Neue Zeitung, 1980 (24. évfolyam, 1-52. szám)
1980-01-05 / 1. szám
NEUE ZEITUNG Wochenblatt des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen XXIV. JAHRGANG, NUMMER 1, Preis: 1,20 Ft, BUDAPEST, 5. JANUAR 1980 National itäten-TIT-Klub Jahresarbeit zur Debatte ,,Im Komitat Bács-Kiskun machen etwa sieben Prozent der Gesamtbevölkerung Angehörige von Nationalitäten aus, Südslawen, Slowaken und Ungarndeutsche — also nicht von ungefähr entstand hier in Tschatali der TIT-Klub der Nationalitäten“, meinte István Kovács, Fachsekretär des Komitatsausschusses der Gesellschaft zur Verbreitung Populärwissenschaftlicher Kenntnisse (TIT), in seiner Jahresbilanz Mitte Dezember bezüglich des hiesigen TIT-Klubs. Angereist zu dieser Sitzung waren in die kleine Gemeinde der Batschka Vertreter von Partei und staatlichen Leitungen des Bezirkes und Komitates, Vertreter des Landesrates der TIT, Franz Kerner vom Verband der Ungarndeutschen, Emilia Tóth vom Verband der Slowaken und János Agatió seitens des Verbandes der Südslawen. Die Ergebnisse der Zeitspanne vom Januar 1979 bis zum 1. November versetzten dann viele in Erstaunen, sie können sich sehen lassen. Insgesamt organisierte der TIT-Klub im gesamten Komitat mehr als 330 Vorlesungen, Ausstellungen und anderweitige Veranstaltungen. Von dieser beträchtlichen Zahl für ein Komitat wurden 150 direkt für die ungarndeutsche Bevölkerung organisiert. Eine Frage, die viele der angereisten Interessenten bewegte, war die nach den die Vorlesungen Haltenden, nach den Lektoren. Diesbezüglich wurde im ganzen Lande aufgrund der abgeschlossenen Verträge zwischen TIT und den einzelnen Nationalitätenverbänden diese geworben. Allein im Bezirk Frankenstadt/Baja stellten sich 16 Kollegen zur Verfügung. Dazu kommen noch -eine Reihe Freiwilliger, die auf dem Gebiet der Kultur, Wissenschaft oder in Bibliotheken arbeiten sowie hauptamtliche Dozenten aus der Hauptstadt und der Provinz. Seit April 1979 ist der Nationalitäten-TIT-Klub in Tschatali zu einem methodologischen Klub geworden und stellt damit das einzige solche Zentrum für Nationalitäten im ganzen Lande dar. Damit verbinden sich neue und verantwortungsvolle Aufgaben, die der Ausschuß, dem auch Vizepräsident Josef Röclcl angehört, übernommen hat. Die Arbeit sieht Fachsitzungen für auf Nationalitätengebieten Tätige vor, wie beispielsweise eine kommende Tagung von Bibliotheksleitem aus Nationalitätengemeinden. Andererseits machen sich die Ausschußmitglieder auf den Weg in Gemeinden mit Nationalitätenklubs, hospitieren bei Veranstaltungen und stehen mit Rat und Tat zur Seite. Bei all Erfreulichem und Gelungenem bewegen den TIT-Ausschuß und die Vertreter des Landesrates der TIT aber auch einige Probleme. ( Fortsetzung auf Seite 2 ) Gedanken über den Nachwuchs Wer wird’s weitermachen? „Wir würden gerne Jugendliche in unserem Chor sehen, denn wir möchten ihnen die schönen alten iLieder weitergeben“. „Schade, daß die Jugendlichen nicht gerne zu den Proben kommen, wer wird unseren alten Liederschatz bewahren ?“ „Das größte Problem der Blaskapellen ist, daß es getrennt Pionierkapellen und Erwachsenenkapellen gibt. Dazwischen ist ein Bruch, so kann der Nachwuchs schwer gesichert werden.