Neue Zeitung, 1982 (26. évfolyam, 1-52. szám)

1982-01-02 / 1. szám

4 NEUE ZEITUNG Zehn Jahre ungarndeutscher Chor in Boschok An jenem Sonntagnachmittag im Dezember war die Veranstaltung im örtlichen Kulturhaus in Boschok/ Palotabozsok für 15 Uhr angekün­digt. Ich kam eine Stunde vorher in der Gemeinde an und wollte die Gelegenheit nützen, noch schnell meine Großmutter aufzusuchen. Die Nachbarn klärten mich auf, daß sie sich schon längst im Kulturhaus be­findet, um einen guten Platz zu bekommen. Und wie sie hatten sich viele beeilt, nicht nur, um einen guten Platz zu bekommen, sondern um überhaupt ins Kulturhaus rein­zukommen. Zum größten Teil war das große Interesse dem guten Ruf des Boschoker Chores zu verdanken, außerdem waren viele natürlich auch auf die Produktion des Trios aus Sawer/Székelyszabar, der Tanz­gruppe aus Wemend/Véménd und auf die Pionier- und Jugendkapelle aus Boschok neugierig. Das fast dreistündige Programm schloß der jubilierende Gemischtchor. Im er­sten Teil seines Programmes san­gen die derzeitigen Mitglieder, und zum Schluß standen auch diejenigen auf der Bühne, die von Anfang an im Chor längere oder kürzere Zeit gesungen haben. Die Feier wurde nach der Veranstaltung in der Gast­stätte fortgesetzt, wo man im Rah­men eines gemeinsamen Abendes­sens die vergangenen zehn Jahre nochmal „erlebte“ und die bedeu­tendsten Auftritte und Erfolge des Chores in Erinnerung rief. In den ersten zwei Jahren traten die Boschoker nur in ihrem Dorf und der Umgebung auf. Den ersten durchschlagenden Erfolg ernteten sie nach zwei Jahren, anläßlich des ersten „Reicht brüderlich die Hand!“-Wettbewerbes. Vom Lan­desentscheid konnten sie sofort mit dem ersten Preis nach Hause kehren. Ein Jahr später lernte sie auch das Ausland kennen, als sie auf Ein­ladung des Schulze-Delitzsch Chores in der DDR gastierten. Am zweiten „Reicht brüderlich die Hand!“­­Wettbewerb wurden sie wieder die ersten. Beim dritten, im Jahre 1981, wurde ihnen der Preis des Landes­­rates der Chöre (KÓTA) und ein Preis des Deutschen Verbandes zu­gesprochen. Sie waren also wieder an der Spitze. Seit der Gründung nahmen sie an zwei Kulturrund­reisen teil und zeigten den Ein­wohnern der Komitate Komorn/Ko­márom und Weißenburg/Fejer ihr Können. Überall schlossen sie enge Freundschaften. Zum Fest-Nach­mittag des Chores reiste z. B. das Ehepaar Wache aus Komló extra wegen dieser Veranstaltung nach Boschok. Frau Margarethe Wache spielte sogar zu Ehren des Chores wunderschöne ungarndeutsche Me­lodien auf der Mundharmonika. 1980 trat die Gruppe in Österreich auf. Der dort geerntete Erfolg trug ganz bestimmt dazu bei, daß sie schon die nächste Einladung haben. Meh­rere Radio- und Fernsehaufnahmen wurden mit den Boschokern in den Studios von Budapest und Fünf­kirchen gemacht. Großen Anteil ha­ben sie auch am Entstehen der zweiten ungarndeutschen Schall­platte „Ich Bin ein Bub vom Donau­tal“. Ihre bisherige Tätigkeit wurde durch mehrere Auszeichnungen ge­würdigt. Die Auszeichnung „Für sozialistische Kultur“ konnten der Chor, der Leiter Paul Kerner und Martin Kittiinger übernehmen. Die regelmäßige Arbeit und die Erfolge spornten auch andere im Dorf zur Pflege der ungarndeutschen Kultur an. Vor zehn Jahren gab es nur die Blaskapelle der Erwachse­nen, die diese Traditionen fortsetzte. Inzwischen wurde neben dem Chor eine Pionierblaskapelle mit über 30 Mitgliedern, unter Leitung von