Neue Zeitung, 1989 (33. évfolyam, 1-52. szám)
1989-01-07 / 1. szám
WOCHENBLATT DES VERBANDES DER UNGARNDEUTSCHEN 33. Jahrgang Nr. 1 Preis: 1,80 Ft Budapest, 7. Januar 1989 Im neuen Gewand Es gibt immer genug Gründe, eine Zeitung neu zu gestalten, sie besser zu machen. Für kleinere Blätter, wie es auch die Neue Zeitung ist, gilt es eher, das Machbare zu machen. Weil unsere Inhalte ziemlich eindeutig gegeben sind, versuchen wir es halt mit der Form, uns zu verbessern, und hoffen, daß die Form wiederum auf den Inhalt rückwirken wird, soll es doch die Einheit von Form und Inhalt geben. Warum wählten wir dieses kleine Format mit 16 Seiten und dem praktisch gleichen Umfang? Weil wir immer das Gefühl hatten, unseren Fuß in einen Schuh stecken zu müssen, der uns nicht paßte. Die Redaktion der NZ geht davon aus, daß die jetzige eine handlichere Zeitung ist. Diese Erfahrung machten wir mit unserer Literaturbeilage „Signale“, die also der Form nach Vorgängerin der jetzigen NZ ist. Dieses Format, so meinen wir, erinnert weniger an eine Tageszeitung und stellt somit eher die Einheit mit unseren wöchentlichen Inhalten her. Sie wird, so hoffen wir, die Schreibenden zwingen, sich konzentrierter und kürzer zu fassen und den Redakteuren ermöglichen, das Blatt übersichtlicher und vielfältiger zu gestalten. Vielleicht wird es uns jetzt auch besser gelingen, unseren Korrespondenten bewußt zu machen, daß die NZ eine Wochenzeitung mit Abgabeterminen von etwa zehn Tagen ist. Gerade vor Weihnachten ist es wieder häufig vorgekommen, daß uns wirklich interessante Beiträge um den 20. Dezember herum mit der Bitte erreichten, sie in der Doppelnummer zu bringen, was wir natürlich nicht konnten und vorläufig auch nicht können. Nun hoffen wir doch, einen passenderen Schuh gefunden zu haben. Wir möchten natürlich auch den inhaltlichen Teil der Zeitung nicht vernachlässigen. Im Gegenteil! Erste Versuche einer Veränderung werden Sie vielleicht auch schon in dieser Nummer erkennen. Wie immer aber, liebe Leserinnen und Leser, so sind wir auch jetzt auf Ihre Meinung und Mithilfe angewiesen. Peter Leipold Die Redaktion bedankt sich herzlich für die Wünsche zu Weihnachten und zum neuen Jahr! Verbandsvorsitzender Dr. Karl Manherz „/’ wünsch, V wünsch, V weiß nit was.. Ich muß zugeben, daß mich in den letzten Wochen — besonders durch die vielen Diskussionsbeiträge unseres 7. Kongresses, durch seine Offenheit motiviert — immer mehr und tiefer ein Gedanke beschäftigt, den ein Österreicher in bezug des Heimatbegriffes geprägt hatte: „nicht das wort ist krank — sondern der mensch“ (Rudolf Hochwarter). Wie stehen wir Deutsche in Ungarn zu unserer Heimat, zu unserer Identität; ist der alte Neujahrsspruch in seiner tiefen, magischen Wahrheit gültig: „I winsch, i winsch, i was net wos...?“ Ist das Wort Identität — ehemals Inbegriff von Vaterhaus, Muttersprache, Familie, Dorfgemeinschaft und Wertschätzung bodenständiger Lebensformen — richtig interpretiert, erfährt es eine Auf- oder eine Abwertung in unserer Zeit? Bindet uns noch dies alles an unsere Volksgruppe, an ihre Heimat, die sie hier, in diesem Teil Europas, gefunden hatte? Oder wird dieser Heimatverbundenheit Sentimentalität, verlogene Idylle, Kitsch, Konservierung alter Traditionen, Rückständigkeit angekreidet? Herta Schreiner, eine westungarische Mundartdichterin aus dem