Neue Zeitung, 1984 (28. évfolyam, 1-52. szám)

1984-01-07 / 1. szám

Neue Zeitung WOCHENBLATT DES DEMOKRATISCHEN VERBANDES DER HNRARNDEDTSCHEN 28. Jahrgang, Nr. 1, Preis: 1,40 Ft Budapest, 1 Januar 1984 Von der Ofner Redoute bis zum Intercontinental „Nun sind es bald vierzig Jahre her, daß der erste Sehwabenball in der Ofner Redoute stattgefunden hat“ — schrieb die NZ 1963. Heuer sind es also bald sechzig Jahre her. Die Zahl der Schwabenbälle in die­sen 60 Jahren könnte man kaum festlegen, die der seit 1956 organi­sierten Landesschwabenbälle nähert sich aber auch der 60. Die ersten Bälle wurden in den 30er Jahren von der Presse totge­schwiegen oder als „Volksbälle“, als etwas Minderwertiges also, lächer­lich gemacht. Heute berichten Zei­tungen, Radio und Fernsehen über sie, denn die Budapester Landes­schwabenbälle waren und sind Ereig­nisse. Dies beweist auch das ständig zunehmende Interesse: bereits der zweite Ball mußte wegen Platzman­gel aus der Ofner in die Pester Re­doute verlegt werden. Nach der Be­freiung wurden die Bälle im Gebäude der Ökonomischen Universität und seit 1977 im Hotel Donau-Intercon­­tinental veranstaltet. Beim Durchlesen der NZ-Berichte über die Landesschwabenbälle der vergangenen Jahrzehnte fallen einem einige wiederkehrende charakteri­stische Züge dieser Bälle auf: fami­liäre Stimmung, lustiges und freund­schaftliches Zusammensein, die un­garische Hymne als ausdrucksvolles Symbol dessen, was auf dem 6. Kongreß von vielen Diskussions­rednern als „Liebe und Treue zum Vaterland, zur ungarischen Heimat“, formuliert wurde. So unter anderem wurden und werden die Schwaben-bälle selbst zu nationalitätenpoliti­schen Ereignissen. Und bei „natio­nalitätenpolitisch“ sind beide Kom­posita wichtig, die Akzente haben sich aber im Laufe der Jahrzehnte von „politisch“ auf „nationalitä­­ten“, also auf gesellschaftlich (im weitesten Sinne des Wortes) verscho­ben. „Auch der heurige Schwabenball soll und wird wieder beweisen, daß die emsig und fleißig arbeitenden Schwaben sich voller Gleichberech­tigung und voller Wertschätzung erfreuen und daß sie im Sinne der Verfassung unserer Volksrepublik frei und mutig auch von ihren kul­turellen Rechten Gebrauch ma­chen“ — hieß es in der Eröffnungs­rede von Friedrich Wild zum Lan­desschwabenball vor 20 Jahren. Nun, ich glaube kaum, daß diese Worte heute noch ihren damaligen Sinn hätten. Man braucht nicht mehr unbedingt mutig zu sein und braucht sich bei der Pflege unseres kulturel­len Erbes auch nicht dauernd auf die Verfassung zu berufen: intensiv wie nie zuvor werden wir dazu von Staat und Partei, ja von der Gesellschaft dazu aufgefordert. Heute sind die Schwabenbälle eher gesellschaftliche Ereignisse — und nicht nur der Schwaben! Es sind Stunden des Spaßes und Lustigseins, des Treffens mit langgesehenen Freunden und Bekannten, einfach Stunden des fröhlichen Zusammen­seins. Otto Heinck Foto: László Papp Komm, mei Schatz, und tanz mit mir! Vorstand als Arbeitgeber Noch kurz vor Jahresschluß trat der auf dem Kongreß neugewählte Vorstand des Demokratischen Ver­bandes der Ungarndeutschen zu ei­ner Sitzung zusammen. Nicht nur neue Gesichter sah man im Vor­stand, auch die Grundlage seiner Ar­beit ist etwas anders geworden. Auf­grund der veränderten Satzung des Verbandes — diese können Sie im vollen Wortlaut auf den Seiten 7 und 8 in dieser Nummer lesen — erstan­den nämlich für dieses Gremium auch neue Aufgaben. So muß sich zum Beispiel der Vorstand