Mu­siklehrer József Dohos, und eine Jugendkapelle gegründet. Eine Zeit­lang gab es auch eine Tanzgruppe, die leider zur Zeit nicht arbeitet. Das Interesse der Boschoker für ihre eigene Kultur ist aber eine Garantie dafür, daß sie ihre diesbezügliche Tätigkeit noch lange fortsetzen wer­den. Franz Kerner Sein Emblem war die rote Nelke 1901,1971 und 1981 —drei Jahreszahlen, drei Meilensteine im Lebendes Schorok­­scharer Arbeiterchores, der im Dezember sein 80jähriges Bestehen beging. Es war ein dreifaches Jubiläum: 1901 feierten die Chormitglieder die Gründung, 1971 die Neugründung und 1981 das Fortbestehen des auf acht Jahrzehnte Tradition zurückblickenden Arbeiterchores. Schorokschar/Soroksár gehörte von Anfang an zu den bedeutenden Zentren der Arbeiterbewegung in Ungarn. Die Entstehung großer In­dustriebetriebe zog auch in der Großgemeinde die rasche Organi­sierung der Arbeiterklasse nach sich. Die fortschrittlichen Ideen der füh­renden Sozialdemokraten konnten bereits in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts Wurzelr so Ja­gen, und die organisierten Aruciter nutzten jede Gelegenheit — so auch die Kultur —, diese in weitem Kreise zu verbreiten. Die Gründung des Arbeiterchores war unter ande­rem eine sichere legale Möglichkeit zur Tarnung der politischen Auf­klärungsarbeit. Der Tätigkeit der 17 Chormitglieder setzte zunächst der Ausbruch des ersten Weltkrieges ein Ende. Dem weißen Terror trot­zend trat der Chor mit 30 Arbeitern jedoch bereits 1922 wieder auf allen Veranstaltungen und politischen Kundgebungen der Sozialdemokra­ten auf. Stets erschienen die Mit­glieder in Uniformkleidung, zu der auch ein Emblem gehörte: die rote Nelke, das Symbol der revolutio­nären Arbeiterbewegung. Trotz har­ter Verfolgung durch das faschi­stische Horthy-Regime haben sich die Chormitglieder weder von ihrer politischen Agitationsarbeit noch von der roten Nelke getrennt. Auf unzähligen Auftritten sprachen sie mit ihren ungarischen und interna­tionalen Liedern die Herzen aller an, trugen zur politischen Aufklärung der verblendeten Arbeiter bei. Unter Leitung von Manó Feldstein, dem Älteren und Karl Vezér (geb. We­­ninger) beteiligte sich der Chor auch an Landesveranstaltungen wie an den Landestreffen der Arbeiter­chöre 1936 in Fünfkirchen und 1938 in Steinamanger/Szombathely. We­gen seiner erfolgreichen politischen Tätigkeit wurde der „Schorokscha­­rer allgemeine Arbeiterchor“ 1941 vom Innenminister des Landes ver­boten. Der Weg des Arbeiterchores ver­lief auch nach der Befreiung Un­garns nicht ohne Hindernisse. Er nahm seine kulturpolitische Tätig­keit bereits 1946 auf, mußte diese jedoch nach wenigen Jahren — vor­wiegend aus materiellen Gründen — wieder einstellen. Auch der zweite Neugründungsversuch im Jahre 1957 mißlang aus denselben Gründen. Erst 1971 brachte eine Wende: Um die revolutionären Traditionen neu zu beleben — was weder die Chor­mitglieder noch die örtlichen Par­teiorgane aufgegeben haben —, konnten zunächst die LPG „Arany­kalász“, 1974 dann die Konsumge­nossenschaft (Délpesti ÁFÉSZ) für die ständige Ünterstützung des Ar­beiterchores gewonnen werden. In den vergangenen zehn Jahren hatte der Schorokscharer Arbeiterchor un­ter Leitung von Alajos Kopeczlcy und ab 1980 von Johann Puster nahezu 280 Auftritte. Er wurde mehrmals mit dem Niveaupreis aus­gezeichnet und verfügt über die höchste Qualifikation: die Festival­stufe. Die „rote