Neue Zeitung, 1980 (24. évfolyam, 1-52. szám)

1980-01-05 / 1. szám

Unvergessener Ernst Barlach In einem abseits gelegenen Haus, im Norden der DDR, wo Ernst Barlach seine letzten Werke schuf, können die Besucher die nahezu vollständige Hinterlassenschaft eines der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts besichtigen. Am 2. Januar 1870 wurde Ernst Barlach als Sohn eines Arztes in einer norddeutschen Kleinstadt ge­boren. Trotz der vernichtenden Kri­tik seines Zeichenlehrers malte der 18jährige weiter und besuchte spä­ter die Kunstakademie in Dresden. Obwohl er bereits als junger Mann auch zu dichten begann, entschied er sich jedoch schon 1892, daß die Bildhauerei sein Hauptberuf werden sollte. Noch vor der Jahrhundertwende veröffentlichte er das Lehrbuch „Figuren-Zeichnen“. In seiner Ge­burtsstadt Wedel schuf er Klein­keramiken und war dann auch als Lehrer für Keramik tätig, bis er 1905 nach Berlin übersiedelte. Im Gegensatz zu anderen Künst­lern zeigte sich Ernst Barlach von einer Italien-Reise sehr enttäuscht und ließ sich ein Jahr danach in Güstrow nieder, weil ihm sein täg­licher Gang über die Felder „un­entbehrlicher und vielsagender“ sei als das „Florenz da unten“. Ein ehemaliger Pferdestall wurde sein Atelier, das Volk sein Modell. 1911 begann seine hauptsächliche Schaf­fensperiode, die später durch viele Aufträge zu monumentalen Arbei­ten bestimmt wurde. 1917 erhielt Ernst Barlach seine erste Gesamtausstellung in Berlin und wurde zwei Jahre später zum Mitglied der Akademie der Künste gewählt. Als er 1927 seine Auto­biographie schrieb, war er inzwischen zum Ehrenmitglied der Müncher Kunstakademie ernannt und mit dem Kleistpreis ausgezeichnet wor­den. 1930 konnte der Sechzigjährige noch erleben, daß sein Lebenswerk in Berlin ausgestellt wurde. Das Magdeburger Ehrenmal für die Gefallenen des ersten Welt­krieges, das Barlach selbst sein bedeutendstes Werk nannte, hatte 1929 den Haß von Kriegervereinen und faschistischen Organisationen hervorgerufen. In seiner Treue zum humanistischen Menschenbild hatte Ernst Barlach auch hier das Leid des Volkes dargestellt und deutlich seinen Protest gegen den Krieg ausgedrückt. So fiel das Magdebur­ger Ehrenmal 1933 als erstes von 381 Werken des Künstlers den faschistischen Kunstfeinden zum Opfer. Trotz allen Drucks, trotz Aus­stellungsverbot und Entfernung al-ler seiner Werke aus öffentlichen Gebäuden und Sammlungen ließ sich Barlach nicht in die Emigration treiben. Er wählte das schwere Los der inneren Emigration und arbei­tete weiter im Atelierhaus am Heid­berg, das ihm wohlmeinende Freun­de 1931 in der Nähe von Güstrow eingerichtet hatten. Sein Freund und späterer Nachlaß Verwalter Friedrich Schult schrieb, daß der Faschismus Barlach auf der Höhe seines Schaffens zum Schweigen verurteilt habe und uns „um die Werke betrog, die seiner noch harr­ten“. 1938 erlag der verfolgte Künst­ler einem Herzschlag. (PANORAMA DDR) Ernst Barlach — Selbstporträt Frierende Alte (Holz, 1937) FRANZ PATAKI „ Ich war und bin „Ich bin 60 Jahre alt, so habe ich als Rentner viel Zeit. Besonders in den Wintermonaten greife ich öfters zur Feder: Schreibe meine Erin­nerungen über die Feste und Feiern, über Ernte, Kukuruzbrechen, Wein­lese in Kremling/Németkér auf. Hier, in diesem Heft habe ich angefangen. Ja, im Dialekt, wie wir halt sprechen“, sagt Franz Pataki, der 1920 in Kremling, Komitat Tolna, geboren wurde. Die Familie — sein Vater war Gastwirt — kam nach Budapest, damals war er 14 Jahre alt. Er wurde Fleischerlehrling. 