in Zu­kunft in gewisser Hinsicht als Ar­beitgeber verstehen. Verständlich ist denn auch, daß der erste Tages­ordnungspunkt Aufgaben das Vor­standes als Arbeitgeber — der neuen Satzung entsprechend — hieß. Nach­dem die juristischen Formulierungen erklärt und verdeutlicht worden waren, hatte der Vorstand gleich die erste Entscheidung als Arbeit­geber zu treffen: Er einigte sich auf den Vorschlag über die Gehälter des Generalsekretärs und des neuen Se­kretärs. Der zweite Tagesordnungspunkt lautete: Auswertung des Kongres­ses ; wichtigste Aufgaben für die kommenden fünf Jahre — insbeson­dere für 1984. Den 6. Kongreß un­terzog der Vorstand einer kritischen Analyse. Zu seiner nächsten Sitzung tritt der Vorstand am 10. Februar zusammen. János Kádár empfing die Generalsekretäre der Nationalitätenverbände Der Erste Sekretär des Zentral­komitees der Ungarischen Soziali­stischen Arbeiterpartei, J ános Kádár, empfing am 28. Dezember die Gene­ralsekretäre der Nationalitäten­verbände : der Ungarndeutschen, Géza Hambuch, der Slowaken in Ungarn, Frau Mária Jakab, der Südslawen in Ungarn, Marin Man­­dity, und der Rumänen in Ungarn, Georghe Marc. Dem freundschaft­lichen Treffen wohnte auch das Mit­glied des Politbüros und Sekretär des ZK der USAP, György Aczél, sowie der Abteilungsleiter für Wis­senschaft, Unterricht und Kultur beim ZK, Pál Tétényi, bei. Die Generalsekretäre berichteten über die Erfahrungen der unlängst stattgefundenen Nationalitätenkon­­gresse. Sie stellten fest, daß die Nationalitäten die Volksrepublik Un­garn als ihre Heimat betrachten, in der sie — unabhänig von ihrer Zahl — als gleichberechtigte Staats­bürger leben und arbeiten können. Als Ergebnis der konsequenten, auf den Leninschen Prinzipien aufbauen­den Nationalitätenpolitik der USAP nehmen sie, ohne ihre Spezifika auf­geben zu müssen — durch die Gül­tigmachung ihrer persönlichen und kollektiven Rechte —, am gemein­samen sozialistischen Aufbau teil. In Zusammenarbeit mit den Orts-, Komitats- und Landesorganen för­dern die Verbände die aktivere Beteiligung der Nationalitätenbevöl­kerung am öffentlichen Leben und tragen auch damit zur Einheit un­serer Gesellschaft bei. Beim Treffen wurde betont, daß die Nationalitä­ten durch die Pflege ihrer Mutter­sprache und Kultur auch die ungar­ländische und universelle Kultu» bereichern und dazu beitragen, die vielseitigen Beziehungen Ungarns mit den Ländern identischer Sprache zu erweitern und zu stärken. János Kádár sprach mit Anerken­nung über die gute Atmosphäre der unlängst abgehaltenen Nationalitä­tenkongresse, dankte für die dem ZK übermittelten Grüße und er­widerte die guten Wünsche der leitenden Körperschaften der Ver­bände und der Nationalitätenange­hörigen. 1984 — weitere Anstrengungen erforderlich Das Ende des vergangenen Jahres brachte noch ein wichtiges innen­politisches Ereignis mit sich: die Landesväter trafen sich im Parla­ment, um über das modifizierte Wahlgesetz und über den Haus­haltsplan 1984 abzustimmen. Der Minister für Justiz, Dr. Imre Markója, hob in seinem Exposee hervor — und dies wurde auch aus den Diskussionsbeiträgen deutlich —, daß der neue Gesetzesvorschlag zum Wahlrecht ein nie gesehenes öffent­liches Interesse erweckte. Zwar hat­ten die Bürger des Landes auch bisher die Möglichkeit gehabt, die Besten aus ihren Reihen auszuwäh­len, aber bestimmte Erscheinungen machten notwendig, auch mit recht­lichen Mitteln zu sichern, daß in den einzelnen Wahlkreisen bei der