Neue Zeitung, 1989 (33. évfolyam, 1-52. szám)

1989-01-07 / 1. szám

„/’ wünsch, iv wünsch, (Fortsetzung von S. 1) Ist es eine verlogene Idylle, ein Bild­stock am Wegrand, ein bemaltes Möbel­stück zu betrachten oder ein Stück Na­tur „natürlich“ zu empfinden? Ist das Festhalten an der Tradition Konservie­rung alter Sitten und Bräuche? Es gibt viele Traditionen, die fortgesetzt oder neu aufgegriffen werden. Auch das Sprechen der Muttersprache wird bei uns Deutschen bereits in diesen Bereich geschoben. Wer dies tut, empfindet das aber nicht als „Konservierung“, sondern macht es aus eigenem Interesse und zur Freude vieler Mitmenschen. Wir gehen in die Zukunft, aber wir kommen aus der Vergangenheit. Gäbe es nicht unsere ge­wachsene deutsch-ungarische Kultur, wäre unser Leben viel ärmer. Es ist so wie mit der Architektur, die auch län­dertypisch ist, und viele Menschen ins Fremde lockt. Muß ein heimat- und identitätsver­bundener Mensch rückständig sein? Mit einem richtigen Verständnis läßt sich sehr gut Altes mit Neuem verbinden, in der Kleidung, in der Kultur, in der Spra­che. Wir müßten nur imstande sein, die richtige Wahl zu treffen, sowohl vom Alten als auch vom Neuen das Bessere auszulesen. Ein Mensch kann sehr gut durch sein Verhalten zum Ausdruck bringen, ob er eine Heimat, eine Identi­tät braucht oder nicht. V weiß nit was...!?“ Es ist sehr interessant zu beobachten, wie ein Kind noch leicht zur Überein­stimmung von Ich und Umwelt gelangt, wie es Geborgenheit erlebt. Dieses kindliche Geborgenheitsgefühl wird in der Regel durch menschliche Nähe und liebevolle Zuwendung bestimmt, Ort und Stelle, Landschaft und Umgebung dieser liebevollen Zuwendung können zu einem Attribut des Begriffes Heimat, Identität werden. Dem Menschen ge­nügt es aber auf Dauer nicht, nur emo­tionale Bedürfnisse befriedigt zu sehen, der Mensch ist ja auch ein geistiges We­sen, auch sein Geist sehnt sich nach ei­nem Ordnungssystem, das ihm ermöglicht, die Welt zu seiner Welt zu machen. Dieser Teilaspekt des Heimat­­und Identitätsgefühls wird gerade in der Kindheit grundgelegt. Sprache erst ermöglicht das Hineinwachsen in die umgebende Kultur, ermöglicht geistige Anregung und Auseinandersetzung. Die Muttersprache ist das wichtigste In­strument zur geistigen Durchdringung der Welt. Bei den Deutschen in Ungarn ist dies eine mehrfach ausgerichtete Pro­blematik, Muttersprache erscheint bei uns als Mutterdialekt, Hochsprache oft nicht als die Sprache der hohen deut­schen Kultur, also Hochdeutsch, son­dern Ungarisch. Die kulturellen Werte der Volksgruppe werden aber trotzdem auch in diesem Hochdeutsch überliefert, deshalb muß der Begriff Muttersprache in der Zukunft eine Umwertung, ich würde betonen, eine Aufwertung erle­ben. Auch deshalb, weil selbst die mundartlichen Überlieferungen in der Hochsprache tradiert, festgehalten, schriftlich fixiert für uns bleiben. Heimat und Identität läßt sich ohne Deutsch­kenntnisse bei den Ungarndeutschen nicht vorstellen. Herkunft, Sprache, Landschaft, Er­ziehung wurden als prägende Faktoren erwähnt. Sollte das heißen, daß wir eine determinierte Last mit uns schleppen müssen? Ich verstehe unter Heimat und Identität nicht irgendein Sippenzeichen, das mir in die Haut gebrannt wurde, vielmehr verstehe ich darunter ein Ziel, eine Aufgabe, eine Verlockung (Emme­rich Lang). Hat also der alte Neujahrsspruch doch nicht ganz recht; ich weiß, was ich wünsche: eine gesunde Vorstellung von Heimat und Identität unserer Volks­gruppe, die durch Erfahrungen der Kindheit geprägt ist, die mit Menschen einer Landschaft, einer Sprache, einer ganzt bestimmten Kultur besonders eng verbindet; eine gesunde Beziehung zur Muttersprache, Mut, das Mitgebrachte zu pflegen und weiterzuführen, sogar weiterzugeben. Nur so können die vie­len kritischen Bemerkungen unseres Kongresses interpretiert werden. Neben dem Wort soll auch der Mensch gesund werden. In diesem Sin­ne wünsche ich allen unseren Landsleu­ten und Lesern ein glückliches Neujahr, eine menschenwürdige Zukunft. Neue Zeitung Wochenblatt des Verbandes der Ungarndeutschen Chefredakteur: Peter Leipold Redakteur dieser Nummer: Beate Dohndorf Redaktion: 1065 — Budapest VI. Nagymező utca 49 II. em. Telefon: 326-334, 317-245 Postanschrift der Redaktion: Budapest, Postfach 224 H-1391 Verlag: Pallas Lap- és Könyvkiadó Vállalat 1073 Budapest VII., Lenin krt. 9—11 Verantwortlich für die Herausgabe: Generaldirektor Norbert Siklósi Satz und Druck: Druckerei Révai Verantwortlicher Leiter: Horváth Józsefné Dr. Index: 25/646.89/2171. Druckerei Révai HU ISSN 0415-3049 Anzeigenannahme direkt in der Redak­tion. Eingesandte Manuskripte und Fo­tos werden weder aufbewahrt noch zu­rückgeschickt. E ÍNZ1/89 Josef Magyarlaki gestorben Nach Redaktionsschluß erreichte uns die traurige Nachricht, daß Josef Magy­arlaki, stellvertretender Direktor der Grundschule Bohl/Boly, im Alter von 50 Jahren gestorben ist. Als Leiter des Ungamdeutschen Schülerheimes in Bohl setzte sich Josef Magyarlaki stets für eine den Mutter­sprachunterricht aktiv ergänzende und fördernde außerschulische Erziehung der Schüler ein. Seit 1973 nahm er als Kongreßdelegierter an der Tätigkeit des Verbandes der Ungarndeutschen teil und war auch langjähriges Mitglied des Landesfriedensrates, von dem er zwei­mal ausgezeichnet wurde. In der „Neu­en Zeitung“ berichtete er Jahr für Jahr über die Arbeit im Schülerheim und über dessen Einschulungsmöglichkei­ten. Josef Magyarlaki wurde am 3. Januar in seinem Heimatdorf zur ewigen Ruhe gebettet. Partnerschaft — Freundeskreis Mohatsch-Bensheim „Man muß nach weiteren Möglich­keiten suchen: durch menschliche Kon­takte, durch die Beziehungen von Verei­nen und Wirtschaftseinheiten, um die Partnerschaft lebensnahe zu gestalten. Dabei soll uns die Menschlichkeit als Leitmotiv führen“, mit diesen Worten sprach der Vorsitzende des Freundes­kreises Mohatsch/Mohács-Bensheim, Franz Zimmermann, die Gründung des Vereins aus. Als solcher ist er der erste im Lande, der für die Gestaltung der am 27. April 1987 Unterzeichneten Städte­partnerschaft zwischen der Donaustadt Mohatsch und der Stadt im Kreis Berg­straße in Hessen (Bundesrepublik Deutschland), Bensheim, ins Leben ge­rufen wurde. Am Tage der Gründung, am 19. Dezember 1988, sind gleich 90 Mitglieder beigetreten, als unterstützen­de Mitglieder der Nikolaus Lenau Kul­turverein und der Nationalitätenaus­schuß des Komitates Branau/Baranya. Wie es zur Partnerschaft zwischen den beiden Städten kam? Auch der Zu­fall, das heißt Rundfunkredakteure von beiden Ländern haben mitgeholfen: Anläßlich einer internationalen Quiz- Sendung suchte man eine Stadt in Ost- Europa. Den Wettbewerb des Hessi­schen Rundfunks gewann schließlich die Drei-Nationalitäten Stadt des von Ungamdeutschen am dichtesten be­wohnten Komitates Branau. Mohatsch ist nach Fünfkirchen die zweite Stadt in Ungarn (Partner von Fünfkirchen ist be­kanntlich Fellbach im Land Baden- Württemberg), die eine offiziele Part­nerschaft mit einer bundesdeutschen Stadt abgeschlossen hat. Im Rahmen­programm läßt sich für groß und klein, von der Grundschule bis zum Kranken­haus, vom ungamdeutschen Frauen­chor (der sich auch bislang sehr intensiv eingesetzt hat) bis zur Jugendtanzgrup­pe der Südslawen etwas finden: an Ar­beit und Möglichkeiten gleichermaßen. Darüber berichtete der Versammlung Stadtratsvorsitzender Elemér Németh, der genau wie József Devecseri, 1. Se­kretär des Stadt-Ausschusses der USAP, zu den Gründungsmitgliedern gehört. Mehrere Teilnehmer der Gründungs­versammlung betonten die Wichtigkeit der Erlernung, der Pflege und des Ge­brauchs der deutschen Sprache: sei es die Muttersprache der Menschen in der Partnerstadt, die angeerbte Sprache der in Mohatsch Lebenden oder aber eine gelernte, aber nicht in jeder Hinsicht „fremde“ Sprache, sie soll nämlich der Annäherung der Menschen dienen — und davon ist man in der Stadt am Do­nauufer zutiefst überzeugt. Auch die Stiftung „Ungamdeutsche“ hat ihre Unterstützung zugesagt, und zwar will sie mit 50 000,— Ft zur Ver­wirklichung des Programms des Freun­deskreises beitragen. J. Wolfart Alte Fachwerkhäuser in Bensheim

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