kräften Lateinamerikas bei. Der Kampf der Arbeiterklasse, der Volksmassen und der Völker in den vom Kolonialismus befreiten Ländern gegen die reaktionären Kräfte verstärkt sich jedoch in der ganzen Welt. Das Zentral­komitee unterstreicht erneut, dass un­ser Volk in vollem Masse mit diesem Kampf solidarisch ist. Die weltweiten Anstrengungen, die unternommen wer­den, damit der Entspannungsprozess nicht mehr rückgängig gemacht wer­den kann, stärkt die Positionen des So­zialismus, des Fortschritts und des Frie­dens — stellt das über die ZK-Sitzung veröffentlichte Kommuniqué fest. Das Zentralkomitee unterstreicht wie­derholt mit grossem Nachdruck, von welch grosser Bedeutung unsere enge Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Län­dern ist, dass sich unsere Beziehungen zu den kommunistischen und Arbeiter­parteien noch mehr erweitern und dass sich die Kontakte auch zu den interna­tionalen demokratischen Bewegungen und Parteien entwickelten. In der ge­genwärtigen internationalen Lage sind die Einheit der sozialistischen Kräfte, die allseitige Zusammenarbeit zwischen den kommunistischen und Arbeiterpar­teien von entscheidender Wichtigkeit. Das Zentralkomitee misst der im De­zember vorigen Jahres abgehaltenen ideologischen Konferenz der kommuni­stischen Parteien der sozialistischen Länder eine ausnehmend grosse Be­deutung bei und stellt fest: unsere Par­tei und Regierung wirken nach wie vor aktiv bei allen internationalen Aktio­nen mit, die den Zusammenschluss der sozialistischen Länder fordern und die Erstarkung der Einheit der kommuni­stischen Bewegung fördern. Kissinger in Moskau Die Bedeutung der Moskaureise des amerikanischen Aussenministers Henry Kissinger können wir in vollem Masse erst nach Abschluss seiner Verhandlun­gen ermessen. Wegen Redaktionsschluss können wir leider die Veröffentlichung eines Kommuniqués nicht abwarten. Gewisse wichtige Momente stehen uns jedoch schon jetzt, in Kenntnis der er­sten Meldungen über die Verhandlun­gen, zur Verfügung. So vor allem die Tatsache, dass an den sowjetisch-ame­rikanischen Besprechungen sowjetischer - seits nicht nur Aussenminister Gromy­ko, sondern auch der Generalsekretär der KPdSU, Leonid Breshnew, teil­nimmt. Allein dies weist schon darauf hin, dass die Sowjetunion dem Dialog mit den Vereinigten Staaten eine grosse Bedeutung beimisst. Die Sowjetunion will weiterhin den Weg gehen, der bei den früheren Verhandlungen zwischen Leonid Breshnew und Richard Nixon bestimmt wurde. Sowjetischerseits pflichtet man dem Standpunkt bei, den der amerikanische Aussenminister am Vorabend seiner Moskaureise folgender­­massen formuliert hatte: der internatio­nale Frieden hängt in bedeutendem Masse von den guten Beziehungen zwi­schen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion ab. Im Besitz genauer Anweisungen Prä­sident Nixons begab sich der ameri­kanische Aussenminister, begleitet von mehreren frührenden Mitarbeitern, zu einer viertägigen Verhandlungsreihe in die sowjetische Hauptstadt. Ziel seiner Beratungen ist die Vorbereitung des nächsten Moskaubesuches von Präsi­dent Nixon, somit eines weiteren so­wjetisch-amerikanischen Gipfeltreffens. Dies bedeutet gleichzeitig, dass bei den gegenwärtig laufenden Gesprächen eine entsprechende Grundlage für eine schnelle Entwicklung der Beziehungen, ferner für die Intensivierung der lau­fenden Ost-W est-Verhandlungen ge­schaffen werden muss. In bezug auf letzteres kommt einer erfolgreichen Fortführung der Verhand­lungen über die Beschränkung der stra­tegischen Rüstung eine besondere Be­deutung zu. Hinsichtlich der sogenann­ten SALT-Verhandlungen besteht die Hauptschwierigkeit für die Aussenpoli­tik der Vereinigten Staaten darin, dass Kreise der Militärindustrie durch das Kriegsministerium einen grossen Druck auf Washington ausüben, damit vom so­wjetischen Verhandlungspartner einsei­tige Vorteile gefordert werden. Der komplexe Druck der Militärindustrie er­schwert die Durchsetzung jener Rich­tungen des Aussenministeriums, die den reelen Möglichkeiten Rechnung tragend eine Einigung anstreben. In einer anderen wichtigen Frage der Moskauer Verhandlungen, in der des ge­genseitigen Truppenabbaus, lastet — der amerikanischen Presse zufolge — nicht so sehr durch die Washingtoner Extre­misten, sondern viel mehr von Seiten der europäischen NATO-Partner der Druck auf Kissinger. Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Kissinger auf seinem Weg nach Moskau in Bonn eine kurze Zwi­schenstation einschaltete und mit den dortigen Führern konferierte. Auf seinem Heimweg unterbricht Kissinger nun sei­nen Flug in London, um mit Aussen-minister Callaghan zu Beratungen zu­sammenzutreffen. Der amerikanische Aussenminister äusserte sich am Vor­abend seiner Moskaureise dahingehend, dass es in bezug auf die Truppenredu­zierung „einen koordinierten atlanti­schen Standpunkt gibt.” Im Laufe des innenpolitischen Kam­pfes gegen Nixon versuchte man oft auch die Gegensätze innerhalb des At­lantischen Bündnisses als Argument ge­gen die sowjetisch-amerikanische Annä­herung einzusetzen. Die Entspannungs­politik aber wehrte bislang auch diese Angriffe erfolgreich ab. Nixon und Kis­singer beriefen sich vor den gegenwär­tigen Verhandlungen mit Recht darauf, dass es gegenüber der Entspannungs­politik keinerlei reelle Alternative gä­be. Deshalb ist die Hoffnung berechtigt, dass der sowjetisch-amerikanische Dia­log ungeachtet des auf Nixon lastenden innenpolitischen Druckes und der Ge­gensätze innerhalb des Atlantischen Bündnisses erfolgreich fortgesetzt wird. Die Verbrechen der chilenischen Faschisten Das faschistische Regime in Chile hält den Ausnahmezustand weiterhin aufrecht, und die Bevölkerung lebt in Angst und Unsicherheit. An den Hoch­schulen finden nach wir vor keine Vor­lesungen statt, und in diesen Tagen wurden lediglich die Schulen auf un­terer Ebene wiedereröffnet. Über die Verbrechen des faschistischen Regimes in Chile erhielt die Welt auch bisher vielerlei Informationen. Anhand des ge­sellschaftlichen Gerichtes, das in Hel­sinki vier Tage lang die Verbrechen der Militärjunta untersuchte, entfaltete sich jetzt aber ein umfassendes Bild über die volksfeindlichen Greueltaten des fa­schistischen Regimes. Aufgrund von Au­genzeugenberichten kamen bekannte Persönlichkeiten aus 31 Ländern, un­ter ihnen angesehene Juristen, zu dem Schluss, dass die Herrschaft der chile­nischen Faschisten, die nunmehr seit einem halben Jahr andauert, an die Ta­ge der Machtergreifung durch die deut­schen Faschisten erinnert. Es wurden 7000 Menschen eingekerkert oder in Konzentrationslager gesteckt. In Chile werden viele Gefangene „auf der Flucht erschossen”, man drang in die Gebäude diplomatischer Missionen ein und eröff­­nete das Feuer auf die Flüchtlinge. Das internationale gesellschaftliche Gericht stellte fest, dass beim Sturz der gesetz­­mässigen Allende-Regierung auch aus­ländische Konzerne, so der amerikani­sche ITT eine bedeutende Rolle spiel­ten. Beim Staatsstreich begingen die Putschisten wahllos Mordtaten, nur mit dem Ziel, die Bevölkerung in Furcht zu versetzen. Kinder wurden von ihren Eltern weggenommen, um sie dadurch zu erpressen. In zahlreichen Fällen wur­den die Vorschriften des internationa­len Rechtes verletzt; die Pressefreiheit wurde aufgehoben, Bücher wurden öf­fentlich verbrannt. Das internationale gesellschaftliche Gericht betont, es wer­de seine Arbeit fortsetzen, bis in Chile der Belagerungszustand aufgehoben, dem Terror ein Ende bereitet wird, die Konzentrationslager abgeschafft sowie die politischen Gefangenen freigelassen werden. Georg Kertész

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