26 Jahre lang arbeitete er auf dem Schlachthof, dann wurde er Bus­chauffeur. Von hier ging er’als „Her­vorragender Werktätiger“ in Rente, d. h. er ist 500 000 km ohne Unfall gefahren. Er lebt mit seiner Frau Helene heute noch in Budapest, aber in Gedanken und auch in der Wirklichkeit ist er oft in Kremling. „Väterlicherseits habe ich neun Cousins in meinem Heimatdorf und ptwa 200 Verwandte in Fünfkirchen/ Pécs, im In- und Ausland. Nach Kremling fahre ich wie nach Hause. Ich kenne alle Leute dort. Und es gehört zu meinem Leben, daß ich immer wieder nach Hause gehe. Aber wir Kremlinger halten auch hier in Budapest Zusammenkünfte: der Keller-Pisti zum Beispiel arbei­tet bei der Post, der Rözsa-Pista ist Portier bei SZOT. Wir organi­sieren Treffen, sprechen über un-sere Erinnerungen und über die neuen Ereignisse in Kremling. Und unsere Aufgabe ist es seit 15 Jahren, das Treffen mit unseren Freunden und Verwandten aus Kremling auf dem Landesschwabenball zu orga­nisieren. Wir sorgen für die Ein­trittskarten, unsere Tafelrunde ist immer gutgelaunt, es sind 30—40 Leute da. Wir fühlen uns zusammen sehr wohl. Eigentlich wird dann nie darüber gesprochen, wer Buda­­pester oder Kremlinger ist.“ In Kremling wird an der Bearbei­tung der Siedlungsgeschichte der Ungarndeutschen gearbeitet, Pädao­­gen, Kulturhausdirektor und auch Franz Pataki nehmen an der Arbeit teil. Er nimmt ein anderes Heft vor, es enthält das bisher gesammelte Material: 1786 kamen die ersten Ansiedler, 52 Familien, und später siedelten sich weitere 98 Familien an. Sie kamen aus Baden, Essen, der Pfalz, dem Schwarzwald. „Über die Heimatliebe der in Kremling angesiedelten Ungarn­­deutschen habe ich eine Geschichte“, setzt er fort. „1848, als sie erst kaum 60 Jahre in Ungarn lebten, organi­sierten die Bauern eine Truppe, die mit Sense und Hacke ausgerüstet zur Schlacht in Ozora marschierte und dort kämpfte. Über die Mit­glieder des Direktoriums 1919 muß ich noch forschen. Ich kann mich aus meiner Kindheit daran erinnern, daß sie etwa zu sechst waren. Es wurde über sie viel erzählt.“ Franz Pataki wendete viel Zeit, Energie und Geld auf, um die Hei­mat seiner Ahnen zu finden. Beim Pfarrer nahm er Einsicht in die Matrikel, die ab 1786 bewahrt wer­den, und machte sich dann auf den Weg. „Zuerst fuhren wir mit meiner Frau in die Tschechoslowakei, denn die Spuren führten in eine Klein­stadt namens Hazlov. Ich fand dort zwar unseren Namen ,Pámer‘ nicht, aber neue Freunde, und habe eine schöne Gegend kennengelernt. In der Bundesrepublik, in Hain im Spessart fand ich mehrere Szauer-, Keller-, Rauth-, Rothen­­bücher-Grabsteine. Diese Namen sind auch heute noch in Kremling anzutreffen. Übrigens reisen wir mit meiner Frau gerne im Lande und im Ausland herum. Unsere zwei Kinder leben ihr eigenes Fa­milienleben, wir freuen uns über die Enkelkinder, sie kommen oft mit in unseren Garten, wo wir alles für den eigenen Bedarf züchten. Was mich jetzt noch sehr beschäf­tigt, ist unser Jubiläum. 1986 feiert Kremling die 200jährige Gründung, die Ansiedlung derjAhnen. Bis da­hin soll unsere Monographie fertig sein. Und auch ich ^möchte ‘meinen Beitrag dazu leisten“, Schloß Franz Pataki. Eva Mayer Der 60jährige Franz Pataki BUDAPEST, 5. JANUAR 1980 * NTZ UNGARNDEUTSCHE KURZGESCHICHTEN Tr Gschwornr un s Schweischlacht’ Es war amol a Gschworenr, tes war a an witzigr Mann. Er is a kern am Sonntag ins Wirtshaus kang’ Kharte spiele, un túrt hot er sich mit sein Kuma ketroff’. Jetz sächt tr Kuma: „Mir mochte am Samstag Schwei schiacht’, tät ihr net khuma helfe?“ „Oha, sächt tr Kuma, ich helf eich schun.“ „Kut, nach wann tr khummt, nach prinkt tr halt ales mit.“ „Kut,“ sächt r Kuma, „ich wer schun ales pringe.“ Jetz in tr Frih khimmt ter Kuma, pringt Messr, Fleischmaschie, Wurstspritze un ales, was mr halt pein Schlachte prauch.“ „Kute Morche,“ sächt tr Kuma. „Na seit ihr khuma? Khummt nur rei, trinkt an Schnaps, noch fang mr o.“ Jetz hun sie ketrunk’, nach sein sie naus zun Saistall, jetz sächt tr Kuma: „Ja, ta sein ja kha Sai trinn!“ „Ja, kha Sau hat r net kepracht ?“ „Na, sächt ter Kuma.