Wahl der Abgeordneten und örtlichen Ratsmitglieder überall zwei oder mehrere Kandidaten nominiert wer­den müssen. Das neue Gesetz sieht auch vor, daß die nicht gewählten Kandidaten, die aber mindestens ein Viertel der Stimmen bekommen ha­ben, ein Mandat als Ersatz-Abgeord­neter oder -Ratsmitglied erhalten. Damit wird einerseits die Zahl der aktiven Teilnehmer unseres öffent­lichen Lebens erhöht, andererseits die bedauerliche Auffassung aus der Welt geschafft, nach der derjenige, der nicht gewählt wurde, als „ge­fallener Mensch“ angesehen wird. In der Diskussion unterstrich Dr. Mihály Korom, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der USAP, die Bedeutung des Nomi­­nierens mehrerer Kandidaten für die Entwicklung der sozialistischen Demokratie. Wie Imre Pozsgay, Generalsekre­tär der Patriotischen Volksfront, in seinem Beitrag betonte, haben fast 250 000 Menschen ihre Meinung zum Gesetzesvorschlag geäußert. Da­bei wurde manchmal der Zweifel formuliert, ob es in der gegenwärti­gen ungünstigen internationalen Lage angebracht sei, eine solche, die sozialistische Demokratie er­weiternde Rechtsregelung zu schaf­fen. Dazu Pozsgay: „Auf die Ver­schärfung der internationalen Lage kanp man nicht mit der Einengung der Demokratie antworten.“ Daran erinnern auch negative historische Erfahrungen. Ein anderer wichtiger Tagesord­nungspunkt war die Modifizierung der Verfassung. Damit wurden ab 1. Januar 1984 die Bezirke aufge­hoben. Notwendig wurde dieser Schritt durch die gesellschaftliche Entwicklung der Gemeinden und Städte unfe es Landes. Die Städte spielen bei der Versorgung der in der Umgebung lebenden Bevölke­rung eine immer größer werdende Rolle. Die Beziehungen zwischen den Städten und Gemeinden sind erweitert und verstärkt worden. Dies verlangte die Modernisierung des Verwaltungssystems. Die neue Situation wird günstige Bedingun­gen für die Erweiterung der Selb­ständigkeit der örtlichen Räte schaf­fen. Für die Bevölkerung der kleine­ren und größeren Gemeinden be­deutet dies eine Erleichterung — sie brauchen sich nicht mehr mit jeder Angelegenheit an den Bezirk zu wenden. Aber es bedeutet auch eine aktivere Teilnahme der einzelnen am öffentlichen Leben und damit auch mehr Verantwortung für die gemeinsamen Angelegenheiten des Wohnortes. Den Haushaltsplan für das Jahr 1984 unterbreitete Finanzminister Dr. István Hetényi. Er schickte voraus, daß für die Bestimmung der wirtschaftlichen Aufgaben des nächsten Jahres weiterhin die seit fünf Jahren geltenden Bedingungen charakteristisch sind: die Bewah­rung unserer Zahlungsfähigkeit und die Erhaltung der erreichten Ergeb­nisse. Verbessert muß die Außen­handelsbilanz, die nicht das ge­plante Niveau erreichte, auch müs­sen die Investitionen eingeschränkt werden, die immer noch das Ge­plante übersteigen. Das Nationalein­kommen des Jahres 1983 soll um 1,5—-2 Prozent, die Geldeinnahmen der Bevölkerung um 7 Prozent stei­gen. Für die Erhaltung der Zahlungs­fähigkeit müssen 15 Milliarden mehr im Außenhandel erwirtschaftet wer-, den, weil wir nur so in der Lage sein werden, unseren Zahlungspflichten nachzukommen. Vor allem sollten wir uns hüten zu glauben, daß es ausreicht, die gleichen Anstrengun­gen wie im Vorjahr zu unterneh­men. Die neuen Aufgaben verlangen Verbesserungen, und zwar an den schon erreichten, höheren Ergeb­nissen gemessen. Die Abgeordneten nahmen ein­stimmig den Haushaltsplan 1984 an.

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