“ Diese Meinungen hörte ich von Mitgliedern verschiedener Chöre, von F achleuten, Blasorchester-Dirigenten, die in der Pflege und Bewahrung des ungarndeutschen Kulturgutes Hervorragendes geleistet haben. Dabei denken sie natürlich auch an die Zukunft — und nicht gerade ohne Bange. Sie stellen sich die Frage, ob für das Weiterleben der bisherigen Erfolge alles getan wurde. Besonders in den vergangenen zehn Jahren wurde vieles dafür unternommen, um die Werte des ungarndeutschen Kulturgutes zu bewahren, zu pflegen: Es entstanden zahlreiche traditionspflegende Heimatkundefachzirkel, Singegruppen und Chöre, Blaskapellen und Tanzgruppen. Allein 1979 feierten sieben ungarndeutsche Ensembles, von Edeck/Etyek bis Waschludt/Városlőd, Geburtstag. Oder denken wir an die reichhaltigen Kulturprogramme eines Nationalitätentages: Es wird getanzt, fröhliche Musik gemacht, es singen Kammer- und gemischte Chöre oder Singegruppen usw. Auch die Verlagstätigkeit hat auf diesem Gebiet vieles nachgeholt: Für die Blaskapellen wurden Noten, für die Chöre ebenfalls eine Sammlung von Volksliedern, Materialien für die deutsche Muttersprache pflegenden Laiengruppen herausgegeben usw. Aber sehen wir ein paar Einzelfälle. In der Blaskapelle in Tscholnok/ Csolnok, Komitat Komárom, sitzt neben Franz Moncz sein Sohn aus der Pionierkapelle, mit dem er sogar um Ausland Preise davontrug. Doch mit den Erwachsenen zu spielen, darüber entscheidet der Dirigent beider Kapellen, Johann Födi. „Es ist eine Auszeichnung.“ In Bawarz/Babarc, Komitat Tolna, betätigt sich die von Georg Ahmann geleitete Blaskapelle, in der Großväter und Enkel zusammen spielen. Auf dem Nationalitätentag in Szár, Komitat Fejér, drückten die Mitglieder des örtlichen Chors für den Erfolg des Kammerchors der Grundschule den Daumen. Zum Jubiläumsprogramm des 10jährigen gemischten Chors in Obergalla (Tatabánya-Felsőgalla) stellte die Deutschlehrerin, Eva Vargha, einen Liederstrauß zusammen, es sangen die deutschlernenden Kinder. Bei der weiteren Kulturarbeit half ihnen Chorleiter Rudolf Gallai, das einstige Christkindlspiel in Obergalla für die Bühne zu bearbeiten. Oder ein anderes Beispiel: Die Tochter des Werischwarer Tänzers und Choreographen tanzt in der Gruppe der Kleintrommler, und die Enkelin des Gründers des Werischwarer Ensembles, Georg Hidas, [tanzt und singt Solo. Opa begleitet die Tanzgruppe der Pioniere heute noch auf der Harmonika. Werden etwa die Erwachsenen zum Vorbild genommen? Ja, das ist immerhin der bedeutendste Faktor, um Jugendliche in die kulturelle Arbeit einzubeziehen. Zielbewußt, begeistert arbeitende, gebildete Pädagogen? Ja, auch das und wahrscheinlich noch vieles andere kann dazu beitragen, für die ungarndeutschen Chöre, Blaskapellen, Tanzgruppen usw. den Nachwuchs zu erziehen. Eva Mayer AUS DEM INHALT Sorben in der DDR: Seite 2 Ungarn Panorama in Düsseldorf: Seite 3 Allen Bedürfnissen nachkommen: Seite 3 Ungarndeutsche Kurzgeschichten: Seite 4 Unvergessener Ernst Barlach: Seite 4 Blechblas-Ensemble Modern: Seite 5 NZ- Schau im Deutschunterricht: Seite 6 Liewer Freint Seppi!: Seite 7 In alten Zeitungen gestöbert: Seite 7 Auf der Tagesordnung Aktivität - G rossgemei nden In der Brigade „Julius Roth“ der Veszprémer Forstwirtschaft arbeiten Ungarndeutsche aus Tula. Sie erhielten 16mal den Titel „Sozialistische Brigade“, zweimal wurden sie „Sozialistische Brigade des Betriebes“ und einmal „Hervorragende Sozialistische Brigade der Ungarischen Volksarmee“. Ein Beispiel von den vielen dafür, wie die Ungarndeutschen im Komitat Veszprém an der Aufbauarbeit, am politischen und öffentlichen Leben beteiligt sind. Solche und ähnliche Beispiele könnte man aus allen 43 auch von Deutschen bewohnten Gemeinden dieses Komitates bringen, angeführt wurden sie bei der letzten Sitzung des nationalitätenpolitischen Arbeitsausschusses, der beim Volksfrontausschuß des Veszprémer Komitates tätig ist. Seit einem Jahr besteht dieser Ausschuß, dessen Mitglieder — Kongreßdelegierte und Landesratsmitglieder des Deutschen und Slowakischen Verbandes — überprüften in dieser Zeit die unterrichtspolitischen, kulturellen Aufgaben im Kreise der Nationalitäten sowie die Teilnahme der Deutschen und Slowaken am öffentlichen Leben. Die offene, gelöste Atmosphäre bei den Diskussionen trug zu einer Entkrampfung in der Behandlung nationalitätenpolitischer Probleme bei. Die Ausschußmitglieder signalisieren nämlich Ansprüche und bekommen eingehende Informationen über Vorhaben auf Komitatsebene — zugleich können sie untereinander Erfahrungen austauschen. Deshalb ist es auch der Arbeit des Ausschusses zu verdanken, wenn in den Gemeinden des Komitates Veszprém den nationalitätenpolitischen Angelegenheiten mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das Interesse und der Anspruch der ungarndeutschen Bevölkerung an der Pflege ihrer Kultur und Muttersprache sind sprunghaft gestiegen. Manche Kulturgruppen — die Chöre in Ganna, KschludtIKislőd, Úrkút und Waschludt\Városlőd oder die Tanzgruppe in Waschludt — haben einen festen Platz im kulturellen Leben des Komitates. Auch anderswo ist man gegenwärtig bestrebt, das kulturelle Erbe zu pflegen. Haupthindernis ist aber das Fehlen von entsprechenden Fachleuten. Deshalb müßte man auf die Einschulung talentierter junger Ungarndeutscher größten Wert legen — wurde auf der Sitzung betont. Mehr Jugendliche sollten im deutschen Klassenzug der Pesterzsébeter Kossuth-Gymnasiums oder in der Fünfkirchner Janus-Pannonius-Mittelschule für die Ausbildung von Deutsch-Kindergärtnerinnen weiterlernen. Denn sie könnten — in das Heimatdorf zurückkehrend — die nationalitätenpolitische Arbeit fördern. Schon deshalb sind solche jungen Kindergärtnerinnen, Deutschlehrer, Volksbildner notwendig, da auch der Anspruch auf Deutschunterricht besteht. Diesen Anspruch in Betracht ziehend wurde vom Komitatsrat ein zehnjähriger Plan zur Entwicklung des Deutschunterrichts im Komi tat ausgearbeitet. Angesichts der in einem Jahr erzielten Ergebnisse ist es überflüssig, die Binsenwahrheit zu unterstreichen, daß die Nationalitätenausschüsse in der Verwirklichung unserer Nationalitätenpolitik eine zentrale Rolle spielen können. Das beste Beispiel dafür liefert der Nationalitätenausschuß des Baranyaer Komitatsrates, der auf seiner letzten Sitzung zwei besonders wichtige Themen behandelt hat. Bekanntlich überprüfte der Ausschuß in letzter Zeit, wie die