Nelke“ — das revolu­tionäre Symbol der Arbeiterklasse, der treue Begleiter der Chormitglie­der während des weißen Terrors — blüht im Herzen der Chormitglieder seit zehn Jahren wieder. Und sie blühte auch im Festprogramm — wie bei allen Auftritten des Chores —, das außer von den Jubilanten von vier weiteren, darunter dem Ungarn­­deutschen Gemischtchor der Scho­rokscharer Kleingartenfreunde, ge­staltet wurde. (patyi) Foto : László Papp Im abschließenden Teil des Festprogramms: Der Schorokscharer’ Arbeiterchor zu­sammen mit dem Männerchor des Hauptstädtischen Taxi-Unternehmens (Dirigent: Johann Puszter) 75jähriger Arbeiterchor Sein Bestehen und Wirken seit 1906 feierte im vorigen Jahr der Arbeiter­gesangverein in Promontor/Budafok. Der Chor blickt auf zahlreiche Auf­tritte in Promontor, in verschiedenen Städten Ungarns und auch im Aus­land, darunter in der DDR (Leipzig) zurück und pflegt mit DDR-Ensembles Partnerbeziehungen. Von erfolgreichen Auftritten dieses Männerchores zeugen viele Pokale und Auszeichnungen, die der Gesangverein im Laufe der Jahrzehnte erhalten hat. Der Chor hatte auch eine deutsche „Sektion“, die den Namen „Promontorer Liedertafel“ trug und über deren Wirken auch die deutschsprachige Zeitung in Ungarn „Freies Leben“ Mitte der 50er Jahre berichtete. Über das 75jährige Wirken des Gesangsvereins fand im Lichtspieltheater Budafok auch eine Bildmaterial-Ausstellung statt. Georg Wittmann 1/1982 Gemäldeausstellung von László Zirkelbach Varianten zu einem Thema Winter, Frühling, Sommer und Herbst — die Gemälde des Budapester Malers László Zirkelbach — ausgestellt im Vaszary-Saal der Kunsthalle in Kaposvár — brachten die Stimmung der verschiedenen Jahreszeiten durch das Thema Land­schaft in den Raum. Obwohl es sich auf dieser im Dezember stattgefundenen Ausstellung nur um eine Landschaftsdarstellung handelte, ist jedes Bild ein Er­lebnis. Diese Varianten zu einem Thema, die durch strenge Komposition charakte­risiert sind und in denen Licht, Schatten und Sonne wieder zu leben beginnen, stellen die Kunst des Malers unter Beweis. Und obwohl der Ausdruck etwas abgedroschen klingen mag, die Gemälde waren einfach ästhetisch schön. — ml — Visegráder Straße im Winter (Téli visegrádi utca) Foto : Stella Korcsog FRANZ ZELTNER Der Präsident Ein Sprichwort, das ich sonst nicht mag, Und aus dem Grund nur selten sag’, Heißt: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Seit Tagen fällt mir’s immer ein, Verfolgt mich in den Schlaf hinein: Da tut einer, was er nicht kann. Wen wundert’s, was und wie er’s tut, Er kommt direkt aus Hollywood. Mit großem Donner trat er an. . . ,,Von Dir gerufen, bin ich da Und mach Dich stark Amerika!“ Verkündet dieser eitle Mann. Empfängt, verordnet, straft und lobt, Verteilt viel Schelte, schimpft und tobt, Spricht einer gegen seinen Plan. Schafft Rüstung an und sorgtfür’s Heer, Als ob er selbst der Kriegsgott war: Droht Bomben und Raketen an. Der Sheriff kommandiert die Welt, Ein altgewordner Kinoheld: Er zieht uns noch in was hinein. Nehmt ihm das Feuer aus der Hand! Schickt ihn zurück ins Disneyland! Dort soll er wieder Cowboy sein. Verzeihen Sie den harten Ton, Verehrter Präsident, Pardon! Beleidigen, das wollt’ ich nicht. Es ist die Angst, die aus mir spricht. Der Frieden, der so leicht zerbricht, Er kann, er soll, er darf es nicht! (Oktober 1981)

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