“ „Ja, ich hun toch ksat, ih seilt ales mitpring’.“ „Na, in anr Stall sein klane Wutzlje trinn, ta were mir halt ans schiacht’ von tene, zun Sautanz kibt s kenung.“ Jetz hun sie halt tes kla kschlacht, es Wassr hot schon kekhocht. „Awr jetz gehn mir erst nei, un trinke an Schnaps.“ Jetz wie sie sein rauskhumne, war tes Wutz je weg, jetz hun s tie Khatze un Hunde furtschlaft un hun s schun halwr kfresse. „Hat, was mache mir jetz, jetz esse mr halt, was mir hun, un halte Sautanz ohne Sau.“ Jetz hun sie sich kut ogsoffe, un noch war ter Sautanz rum. . . (Gesammelt in Baar/Bár von Dr. Paul Schwalm, Gewährsfrau : Barbara Jung) Wer hat kwona? S wara omol zwa kuta Nochprs­­männr, tie wara in tr Khellrraija a Noopr kwesa. Im Herbst, wie tr nei Wei abk­­hocht hat, un tie Tag schun kharz wara, sen tr Nachpr Pauli, un tr Nachpr Chrischtof ali owatz minanr in Khellr kanga. On Owat hun sie ten Pauli sein neia Wei k’khost, un tr anr Owat ten Christof sein. Un anr hot sei Weib pessr klopt, wie tr anr. Wasst Chrischtof, sakt tr Pauli, mei Kretl, tie wart mich ali Owat mit Schmerza ham, ich prauch nar omol rufa Kretl, mach auf, un sofort hupst sie aus m Pett un losst mich nei. Mei Pärwl, wasst tu Pauli, tie prennt schun a Eilicht o, wann ich tes Kassaterl ufmach, sakt tr Chrischtof. Ich mohn, mir sellta krat omol a Spass mache, sakt tr Pauli, heint Owat, kehst tu zu meinr Kretl, on klopst, rufst, so wie wann ich s wär, op si o pmerkt, tass ich s net sen, ob sie tich o neilosst, un ich keh zu teinr Pärwl, un mir macha a Wett, ten wu tie Tier ufkmicht wert, ter hot kwuna, un ter, wu vrspielt, zu ten kehn mr acht Tog ali Owat in Khellr. Kut, so wie ksocht, so kmacht. Tr Chrischtof hot vum Noch­­prstarf kstammt, er hot net khena socha Kretl, mach uf, er hot krufa, Kre’l, mach uf, un tie Kretl hot kleich pmerkt, tass a net ihrn Mann is, tass s tr Nachpr is, un hot n net neiklosst. Tr Pauli hot krufa Pärwl, mach uf, un s hot a schun s Eilicht k’ prennt, tie Pärwl macht tie Tier uf, un is mim Nudlwalgr var m Nochpr Pauli kstana... (Gesammelt von Dr. Paul Schwalm in Schonberg, Gewährsfrau: Maria Bauer) Gemäldegalerie für Steinamanger In der Nachbarschaft des „Isis-Heiligtums“ in Steinamanger/Szombathely begann man mit den Bauarbeiten für eine Gemäldegalerie. Die auch mit Hilfe von öffentlichen Spenden entstehende Galerie soll laut Plan 1982 ihre Tore offen. Auf unserem Bild : Die von Maria Geszler — Keramikerin der Stadt — angefertigte Urne wird in das Fundament eingemauert. Louis Held im Kulturinstitut Im Ausstellungssaal des Instituts für Kulturelle Beziehungen fand im Dezem­ber 1979 eine Ausstellung mit Foto­grafien von Louis Held (1851 — 1927) statt. Das Material stammt aus dem Weimarer Stadtmuseum. Dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend, war Held ge­zwungen, Fotografien mit pompösen Hintergrund wie Schlösser, Palmen, Meer usw. die nichts anderes als im Atelier aufgestellte Kulissen waren, anzufertigen. Als nach 1890 eine Änderung in der Zielsetzung des Fotografierens zu verzeichnen war und das Natür­liche als .Hintergrund bevorzugt wurde, wandte sich Held auch dieser Richtung zu. Sein unruhiger Cha­rakter ließ ihn viel unterwegs sein, und er besuchte hauptsächlich solche Städte wie Hamburg, Wien, Berlin, in denen Neuerungen auf seinem Fachgebiet zu verzeichnen waren. Sein besonderes Interesse galt der technischen Entwicklung. Die hier in Budapest ausgestellten Fotografien — u. a. verschiedene Autotypen, der Aufstieg eines Bal­lons in Weimar — beweisen ebenfalls sein Interesse für die Technik. Wei­terhin sind Stadtbilder von Weimar, von Gebäuden, Markt- und Straßen­szenen sowie zahlreiche Porträtauf­nahmen, die vor allem die Mode der Zeit repräsentieren, sowie Bilder aus dem Theaterleben und Land­schaften zu sehen.

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