benachbarten Burgenland, erklärte mir einmal ihre Version zur obigen Fragestellung. Kann man sich und soll man sich in unserer weltoffenen Zeit zur Volksgruppe bekennen, sind Gefühlsäußerungen oft nicht „altmodisch“? Ist Hemmungslosigkeit vielleicht das anzustrebende Ideal? Ich meine, zwischen beiden Extremen müssen normale Empfindungen, echte Liebe, ehrliches Bestreben, aufrichtige Frömmigkeit liegen. Ein Mensch, der das alles nicht kennt oder nicht kennen will, tut einem leid. (Fortsetzung auf S. 2) Bundesaussenminister Genscher traf Verbandsvertreter Während seines Besuches in Budapest am 14. und 15. Dezember traf sich Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher auch mit Vertretern des Verbandes der Ungamdeutschen. Vorsitzender Dr. Karl Manherz. und Generalsekretär Géza Hambuch informierten den Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland bei einem gut halbstündigen Gespräch über aktuelle Anliegen der Ungamdeutschen. Auf die Frage der „Neuen Zeitung“, was der Herr Bundesaußenminister bei diesem Gespräch erfahren habe, antwortete H. D. Genscher: Wir wünschen, daß die guten und beispielhaften deutsch-ungarischen Beziehungen sich auch für die Ungarndeutschen positiv auswirken, und deshalb bin ich daran interessiert, mich hier zu informieren über Erwartungen, Wünsche, auch über Probleme. Für mich war die Zusammenkunft mit den Repräsen- ) tanten des Verbandes der Ungarndeutschen sehr wichtig. Ich habe einen Bericht über den letzten Kongreß bekommen, auch über die Auffassungen, die j dort zum Ausdruck gebracht worden j sind. Ich glaube, daß hier auf der einen Seite eine vorbildliche Minderheitenpolitik Ungarns gezeigt wird, auf der anderen Seite deutlich wird, daß man auch die Arbeit des Verbandes und die Förde- | rungsmöglichkeiten noch weiter ausbauen kann. Es geht vor allen Dingen um die Förderung des Sprachunterrichts, aber man ist auch interessiert am Ausbau der deutschprachigen Fernsehprogramme, alles verständliche Wünsche. Der Bundesaußenminister, der die Informationen sehr genau verfolgte und zielstrebige Fragen stellte, interessierte sich auch intensiv für die Empfangsmöglichkeiten deutscher Satelliten-Femsehprogramme. Auf die Frage, ob er bei seinen Verhandlungen mit den hohen Repräsentanten Ungarns auch über die Ungamdeutschen gesprochen habe, antwortete er: Ja, weil wir glauben, daß ein Teil unserer Beziehungen und vor allen Dingen auch der Stand unserer Beziehungen auch darin zum Ausdruck kommt, daß die Entfaltungsmöglichkeiten der Ungarndeutschen sich gut entwickeln. Und wir sind daran interessiert, daß eine beispielhafte Minderheitenpolitik, wie es sie hier gibt, überall in Europa Nachahmungfindet. Aber wir sind auch daran interessiert, die Möglichkeiten, die hier für die deutsche Minderheit liegen, noch weiter auszubauen. Ich glaube, daß die Errichtung eines Generalkonsulats in Fünfkirchen ein wichtiger Schritt ist, genauso wie die Errichtung des Kulturinstituts in Budapest ganz sicher ein bedeutendes Ereignis im März war. Wir haben mit eigentlich allen Repräsentanten über diese Fragen gesprochen. Am 15. Dezember erhielt Hans-Dietrich Genscher auf der Budapester Loränd-Eötvös-Universität die Ehrendoktorwürde. (Siehe auch Seite 3.) - pl - Bundesaußenminister H.-D. Genscher, Generalsekretär Géza Hambuch und Vorsitzender Karl Manherz Foto: L. Papp