nationalitätenpolitischen Beschlüsse in den einzelnen Bezirken und im Komitatssitz Fünfkirchen in die Tat umgesetzt wurden. Nun wendet sich der Ausschuß den Städten und Großgemeinden zu, die infolge der Urbanisierung und Zentralisierung zu einem Anziehungspunkt geworden sind. Auch zahlreiche Angehörige der in diesem Komitat lebenden Nationalitäten ziehen nämlich in diese Zentren. Dadurch entstehen auch nationalitätenpolitische Aufgaben. Nun kam als erste die Großgemeinde BohllBóly an die Reihe. Ratsvorsitzender Josef Bősz — Mitglied des Landesrates des Deutschen Verbandes — legte dem Ausschuß einen acht Seiten starken Bericht vor, ergänzt durch einige aufschlußreiche Statistiken über die Einwanderung, den Deutschunterricht, die Zahl der abonnierten deutschen Zeitungen und Zeitschriften sowie die Einkommensstruktur der Bevölkerung. Laut Hoóz-Ermessung sind in Bohl 64,3 Prozent der Einwohner Ungarndeutsche. (Nicht zuletzt infolge der Zuwanderung aus den ungarndeutschen Kleindörfern der Umgebung.) Jährlich werden 20—25 neue Wohnungen gebaut und viele junge Leute kommen ins Dorf zurück. Vor allem deshalb, weil in der Großgemeinde gute Verdienst möglichkeiten bestehen (das Landwirtschaftliche Kombinat und die LPG, neun Industriebetriebe und neun Genossenschaftseinheiten sowie 71 Kleingewerbebetreibende). Die landwirtschaftlichen Produkte an Ort bearbeiten — heißt die Konzeption. Eine Untersuchung bestätigte, daß die Arbeiter sich in den Betrieben wohl fühlen und ihren Arbeitsplatz nicht wechseln wollen. Die schnelle Urbanisierung beschleunigt den Assimilationsprozeß. Die gemeinsame Arbeit und gemeinsame Freizeitgestaltung fördern den Gebrauch der ungarischen Sprache, und für die Kinder ist die deutschsprachige Umgebung nicht mehr gesichert. Dieser Prozeß wird auch durch die Mischehen gefördert (1978 waren es 27 Mischehen — 59 Prozent). Deshalb wurde in der Gemeinde eine unterrichtspolitische Konzeption ausgearbeitet, deren Endziel die Einführung der Zweisprachigkeit in der Schule sein soll. (Siehe dazu auch den Diskussionsbeitrag von Josef Bősz auf der Sitzung des Landesrates des Demokratischen Verbandes der Ungamdeutschen in der Neuen Zeitung von 22. Dezember!) Die Schule und das deutsche Schülerheim sind übrigens auch wichtige Stätten der ungarndeutschen Volksbildung. In der Erwachsenenbildung sieht die Lage leider nicht sehr rosig aus, was wiederum auf das Fehlen von Fachleuten zurückzuführen ist. Bohl hat besonders gute Beziehungen zu Apolda in der DDR entwickelt. Die Schüler haben regelmäßigen Kontakt mit ihren DDRFreunden, aber auch die dortigen Fußballspieler waren in Bohl zu Gast. Eine Marionettenspielgruppe, die Berliner Volksbühne und ein gemischter Chor aus der DDR waren in letzter Zeit gerngesehene Gäste im Kulturhaus. Diese Auftritte haben positive Auswirkungen, genauso Ereignisse (Kulturrundreise, Ausstellung der Kinderzeichnungen des NZ-Wettbewerbs usw.). Die Behandlung der anstehenden Aufgaben in dieser Großgemeinde wird sich sicherlich auch auf die anderen Baranyaer Städte und Großgemeinden günstig auswirken (im Sitzungsplan des Ausschusses steht die Verwirklichung der Nationalitätenpolitik in Mohatsch und NadaschjMecseknádasd). (schuth)